Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren, ich will zunächst vorausschicken, dass dieser Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen ein Beleg dafür ist, dass die Koalition vollumfänglich handlungsfä
hig ist. Es wurde nämlich schon von Frau Merz vorhin darauf hingewiesen, dass am 17. September der Bundestag und einen Tag später der Bundesrat das entsprechende Gesetz auf den Weg gebracht haben.
Es hat nicht einmal zwei Werktage gedauert, bis die Koalition in der Lage gewesen ist, die Vorgaben des Gesetzes mit einem Vorschlag für ein Landesgesetz entsprechend umzusetzen.
Herr Bergner, es ist jetzt schwierig, aber ich muss es trotzdem erwähnen: Sie haben ja den Investitionsstau auf kommunaler Ebene angesprochen. Der ist unbestritten da und nach wie vor auch noch sehr hoch. Ich warne aber davor, ständig neues Geld auch für Investitionsausgaben zu fordern. Aus einer Anfrage, die ich jetzt gemacht habe – die Antwort ist letzte Woche gekommen –, geht hervor, dass aus dem letzten Investitionsprogramm des Landes, die zwei Mal 50 Millionen Euro aus den letzten zwei Jahren, noch immer 30,6 Millionen Euro nicht abgeflossen sind. Da müssen wir doch eher die Frage stellen, woran das liegt, dass von den 100 Millionen Euro fast ein Drittel noch nicht für kommunale Investitionen umgesetzt werden konnte, bevor wir weitere Mittel fordern.
Es ist darauf hingewiesen worden, dass das Land mit dem ersten Corona-Hilfspaket schon Geld für die kommunale Ebene bereitgestellt hat. Da dürfen wir auch einmal ehrlich miteinander umgehen. In dem Hilfspaket sind 200 Millionen Euro an die kommunale Ebene bereits ausgeschüttet worden. Es ist immer von 100 Millionen Euro für die Gewerbesteuermindereinnahmen die Rede gewesen. Wir dürfen ja aber nicht vergessen: Zu den 100 Millionen Euro Gewerbesteuer kommen 85 Millionen Euro hinzu, mit denen wir über die Schlüsselzuweisungen pauschal Mehrausgaben bei den Gemeinden, Städten und auch bei den Landkreisen finanziert haben und 15 Millionen Euro für die Kurorte, Erholungsorte bzw. die Bäder. Das sind in der Summe also 200 Millionen Euro. Jetzt kommen noch einmal 82,5 Millionen Euro dazu.
Was noch gar keine Rolle gespielt hat: In dem bundesgesetzlichen Paket werden die Kommunen auch bei den KdU-Kosten entlastet. Das macht für Thüringen noch mal rund 50 Millionen Euro aus. Wenn ich das alles zusammenziehe, sind wir bei rund 330 Millionen Euro an Hilfsgeldern von Bund und Ländern zusammen für die kommunalen Ebene allein in diesem Jahr, bei geschätzten Steuermindereinnahmen von rund 200 Millionen Euro. Da ist eine erhebliche Lücke. Wir haben klar gesagt:
Ja, wir gleichen die Steuermindereinnahmen aus, aber wir geben den Kommunen auch noch zusätzliches Geld für die Mehraufwendungen, die sie haben.
Herr Urbach, wenn Sie die Kreisumlage vorhin thematisiert haben, da haben Sie einen Vorschlag zumindest angedeutet. Ich will darauf hinweisen, dass die Landkreise mit der aktuellen Situation der gemeindlichen Ebene bei den Steuermindereinnahmen überhaupt kein Problem haben. Erstens haben sie aus dem 185-Millionen-Euro-Paket – das haben Sie selbst erwähnt – auch Geld bekommen. Zweitens haben wir sichergestellt, dass mit den Hilfsmitteln, die wir den Gemeinden und Städten geben, dass die bei der Kreisumlage auch mit berechnet werden. Das heißt: Damit sichern wir nicht nur die Finanzierungsfähigkeit der gemeindlichen Ebene, sondern auch, dass die Landkreise ihren Aufgaben gerecht werden können, weil nämlich davon über das Umlagesystem auch die Landkreise entsprechend profitieren. Von daher sehe ich da auch gar keinen Widerspruch.
