Protocol of the Session on November 11, 2022

Worüber hier nie geredet wird, ist die Basis. Die Basis ist die digitale Infrastruktur.

(Zwischenruf Abg. König-Preuss, DIE LINKE: Ich dachte, Sie meinten die Partei!)

Die digitale Infrastruktur lässt hier gewaltig zu wünschen übrig. Es gibt im Land – und ich denke, hier im Landtag ist es eine Katastrophe.

(Beifall Gruppe der BfTh)

Wenn mir meine Mitarbeiter erzählen, dass sie zu Hause viermal so viel schaffen wie hier, weil die Anbindung nicht stimmt, ist das katastrophal. Ich mag hier auch nicht digital arbeiten, das muss ich so sagen.

Wie können wir jetzt da herangehen? Ich denke, Herr Schubert, Sie haben im Haushalts- und Finanzausschuss hervorragend dargestellt, wie Sie versuchen, Leute wirklich mitzunehmen, Probleme zu lösen. Ich denke auch, ich habe dem entnommen, dass Sie sehr viel Erfahrung haben. Aber Sie schaffen es nicht alleine. Sie brauchen ein Team.

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie machen das alles allei- ne!)

Setzen Sie Ihre Erfahrungen ein, bauen Sie ein Projektteam auf, das das hier im öffentlichen Dienst

in allen Ministerien umsetzt. Sie haben die Fähigkeiten dazu.

(Zwischenruf Abg. König-Preuss, DIE LINKE: Herr Schubert muss das nicht alleine ma- chen! Das geht alleine nicht!)

Ich habe gesagt: Bauen Sie sich ein Team auf. In jeder Abteilung kann man sich Leute raussuchen und das entsprechend machen. Aber an diese mangelnde Hardware-Infrastruktur müssen wir rangehen. Solange ich hier im Landtag bin, habe ich im Haushaltsausschuss immer erlebt, dass die Budgetgelder für IT nie ausgegeben wurden. Die sind immer übrig geblieben. Auf meine Nachfrage, warum die nicht ausgegeben wurden, ist gesagt worden: Na ja, wir haben keine Angebote und wir kriegen keine Leute.

Deswegen spreche ich das hier jetzt auch noch mal an, und zwar sage ich Ihnen das als Unternehmer: Dieses Vergabegesetz, das Sie auf den Weg gebracht haben, dazu habe ich doch als Unternehmer keinen Bock, diese Bürokratie auszufüllen. Wenn ich bessere Aufträge habe – ohne Bürokratie –, dann werde ich einen feuchten Kehricht tun, als das anzubieten.

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Was?)

Deswegen: Wenn wir diese Krux hier vom Eis kriegen wollen,

(Heiterkeit DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

ist es zwingend notwendig, dass das Vergabegesetz entweder geschliffen oder zumindest verschlankt wird.

(Beifall Gruppe der BfTh)

Und ich sage Ihnen: Ohne ein Herangehen an das Vergabegesetz werden wir in fünf Jahren immer noch über dieselben Probleme reden.

(Zwischenruf Abg. Schubert, DIE LINKE: Zum Thema! Zum Thema!)

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Was hat das mit Digitali- sierung zu tun?)

(Zwischenruf Abg. König-Preuss, DIE LINKE: Beantworten Sie doch Frau Rothe-Beinlich die Frage!)

Wir laden an der Stelle alle Fraktionen und auch die Gruppen ein mitzuwirken, dass wir dieses Haupthindernis aus dem Weg räumen. Ich denke: Digitalisierung – da sind wir uns alle einig – bestimmt unsere Zukunft. Nur wenn wir uns nicht nur Kieselsteine in den Weg werfen, sondern Felsbrocken da

reinlegen, dass wir das nicht schaffen, dann sind wir selbst schuld und müssen mit den Konsequenzen leben. Danke.

(Beifall Gruppe der BfTh)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete. Nächster Redner ist Abgeordneter Kemmerich, Parlamentarische Gruppe der FDP.

Mein sehr verehrter Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe wenige Zuschauer auf der Tribüne, ich hoffe, mehr in der digitalen Welt! Es ist immer wieder dasselbe: Wir versuchen, über ein Thema zu reden, beschreiben die Situation. Wir sind nicht bereit, außerhalb dieser Situationsbeschreibung die richtigen Fragen zu stellen und damit die Projekte auf die Schiene zu setzen, die notwendig sind, um die digitale Zukunft für Thüringen wirklich zu begründen. Da helfen keine Hinweise darauf, was wir uns gegenseitig vorwerfen können, sondern Digitalisierung beginnt im Kopf. Digitalisierung beginnt damit, dass wir das bisherige Tun infrage stellen. Digitalisierung ist vor allen Dingen eine Chance und keine Last. Der Redner von den Linken irrt an der Stelle zu sagen, es ist eben die Chance, auch dem Fachkräftemangel in Thüringen zu begegnen.

