Protocol of the Session on February 4, 2022

Vielen Dank.

Gibt es Nachfragen? Herr Henke.

Nur eine kurze Nachfrage: Ist damit zu rechnen, dass wir in dieser Legislatur noch über so ein Gesetz reden können?

Unser Ministerium hat natürlich vor, in dieser Legislaturperiode einen solchen Gesetzentwurf noch vorzulegen, und ich bin auch sicher, dass wir – wir haben das mit den Verbänden besprochen – auch in unserem Ausschuss dieses Thema demnächst noch mal aufrufen werden. Dann bin ich zuversichtlich, dass wir einen Gesetzentwurf erarbeiten werden. Wie der Landtag dann diesen Gesetzentwurf beschließt, das liegt in der Macht der Abgeordneten, nicht der Landesregierung. Von daher muss ich da Zurückhaltung wahren lassen.

Vielen Dank. Weitere Nachfragen sehe ich nicht. Dann kommen wir zur nächsten Frage, Fragesteller ist Herr Abgeordneter Möller in der Drucksache 7/4765. Bitte schön.

Danke, Frau Präsidentin.

Praktikavergütung in der Heilerziehungspflege und Heilerziehungspädagogik

Heilerziehungspflegerinnen und ‑pfleger, Heilerziehungspädagoginnen und ‑pädagogen sind in der Kindertagesbetreuung als Fachkräfte den Erzieherinnen und Erziehern gleichgestellt. Sie werden jedoch bei der Kostenerstattung des fünf bis sechs Monate dauernden Berufspraktikums im Thüringer Kindergartengesetz nicht berücksichtigt. Nach § 7 Abs. 1 der Thüringer Kindergartenfinanzierungsverordnung werden Personalkosten für ein Berufspraktikum nach § 28 Thüringer Kindergartengesetz ausschließlich für Auszubildende zur Erzieherin erstattet, die ein Berufspraktikum nach § 33 Abs. 5

(Staatssekretär Weil)

der Thüringer Fachschulordnung für den Fachbereich Sozialwesen absolvieren. Eine Förderung nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz ist in der Zeit des Anerkennungspraktikums ebenfalls nicht möglich.

In der Praxis bedeutet das, dass Auszubildende in der Heilerziehungspflege während ihres Anerkennungspraktikums keinerlei finanzielle Unterstützung oder gar Vergütung erhalten und so ihre Lebenshaltungskosten nicht bestreiten können. Dies schreckt viele Ausbildungssuchende ab, eine Ausbildung zur Heilerziehungspflegerin und zum Heilerziehungspfleger bzw. zur Heilerziehungspädagogin und zum Heilerziehungspädagogen zu beginnen.

Im Koalitionsvertrag zwischen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP auf Bundesebene wurden unter anderem Maßnahmen für eine verbesserte Fachkräftegewinnung in der sozialen Arbeit, wie die vollzeitschulische Ausbildung zu vergüten und von Schulgeld zu befreien, festgelegt.

Ich frage die Landesregierung:

1. Aus welchen Gründen sind die Auszubildenden in der Heilerziehungspflege in § 7 Abs. 1 Thüringer Kindergartenfinanzierungsverordnung in Verbindung mit § 28 Thüringer Kita-Gesetz nicht erfasst, aufgrund dessen sie keine Praktikumsvergütung erhalten?

2. Welche Auffassung vertritt die Landesregierung zu Überlegungen, neben den Berufsgruppen wie Kinderpfleger und Sozialassistenten auch Absolventinnen und Absolventen, die sich im Anerkennungspraktikum für die Berufsabschlüsse „staatlich anerkannte Heilerziehungspflegerin“/„staatlich anerkannter Heilerziehungspfleger“ bzw. „staatlich anerkannte Heilpädagogin“/„staatlich anerkannter Heilpädagoge“ befinden, anzuerkennen, um dem Personalnotstand in den Kindertageseinrichtungen entgegenzuwirken und das Anerkennungspraktikum vergüten zu können?