Herr Urbach, auch Herr Kießling, Sie haben eben die Evaluierungsklausel angesprochen. Ich will nur, Herr Urbach, zu Ihnen sagen: Die haben Sie damals in dem Mantelgesetz mit beschlossen, in dem Sondervermögen, was wir gemacht haben. Das war aus meiner Sicht auch völlig berechtigt, weil wir nicht zulassen können, dass wir in einer Krisensituation durch Hilfsmaßnahmen im Sofortpaket Steuermindereinnahmen überkompensieren. Die Lage vor Ort, das wissen Sie als Kommunalpolitiker auch, ist von Ort zu Ort höchst unterschiedlich. Wir haben im Einzelfall Kommunen, die von dem ersten Hilfspaket, was wir gemacht haben, unzureichend profitieren. Deswegen ist folgerichtig, dass wir jetzt auch noch einmal nachsteuern, weil wir eben über ein bestimmtes Verrechnungsmodell die Mittel auch pauschal ausgezahlt haben. Es gibt Kommunen, bei denen gehen die Hilfszahlungen in etwa so auf, wie das, was man prognostiziert, was die Mindereinnahmen sind. Es gibt aber auch Kommunen, die bekommen höhere Hilfsleistungen als das, was ihre Steuerausfälle tatsächlich sind.
Ich verweise auf den Oberbürgermeister von Nordhausen, der erklärt hat, er überweist das Geld zurück, weil er davon ausgeht, dass die Steuerausfälle nicht so hoch sind, und er muss es nächstes Jahr zurückzahlen. Ich verweise an die Gemeinde Wutha-Farnroda im Wartburgkreis, wo der Beigeordnete – also der Amtierende, weil der Bürgermeister nicht im Dienst ist – erklärt hat, die Steuermindereinnahmen belaufen sich de facto gegen null und er geht davon aus, dass er das Geld nächstes Jahr zurückzahlen muss. Das ist auch sachgerecht,
denn das Geld fließt in den Landesausgleichsstock und damit wollen wir sicherstellen, dass die Kommunen, die dieses Jahr zu wenig bekommen haben, zumindest nächstes Jahr noch den Nachschlag erhalten, um das Defizit, das Delta, das in diesem Jahr nicht ausgeglichen werden konnte, auch auszugleichen. Wenn wir das nämlich nicht machen würden, dann würden insbesondere diejenigen Kommunen darunter leiden, die dieses Jahr nicht entsprechend ihre Hilfe erhalten haben, die ihnen auch zusteht. Von daher warne ich vor einer solchen Debatte und davor, den Menschen und Bürgermeistern draußen zu versprechen, dass wir an dieser Evaluierungsklausel etwas abändern.
Insgesamt freue ich mich auf die Debatte, die wir sicherlich in den Ausschüssen intensiver weiter diskutieren können. Danke.
Vielen Dank, Kollege Bilay. Aus den Reihen der Abgeordneten liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Ich schaue in Richtung der Landesregierung. Frau Staatssekretärin, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, der vorliegende Gesetzentwurf soll – das wurde jetzt hinreichend dargestellt – als Grundlage dienen, um einen weiteren Betrag von 82,5 Millionen Euro an pauschalen Leistungen zur Abfederung von Gewerbesteuermindereinnahmen an die Kommunen auszukehren. Den insbesondere gesetzgeberischen Regelungsbedarf möchte ich hier noch einmal darstellen und auch die Zusammenhänge aufzeigen, die dem Ganzen zugrunde liegen. Das scheint mir gerade ob des Redebeitrags von Herrn Abgeordneten Kießling notwendig. Sie haben sehr häufig von der „sogenannten Pandemie“ gesprochen. Ich muss sagen, ich weiß nicht, wie Sie das Angehörigen erklären, die früh in ihre Küche kommen und dort einen leeren Küchenstuhl vorfinden, weil jemand an dieser sogenannten Pandemie verstorben ist. Aber das müssen Sie mit sich selbst ausmachen.
Thüringen hat – und das wurde mehrmals dargestellt – in einem schnellen ersten Schritt auf Grundlage des Thüringer Gesetzes zur Stabilisierung der Kommunalfinanzen im Juni den Gemeinden 100 Millionen Euro Soforthilfe zur Stabilisierung der kommunalen Haushalte gezahlt, die sich nach den
Gewerbesteuern gerichtet haben. Vollkommen zu Recht wurde auch gerade von Herrn Bilay noch mal dargestellt, natürlich wurde viel mehr ausgezahlt und wir hatten auch noch 85 Millionen Euro allein für die Schlüsselzuweisungen und weitere 15 Millionen Euro für Kur- und Erholungsorte im Angebot. Zu diesem Zeitpunkt konnte man eben nicht davon ausgehen, dass es ein Bundespaket geben wird. Insofern war das – denke ich – ein richtiger und wichtiger Schritt.
