Protocol of the Session on February 4, 2022

Vielen Dank, Herr Präsident. Sehr geehrter Herr Staatssekretär, gestatten Sie mir die Vorabbemerkung, dass wir einfach alle sehr interessierte Abgeordnete sind, weshalb sich anscheinend die Anzahl der Anfragen auch ergibt.

Coronaproteste in Thüringen – Beispielhafte Betrachtung von Teilnehmerinnen und Teilnehmern

In den vergangenen Wochen fand eine Vielzahl meist rechtswidriger Coronaproteste in Thüringen statt. Am 24. Januar 2022 konnten durch die Polizei im Zusammenhang mit dem Protestgeschehen ca. 400 Identitäten in Thüringen festgestellt werden. In Zusammenarbeit von Landespolizei und Bereitschaftspolizei Thüringen ist nach Medienangaben beispielsweise die Festsetzung und Identitätsfeststellung von 70 Teilnehmerinnen und Teilnehmern am 24. Januar 2022 auf dem Parkplatz „Am Rähmen“ in Jena gelungen, nachdem diese zuvor mehrfach über den rechtswidrigen Charakter per Lautsprecher belehrt wurden. Ordnungswidrigkeitsverfahren sollen eingeleitet werden. Die Daten geben in anonymisierter Form unter Wahrung des Datenschutzes zugleich begrenzt Aufschluss über die Zusammensetzung der Teilnehmenden derartiger Proteste, die für Politik, Gesellschaft und Polizei in Thüringen momentan eine Herausforderung darstellen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie viele Identitäten im Zusammenhang mit einem nicht angemeldeten Coronaprotestzug wurden am 24. Januar 2022 in Jena auf dem Parkplatz „Am Rähmen“ erfasst und wie verteilen sich diese nach Geschlechtern?

2. Wie verteilen sich die in Frage 1 erfragten Identitäten nach Altersgruppen „bis 17“, „18 bis 29“, „30 bis 49“, „50 bis 64“ sowie „65 und älter“?

3. Aus welchen Landkreisen und kreisfreien Städten stammen die in Frage 1 genannten Identitäten in jeweils wie vielen Fällen?

4. Welche Kenntnisse liegen den Sicherheitsbehörden zu den in Frage 1 genannten Identitäten hinsichtlich Erkenntnissen zu Verbindungen in die rechtsextremistische Szene oder Straftaten der Politisch motivierten Kriminalität -rechts- vor?

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Vogtschmidt beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

Am 24. Januar 2022 wurden in Jena auf dem Parkplatz „Am Rähmen“ die Identitäten von 92 Personen erfasst. Hiervon sind 40 Personen weiblich und 52 Personen männlich; divers als Geschlecht wurde nicht angegeben.

Antwort zu Frage 2: Zehn Personen waren zwischen 18 und 29 Jahre alt. 30 Personen waren zwischen 30 und 49 Jahre alt. 45 Personen waren zwischen 50 und 64 Jahre alt. Sieben Personen waren 65 Jahre und älter.

Antwort zu Frage 3: Aus der Stadt Jena stammen 82 Personen, aus dem Saale-Holzland-Kreis stammen fünf Personen, aus den Landkreisen Weimarer Land, Saalfeld-Rudolstadt, Sömmerda, Wesel in Nordrhein-Westfalen und der Stadt Gera stammt jeweils eine Person.

Antwort zu Frage 4: Die Auswertung der Versammlung in Jena vom 24. Januar 2022 und der dort festgestellten Identitäten dauert an. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt liegen noch keine abschließenden Erkenntnisse zu Verbindungen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer in die rechtsextremistische Szene vor.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Ich sehe eine Nachfrage der Fragestellerin.

Vielen Dank. Ich hätte noch zwei Nachfragen. Vielleicht ist es auch möglich, wenn es die Zeit nicht zulässt, dass Sie die Antwort schriftlich dann nachreichen. Die eine Nachfrage wäre: Welche Konse

(Abg. König-Preuss)

quenzen ergeben sich für die etwa 70 Personen, deren Identitäten bei der Kontrolle „Am Rähmen“ festgestellt wurden, also welche Ordnungswidrigkeitenverfahren und welche eventuell strafrechtlichen Ermittlungen wurden oder werden eingeleitet und welche Bußgelder sind für diese Verstöße im Schnitt zu erwarten?

Zweitens: Liegen der Landesregierung Kenntnisse vor, wonach unter den 70 Personen vereinzelt auch Personen mit Verbindungen zur Identitären Bewegung oder zur AfD bestehen?

Die erste Frage ist so pauschal nicht zu beantworten.

Zur zweiten Frage hatte ich schon gesagt, dass die Auswertung derzeit andauert. Ich kann Ihnen an dieser Stelle hierzu keine Auskunft geben. Ich bitte dafür um Verständnis.

