An den Ausschuss für Umwelt, Energie und Naturschutz. Wer diesem Antrag auf Ausschussüberweisung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Mitglieder der AfD-Fraktion. Wer stimmt dagegen? Das sind die Fraktionen Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen, der SPD und die Gruppe der FDP. Wer enthält sich der Stimme?
Dann kommen wir direkt zur inhaltlichen Abstimmung über den Antrag der Fraktion der AfD in der Drucksache 7/3585. Wer stimmt diesem Antrag zu? Das ist erneut die AfD-Fraktion. Wer stimmt gegen diesen Antrag? Das sind die Fraktionen Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen, der SPD und die Gruppe der FDP. Wer enthält sich der Stimme? Die Fraktion der CDU. Damit ist der Antrag abgelehnt und ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.
Aufarbeitung des SED-Unrechts fortsetzen – Zeitgemäße Erinnerungskultur befördern Antrag der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 7/4200 -
Wird das Wort zur Begründung, zur Einbringung gewünscht? Das sehe ich nicht. Dann eröffne ich die Aussprache und erteile als erster Rednerin Frau Abgeordneter Mitteldorf von der Fraktion Die Linke das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer an den Endgeräten! Wir befassen uns heute mit einem Antrag, der – und das ist in diesem Fall, wie ich finde, besonders schade – schon sehr, sehr lange auf der Tagesordnung weilt, und zwar seit Oktober letzten Jahres. Aufgrund der langen Tagesordnungen und der natürlich auch immer wieder akuten und aktuellen Dinge auf der Tagesordnung kommen wir erst jetzt dazu, ihn zu behandeln.
Das Thema „Aufarbeitung des SED-Unrechts“ – das sage ich an dieser Stelle, wenn wir uns darüber unterhalten, auch immer wieder – ist ein Thema, das fraktionsübergreifend an Wichtigkeit nicht verloren hat. Wir haben an unterschiedlichen Stellen und in unterschiedlichen Bereichen, auch im Ausschuss für Europa, Kultur und Medien bereits mehrere Anträge zu diesem Sachverhalt auf der Tagesordnung. Deswegen kann ich an dieser Stelle schon mal sagen, dass wir natürlich unseren Antrag gern an den Ausschuss für Europa, Kultur und Medien überweisen, um ihn inhaltlich an die bereits dort vorliegenden Anträge anzubinden. Mit der Abarbeitung dieses Themas können wir im Bereich der Aufarbeitung gemeinschaftlich ein Signal
nach außen senden und es diesmal – anders als in vergangenen Zeiten – hoffentlich als gemeinsames Bild des Thüringer Landtags nach außen bringen. Das wäre zumindest nach wie vor mein Wunsch.
Worum geht es in diesem Antrag ganz konkret? Es ist ja so, das wissen Sie alle und das wissen, denke ich, auch die meisten Thüringerinnen und Thüringer, die uns heute zusehen, dass wir in diesem und im nächsten Jahr auf Jahrestage zusteuern, die erinnerungspolitisch weiterhin wichtig sind. Das eine ist der Mauerbau und das andere ist der 17. Juni 1953. Uns als Rot-Rot-Grün war es in den vergangenen Jahren auch immer wichtig, nicht nur die Erinnerung als eine zentrale Veranstaltung zu verstehen, sondern immer wieder darauf hinzuweisen, dass selbstverständlich erinnerungspolitische Aktivitäten auch dezentral in Thüringen stattfinden sollen und müssen, damit sie greifbar und erfahrbar sind für viele, viele Menschen in Thüringen. Im Besonderen – und das sage ich an dieser Stelle auch immer wieder – geht es natürlich um die Generationen – ich gehöre immer noch zu einer relativ jungen Generation, 1985 geboren, aber auch die Generationen nach mir –, die die DDR-Zeit gar nicht mehr erlebt haben – also ich ja eigentlich auch nicht mehr, viereinhalb Jahre meines Lebens. Dass sich da natürlich auch die Frage stellt, was ist zu DDR-Zeiten passiert, wie geht es den Menschen, die in der DDR gelebt haben, was macht es mit der Gesellschaft insgesamt? Und dass wir auch im Jahr 2022 noch immer an verschiedenen Stellen konstatieren müssen, dass wir nicht zu einem Deutschland zusammengewachsen sind, dass wir noch immer Unterschiede erleben, wir aber selbstverständlich auch an verschiedenen Stellen noch immer nicht für alle Menschen, die während der DDR-Zeit zu Opfern des Regimes geworden sind, die Hilfe und Anerkennung leisten und geben konnten, die sie auch verdient haben.
