Protocol of the Session on December 12, 2019

In einem anderen Feld müssen wir moderner werden. Die Digitalisierung ist nicht zurückzudrehen; das Internet werden wir nicht abschalten. Insofern brauchen die jungen Menschen eine klare Ausbildung, ein Lernen, mit der Kultur des Internets umzugehen. Unsere Wahlforderung war: jedem Schulkind ein Tablet. Das soll nicht heißen, dass es nur noch Tablets und Arbeiten mit dem Tablet geben soll, aber es darf keine Frage von Abstammung, finanziellem Umfeld oder Ähnlichem sein, ob man mit einem solchen Gerät umgehen kann. Das ist notwendige Voraussetzung für das zukünftige Leben, dass man die Kultur des Digitalen lernen kann.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Ramelow, ich nehme gern Ihren Ball auf und ich denke, das ist für uns alle eine große Aufgabe, dass wir diese weiteren Schulen, die noch nicht saniert sind, teilweise schon in die Jahre gekommen sind, eben sanieren. Da freuen wir uns, Lösungen zu erarbeiten. Die sehe ich auch und da sehen wir, wie wir dann vorankommen, dass wir Vergabe an den Stellen vereinfachen, schneller machen, Genehmigungen schneller machen und insofern für die Kommunen, Gemeinden und kreisfreien Städte auch Bürokratie vereinfachen. Denn eines zählt: dass da möglichst schnell Bagger laufen, Handwerker arbeiten und etwas passiert.

(Beifall FDP)

(Zwischenruf Ramelow, geschäftsführender Ministerpräsident: Ja!)

Noch mal zum Stellenabbau, weil das ja immer unsere Diskussion ist: Natürlich meine ich den nicht bei Lehrern, Polizisten und Vollzugsbeamten. Und ich weiß auch, dass es im Wahlkampf gern mal dazugehört, das dann wegzudenken. Aber wir meinen eins sehr ernst, und zwar die Aufgabenkritik innerhalb der Landesverwaltung und nachgelagerter Bereiche. Ich glaube da, dass man mit einer schlanken Auffassung von Bürokratie heute auch tatsächlich Stellen einsparen kann. Damit meine ich nicht, Menschen zu entlassen. Ich meine einfach, dass man den zukünftigen Stellenplan deutlich schlanker aufbauen kann, deutlich digitaler aufbauen kann. Gestern beim Landkreistag sprachen Sie über die

Apps, Thüringen-Apps oder wie wir es immer nennen. Ich denke, das ist wichtig und das sind Projekte, die wir ideologiefrei nach vorne bringen können, weil es eins macht: Es macht Thüringen leichter, bürokratieärmer, digitaler und damit für alle Bürger leichter erlebbar. Ich denke, da haben wir eine große Aufgabe für die nächste kurze Zeit.

(Beifall FDP)

Pflege und Gesundheit: Gute Ärzte, Pfleger, andere Mitarbeiter in der Kranken- und Altersversorgung werden wir in Zukunft immer mehr brauchen. Wie schon richtig festgestellt wurde, wird unsere Gesellschaft immer älter, auch gesünder älter. Der Umfang von notwendiger ärztlicher Versorgung wird auch durch die sich immer weiter entwickelnden Möglichkeiten moderner Medizin zunehmen. Gleichzeitig zeichnet sich aber jetzt ein großer, eigentlich sehr großer Fachkräftemangel in vielen Bereichen auf diesem Gebiet ab.

48 Prozent der Befragten bewerten die Versorgung mit Fachärzten kritisch. In ländlichen Räumen werden die Versorgungslücken oft sehr deutlich. Insbesondere auch da ist Psychologie ein wichtiger Faktor. Und da ist es auch wichtig, wie wir berichten. Wir berichten eben wenig von den Erfolgsfällen, von den positiven Dingen. Wir berichten zu oft von den Mangelerscheinungen. Das lässt dann viele in Angst zurück, das habe ich eben ausgeführt: Das kann bei mir auch eintreffen! Deshalb sollten wir der Bevölkerung auch mit positiven Einstellungen, mit positiven Beispielen sagen, was machbar ist, und nicht, was nicht funktioniert. Auch das würde, glaube ich, die politische Kultur in diesem Land verbessern.

(Beifall FDP)

Die Stärkung der medizinischen Versorgung in den ländlichen Räumen ist eine der wichtigsten Zukunftsaufgaben, auch um den Widerspruch zwischen Stadt und Land nachhaltig aufzulösen. In Anbetracht des demografischen Wandels besteht die große Herausforderung darin, dass wir in absehbarer Zeit mit einem massiven Mangel an Ärzten, Zahnärzten und Apothekern rechnen müssen. Jedes Jahr fehlen nach neuesten Angaben des Bundesgesundheitsministeriums in Deutschland allein im Fach Humanmedizin zwischen 3.000 und 6.000 Studienplätze. Um den jetzigen Stand der medizinischen Versorgung in Deutschland aufrechtzuerhalten, sind pro Jahr rund 15.000 Absolventen erforderlich. In dieser Lage überrascht es nicht, dass auch die Kassenärztliche Vereinigung, die Landesärztekammer, die Vertreter der Thüringer Krankenhäuser und der Kassenzahnärztlichen Vereinigung sowie der Thüringer Apothekerverband ei

ne Aufstockung der Studienplätze im Freistaat fordern. Ein entsprechender Antrag liegt diesem Parlament vor.

