Protocol of the Session on February 3, 2022

Und wo kommen die 11,4 Milliarden her? Die kommen aus der Haushaltsgestaltung der letzten Jahre. Denn im Jahr 2019 war noch ein solide finanzierter Haushalt von 10,4 Milliarden zu sehen. Die Einnahmenentwicklung manifestierte sich auf die 11,4 Milliarden, die letztens hier zur Rede standen.

Was man konsequenterweise hätte machen müssen, ist, diesen Haushaltsentwurf an die Regierung zurückzugeben. Wir hatten wohl ein Zeitproblem. Wie wollen Sie das Königsrecht des Parlaments – Sie reden darüber, die Globale Minderausgabe ist jetzt ein Cut über alles und man kann es nicht beherrschen. Ich hätte gesagt, ein Haushaltsvolumen in dieser Art und Weise kommt erst gar nicht ins Parlament, denn das Ausgabeverhalten in diesem Haushalt ist so diffus, ist an allen Ecken zu viel, sodass man nur sagen kann, es muss überall genau das gekürzt werden, was in der Haushaltsaufstellung einfach überall draufgeschlagen wird. Zwei

Ministerien sind besonders aufgefallen, Ihr Haus, Frau Siegesmund, und andere Häuser haben ja noch mal besonders was draufgelegt. Wir sagen, das geht so nicht. Wir sind nach der Pandemie, das Volumen muss darauf begrenzt werden, dann wären wir gar nicht in die Lage gekommen, eine derartige Haushaltssperre draufzulegen.

(Beifall Gruppe der FDP)

Jetzt sind wir in dem Dilemma, es nicht anders machen zu können, als zu sagen, wir sperren die Ausgaben, damit es am Ende solide läuft. Jetzt wissen wir aus dem Verlauf der letzten Monate, dass im Jahr 2021 wieder immense Haushaltsreste auflaufen. Auch das fand immer unsere Kritik. Wir können nicht x Milliarden und x Millionen in das Schaufenster stellen und Projekte versprechen. Herr Hey, Sie haben es auch wieder gesagt, wir versprechen da einen Fahrradweg. Es geht uns nicht darum, den zu verhindern, den wollen wir gebaut wissen und wir wollen den endlich gebaut wissen,

(Beifall Gruppe der FDP)

denn manchen Gemeinden erklären wir seit Jahren, dass was passiert, und es passiert nichts. Das macht die Leute doch negativ eingestellt zur Politik. Insofern ist eine solide Aufstellung eben – das haben Herr Dette und der Landesrechnungshof auch sehr dezidiert aufgestellt –, auch so viel Geld in den Investitionshaushalt einzustellen, wie tatsächlich auch auszugeben ist. Wir werden in dem Haushaltsvollzug des Jahres 2021 wieder jeden vierten Euro nicht ausgegeben haben. Das macht die Leute mürbe.

(Zwischenruf Abg. Schubert, DIE LINKE: Was macht denn Herr Lindner eigentlich?)

Wir können auch über Bundespolitik reden, Herr Schubert, gehen Sie doch so lange raus, wenn es Sie nicht interessiert. Ist doch nicht schlimm.

(Unruhe DIE LINKE)

Wir müssen so viel Geld in den Investitionshaushalt einstellen, dass es am Ende auch ausgegeben wird, denn das ist das Versprechen, was wir mit der Haushaltsaufstellung machen, dass das Geld auch bei den Leuten in den Kommunen vor Ort ankommt. Das schaffen wir seit Jahren nicht. Jetzt ist es am Ende des Tages so, dass sich die Rücklagen durch Haushaltsreste, durch die Steuermehreinnahmen von fast einer halben Milliarde Euro an der Stelle wieder auffüllen. Wir verzichten – in unseren Augen sehr zutreffend – auf die Aufnahme der Kredite im abgelaufenen Jahr. Wir werden die geplanten oder die erwarteten Steuermehreinnahmen aus dem Jahr 2022 in das Sondervermögen zur Über

windung der Pandemie einführen. All das macht Sinn.