Da sind wir immer wieder bei dem Thema der Zwangsausgesiedelten, die natürlich im Besonderen, wenn wir uns mit der Frage des Jahrestags des Mauerbaus an der innerdeutschen Grenze beschäftigen, da natürlich einen besonderen Fokus nicht nur verdient haben, sondern weiterhin unser Tagesgeschäft in gewisser Weise bestimmen. Ich bin an dieser Stelle im Besonderen dem Ministerpräsidenten sehr, sehr dankbar, dass das für ihn ja auch ein persönliches Herzensthema und eine Herzensangelegenheit bleibt. Und wenn wir – und so ist meine Hoffnung – im Ausschuss bei den verschiedenen Anträgen auch zu der Frage „Wie stellen wir uns als Freistaat Thüringen zukünftig die Erinnerungskultur vor?“ zueinanderkämen, glaube ich, wäre das nicht nur tatsächlich ein Erfolg für diesen Landtag, sondern in der Außenwirkung als
Institution Thüringer Landtag gemeinsam ein Versprechen abzugeben und immer wieder zu erneuern, dass es gilt, nicht nur daran zu erinnern, sondern es auch praktisch umzusetzen in demokratiefördernden Maßnahmen und Projekten für unsere Generation und alle nachfolgenden Generationen. Dann sind wir, glaube ich, ein wirklich gutes Stück vorangekommen. Dabei will ich es heute belassen und bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Nachdem im Frühjahr des vergangenen Jahres alle Oppositionsfraktionen im Hohen Haus die 60. Wiederkehr des unsäglichen Ereignisses des Mauerbaus zum Anlass genommen hatten, mit eigenen Plenaranträgen an das damit verbundene Unrecht zu erinnern, legten dann auch im November, wie es die Kollegin Mitteldorf gerade schon gesagt hat, die regierungstragenden Fraktionen mit einem ähnlichen Antrag nach. Um Ihre Verspätung ein wenig zu kaschieren und noch etwas den aktuellen Bezug herzustellen, berücksichtigt der Antrag von Rot-Rot-Grün – durchaus berechtigt – etwas stärker die Schließung der innerdeutschen Grenze vom 26. Mai 1953.
Selbstverständlich hat auch der noch im parlamentarischen Verfahren befindliche Antrag der CDUFraktion den von Rot-Rot-Grün eingeforderten breiten historischen Kontext des Mauerbaus vom 31. August 1961 im Blick. Und wir harren ja noch der Beratung der Anträge von CDU und FDP im entsprechenden Ausschuss. So bezieht sich auch unser Antrag zur Erarbeitung eines Erinnerungskonzepts nicht nur auf die Zeit nach 1961, sondern natürlich auch auf das in der sowjetischen Besatzungszone und der DDR existierende Grenzregime und die damit verbundenen Verbrechen.