(Unruhe DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Seien Sie mal ruhig. – Wenn ich die Prozesse, die zurzeit innerhalb der Thüringer Verwaltung in allen Ebenen ablaufen, wirklich auf den Tisch lege und analysiere, was digitale Hilfsmittel leisten können, um sie zu verschlanken, zu vereinfachen und damit zu beschleunigen, dann kann ich auch in einer Aufgabenkritik Personal nicht notwendigerweise von diesen Aufgaben abziehen, weil ein automatisierter Prozess dieses erledigen kann.

Herr Schubert, Sie erinnern sich: Wir haben die Tage im Finanzausschuss zum Beispiel über die Frage diskutiert, wie viele Anträge in Bezug auf Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz bis heute bearbeitet worden sind. Wir stellen fest: 26.000 Anträge sind bis heute nicht beschieden. Eine Bearbeitungsdauer von ungefähr 24 Monaten steht im Raum, weil wir ungefähr 1.000 im Monat schaffen. Elf Personen arbeiten nach Angabe des zuständigen Vertreters des Landesverwaltungsamts an diesen Dingen. Wenn ich das mit einer vernünftigen, digital basierten Lösung machen würde, dann

brauchte am Ende nur einer schauen – grün/rot – und gibt das Ding frei.

Ich habe eben mit einem Bauunternehmer gesprochen, der mir beschrieben hat, wie lange inzwischen eine Baugenehmigung in einer beliebigen Stadt x oder einem Kreis in diesem Land Thüringen dauert: 12, 16, 18 Monate sind keine Seltenheit. Aber jetzt kommen wir zu der eigentlichen Krux: Anstatt die Prozesse dann auszuwerten, wie ich sie dort genommen habe, und zum Beispiel die verkehrsleitenden Genehmigungen einfach als Anhängsel dazu zu haben, geht der Prozess nach der Baugenehmigung zurück in das zuständige Verkehrsamt, um dort noch eine verkehrsleitende Genehmigung zu erteilen. Das ist das, was wir meinen: Wenn wir nicht umdenken, die Strukturen hinterfragen, werden wir nicht vorankommen.

Deshalb mahnen wir noch mehr Entschiedenheit, Mut und Entschlossenheit bei der Landesregierung an. Herr Schubert, das kann auch gern bei Ihnen gebündelt bleiben. Solange aber jedes Ministerium seine eigene Strategie fährt und Ihnen in die Parade fährt, werden wir nicht vorankommen. Wir haben im letzten Finanzausschuss auch über die Verschiedenheit der Aufgaben diskutiert. Wir haben über Pass- und Meldewesen geredet. Das ist eine Aufgabe, die wir vom Bund kriegen. Warum zieht der Bund sich nicht diese Aufgabe komplett allein heran und sagt, okay, das Pass- und Meldewesen wird bei mir erledigt mit einem Servicepunkt vor Ort in den einzelnen Gemeinden? Warum können die Landesaufgaben nicht auf dieselbe Art und Weise an Punkten gebündelt werden, anstatt sie in jedem kleinen Kreis, in jeder kreisfreien Stadt selbst zu organisieren? Das ist natürlich dann der Killer und die Erklärung, warum es nicht funktioniert. Nur die Erklärung, dass es nicht funktioniert, ist nicht der Haltepunkt, sondern die Aufforderung, an der Stelle weiterzumachen.

(Unruhe Bündnis 90/Die Grünen)

Und, Frau Kollegin Henfling, Entschuldigung, Sie verstehen es nicht. Das ist kein Bullshitbingo, nein, das ist eine Analyse der Situation. Wenn Sie sich damit zufriedengeben, dass Sie die so beschreiben und dann noch sagen: Oh, Herr Kemmerich, Sie lassen sich nichts von einer Frau erzählen … Ich lasse mir gern was von einer Frau erzählen, wenn sie denn Ahnung hat. Das unterstelle ich Ihnen, dass da eben, naja, ziemliche Wüste ist.