Die Klärung ist nämlich erst in der vorletzten Woche in Form eines Bundesgesetzes erfolgt, auf dessen Grundlage den Thüringer Kommunen nun also 165 Millionen Euro zum pauschalen Ausgleich der Gewerbesteuermindereinnahmen zur Verfügung gestellt werden sollen. Damit ist also die Grundlage geebnet, um weiter auf Landesebene tätig zu werden. Es freut mich, dass die Regierungsfraktionen im Interesse der Thüringer Gemeinden sich dazu entschlossen haben, abstrakt den hälftigen Anteil dieser 165 Millionen Euro, also 82,5 Millionen Euro, auch fließen zu lassen. Das ist eben keine Selbstverständlichkeit und auch nicht unbedingt eine logische Konsequenz, denn es wurden ja schon 100 Millionen Euro ausgezahlt. Man hätte das also durchaus auch komplett anrechnen können, denn es ist ja keine Frage des Wollens und Entscheidens, sondern es ist einfach in dem Bundesgesetz so vorgesehen, dass es eine hälftige Finanzierung geben soll.
Nichtsdestotrotz denke ich, man sollte noch mal klar und deutlich darauf eingehen, die Entscheidung, den Kommunen nochmals 82,5 Millionen Euro statt eben nur 65 Millionen Euro zum Ausgleich der wegbrechenden Gewerbesteuereinnahmen zu gewähren, ist eine Entscheidung, die vom Landesgesetzgeber zu treffen ist. Ich bin sehr erfreut, dass die Regierungsfraktionen genau diesen Vorschlag nun also auch zügig zur Entscheidung stellen.
Damit die vom Freistaat bereits an die Gemeinden ausgezahlten Gewerbesteuerstabilisierungszuweisungen überhaupt neben den von Bund und Ländern anteilig zu tragenden Hilfen angerechnet werden können, bedarf es einiger Anpassungen der Bestimmungen, auf deren Basis die Thüringer Soforthilfen ausgereicht wurden.
Erstens: Die Voraussetzung für eine Kompensation der Gewerbesteuermindereinnahmen, die für die Thüringer Soforthilfe gefordert wurde, entfällt. Bei der jeweiligen Gemeinde mussten die schon oft er
wähnten 15 Prozent der Gesamteinnahmen aus Steuern und Schlüsselzuweisungen jeweils im Schnitt der letzten drei Jahre – 2017 bis 2019 – gelegen haben.
Zudem – zweitens –: Die pauschale Deckelung der Kompensationszahlung auf 100 Euro je Einwohner – das heißt, es wurde ja oben abgeschnitten – entfällt weiterhin.
Drittens: Die im Rahmen der Spitzabrechnung zurückfließenden Beträge werden zur weiteren Kompensation von Gewerbesteuerrückgängen verwandt. Das heißt, sie fließen nicht zurück in irgendeinen unbestimmten Haushalt, sondern werden wieder direkt für kommunale Hilfen in Anschlag gebracht.
Die Thüringer Regelung zur Gewerbesteuerstabilisierung wurde als schnelle erste Hilfe pauschal ausgereicht. Dabei konnte natürlich die unterschiedliche Betroffenheit der Gemeinden auch gar nicht berücksichtigt werden. Das wurde auch von den kommunalen Spitzenverbänden immer wieder in Anschlag gebracht, dass dieses Mehr, was habe ich an Mehrausgaben und Mindereinnahmen zum Zeitpunkt des Aufflammens der Pandemie, überhaupt nicht seriös abgeschätzt werden konnte und auch jetzt in vielen Teilen noch nicht abgeschätzt werden kann. Entsprechend ist eben davon auszugehen, dass es Gemeinden gibt, die einen höheren Ausfall von Gewerbesteuereinnahmen haben als die ihnen ausgereichte Soforthilfe, auf der anderen Seite gibt es eben auch die überkompensierten Gemeinden. Gemeint ist also, dass es Gemeinden gibt, die mehr Soforthilfe erhalten haben, als der Verlust der Gewerbesteuereinnahmen oder der Ausfall beträgt. Um diese Ungenauigkeiten der Soforthilfe zu korrigieren, ist eine Spitzabrechnung dergestalt vorgesehen, dass Zuweisungen zurückgefordert werden, wenn und soweit der tatsächliche Gewerbesteuerausfall geringer ausfällt als der der Kompensationszahlungen zugrunde gelegte Vergleichswert. Ziel der Regelung bleibt damit, dass mit den Hilfszahlungen im Ergebnis trotz pauschaler Betrachtung möglichst eine gemeindescharfe Betrachtung möglich wird.