Meine Damen und Herren, seit der Wiedergründung des Landes Thüringen 1990 im Ergebnis der friedlichen Revolution des Herbstes 1989 hat sich die CDU-Fraktion im Thüringer Landtag mit zahlreichen Initiativen für die Aufarbeitung des SED-Unrechtsstaats und vor allem für dessen Opfer starkgemacht. Unter anderem fällt mir dabei der Entschließungsantrag der CDU zur Strafbarkeit der SED-Verbrechen vom 19. Juni 1991 ein. Das Anliegen dieses Antrags aus den ersten Stunden
des Parlaments in Thüringen war eine Aufforderung an alle mit der Ermittlung und Verfolgung von SED-Straftaten betrauten Behörden, das vorhandene rechtliche Instrumentarium voll auszuschöpfen und die Vergehen als Verstöße gegen Grundsätze der Menschlichkeit zu werten. Ebenfalls aus dieser Zeit stammt auch ein Entschließungsantrag meiner Fraktion mit dem Ziel, dass die Opfer des Stalinismus aus dem SED-/PDS-Vermögen entschädigt werden sollten. Immer wieder wurde das Thema „Opfer des SED-Unrechtsstaats“ von der CDUFraktion im Thüringer Landtag auf die Tagesordnung des Plenums gehoben, so zum Beispiel auch im Rahmen einer Aktuellen Stunde zum Thema „Stand der Gesetzgebung zum 2. SED-Unrechtsbereinigungsgesetz“ im Februar 1994. Auch der Antrag meiner Fraktion zusammen mit der SPD zur Verbesserung der Renten für die Opfer der SED-Willkür vom Mai 1999 verfolgte konsequent dieses Ziel. Oder nehmen wir unseren Plenarantrag aus der 6. Legislaturperiode anlässlich des 30. Jahrestags der friedlichen Revolution und des Falls der Mauer. Ziel dieses Antrags, der damals leider nicht die Unterstützung von Rot-Rot-Grün gefunden hatte, weil man sich an solchen historisch unterbesetzten verwendeten Begriffen wie „sowjetische Besatzungszone“ störte, war es, von der Landesregierung frühzeitig ein Konzept zur angemessenen Erinnerung an die friedliche Revolution 1989/1990 in der DDR und den Fall der Berliner Mauer am 9. November 1989 vorgelegt zu bekommen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, aus Sicht der CDU sind beide Jubiläen von großer Bedeutung für die Wiedervereinigung Deutschlands und die Wiedergründung des Landes Thüringen und verdienen damit eine stärkere Berücksichtigung in der Erinnerungskultur neben dem unsäglichen Ereignis des Mauerbaus, das natürlich Bestandteil der Erinnerungskultur ist, aber von uns doch immer auch im Kontext der friedlichen Revolution und im Aufbegehren des Volkes gegen die SED-Diktatur gesehen wird. Eine kleine Anmerkung: Der heute zu beratende Antrag von Rot-Rot-Grün hat zu einer zeitgemäßen Erinnerungskultur an keiner einzigen Stelle eine Erwähnung der friedlichen Revolution von 1989 im Text oder in der Begründung. Wir werden sicherlich im Ausschuss noch einmal darauf zurückkommen.
Meine Damen und Herren, mit den erwähnten und den vielen anderen parlamentarischen Initiativen, die von der CDU hier im Hohen Hause in den vergangenen Jahren ausgingen, möchten wir deutlich machen, dass für die CDU die Aufarbeitung und Erinnerung an das in der sowjetischen Besatzungszone und der DDR begangene Unrecht eine beständige staatspolitische Aufgabe ist, die die Ausein
andersetzung mit den Diktaturen des 20. Jahrhunderts aufgreift und auf diese Weise auch bei den Bürgern das Bewusstsein für die Voraussetzung und die Zerbrechlichkeit freiheitlich-demokratischer Verhältnisse schärfen soll.
Meine Damen und Herren, neben dieser Erinnerung sind für uns aber vor allem auch die Opfer und ihre Schicksale von besonderer Bedeutung, wie in unserem aktuellen Antrag zum gleichen Thema mit dem Titel „Angemessene Erinnerung an die Opfer des SED-Unrechtsstaats anlässlich des von der SED veranlassten Baus der Berliner Mauer vor 60 Jahren“. Für viele Betroffene ist es nachvollziehbar eben sehr wichtig, dass ihr Leiden und ihr Status als Opfer in der SED-Diktatur anerkannt werden. Aber neben der juristischen Rehabilitierung spielt dabei auch die Entschädigung eine große Rolle, die wir in den letzten Jahren sowie in der derzeitigen Legislaturperiode des Thüringer Landtags ebenfalls mehrfach, zum Beispiel in Verbindung mit der Verteilung der PMO-Mittel und einer Einrichtung eines Härtefallfonds für die betroffenen Opfergruppen, thematisiert haben. Viele der ehemaligen politisch Verfolgten leiden noch heute unter den Folgeschäden und dies gilt es für uns hier als Thema besonders zu berücksichtigen. Eine Entschädigung sollte deshalb für alle gelten, die Unrecht im Namen von SED und Stasi erfahren haben. Die CDU-Fraktion wird nicht müde werden, auch dies weiterhin als Anliegen hier im Parlament zu thematisieren.
