Aber lassen Sie mich eins sagen: Das Selbstverteidigungsrecht Israels darf auch hier nicht infrage stehen und zum Glück hat Israel den Iron Dome.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, natürlich dürfen wir auch Staaten und Regierungen für ihr Handeln kritisieren. Aber diese Kritik endet aus meiner Sicht dort, wo Antisemitismus versteckt als Kritik, als israelbezogener Antisemitismus benutzt wird, und da, wo Antisemitismus sich in Gewalt äußert. Hier muss klar sein, dass wir alle sagen: Stopp und nicht weiter! Jeglichem Antisemitismus treten wir entschieden entgegen als Zivilgesellschaft und als Rechtsstaat. Das ist in vielen Teilen Thüringens ein frommer Wunsch. Wir haben am Sonntag mit einer Demonstration hier auch parteiund konfessionsübergreifend gezeigt, dass das
Dazu gehört es auch, den Kampf gegen Antisemitismus nicht für die eigene Agenda zu instrumentalisieren, wie auch der Versuch, den Antisemitismus zu externalisieren, und so zu tun, als ließe sich das Problem beispielsweise mit Abschiebungen lösen. Damit lösen wir nichts.
Der Antisemitismus, meine sehr geehrten Damen und Herren, zieht sich, wie das Zitat gerade gezeigt hat, wie ein roter oder vielleicht muss man sagen brauner Faden durch unsere Geschichte in Deutschland, bis hin zum Zivilisationsbruch der Shoah. Antisemitische Einstellungen sind tief in unserer Gesellschaft verankert. Das zeigt Jahr um Jahr der Thüringen-Monitor. Sie bieten Anknüpfungspunkte und Grundlage für alle möglichen Arten von Verschwörungsideologien. In schlechter Tradition der Pestpogrome zeigen sich diese auch während der Corona-Pandemie. Der Thüringen-Monitor hat darauf bereits hingewiesen. Es zeigt sich, das Problem sitzt in überwiegendem Maße rechts. So sagte beispielsweise Josef Schuster vom Zentralrat der Juden in Deutschland in einem Bericht des Magazins „Monitor“ – ich zitiere –: „Es zeigt sich eigentlich wieder, dass die AfD alles auf ein Thema konzentriert und dabei völlig ausblendet, dass für antisemitische Vorgänge – nicht die, die wir in den vergangenen Wochen gesehen haben, aber in den Wochen davor, und ich befürchte, auch wieder in Zukunft sehen werden – die politische Rechte die Verantwortung trägt. Und dass die AfD hier als ein Katalysator eine Rolle spielt, steht außer jedem Zweifel.“
Aber auch in der Mitte der Gesellschaft ist Antisemitismus weit verbreitet. Jede der Parteien, die hier in diesem Rund sitzt, muss sich dabei wahrscheinlich an die eigene Nase fassen. Da hilft es auch nicht, dass wir darüber diskutieren, ob ein zukünftiger oder ein Direktkandidat nur antisemitische Inhalte geteilt hat oder sie auch selber vertritt. Wenn er von beispielsweise Globalisten spricht oder wenn er auf den Great Reset anspielt oder wenn er auf die New World Order anspielt, dann erreicht er diejenigen, die er damit erreichen will, ohne sich klar antisemitisch zu äußern.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, „Die Forderung, dass Auschwitz nicht noch einmal sei, ist die allererste an Erziehung.“ Dieses Zitat von Adorno mag uns hier in diesem Rund mahnen, aber vor allen Dingen auch alle Bürgerinnen und Bürger in Thüringen. Wir müssen dafür sorgen als Gesell
schaft, wir hier vor Ort müssen dafür sorgen, dass Jüdinnen und Juden sich in Thüringen frei bewegen können, dass sie Räume genauso angstfrei nutzen können, wie wir das können. Das können sie zurzeit nicht. Es ist unsere Aufgabe, diese Räume auch für Jüdinnen und Juden in Thüringen wieder zu erweitern. In diesem Sinne hoffe ich, dass wir anknüpfend an den Sonntag und anknüpfend heute an diese Aktuelle Stunde dafür sorgen werden,
Sehr geehrte Frau Präsidentin, geschätzte Kollegen, liebe Zuschauer im Internet, verehrte Pressevertreter, dass sich Juden angesichts antisemitischer Demonstrationen und antisemitischer Straftaten in Deutschland des Jahres 2021 bedroht fühlen, ist einfach nicht hinnehmbar.
Da macht es keinen Unterschied, ob sich der Antisemitismus als Israelkritik tarnt oder nicht. In einem freiheitlichen Rechtsstaat müssen alle Bürger, egal welchen Glaubens und welcher Weltanschauung sie auch immer sein mögen, ohne Angst und Einschüchterung frei leben können. Es ist Aufgabe – nicht zuletzt, sondern zuerst – der Politik, die Sicherheit der Menschen im Land zu gewährleisten und Verhältnisse zu stiften, in denen jeder seinem Lebensentwurf auf dem Boden der freiheitlichendemokratischen Grundordnung frei und ohne Furcht folgen kann.