Aber ich will noch mal darauf zurückkommen, damit draußen auch klar wird, was passiert. Es ist eben nicht nur gut, irgendeinen Haushalt zu haben. Im Großen und Ganzen stimmt das natürlich, damit das Land am Laufen bleibt. Das brauchen wir doch gar nicht zu diskutieren, das negiert auch keiner von den Freien Demokraten. Aber wir brauchen einen Haushalt, der uns langfristig sichert, an den richtigen Stellen zu investieren. Und, Herr Dittes, die Meldung ist falsch. Ich kann doch nicht sagen, Hauptsache ich habe 100 Euro ausgegeben, damit es im nächsten Jahr nicht 103 Euro sind. So haben Sie es gesagt. Sie müssen an der richtigen Stelle das Geld ausgeben,

(Beifall CDU, Gruppe der FDP)

damit es nicht nur weg ist,

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Das habe ich nicht gesagt!)

sondern da investiert wird, wo es uns langfristig zugutekommt. Das nennt man Investition. Der Rest ist Konsumtion. Da brauchen Sie mir nicht so etwas mit Inflation vorrechnen und Baupreisen, geben Sie das Geld da aus. Es gibt genug Bauprojekte, die seit Jahren auf die Erfüllung warten. Die schleifen und schleifen und schleifen. Das ist Aufgabe von Regierung und nicht das Tête-à-Tête, warum hier wer, weshalb, wie dem Haushalt zustimmt. Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten – und das ist ein ehrliches Angebot –, sehr früh einen Haushalt aufzustellen, der wirklich solide auch die Entwicklung der nächsten Jahre abbildet, damit wir die Zukunft dieses Landes gestalten können. Thüringen hat ein Ausgabeproblem, und zwar bei den Haushaltsaufstellungen, nicht beim Haushaltsvollzug. Man verlässt sich ja mehr oder minder darauf, dass sich am Ende des Tages die Rücklagen wie von selbst wieder auffüllen.

(Zwischenruf Abg. Schubert, DIE LINKE: Wir haben einen Investitionsstau! Schon davon gehört?)

Dann beseitigen Sie ihn doch endlich, Herr Schubert. Sie haben seit Jahren Investitionsstau.

(Beifall Gruppe der FDP)

Und wenn ich Herrn Dittes höre: Man muss mal darüber reden, man muss mal darüber reden, man muss mal darüber reden. Seit 2014 ist Rot-RotGrün erst in der Mehrheit, jetzt in der Minderheit in der Regierung und der Stau hat sich nicht abgebaut, sondern weiter aufgebaut.

(Beifall CDU, Gruppe der FDP)

Das ist einfach die sachliche Lage.

Und dann noch mal, damit das auch nicht falsch ankommt, ich habe gehört, wie sich die Regierung dafür feiert und auch die sie tragenden Fraktionen von Rot-Rot-Grün: Ja, wir leisten ja eine Tilgung, wir lösen den Pensionsfonds auf. Wir wissen um die Haushaltstechnik, und dass der in bar hinterlegt ist, alles ein bisschen kompliziert. Im Endeffekt nehmen wir 150 Millionen Euro, die wir aufgespart haben für die Lasten, die aus den Pensionszahlungen für die Dienerinnen und Diener des Staates in der Zukunft zustande kommen, und packen die in die Tilgung – wenigstens in die Tilgung und nicht noch woandershin. Aber das ist jetzt kein Meisterstück.

(Beifall Gruppe der FDP)

Das ist etwas Selbstverständliches. Und nochmals, wir haben ein Schuldenvolumen von über 16 Milliarden Euro. Das ist eben nicht der berühmte Pappenstiel. Mit den bescheidenen Tilgungsleistungen, die wir uns hier vornehmen, zahlen dann noch drei Generationen ab.

Wir können jetzt lange diskutieren – ich kenne ja die Diskussion meine Damen und Herren, auch vor allen Dingen an den Endgeräten –, wer die Schulden aufgebaut hat. Nur stehen wir heute hier in der Verantwortung, das Land in Zukunft zu gestalten. Die meisten dieser Schulden sind in die Aufbauleistungen des Freistaats Thüringen geflossen, die Aufbauleistungen, die wir heute wahren, entwickeln und fortsetzen sollten, und deshalb sollten wir uns alle dafür gedanklich politisch einsetzen, dass das in eine solide Finanzierung mündet und weiter ausgebaut wird. Wie soll eine Haushaltsgestaltung in Zukunft aussehen? Ich glaube, das ist das wichtigste Augenmerk. Und, Herr Hey, ich muss Sie enttäuschen, wir werden dem Haushalt nicht zustimmen, weil wir dabei bleiben, weil er eben genau diese Punkte nicht enthält, die wir für zukunftsfähig halten. Und nochmals: Das ist Aufgabe einer Opposition, das anzusetzen. Wir brauchen Prioritäten. Die Landesregierung kann nicht, weil sie sich intern zwischen den drei Fraktionen nicht einigen kann, sagen: Okay, da kriegt jeder ein bisschen mehr, dann tut es eben keinem weh. Das hat ja dazu geführt, dass wir in den letzten sieben Jahren eben das Haushaltsvolumen von 9 Milliarden auf jetzt fast 12 Milliarden Euro entwickelt haben. Also Prioritäten setzen heißt auch, zu sagen, nicht auf Dinge zu verzichten, sondern sie vielleicht auch in einer anderen Zeitschiene abzuarbeiten, und das muss eine Regierung machen, auch und erst recht, wenn sie in der Minderheit ist, und das erwarten wir auch für die Zukunft.