Abschließend, meine Damen und Herren, möchte ich den vorliegenden Antrag von Rot-Rot-Grün, insbesondere dessen Forderung zur Aufarbeitung des SED-Unrechts, noch zum Anlass nehmen, auf ein aus unserer Sicht eklatantes Versäumnis der Landesregierung hinzuweisen. Seit nunmehr über zwei Jahren warten wir vergebens auf die fortgesetzte Umsetzung des parlamentarischen Auftrags vom 29. Mai 2015, wonach die Landesregierung jedes Jahr einen schriftlichen Tätigkeitsbericht über ihre Aktivitäten auf dem Gebiet der Aufarbeitung der SED-Diktatur in Thüringen vorzulegen hat. Letztmalig erfolgte dies im März 2019. Nun wird man sicherlich mit dem Verweis auf die Diskontinuität von Landtagsbeschlüssen hier Position beziehen, dass dieser Auftrag nicht mehr für die 7. Legislaturperiode gelten möge. Doch es ist für die CDUFraktion nach wie vor – und davon sind wir auch damals ausgegangen – ein dauerhaftes Anliegen, insbesondere, wenn man die SED-Diktaturaufarbeitung insgesamt ernst nimmt.
Aber, meine Damen und Herren, keine Sorge: Da die Landesregierung nicht von uns aus gesehen Wort hält und fortgesetzt liefert, haben wir diese
Rechenschaft erneut mit unserem Plenarantrag in der Drucksache 7/5007 in dieser Legislaturperiode eingefordert. Es würde natürlich Sinn machen – wie Kollegin Mitteldorf es bereits erwähnt hat –, wenn wir diesen Antrag in der kommenden Sitzung des Thüringer Landtags etwas vorgezogen mit aufrufen und dann alle Anträge zum Thema auch im Ausschuss komplex beraten könnten, um vielleicht auch an der Stelle einen gemeinsamen Konsens zu finden.
Der Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Europa, Kultur und Medien werden wir als CDU-Fraktion selbstverständlich zustimmen. Vielen Dank.
Vielen Dank. Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rothe-Beinlich von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine Kollegin Katja Mitteldorf hat es bei ihrer Rede auch schon gesagt: Es war eigentlich tatsächlich eine gute – ich nenne mal den Begriff – Tradition, dass die demokratischen Fraktionen zum Thema „Aufarbeitung“ immer wieder gut zueinander gefunden haben. Und – sie hat es auch ausgeführt – ich bedauere auch ausdrücklich, dass es so lange gedauert hat, bis der Antrag hier tatsächlich heute beraten werden kann, denn er liegt schon sehr lange vor und hat noch eine sehr viel längere Vorlaufzeit, das muss man natürlich auch immer ganz klar sagen. Es ist gut, dass er jetzt heute auf der Tagesordnung steht, betreffen doch viele der Punkte, die wir im Antrag angesprochen haben, auch schon das laufende Gedenkjahr 2022.
Im Mai 1952 beschloss die DDR-Führung die Errichtung eines Sperrgebiets an der sogenannten innerdeutschen Grenze und mit der – sie hieß so – Verordnung über Maßnahmen an der Demarkationslinie zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und den westlichen Besatzungszonen vom 26. Mai 1952 begann auch der Weg zum Mauerbau in der DDR. Das SED-Regime hat in der Folgezeit – das haben wir auch schon häufig diskutiert – damit begonnen, viele Menschen aus der sogenannten Sperrzone auszusiedeln. Das zeigte sich auch mit der Aktion mit dem Tarnnamen „Ungeziefer“ – perfider geht es ja kaum, das haben wir ja hier auch schon häufiger diskutiert –, wodurch 1952 allein aus Thüringen mehr als 3.500 Menschen
gegen ihren Willen in andere Teile des Staatsgebiets gebracht wurden. Insgesamt waren – das kann man sich heute kaum vorstellen – mehr als 300 Dörfer und Städte von Rhön bis Ostsee – um das mal so zusammenzufassen – betroffen. Insgesamt fast 1.400 Kilometer lang war die innerdeutsche tödliche vom SED-Regime errichtete Grenze. Der bis zu 500 Meter breite sogenannte Schutzstreifen ist heute das von Thüringen und dem BUND Bayern kurz nach der friedlichen Revolution gegründete erste gesamtdeutsche Naturschutzprojekt „Grünes Band Deutschland“, für das ja auch treffend die Bezeichnung „Vom Todesstreifen zur Lebenslinie“ gefunden wurde.