Gut. Dann kommen wir zur letzten Anfrage von Frau Abgeordneter Engel in der Drucksache 7/4797.

Coronaproteste in Thüringen – Einsatz der Diensthundestaffel am 17. Januar 2022 in Jena

An diesem Tag fanden in Jena Protestveranstaltungen gegen die sogenannten Coronaspaziergänge statt, bei denen es sich in der Regel um Versammlungen handelt, die die Vorgaben des Versammlungsrechts und die Infektionsschutzregeln missachten. Dabei kam auch mindestens eine Diensthundestaffel zum Einsatz, die am späten Nachmittag in den unmittelbaren Nahbereich zu einer ortsfesten angemeldeten Versammlung für einen solidarischen Umgang in der Pandemie – Gegendemonstrantinnen und Gegendemonstranten – in die Johannisstraße verlegt wurde. Zuvor bewegte sich nach meiner Kenntnis ein Aufzug der „Coronaspaziergänger“ frontal auf die Versammlung zu, stoppte jedoch und entfernte sich. Beim Eintreffen der Hundestaffel direkt an der Rückseite der Kundgebung hatten sich die „Coronaspaziergänger“ bereits entfernt. Über mehrere Minuten bellten die Hunde mit entfernten Maulkörben aus nächster Nähe die Versammlungsteilnehmerinnen und Versammlungsteilnehmer positioniert in deren Blickrichtung an und beeinträchtigten damit aus meiner Sicht ohne erforderlichen Grund das Sicherheitsgefühl der Teilnehmenden der angemeldeten Versammlung.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie stellt sich der in der Vorbemerkung geschilderte Einsatz der Diensthundestaffel am 17. Januar 2022 aus Sicht der Landesregierung dar?

2. Zu welcher Uhrzeit erfolgte zu welchem Zweck durch welche Stelle die in der Vorbemerkung geschilderte Verlegung der Diensthundestaffel in unmittelbare Nähe der angemeldeten Kundgebung in die Johannisstraße?

3. Zu welcher Uhrzeit erfolgte durch welche Stelle die Anweisung zum Abzug der Diensthundestaffel aus der unmittelbaren Nähe der angemeldeten Kundgebung in die Johannisstraße und wann erfolgte der Abzug?

4. Welche Auffassung vertritt die Landesregierung zum entstandenen Gesamteindruck dieser Maßnahme auch angesichts der Umstände, dass zum Zeitpunkt des Einsatzes der Diensthundestaffel keinerlei konfrontative Situation mittelbar am Ort des Einsatzes bestand?

Vielen Dank. Herr Staatssekretär, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Engel beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

Antwort zu Frage 1: Am 17. Januar 2022 fanden im Stadtgebiet von Jena mehrere als Versammlungen eingestufte Zusammenkünfte im Zusammenhang mit Coronaprotesten statt. Ebenso wurde eine angemeldete Versammlung als Gegendemonstration zu den sogenannten Coronaspaziergängen des coronaskeptischen Klientels in der Johannisstraße durchgeführt. Das Versammlungsgeschehen in Jena verlief dynamisch zwischen ortsfesten und mobilen Zusammenkünften sowie in ihrer Zusammensetzung wechselnden Gruppierungen. Gegen 17.15 Uhr bewegte sich ein Aufzug von Coronaspaziergängern unmittelbar auf die genehmigte Versammlung in der Johannisstraße zu. Mit dem Ziel, einen ungestörten Verlauf der an der Johannisstraße genehmigten Versammlung sicherzustellen und ein Aufeinandertreffen beider Versammlungen zu verhindern, wurden die der Landespolizeiinspektion Jena zugeordneten Diensthundeführer und weitere Kräfte des Einsatz- und Streifendienstes in die Johannisstraße disloziert. Nach Eintreffen des für den Unterabschnitt zuständigen Polizeiführers in der Johannisstraße stellte sich folgende Lage dar: Die Personen der angemeldeten Versammlung befan

(Abg. Vogtschmidt)

den sich an ihrem zugewiesenen Versammlungsort und nahmen überwiegend eine einheitliche Blickrichtung zu den Versammlungsteilnehmern der Coronaspaziergänger ein. Eine Gruppierung von Coronaspaziergängern befand sich in Höhe der Treppen zum Eichplatz. Die Situation war durch laute Wortwechsel beider Gruppen emotional aufgeheizt. Zwischen beiden Gruppierungen befanden sich Beamte des ortsansässigen Inspektionsdienstes und die eingesetzten Diensthundeführer befanden sich hinter der genehmigten Versammlung. Der zuständige Beamte bewertete die Situation dergestalt, dass die bereits zwischen den Gruppen eingesetzten Einsatzkräfte zur Verhinderung des unmittelbaren Aufeinandertreffens der Personengruppen ausreichend bemessen waren. Zudem wurde erkannt, dass die Diensthundeführer von ihrem Aufstellungsort nicht zwischen die zu treffenden Versammlungen hätten gelangen können. Damit war der Einsatzauftrag für die Hundeführer schlicht unerfüllbar, worauf sie zum Eichplatz/Johannisplatz verlegten.