Die Forderung, die wir für die Zukunft auch aufmachen, ist eben, ich muss das noch mal wiederholen, bedarfsgerechte Mittel zur Verfügung zu stellen. Es reicht eben nicht zu sagen, wir stellen das Geld zur Verfügung, sondern wir müssen auch dafür Sorge tragen – und ich weiß, dass Herr Ramelow das auf jeden Fall teilt, wenn er denn zuhört, dass ihm auch viel daran gelegen ist –, dass das Geld, was wir versprechen, auch tatsächlich ausgegeben wird. Denn wir haben Investitionsstau, wir haben den seit sieben Jahren und deshalb sollte unser aller Aufmerksamkeit darauf gerichtet sein, das Geld tatsächlich auszugeben, so wie wir es versprechen.

Personalentwicklung: Ich mache mir sehr große Sorgen um den Aufbau im Personalbereich des Freistaats Thüringen. Wir haben eine Initiative laufen, um den öffentlichen Dienst in mehreren Facetten attraktiver zu machen. Auch das Land Thüringen wird in den nächsten Jahren sehr unter der Situation des Fachkräftemangels leiden. Schon heute sind 4.000 Stellen in Thüringen nicht besetzt, Tendenz steigend. An anderer Stelle werden neue Stellen geschaffen, ob als Spardose oder – man kann es so nicht nachvollziehen. Wir haben im Freistaat Thüringen bezogen auf unsere Fläche mit den höchsten Personalbedarf und ‑besatz in den Flächenländern der Bundesrepublik Deutschland. Und insofern braucht es ein Personalentwicklungskonzept, es braucht eine Aufgabenkritik. Zur Digitalisierung kommen wir noch bei dem entsprechenden Einzelplan. Wir müssen den Freistaat auch personell weiterbringen. Wir brauchen sehr gute Kräfte, wir brauchen die Kräfte, die wir heute haben, weiter gut entwickelt und wir brauchen einen anderen Ablauf/Aufbau im Freistaat Thüringen, um mit den wahrscheinlich zu erwartenden Personalmöglichkeiten, die der Arbeitsmarkt der öffentlichen Hand bietet, auch in Zukunft die Aufgaben gestalten zu können. Das werden wir mit einem WeiterSo in den Gedanken, wie wir das heute machen, nicht schaffen können. Die 4.000 Stellen, die heute offen sind, ich wage die Prognose, werden nicht nachzubesetzen sein, weil ein ähnlicher Bedarf jedes Jahr neu entsteht, und wir sehen das schmerzlich bei Lehrern, der Polizei, in den Bereichen, die fast unverzichtbar für das tägliche Leben sind. Wir müssten wenigstens zu einem neuen Verwaltungsaufbau, einer neuen Aufgabenverteilung zwischen Stadt und Land kommen, zwischen Kommunen, Kreisen, um auch da Aufgaben effektiver, effizienter erfüllen zu können und damit auch deutlich sparsamer.

(Beifall Gruppe der FDP)

Ein letzter Gedanke: Wir haben uns sehr dafür eingesetzt, Dirk Bergner an der Spitze, dass wir nicht

nur einen fairen, sondern tatsächlich einen sachgerechten Ausgleich zwischen Land und Kommunen und Kreisen herstellen. Seit Jahr und Tag werden Aufgaben in die Bereiche verlagert. Es wird ganz selten ausgeglichen, was dort an Preissteigerungen – im Personalbereich, Tarifsteigerungen, erst recht nicht bei den Sachkosten – kommt. Deswegen ist eine Steigerung des Kommunalen Finanzausgleichs nur folgerichtig, aber sie ist zu gering.

(Beifall Gruppe der FDP)

Da müssen wir einfach spitzrechnen für die Leute auf dem Land, denn dort entsteht doch der Frust vor Ort, damit tatsächlich das Leben auf dem Land stattfinden kann.