3. Welche Auffassung vertritt die Landesregierung zu den im oben genannten Koalitionsvertrag bezüglich ihrer Auswirkungen für Thüringen festgelegten Maßnahmen?

4. Auf welche Weise wird die Landesregierung diese Maßnahmen unterstützen bzw. begleiten?

Vielen Dank.

Für die Landesregierung antwortet in Vertretung für das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport wieder die Thüringer Staatskanzlei und hier Frau Staatssekretärin Beer. Bitte schön.

Danke schön, Frau Präsidentin. Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Möller beantworte ich namens der Landesregierung wie folgt – ich beantworte die Fragen, Ihr Einverständnis vorausgesetzt, im Block –:

Zu der in Frage 3 gestellten Frage, wie die Landesregierung zu den im Koalitionsvertrag avisierten Maßnahmen steht, wird es Sie sicherlich nicht überraschen, dass die im Koalitionsvertrag erklärte Absicht der regierungstragenden Parteien, Maßnahmen zur Verbesserung der Fachkräftegewinnung zu ergreifen, ausdrücklich begrüßt und durch die Landesregierung unterstützt wird. Bedauerlicherweise hat in diesem Feld die Konzentration von Ressourcen auf das Pandemiemanagement dazu geführt, dass die Umsetzung des Vorhabens zunächst zurückstehen musste und nun zu den zu bewältigen Herausforderungen gehört.

Im Hinblick auf die Fragen 1 und 2 ist festzustellen, dass § 28 Thüringer Kindergartengesetz eine Refinanzierungsregelung für die dort genannten Fallkonstellationen enthält. Eine Anspruchsgrundlage auf Zahlung einer Praktikumsvergütung ist der Regelung des § 28 Thüringer Kindergartengesetz aber derzeit nicht immanent. Sollte der Gesetzgeber eine solche Regelung vorsehen, wäre hier das Gesetz entsprechend anzupassen. Deshalb ist zunächst auf die jeweiligen tarifrechtlichen oder betrieblichen Vereinbarungen Bezug zu nehmen. Für das Land ist dies im Tarifvertrag über die Regelungen der Arbeitsbedingungen der Praktikantinnen und Praktikanten der Länder und für die Kommunen im Tarifvertrag für Praktikantinnen und Praktikanten des öffentlichen Dienstes geregelt.

Die in Frage 2 von Ihnen genannten Überlegungen wurden bislang nicht angestellt. Hintergrund ist, dass aus Sicht des Fachressorts eine generelle Anerkennung von einzelnen Ausbildungsabschnitten auf den Fachkräfteschlüssel nicht geeignet erscheint, um im Einzelfall manifest bestehende Personalengpässe in Kindergärten nachhaltig zu beseitigen.

Wie ich zu zeigen vermochte, ist die Diskussion zu führen, denn die Beseitigung des Fachkräftemangels ist das gemeinsame Interesse von Landesregierung und Fraktionen.

Gibt es Nachfragen? Nein. Dann geht es weiter mit der nächsten Frage. Hier ist Fragestellerin Frau Abgeordnete Dr. Martin-Gehl in der Drucksache 7/4788.

(Abg. Möller)

Vorbereitungen der Justiz anlässlich der Verfahren im Zusammenhang mit Coronaprotesten

In den vergangenen Wochen kam es zu einer Reihe von Versammlungen aus dem Spektrum von Coronaleugnern, ‑skeptikern und ‑maßnahmenkritikern in Thüringen, bei denen eine Vielzahl von Ordnungswidrigkeiten und Straftaten verübt wurde, welche eine Herausforderung für die Polizei, die kommunalen Behörden und die Justiz darstellen. Zahlreiche Verfahren sind dabei angesichts der aktuellen Entwicklung absehbar. Nach Einschätzung der Fragestellerin ist eine zeitnahe Bearbeitung der Verfahren maßgeblich, um einen auch präventiven Effekt auf die derzeit anhaltende dynamische Situation mit einer laufenden Radikalisierung in Thüringen zu entfalten und um Gefahren für die Gesundheit und öffentliche Ordnung abzuwenden.