(Beifall CDU)

Wir sind in der Digitalisierung 3. Klasse, wenn das überhaupt noch reicht, 4. Liga, vielleicht auch daher. Wir können verschiedene Statistiken bemühen, aber der eGovernment MONITOR belegt: Thürin

(Abg. Dr. Bergner)

gen ist Schlusslicht, Letzter! Selbst wenn wir nur Drittletzter wären, ist das doch kein Anspruch, den wir stellen sollten.

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das hat auch keiner ge- sagt!)

Länder wie Albanien, Bulgarien, Rumänien überholen uns. Und wenn Sie die Frage nach dem Ausbau von Datenautobahnen ansprechen, dann ist das doch nicht die Frage der Bundesregierung, sondern die Frage: Wie lösen wir das vor Ort?

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das zeigt, dass Sie keine Ahnung haben!)

Geld ist da. Bauen Sie es doch endlich! Sie sind seit acht Jahren in der Regierung und das ist die Bilanz und die muss man sich gefallen lassen.

(Beifall CDU)

Digitalisierung ist in Thüringen eine Katastrophe. Deshalb sagen wir: Es muss Chefsache werden, und zwar im Kopf. Da sagen wir leicht, es muss in die Staatskanzlei. Ich weiß mit Herrn Schubert einen wirklich hoch engagierten Mann an der Stelle, der das machen kann. Aber ich weiß nicht, ob ihm das alle nicht nur nicht neiden, sondern ihn auch dabei unterstützen. Deshalb haben wir nicht gelernt, sondern sagen: Okay, wir haben einen zentralen Dienstleister, Dinge müssen bei diesem Dienstleister zentralisiert werden. Es ist aber keine Abkehr davon, private Unternehmen damit zu beauftragen, die Dinge schneller und besser zu machen. Die Pannen im Rechenzentrum sind angesprochen worden. Wann ist uns das endlich mal genug Mahnung, in Thüringen den letzten Platz zu verlassen? Machen wir uns auf in die digitale Zukunft! Wir brauchen etwas, das einmalig in dieser Welt ist, einmalig in Deutschland. Und das kann das modernste Digitalisierungsland sein, das kann Thüringen sein. Herzlichen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Aus den Reihen der Abgeordneten liegen mir jetzt keine weiteren Redemeldungen vor. Für die Landesregierung Herr Dr. Schubert, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident, ich weiß jetzt gar nicht so richtig, wo ich anfangen soll, weil das so ein breites Spektrum ist, das jetzt besprochen wurde. Deshalb werde ich mich jetzt auf einige wenige

Stichpunkte einlassen, die auch hier gefallen sind. Ich denke, wir können dann in den Ausschüssen weiter im Detail diskutieren.

Man kann einfach nicht so stehen lassen, dass Thüringen ganz hinten dran steht, zum Beispiel bei der OZG-Umsetzung. Sie können mal – Frau Henfling hat schon darauf hingewiesen – dieses Dashboard des Bundesinnenministeriums ansehen, wo welche Angebote vorhanden sind. Es ist so, dass Thüringen bei den landesweiten Leistungen, die zur Verfügung stehen, nach Bayern an zweiter Stelle und in den ostdeutschen Ländern auch bei Gesamtleistungen, die zur Verfügung stehen, vorn liegt. Natürlich wissen wir, dass wir insgesamt überhaupt nicht zufrieden sein können, wie das mit dem Onlinezugangsgesetz gelaufen ist. Kein einziges Bundesland wird das Datum 31.12.2022 schaffen können. Dafür gibt es vielfältige Ursachen. Alles, was Herr Kemmerich gesagt hat, wo wir gern hinmöchten, das ist gar nicht falsch. Nur sage ich Ihnen gleich: Da werden wir in Deutschland noch ewig brauchen. Das fängt damit an, dass wir keine vernünftigen Register in Deutschland haben. Das heißt, es hat am Ende nur einen Sinn, wenn Sie nicht alles selbst beibringen müssen, was für einen Verwaltungsvorgang gebraucht wird, sondern wenn sich die Behörde das mit Ihrer Zustimmung aus einem anderen Register selbst rausziehen kann.

(Zwischenruf Abg. Malsch, CDU: Daten- schutz!)

Dazu müssen aber alle Register in ganz Deutschland aufgearbeitet werden. Da kann Thüringen gar nichts allein machen. Wir können nicht bei den Krankenkassen die ganzen Register modernisieren. Das müssen die Kassen selbst machen, oder bei der Rentenversicherung. Alle diese Dinge müssen in Deutschland insgesamt aus einem Guss gemacht werden. Deswegen ist es im Prinzip keine Lösung, wenn wir sagen: Wir müssen in Thüringen jetzt allein vorangehen.