Der 24-Stunden-Laden: Also, Herr Dittes, Amazon hat auch keine Gewerkschaft, das Internet hat auch noch keine Gewerkschaft, die dafür Sorge trägt, dass zwischen Mitternacht und 6.00 Uhr Nachtruhe herrscht. Es geht doch nur darum, dass die Leute, egal wann, 24 Stunden mit einer elektronischen Karte dort hineingehen können. Ich bin mir sicher, das wird am wenigstens nachts um drei passieren. Aber Samstag um 16.00 Uhr kann es schon mal passieren. Aber es passiert vor allen Dingen dann, wenn die Leute bis jetzt überhaupt nicht einkaufen können und mit großem Aufwand drei, vier Gemeinden weiter fahren müssen bis zum nächsten großen Supermarkt. Um den Bedarf zu stillen, gibt es diese Ideen. Ich sage mal leise Kritik, ich halte es nicht für gut, wenn wir permanent als Mitinvestor in diesen Dingen auftreten. Es gibt auch freies Spiel der Kräfte, es gibt ja auch fahrende Märkte. Einer sitzt in der Nähe von Erfurt, die fahren halt die Dörfer ab, das ist so ein Bofrost-System. Auch das sollten wir uns mal vor Augen halten. Also, es gibt viele intelligente Lösungen, die jetzt nicht unbedingt staatliche Gelder brauchen, aber trotzdem unsere Unterstützung in Form von Arbeitszeiten, Arbeitsüberlassung, Vergabegesetz. Nicht umsonst hat die CDU das thematisiert. Das hat zugegebenermaßen mit dem Haushalt eigentlich nichts zu tun, aber wenn wir über den Haushalt reden, über die Zukunft des Freistaats Thüringen, dann sind wir schnell bei der Stelle, dass es an anderen Stellen Blockaden gibt, die unsere Zukunft behindern. Und deshalb unterstütze ich die CDU, weil sie das zum Thema gemacht hat und wir uns in Teilen Lösungen annähern.

Nehmen wir die Ladenöffnung, also die anlasslose Sonntagsöffnung. Sie wollen an den vier Sonntagen festhalten und das nicht ausweiten; wir haben auch nie anders diskutiert. Das ist erstmal eine vernünftige Angelegenheit, das so zu machen und die Bürokratie da wegzunehmen.

Das Vergabegesetz müssen wir uns vornehmen, denn viel Geld, was hier liegen bleibt, bleibt nicht liegen, weil es kein Geld gibt, sondern weil die Vergabe kompliziert ist. Baupreise steigen, Kapazitätsengpässe.

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE)

Nochmals, Herr Dittes, reden Sie mit den Unternehmern, ein Unternehmer, der zwischen einem privaten Auftrag oder einem Auftrag, bei dem er sich dem staatlichen Joch unterwerfen soll, wählen kann, wählt den privaten Auftrag.

(Zwischenruf Abg. Schubert, DIE LINKE: Das ist doch nicht zu fassen!)

Er ist diese Bürokratie leid.

(Beifall CDU)

Die verhindert die Zukunft dieses Landes. Das hat überhaupt nichts mit sozialem Raubbau und Ähnlichem zu tun. Wir müssen mal aus dieser Wagenburg herauskommen, aus der wir immer sagen …

(Zwischenruf Abg. Schubert, DIE LINKE: Ka- pitalismus gibt es ja nicht, ne?)

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Nen- nen Sie mal eine Auftragsvergabe, die ge- scheitert ist!)

Wir machen gemeinsam einen Termin bei ein paar Baufirmen, Herr Dittes.

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Es sind doch so viele, sagen Sie mal eine!)

Vor allen Dingen hat gerade der Abgeordnete Kemmerich das Wort.

Ich glaube, es gibt zahllose Fälle, in denen es tatsächlich ausfällt und in denen sich die Leute gar nicht mehr bei den öffentlichen Vergaben bewerben

(Beifall CDU, Gruppe der FDP)

oder dann letztlich im Vergabeverfahren scheitern. Kleine Betriebe, ein Handwerksbetrieb mit vielleicht 20 bis 25 Mitarbeitern im Heizungs- und Sanitärbereich, davon gibt es zahllose, die haben heute schon Probleme, Nachwuchs zu bekommen, die haben heute schon Probleme, überhaupt die Bürokratie, die allgemein auf ihnen lastet, zu bewältigen. Die werden es unterlassen, sich an Programmen der öffentlichen Hand zu beteiligen, um dann am Ende mit leeren Händen dazustehen, denn da stehen Aufwand und Nutzen nicht im Einklang.