Nachdem wir im letzten Jahr des 60. Jahrestags des Baus der tödlichen Berliner Mauer gedacht haben, jährt sich nun in diesem Frühjahr der 70. Jahrestag der Grenzschließung hier in Thüringen. Dies haben wir als regierungstragende Fraktionen zum Anlass genommen, den Antrag zur weiteren Förderung einer zeitgemäßen Erinnerungskultur ins Plenum einzubringen, weil uns eben auch und gerade der regionalgeschichtliche Aspekt des Geschehens wichtig war und ist. Glücklicherweise gibt es in Thüringen eine umfangreiche dezentrale Aufarbeitungslandschaft mit einem sehr aktiven Landesbeauftragten – herzliche Grüße an Dr. Wurschi an dieser Stelle –, mit der Landeszentrale für politische Bildung, mit dem Geschichtsverbund mit seinen großen und auch vielen kleinen Gedenkstätten, mit den Archiven und auch den Grenzlandmuseen, denen unser aller Dank gilt. Viele überwiegend ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, aber auch Zeitzeuginnen und Zeitzeugen leisten dort jeden Tag hierfür ihre Arbeit, dass die Geschichte der DDR nicht in Vergessenheit gerät. Darauf aufbauend bitten wir die Landesregierung mit dem vorliegenden Antrag, im I. Quartal 2022 ein Konzept zur Erinnerung an den 70. Jahrestag der Grenzschließung in Thüringen zu erarbeiten und dieses gemeinsam mit dem für das nächste Jahr vorgesehenen Bericht der Landesregierung zur Aufarbeitung des SED-Unrechts vorzulegen. Der Landesregierung ist ja unser Antrag auch schon länger bekannt. Ich gehe davon aus, dass da auch schon fleißig gearbeitet wird. Ich nehme an, dass Minister Hoff dazu auch noch etwas sagen wird.
Darüber hinaus sollen im Verlauf des Jahres 2022 auch konzeptionelle Überlegungen für die Erinnerung an den 70. Jahrestag des 17. Juni 1953 erarbeitet werden, der ja aus gutem Grund hier auch Gedenktag ist. Dabei muss den Thüringer Gedenkstätten und Museen, Vereinen und Initiativen, Schulen und Universitäten sowie den Kirchen eine tragende Rolle zukommen.
Wir würden ein Konzept mit unterschiedlichsten Veranstaltungen befürworten, die einen möglichst großen Kreis von Bürgerinnen und Bürgern ansprechen sollten. Das können wissenschaftliche Tagungen, Präsenz- und auch Online-Veranstaltungen, Bürgerinnenfeste, künstlerische Konzepte, Lesungen, Filmvorführungen, aber auch spezielle Angebote für Kinder und Jugendliche sein. Natürlich sind da auch und gerade die Zeitzeuginnen immer und immer wieder gefragt.
In Publikationen und Veranstaltungen sollen vor allem auch die vom Mauerbau besonders Betroffenen gewürdigt werden, speziell die an der Staatsgrenze Getöteten, ihre Familien, ihre Angehörigen, aber auch die Zwangsausgesiedelten und alle, die davon betroffen waren. Der Fokus soll auf die Grenzerfahrung im wahrsten Sinne des Wortes entlang des Grünen Bands gelegt werden. Daher müssen hier auch und gerade die Grenzlandmuseen aktiv mit einbezogen werden.