Antwort zu Frage 2: Aufgrund des in der Antwort auf Frage 1 beschriebenen Einsatzverlaufs und der benannten polizeilichen Zielen wurden die Diensthundeführer um 17.57 Uhr durch den zuständigen Unterabschnittsführer beauftragt, in die Johannisstraße in Jena zwischen die beiden Versammlungen zu verlegen.

Antwort zu Frage 3: Nach Eintreffen des zuständigen Unterabschnittsführers am Einsatzort und nach dessen Lagebeurteilung wurde durch diesen gegen 18.10 Uhr der Auftrag für die Diensthundeführer in beschriebener Weise angepasst, die Verlegung der Diensthundeführer erfolgte unverzüglich.

Antwort zu Frage 4: Zum Zeitpunkt des Einsatzes der Diensthundeführer in der Johannisstraße bestand die Gefahr, dass bei ungehindertem Verlauf Teilnehmer einer genehmigten Versammlung sowie Teilnehmer sogenannter Coronaspaziergänge konfrontativ aufeinandertreffen. Die Anwesenheit von Polizeikräften zu diesem Zeitpunkt konnte das prognostizierte Aufeinandertreffen beider Gruppierungen verhindern und damit zum Grundrechtsschutz beitragen bzw. Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung verhindern.

Durch die Vielzahl an thüringenweiten Versammlungslagen werden zu deren Bewältigung die für derartige Einsätze vorgehaltenen Einsatz- und Führungsmittel eingesetzt. Der polizeiliche Diensthund in seiner Funktion als Schutzhund stellt dabei ein bewährtes und grundsätzlich geeignetes Einsatzmittel dar. Der Einsatz von Schutzhunden dient dabei auch dazu, den Einsatz weiterer polizeilicher Kräfte so gering wie möglich zu halten.

In der konkreten Situation am 17. Januar 2022 konnte aufgrund des wie in Antwort zu Frage 1 dargestellten Verlaufs der Einsatzwert nicht erreicht werden. Es konnte daher für die Teilnehmer der angemeldeten Versammlung gegebenenfalls der Eindruck entstehen, der Einsatz der Diensthunde wäre in der Johannisstraße auf Höhe des Johannistors an dieser Stelle beabsichtigt gewesen. Dies war, wie bereits ausgeführt, jedoch nicht der Fall. Insgesamt war die Einsatzlage mit Blick auf die Coronaprotestgeschehen insbesondere montags thüringenweit von sehr hoher Dynamik geprägt, was die Polizei vor große Herausforderungen der Koordinierung und Steuerung der Einsätze stellte.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Es gibt eine Nachfrage. Bitte schön, Frau Abgeordnete.

Vielen Dank. Ich habe noch eine Nachfrage, die können Sie mir auch gern schriftlich nachreichen, wenn jetzt die Zeit nicht reicht. Gab es an diesem Tag noch andere Einsätze der Diensthundestaffel in Jena und, falls ja, mit welchem Auftrag wurde die Diensthundestaffel eingesetzt?

Ich kann Ihnen in der Tat aus dem Kopf nicht beantworten, ob in Jena noch weitere Einsätze geplant waren. Ich werde Ihnen das gern schriftlich nachreichen.

Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Weitere Nachfragen? Frau König-Preuss.

Danke schön, Herr Staatssekretär. Sie hatten uns gesagt, wann die Diensthundestaffel abgezogen wurde: 17.57 Uhr erfolgte der Auftrag, 18.10 Uhr fand dann unverzüglich die Verlegung statt. Wann ist denn die Diensthundestaffel bei der angezeigten Versammlung aufgetaucht?

Hierzu bekommen Sie eine ergänzende schriftliche Antwort.

(Staatssekretär Götze)

Dann hätte ich noch eine zweite Frage: Zum Zeitpunkt, als die Polizei eintraf, waren überhaupt keine Coronaleugner mehr in der Nähe, sondern befanden sich in Höhe des Eichplatzes; das haben Sie auch selbst so erklärt. Wie kann man sich denn über einen Abstand von ca. 40 Metern anschreien, sodass die Polizei befürchtet, dass es zu Auseinandersetzungen kommt, die verhindert werden müssen?

Wie man sich anschreien kann?

Über 40 Meter. Also sorry.

Ich habe, glaube ich, nachvollziehbar dargelegt, dass es zu verbalen Auseinandersetzungen gekommen ist. Das ist natürlich eine Einschätzung der Kollegen vor Ort und ich habe keine Zweifel daran, dass die auch zutreffend ist.