Offenkundig gelingt dies mit Blick auf den Antisemitismus längst nicht mehr in dem Umfang, wie das in einem funktionstüchtigen Rechtsstaat zu erwarten und zu verlangen ist. Es gelingt auch deswegen nicht mehr, weil sich die Politik diesbezüglich seit Jahren immer mehr als unentschieden, entscheidungsschwach, halbherzig und heuchlerisch er
weist. Zweifellos gibt es einen gewissermaßen geerbten Antisemitismus in Deutschland, der etwa in sich hartnäckig haltenden Klischees über Juden zum Ausdruck kommt. Eine ausgeprägte oder gar militante Judenfeindlichkeit war allerdings über die letzten Jahrzehnte nur bei einer ganz marginalen Minderheit der Bevölkerung festzustellen.
Dieser Minderheit gegenüber gab es einen klaren demokratisch-rechtsstaatlichen Konsens der Ablehnung und der Eindämmung mit rechtsstaatlichen Mitteln. Die Ablehnung bezog sich auf den Antisemitismus von rechts sowie von links, denn es gab und es gibt ihn auf beiden Seiten des politischen Spektrums. Dann aber gibt es noch den „weißen Elefanten“ im Raum, das ist der importierte Antisemitismus.
Und über diesen Antisemitismus will man seitens der offiziellen Politik heute lieber schweigen. Darin zeigt sich die angesprochene Entscheidungsschwäche, Halbherzigkeit und Heuchelei der Politik der Altparteienvertreter.
Ich sage an deren Adresse ganz klar: Sie können natürlich wie die Grünen versuchen, es zu verschleiern und den Kopf in den Sand zu stecken. Das Problem wird Sie deswegen nicht verlassen. Sie können versuchen, jeden, der das anspricht, als Rassisten zu diffamieren. Davon wird das Problem auch nicht verschwinden. Die Bürger im Land wissen auch, worin das Problem besteht. Es ist ja auf den Straßen in den letzten Wochen überdeutlich sichtbar geworden. Und hinschauen können die Leute, das haben sie mittlerweile gelernt.
Das Problem besteht darin, dass der heute auf den Straßen sichtbare und lautstark und selbstbewusst sich artikulierende Antisemitismus ein importierter und vor allem ein muslimischer Antisemitismus ist. Vor sechseinhalb Jahren schon – auf dem Höhepunkt der unerwünschten Einwanderungswelle – konstatierte Josef Schuster vom Zentralrat der Juden bei einer Runde im Kanzleramt – ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin –: „Unter den Menschen, die in Deutschland Zuflucht suchen, stammen sehr viele aus Ländern, in denen Israel zum Feindbild gehört. Sie sind mit dieser Israelfeindlichkeit gewissermaßen aufgewachsen und übertragen ihre Ressentiments häufig auf Juden generell.“ Ja, wir haben dieses Problem. Es resultiert aus den multikulturalistischen Traumtänzereien
Wer das zu verschleiern und zu beschönigen versucht, wer Al-Quds-Demonstrationen erlaubt – auf denen sich übrigens hin und wieder auch Linke blicken lassen – und darauf verzichtet, gegen Israelhass und Antisemiten arabisch-muslimischer Herkunft vorzugehen, der hat wohl kaum das moralische Recht, sich über Antisemitismus zu beklagen.
Wenn wir hier eines Tages französische Verhältnisse bekommen, wenn auch in Thüringen mehr als nur eine Israelfahne brennt, dann geht das auch auf das Konto derjenigen, die den Konsens gegen den Antisemitismus in der Gesellschaft und auch den Konsens des Rechtsstaats ausgehöhlt haben. Der Kampf gegen Antisemitismus in jeder Form kann nur glaubhaft sein, wenn er sich entschieden gegen jede Art von Antisemitismus wendet, egal, aus welcher politischen, weltanschaulichen oder religiösen Richtung er kommt. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen, es ist in der Tat ein harter Schlag für uns alle gewesen, dass es erneut auch in Thüringen zu antisemitischen Ausschreitungen gekommen ist. Kollegin Henfling hat schon darauf hingewiesen, wir feiern – Ja, wir feiern! – in diesem Jahr 900 Jahre Miteinanderleben mit Jüdinnen und Juden in Thüringen. Es gab wunderbare kulturelle und informelle Veranstaltungen dazu, die leider größtenteils nur virtuell von uns allen besucht werden konnten.