Kurzfristige Lösungen, ich will sie zumindest mal ansprechen: Ein Arzt in der Nähe darf kein Privileg sein. Wir müssen die Niederlassungsbedingungen auf dem Land verbessern. Thüringen muss als Modellregion die Chancen der Digitalisierung nutzen; Telemedizin war heute schon mal Thema. Ich denke, es ist ganz wichtig, dass wir da der Bevölkerung auch die Ängste nehmen, weil, wenn man es einmal erfahren hat – das wissen wir auch aus eigener Erfahrung –, man es gar nicht mehr missen will. Insofern ist die erste Hemmschwelle das Wichtige, was wir da überwinden müssen. Ich denke, das ist auch wieder eine Frage der positiven Beispiele und nicht der negativen Beispiele. Beispielgebend finde ich etwa Estland. Da hat keiner Berührungsängste, seine Daten in die Systeme hineinzugeben – die wir sicher machen müssen, keine Frage. Aber ich glaube, das kann in unserer Gesellschaft auch wieder unheimliches Vertrauen aufbauen.

Zu mehr Studienplätzen für Medizin habe ich gesprochen. Diesen Antrag werden wir im Parlament erörtern.

Zur Pflege: Ich denke, auch da ist große Einigkeit, dass wir die Anerkennung von Pflegeberufen stärken müssen. Die Bezahlung müssen wir stärken. Wir müssen die Finanzierung sicherstellen. Auch die Pflegedienste dürfen nicht alleingelassen werden mit der Fachkräftesituation, weil sie können sie auch nicht lösen, sie brauchen deshalb auch ein offenes Einladungssystem weltweit.

Und auch das muss ich noch mal sagen: Weltweite Migration, auch dass Leute aus Deutschland dieses Land verlassen und nach Amerika gehen, nach Indien oder wohin auch immer sie wollen, und sich austauschen, dass Leute aus Europa, aus der Europäischen Gemeinschaft übrigens jährlich mit einem Saldo von über 300.000 Menschen nach Deutschland kommen und auch nach Thüringen kommen – all das stärkt nicht nur unsere Volkswirtschaft, das stärkt auch den Austausch zwischen den Völkern. Insofern bin ich froh um jeden, der sich aus Deutschland auf die Strümpfe macht, nach Kanada oder wo auch immer er seine Erfahrungen macht, und dann zurückkommt. Das ist doch etwas Erstrebenswertes! Das brauchen wir nicht disqualifizieren.

(Beifall CDU, SPD, FDP)

Es liegt an uns hier im Parlament, an uns allen, die besten Lösungen für Thüringen zu entwickeln. Der Souverän ist das Volk. Die Bürger und Bürgerinnen Thüringens haben diesem Parlament ein Mandat

übertragen. Wer auch immer die Regierungsverantwortung übernimmt, muss dieses Parlament überzeugen, dass die Lösungen, die angeboten werden, gut für Thüringen sind, oder die Angebote dieses Parlaments in der Exekutive umsetzen. Wir, die Freien Demokraten, werden unsere Rolle konstruktiv, weltoffen und positiv ausfüllen. Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Gibt es jetzt weitere Wortmeldungen? Herr Abgeordneter Höcke hat sich noch einmal gemeldet.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, sehr geehrte Besucher auf der Tribüne! Herr Adams! Wo ist er denn? Schon rausgelaufen.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wichtige Sachen ma- chen!)

Ja, bei den Grünen – das hat Kollege Adams hier vorne wieder vorexerziert – wird es immer schnell religiös, obwohl es eigentlich politisch bleiben sollte. Man hat immer das Gefühl, wenn Kollege Adams redet, da vorne steht ein Missionar.

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Bei Ihnen wird es völ- kisch!)

Da ist er. Ich habe gerade von Ihnen gesprochen, Herr Kollege Adams.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ich befürchtete es schon!)

Nur Gutes. Nein, Spaß gemacht.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie sind ja ein richtiger Spaßvo- gel!)

Ja, bin ich auch.

(Heiterkeit AfD)

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Wel- che Drogen nehmen Sie eigentlich?)

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Es ist wenig ernst zu nehmen!)