Ich frage die Landesregierung:

1. Durch welche organisatorischen bzw. vorbereitenden Maßnahmen wird seitens des Thüringer Ministeriums für Migration, Justiz und Verbraucherschutz auf die bereits aufgelaufenen und prognostizierbaren der in der Vorbemerkung genannten Verfahren reagiert, um eine zügige Bearbeitung der Verfahren zu realisieren?

2. Durch welche organisatorischen bzw. vorbereitenden Maßnahmen wurden oder werden die Staatsanwaltschaften in Thüringen auf die bereits aufgelaufenen und prognostizierbaren Verfahren vorbereitet, um eine zügige Bearbeitung der in der Vorbemerkung genannten Verfahren zu realisieren?

3. Durch welche organisatorischen bzw. vorbereitenden Maßnahmen wurden oder werden die Gerichte in Thüringen auf die in der Vorbemerkung prognostizierbaren Verfahren vorbereitet, um eine zügige Bearbeitung der Verfahren zu realisieren?

4. Welche weiteren Maßnahmen hält die Landesregierung für geboten, um einen Zeitverzug in der Abarbeitung der in der Vorbemerkung genannten Verfahren zu realisieren und jenen Menschen, die gegen die Hygienebestimmungen, das Versammlungsrecht oder das Strafrecht im Kontext der Coronaproteste verstoßen, deutlich zu machen, dass ein derartiges Handeln zeitnah zu rechtlichen Konsequenzen führt?

Danke schön.

Für die Landesregierung antwortet das Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz, Herr Staatssekretär von Ammon.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Martin-Gehl beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Das für Justiz zuständige Ministerium trägt dafür Sorge, dass bei den Thüringer Gerichten und Staatsanwaltschaften die organisatorischen, personellen und sächlichen Voraussetzungen vorliegen, um den Justizgewährungsanspruch sicherzustellen. Um dies zu ermöglichen, werden die Entwicklungen des Geschäftsanfalls und alle weiteren relevanten Faktoren stetig beobachtet und ausgewertet. Die Geschäftsentwicklung wird beispielsweise basierend auf den Auswertungsergebnissen des Thüringer Landesamts für Statistik jeweils für das erste Halbjahr, die ersten drei Quartale eines Jahres und das ganze Kalenderjahr, also mindestens dreimal im Jahresverlauf, überprüft. Im Bedarfsfall werden die Auswertungsintervalle noch engmaschiger gefasst, wenn es zu einem signifikanten Anstieg der Verfahrenseingänge bei den Gerichten kommt. Darauf aufbauend werden der Personalbedarf, die Personalplanungen und die vorhandenen Gerichtsstrukturen geprüft und gegebenenfalls angepasst. Dieses Verfahren hat sich bewährt, um die Rückgänge oder Aufwüchse des Geschäftsaufkommens zu erfassen und im Justizministerium und an den betroffenen Gerichten die notwendigen Schritte zu veranlassen. Eine besondere statistische Erfassung oder Kennzeichnung von Verfahren im Zusammenhang mit Coronaprotesten ist hierzu nicht notwendig. Unabhängig hiervon tauschen sich das Justizministerium und auch der Minister persönlich regelmäßig mit der staatsanwaltschaftlichen und gerichtlichen Praxis aus, um auch vorbeugend im Hinblick auf bestimmte zu erwartende Entwicklungen, wie etwa steigende Verfahrenseingänge oder Auswirkungen der Pandemie, zu handeln. Die letzte Videokonferenz des Ministers mit den Präsidenten der Obergerichte und dem Generalstaatsanwalt war am 22. November 2021. Auch hier wurden keine signifikanten Veränderungen des Geschäftsanfalls in Bußgeld- oder Strafverfahren gemeldet.