Die bisherige Regelung sah vor, dass diese Rückzahlungsbeträge in den schon erwähnten Landesausgleichsstock fließen und damit auch für die besonderen Härten verwendet werden können. Es ist im Übrigen nicht richtig, dass es allein Bedarfszuweisungen sein müssen. Es obliegt dem Gesetzgeber, gegebenenfalls andere Entscheidungen zu treffen, was eine besondere Härte sein kann.
vorgesehen, dass Rückzahlungsbeträge, die über den Betrag von 17,5 Millionen Euro hinausgehen, erneut unter den Gemeinden aufgeteilt werden, die noch unkompensierte Gewerbesteuermindereinnahmen haben. Das heißt, es wird im Einzelfall konkrete – Herr Urbach hatte darauf hingewiesen – besonders benachteiligte Gemeinden geben können, die man auch besonders würdigen muss. Die 17,5 Millionen Euro sind nämlich genau der Betrag, den das Land zusätzlich zu den laut Bundesgesetz vorgesehenen Mitteln bereitstellen will. Deshalb kann der Landesgesetzgeber über deren weitere Verwendung auch frei disponieren. Hinsichtlich des darüber hinausgehenden Betrags sind die Vorgaben des Bundesgesetzes zu beachten. Dieses sieht die Verwendung der Kompensationszahlungen ausschließlich für Gewerbesteuermindereinnahmen im Jahr 2020 vor. Dies zu beachten, ist eben entscheidend, damit überhaupt die Anrechnung der nach dem Bundesgesetz zu leistenden Kompensationszahlungen erfolgen kann.
Die weiteren im Gesetzentwurf dargestellten Änderungen sind Folgeänderungen, die sicherstellen, dass auch die weiteren Kompensationszahlungen bei der Bemessung der Steuerkraftmesszahl des Thüringer Finanzausgleichsgesetzes beachtet werden. Damit kann sichergestellt werden, dass im Rahmen der Binnenverteilung der Mittel des Kommunalen Finanzausgleichs die Hilfezahlungen ebenso berücksichtigt werden wie die Gewerbesteuern selbst.
Sehr geehrte Damen und Herren, durch den vorliegenden Gesetzentwurf schafft der Thüringer Gesetzgeber im Wesentlichen zwei Vorteile. Zum einen erhalten die Thüringer Gemeinden weitere Hilfen zur Kompensation der aufgrund der Pandemie einbrechenden Gewerbesteuern. Damit soll den Gemeinden geholfen werden, das wirtschaftliche, soziale, kulturelle wie politische Leben aufrechtzuerhalten, denn es ist der Ausgangspunkt des Gemeinwesens. Das wurde hier mehrmals zu Recht mit der Formulierung dargestellt: Unsere Kommunen sind stark und sollen es bleiben. Darauf ruht der ganze Staat. Zum anderen gewährleisten die Bestimmungen in dem vorliegenden Gesetzentwurf, dass die im Freistaat bereits geleisteten Soforthilfen auch als Kofinanzierung anerkannt werden und wir nicht unnötig mit den sowieso schon knappen Ressourcen falsch umgehen. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. Wortmeldungen sehe ich keine mehr. Damit kommen wir zur Frage der Ausschussüberweisung. Wird Ausschussüberweisung beantragt?
Der Innenausschuss. Weitere Ausschüsse? Nein. Es ist die Überweisung an den Innen- und Kommunalausschuss beantragt. Keine weiteren Ausschussüberweisungen sind beantragt. Damit stelle ich das zur Abstimmung.
Wer der Überweisung an den Innen- und Kommunalausschuss zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Ich sehe Zustimmung aus allen Fraktionen. Gibt es Gegenstimmen? Enthaltungen? Das ist nicht der Fall. Damit ist es einstimmig an den Innen- und Kommunalausschuss überwiesen.
Meine Damen und Herren, wir treten jetzt in eine zehnminütige Lüftungspause ein und sehen uns damit 15.55 Uhr wieder.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir wollen dann mit der Beratung wieder fortfahren. Es wäre schön, wenn dann auch die Türen wieder geschlossen werden könnten.
Gesetz zur Änderung des Thüringer Brand- und Katastrophenschutzgesetzes und zur Änderung versorgungsrechtlicher Regelungen Gesetzentwurf der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 7/1720 - ERSTE BERATUNG
Für das Wort zur Begründung hat sich Abgeordnete Henfling von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu Wort gemeldet. Bitte schön, Frau Kollegin.
Vielen Dank, Herr Präsident. Unsere Feuerwehrfrauen und ‑männer leisten einen unschätzbaren Beitrag für unser aller Sicherheit und das Leben in unseren Gemeinden. Der Anteil der Ehrenamtlichen an den Einsatzkräften beträgt nach dem Brand- und Katastrophenschutzbericht beeindruckende 97 Prozent. Damit dieses Engagement nicht nur in Worten und Sonntagsreden gewürdigt wird, wurde 2009 ei