Sie haben auf den Begriff „rechts“ rekurriert bzw. ich habe Sie von meinem Platz aus aufgefordert, den Begriff „rechts“ zu definieren. Mir ist es wichtig, dass ich das getan habe. Warum habe ich das getan? Ich habe es zwei- oder dreimal getan, das ist richtig. Deswegen haben Sie auch Grund zu bekla

(Abg. Kemmerich)

gen, dass ich Sie oft gefragt, zu oft jetzt nachgefragt habe, was die Definition des Begriffs „rechts“ angeht. Aber gerade der Begriff „rechts“, gerade der Begriff „links“, das sind ja Kampfbegriffe in der politischen Arena, mit denen um sich geworfen wird, mit denen um sich geschlagen wird in diesen Tagen, in diesen Wochen, Monaten und in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten. Deswegen ist es nur redlich und statthaft, wenn man – Ihre Fraktion, Ihre Partei und die Regierungsfraktionen und die Regierungsparteien haben das hier im Hohen Hause und in der politischen Diskussion in den letzten Jahren überall in Thüringen immer wieder getan – mit diesen Begriffen hantiert und sie auch als Begriffe gegen den politischen Gegner in Stellung bringt. Da müssen Sie als Fraktionsvorsitzender, Herr Adams, auch in der Lage sein, so einen zentralen Kampfbegriff wie „rechts“ zu definieren. Herr Kollege, können Sie „rechts“ definieren? Sie lachen so wissend. Es geht nicht, dass Sie das nicht können. Es kann nicht sein, dass Sie mir da kommen mit „Dimensionen des Thüringen-Monitors“ und dann beispielsweise erklären, Ethnozentrismus wäre ein Kriterium, ein Indikator für den Begriff oder für eine rechte Einstellung. So haben Sie von hier vorne dem Tenor nach ausgeführt.

Herr Höcke, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Adams?

Nein, im Augenblick nicht. Meine Redezeit ist ja begrenzt. Ich muss jetzt erst einmal meine Gedanken hier formulieren. Danke schön.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das scheint ja schwer zu sein!)

Ethnozentrismus ist nach Ihrer Aussage eine Dimension des Rechtsseins. Ich bin noch mal in den Thüringen-Monitor reingegangen und habe mal gesucht, was im Thüringen-Monitor zum Begriff des Ethnozentrismus ausgeführt wird. Ich habe also die Definition von Ethnozentrismus noch mal hervorgesucht. Da ist eigentlich relativ wenig drinstehend, muss ich sagen. Ich zitiere mal aus dem ThüringenMonitor zum Begriff des Ethnozentrismus: „Ethnozentrismus […] kennzeichnet die Bewertung von Fremdgruppen unter ausschließlicher Bezugnahme auf die stets als normalen Beurteilungsmaßstab gesetzte Eigengruppe.“ Eine der wenigen Aussagen im Bereich der Definition des Ethnozentrismus.

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Was nennt man „Definiti- on“?)

Jetzt kommen wir zum grundlegenden Problem. Deswegen sage ich und habe es in meiner Rede betont, ohne die Wissenschaften, die sprachbasiert sind, einem grundsätzlichen Verdikt zu unterziehen, ich habe gesagt: Die sprachbasierten Wissenschaften bewegen sich auf sehr dünnem Eis. Denn was macht der Thüringen-Monitor, was machen die Autoren des Thüringen-Monitors? Sie ersetzen einen Begriff durch einen anderen Begriff und erklären einen Begriff durch einen anderen Begriff. Wir kommen hier in einen Prozess eines unendlichen Regresses hinein, der von Ideologen und der von Politikern leider nur allzu oft ausgenutzt wird und in manipulativer Absicht auch exekutiert wird. Das bedauere ich und das lehnen wir als Fraktion des gesunden Menschenverstands grundsätzlich erst einmal ab.

(Beifall AfD)

Denn was ist, Herr Adams, der normale Beurteilungsmaßstab, was ist denn die Eigengruppe? Auch da hätten wir sicherlich, wenn wir uns jetzt mal die Gruppe vor Augen führen, die aufgrund der Befragung des Thüringen-Monitors von den Autoren desselben als ethnozentristisch eingeordnet worden ist, divergierende Aussagen zu diesen Punkten. Das heißt, wir haben diese Homogenität, die diese Befragung suggeriert, einfach nicht. Das ist wissenschaftlich auf jeden Fall zu kurz gesprungen und bei dieser Einschätzung bleibe ich.

(Beifall AfD)

Zu den Autoren des Thüringen-Monitors, mit Verlaub – und ich will sie jetzt nicht alle über einen Kamm scheren und ich kenne sie auch nicht alle –, gibt es aber Indizien, die im Thüringen-Monitor nachzulesen sind, die den Rückschluss zulassen, dass die Autoren des Thüringen-Monitors – einige jedenfalls – politisch eingefärbt unterwegs sind und dass sie ihre Aufgabe nicht im Sinne einer wissenschaftlichen Neutralität exekutiert haben.

(Beifall AfD)

Beispielsweise so eine Aussage, ich zitiere aus dem Thüringen-Monitor, Frau Präsidentin: Nach den Vorstellungen des Grundgesetzes stehen die grundlegenden demokratischen Rechte in Deutschland dagegen jedem zu – die grundlegenden demokratischen Rechte in Deutschland –, der in der Bundesrepublik lebt, unabhängig davon, wo er herkommt. – Diese Aussage ist falsch, sehr geehrte Kollegen Abgeordnete.

(Beifall AfD)