Was mich immer wieder aufs Neue erschreckt und befremdet, ist, dass man Kritik an der Außenpolitik des Staates Israel, die man im Einzelfall ja haben kann, glaubt, bei der Jüdischen Gemeinde oder bei Jüdinnen und Juden in unserem Land abladen zu können. Das ist eigentlich auch wieder ein Indiz dafür, dass man unsere jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger anscheinend irgendwie noch immer für Fremde hält, die hier in dieses Deutschland oder in unser Thüringen gar nicht gehören. Dabei leben sie seit 900 Jahren bei uns. Im Bund wird im nächsten Jahr ein Themenjahr stattfinden, da geht es um 1.700 Jahre einer eigentlich friedlichen und wert
Es gab am Sonntag die Kundgebung, es gab auch in der vorletzten Woche schon eine Kundgebung auf dem Anger. Es ist, denke ich, die Pflicht von uns allen, uns dann wirklich an die Seite unserer jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger zu stellen und zu sagen: Ihr seid Teil von uns. Das Existenzrecht Israels muss natürlich gesichert werden aus der historischen Verantwortung auch gerade Deutschlands. Das ist ja eine Übereinkunft, die mit gutem Grund und fest auch für alle getroffen wurde und die weiter gilt. Aber diese einzuhalten, ist nicht ein Problem für jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger. Das ist überhaupt die Aufgabe unserer gesamten Gesellschaft. Dass man dann immer wieder darauf kommt, diesen israelbezogenen Antisemitismus sich dann ausleben zu lassen – das ist ja im Grunde nur ein Vorwand, antisemitische Vorurteile zu bedienen –, das zeigt, dass immer noch die Gefahr besteht oder tatsächlich wieder größer wird, dass wir unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger jüdischen Glaubens zu Fremden im eigenen Land machen oder dass wir dabei zusehen müssen, wie das andere tun. Zusehen allein wollen wir nicht. Wir haben hier sehr viel unternommen, auch gerade in Thüringen, um unsere Gemeinschaft zu verfestigen und zu aktivieren. Umso schlimmer und schrecklicher ist es, wenn uns viele jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger in diesen Tagen wieder einmal gesagt haben: Mittlerweile haben wir Angst, uns zu unserem Glauben hier in Thüringen zu bekennen. Wir haben Angst davor, Nachteile zu haben. Wir wollen gar nicht, dass das alle Nachbarn wissen. Wir haben Angst, dass unsere Kinder in der Schule beschimpft werden. Das ist einfach wirklich ein würdeloses Verhalten bestimmter Mitglieder der Gesellschaft in Thüringen.
Das Problem ist alt und es mag sein, dass die einen oder anderen Zuwanderer, die einem muslimischen Extremismus anhängen, dieses Problem vielleicht noch zusätzlich verstärken. Aber darin nun die alleinige Ursache zu suchen, da würden wir es uns viel zu einfach machen. Es bleibt deswegen wirklich unsere gemeinsame Aufgabe, diese antijüdischen Ressentiments immer wieder als solche zu benennen, als Ausgrenzungsversuche, als den Versuch – ich sagte es schon –, unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger jüdischen Glaubens zu Fremden im eigenen Land zu machen. Dagegen können wir uns wirklich nur gemeinsam stellen. Ich wünsche und hoffe, dass die Solidarität auch hier im Landtag weiterhin sehr groß bleibt und dass das dann auch als eine Unterstützung in Anspruch genommen und
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, diese Aktuelle Stunde ist in zwei Teile geteilt. Erstens: gegen jeden Antisemitismus in Thüringen. Ich sage ausdrücklich, ich begrüße diese Betonung „gegen jeden Antisemitismus“, denn ich halte es für ziemlich schäbig, wenn versucht wird, das, was wir aus der eigenen Geschichte immer noch bei uns im Volk zu vermelden haben oder festzustellen haben, in irgendeiner Weise zu relativieren mit antisemitischen Tendenzen aus anderen Richtungen.
Der zweite Teil beschäftigt sich mit dem Existenzrecht Israels. Unbeschadet der Tatsache, dass keinerlei Hass gegen Angehörige welcher Religion, welcher Nationalität auch immer in Thüringen, in Deutschland, in Europa irgendeinen Platz haben darf, haben wir als Deutsche eine besondere Verantwortung gegenüber unseren jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern. Diese Verantwortung, meine Damen und Herren, resultiert aus der unfassbaren Schuld, die unser Volk durch die Verbrechen der Nazis auf sich geladen hat, und die uns mahnt, dass so etwas nie wieder geschehen darf.
Die Verbrechen der Nazis sowie die Tatsache, dass viele mitmachten und – noch mehr – einfach schwiegen, zeigen, wohin die subtile Last und die subtile Saat des Hasses führen kann. Deswegen muss es uns mit Sorge erfüllen, wenn wir diese aktuellen Ausschreitungen auch in Thüringen wieder sehen. Wir sagen ganz klar und deutlich, auch als Liberale: Es darf keine Toleranz für Intoleranz geben, meine Damen und Herren.