Die deutsch-deutsche Teilung mit all dem damit verbundenen Leid für die Betroffenen begann eben schon deutlich vor dem eigentlichen Mauerbau 1961, sie begann mit den Zwangsaussiedlungen und den sogenannten Schutzzonen. Gerade aus thüringischer Perspektive dürfen diese historischen Entwicklungen nicht in Vergessenheit geraten. Deswegen bitten wir auch um Überweisung des Antrags an den Ausschuss und hoffen dort auf eine gute gemeinsame Beratung mit den bereits vorliegenden Anträgen. Vielen herzlichen Dank.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, liebe Zuschauer im Netz, der hier von den vereinigten Linksfraktionen vorgelegte Antrag „Aufarbeitung des SED-Unrechts fortsetzen – Zeitgemäße Erinnerungskultur befördern“ weist schon in seiner Überschrift in die Richtung, in die hier die Reise zur Aufarbeitung und zur Erinnerungskultur gehen soll. Es wird auf die Aufarbeitung des SED-Unrechts abgestellt. Das SED-Unrecht ist dabei nur ein Baustein in der Geschichte der DDR, die aber auch zusätzlich zu den maßgeblichen Ergebnissen des Zweiten Weltkriegs ein Produkt der ideologischen Kämpfe des 20. Jahrhunderts war. Die Bedeutung, die die vereinigte Linke hier diesem Antrag beimisst, lässt
sich aus zweierlei Dingen ablesen: zum einen aus der lange hinausgezögerten parlamentarischen Behandlung und zum anderen daraus, dass nur ungefähr ein Drittel der vereinigten Linksfraktionen dieser Beratung beiwohnt, abzüglich des Ministerpräsidenten.
Die Linke und ihre Helfer versuchen sich hier an einer erinnerungspolitischen Hütchenspielerei. Die Betonung der Rolle der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands und deren Belastung mit allem, was an Schuldhaftem und Schlechtem im Laufe der 40 Jahre der DDR-Geschichte passiert ist, gleicht einem geschichtspolitischen Waschsalon für die eigentlichen Ursachen und Verantwortlichen am sogenannten DDR-Unrecht.
Die Linke macht es sich hier sehr einfach: Die SED war schuld. Damit war ein Narrativ etabliert, das die DDR als Betriebsunfall in der Geschichte der linken Parteien und der Diktatur des Proletariats etabliert. Unter Punkt I werden historische Ereignisse erwähnt wie die „harte Grenzsicherung“ und die Folgen. Das waren Symptome für alles, was mit der deutschen Teilung und dem Aufbau der sogenannten entwickelten sozialistischen Gesellschaft den Menschen in der sowjetischen Besatzungszone zugemutet wurde. In Vorbereitung des 70. Jahrestags des Volksaufstands vom 17. Juni 1953 bleibt völlig unerwähnt, dass diese Erhebung der Arbeiter der verzweifelte Versuch war, sich neuerlicher Ausbeutung und Unterdrückung, diesmal unter den Vorzeichen des Sozialismus und Kommunismus, zu entziehen. Nicht beleuchtet wird hierbei, auch Sozialismus und Kommunismus sind ideologische Systeme, die unter dem Deckmantel der Befreiung der Besitzlosen und einer vermeintlich gerechteren Verteilung der Ergebnisse von Arbeit und Fleiß ein System von Unterdrückung, Ausbeutung, ideologischer Heuchelei und politischer Lüge installiert hatten.
An der längst überfälligen Aufarbeitung dieses Grundübels, dieses Geburtsfehlers, dieser vermeintlichen Menschheitsbeglückung drückt sich auch dieser Antrag wieder einmal elegant vorbei. Die Verwässerung der eigentlich zu bewältigenden Aufgabe erkennt man zum Beispiel auch an der Behandlung des Themas „Stasiunterlagen“ und deren drei Thüringer Standorten. Hier wird darauf verwiesen, dass diese künftigen Büros unter anderem zur Anlaufstelle für Menschen mit Diktaturerfahrung werden sollen. Ich frage hier an dieser Stelle: Für
wie viele zusätzliche echte und vermeintliche oder noch zu generierende Opfergruppen sollen diese Standorte des Stasi-Unterlagen-Archivs in Zukunft offenstehen und Steuermittel bekommen?