Zu Frage 2: Für besondere Maßnahmen, die über die dargelegte ständige Erfassung und Auswertung der Geschäftsbelastung hinausgehen, besteht bei den Staatsanwaltschaften bislang keine Notwendigkeit, denn aktuell ist der Geschäftsanfall bei den Thüringer Staatsanwaltschaften rückläufig und die Verfahrensbestände bewegen sich im Durchschnitt der Vorjahre. Auf Hinweis des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales hat das Justizministerium Mitte Dezember 2021 eine Unterrichtung der Staatsanwaltschaften darüber veranlasst, dass

die Polizei beabsichtigt, in größerem Umfang Verfahren mit der Anregung der Durchführung eines beschleunigten Verfahrens vorzulegen. Dadurch sind die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte für dieses Anliegen besonders sensibilisiert und stehen für die Durchführung beschleunigter Verfahren bereit. Hinzuweisen ist jedoch darauf, dass diese Verfahrensart besondere Voraussetzungen hat. Hierzu gehören insbesondere ein einfacher Sachverhalt und eine klare Beweislage. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, entscheiden letztlich die Gerichte im Rahmen ihrer verfassungsrechtlich garantierten Unabhängigkeit.

Zu Frage 3: Etwaige Verfahren im Sinne der Anfrage würden im Bereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit bei den Amtsgerichten anfallen. Aktuell ist der Geschäftsanfall dort rückläufig. Kombiniert wird dies mit im Vergleich zu den Vorjahren niedrigen Verfahrensbeständen. Infolgedessen sind derzeit keine besonderen organisatorischen Maßnahmen geplant.

Zu Frage 4: Aus Sicht der Landesregierung müssen stets alle gerichtsorganisatorischen Mittel genutzt werden, um möglichst optimale Bedingungen für eine zügige Verfahrenserledigung zu schaffen. Dies gilt grundsätzlich für alle Verfahren unabhängig davon, ob sie im Zusammenhang mit Coronaprotesten stehen oder nicht. Zu beachten ist hierbei, dass beispielsweise die Entscheidung, ob ein Strafprozess im sogenannten beschleunigten Verfahren durchgeführt wird, nicht die Exekutive trifft. Schließlich darf auch nicht übersehen werden, dass das Beschleunigungsgebot nicht absolut gilt, sondern im konkreten Einzelfall stets die verfassungsrechtlich garantierten und in der Strafprozessordnung enthaltenen Rechte des Angeklagten zu berücksichtigen sind.

Vielen Dank.

Gibt es Nachfragen? Ja, bitte, Herr Abgeordneter Schubert.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Sehr geehrter Herr Staatssekretär, danke für die Auskünfte. Ich hätte zwei Nachfragen. Sie sprachen ja davon, dass die Kollegen aus dem Innenministerium in dieser besagten Verkopplung mit Ihnen Mitte Dezember angekündigt hätten, dass es eine höhere Anzahl von Anträgen für beschleunigte Verfahren geben kann. Wie ist denn da jetzt Anfang Februar die Sachlage? Wie viele Anträge auf beschleunigte Verfahren

sind denn seit diesem Besprechungstermin Mitte Dezember registriert worden?

Und die zweite Frage: Welche konkreten Auswirkungen hätte denn ein solch beschleunigtes Verfahren nach Ihrer Erfahrung im Durchschnitt der Verfahrensdauer auf eine Verkürzung? Worin bemisst sich das Adjektiv „beschleunigt“ im Konkreten?

Ich habe keine aktuelle Statistik dabei, würde das schriftlich beantworten und würde dann auch versuchen, aus den Statistiken rauszufiltern, wie man die normale Verfahrensdauer in Relation setzt zu den beschleunigten Verfahren.

Die Nachfragemöglichkeiten sind erschöpft, dann kommen wir als Nächstes zum großen innenpolitischen Block, elf Fragen am Stück an das Ministerium für Inneres und Kommunales. Und bei der Gelegenheit einmal ein Dankeschön hier an unsere Damen, die dann bei zehn Fragen nur noch immer die Mikrofonhüllen

(Beifall DIE LINKE, SPD, Gruppe der FDP)

hier im Rund austauschen müssen, aber hier vorne das Rednerpult dem Staatssekretär dauerhaft überlassen können, jedenfalls für elf Fragen am Stück. Es beginnt Herr Abgeordneter Kalich mit der Drucksache 7/4789. Bitte schön.

Danke, Frau Vizepräsidentin.