Jetzt komme ich zu einem Punkt, zu dem ich hätte ausführlicher reden wollen, aber den lasse ich beiseite: die Überprüfungskommission der gespeicherten personenbezogenen Daten. Man kann da viel diskutieren. Man kann über den Auftrag diskutieren; die Erstspeicherung und die Letztspeicherung wurden überprüft. Die Kritik in dem Bericht, die haben
Sie weggelassen. Auf die könnte man eingehen, dass im Prinzip gar keine Kontrolle stattfindet, ob die Speicherung fortgesetzt werden muss. Dazu will ich mich gar nicht äußern.
Aber was ich wirklich skandalös finde – und, Frau Marx, bei allem Respekt, ich verstehe nicht, warum Sie diesem Bericht zugestimmt haben –,
ist: Wenn Sie hier vortragen: „Die Prüfungskommission wurde von einigen Bundesländern – das muss ich an dieser Stelle leider auch ansprechen – als potenzielles Leck angesehen. Dieser berechtigte und nachvollziehbare Vorwurf resultierte aus den Vorkommnissen im Zusammenhang mit der Aufarbeitung des NSU-Komplexes, als dem Deutschen Bundestag und anderen Landtagen sowie nicht zuletzt auch dem hiesigen Landtag durch die Landesregierung auf äußerst bedenklicher Grundlage umfangreiches Material ohne Abstimmung mit den anderen Bundesländern zur Verfügung gestellt wurde“, Herr Walk und auch die Parlamentarische Kontrollkommission im Ganzen, damit verhöhnen Sie jeden Abgeordneten und Politiker, der sich um Transparenz und Aufklärung der Verbrechen des NSU
und Verfolgen auch von Verfehlungen und Fehlern in den Sicherheitsbehörden in den letzten Jahren verdient gemacht hat. Sie verhöhnen auch Ihre eigene Bundeskanzlerin, die den Opfern versprochen hat, vollständige Aufklärung und Transparenz herzustellen, und Sie verhöhnen auch Ihren ehemaligen CDU-Minister Jörg Geibert, der sein Zurverfügungstellen von Akten damit begründet hat – Zitat –: „Wenn man Transparenz will, kann man sich nicht anders verhalten.“ Das, was Sie heute zur Schau gestellt haben, das, was Sie heute hier dargestellt haben, ist im Umkehrschluss des Zitats von Herrn Geibert im Prinzip die Kritik und die Verweigerung von Transparenz und Aufklärung, und das kann man eigentlich so hier nicht stehen lassen. Das ist ein politischer Skandal und das finde ich auch unerhört gegenüber der Arbeitsleistung, die der Aufklärungsarbeit des Untersuchungsausschusses in den vergangenen zwei Legislaturperioden zugrunde lag.
Ich will am Ende vielleicht noch eines sagen, denn ich bin es eigentlich leid, dass sich Sicherheitsbe
hörden und politische Parteien wissenschaftlichen Diskursen überhaupt komplett verweigern. Sie haben selber an einer Stelle gesagt: Der Extremismusbegriff ist kein Arbeitsbegriff des Verfassungsschutzes.
Und trotzdem zieht er sich von vorn bis zum Ende durch diesen Bericht und die Extremismustheorie lebt auf.
Deswegen will ich mit einem Zitat von Christoph Butterwegge, veröffentlicht bei der Bundeszentrale für politische Bildung enden:
Also jetzt sind Sie 1 Minute über der Redezeit, es tut mir leid, Herr Kollege. Schreiben Sie es in Ihre Pressemitteilung.
Ich ende mit einem Zitat von Christoph Butterwegge: „Nur wer noch in den politisch-ideologischen Schützengräben des Kalten Krieges liegt, kann beispielsweise auf die Idee kommen, eine linksradikale und eine rechtsextreme Partei hätten mehr miteinander zu tun als eine rechtsextreme und eine rechtspopulistische.“ Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste, beim Bericht, der eben abgegeben worden ist, erwarten Sie von mir jetzt sicherlich nicht viel Lob. Es gibt sehr viel zu kritisieren, ich bringe es mal auf den knackigen Punkt: Es war sehr wenig Kontrolle vorhanden, im Grunde genommen wird die Kontrolle gerade mal so simuliert, dass der oberflächliche Beobachter glaubt, da findet eine statt, in Wirklichkeit findet gar
keine statt, es war faktisch mehr so eine Art kleiner Verfassungsschutzbericht. Die Kommission hat ja auch gesagt, dass ihr die Berichte zweijährig viel zu wenig waren, vielleicht hat sie dann eben die Gelegenheit genutzt, hier noch mal einen einzuführen.
Es gäbe eine ganze Menge zu sagen, was an Kontrolle hier auszuführen wäre und was da eben auch für Ergebnisse rausgekommen sind. Das fängt bei der sogenannten Stabsstelle Controlling an, die eingeführt worden ist und die so eine Art Zwitterstellung hat. Das ist schon mal sehr interessant: Einerseits soll sie also den Präsidenten in der Wahrnehmung seiner Leitungsfunktion unterstützen, andererseits soll sie ihn auch irgendwo kontrollieren. Dass die dabei entstehenden Interessenkonflikte nicht zu klein sind, sollte jedem klar sein, umso mehr, als diese Stelle mit jemandem besetzt worden ist, der langjähriger Mitarbeiter des Verfassungsschutzes in Thüringen ist. Das ist also keine Kontrollinstanz, das ist im Grunde genommen ein Feigenblatt. Dass die PKK dann auch noch sagt, diese Möchtegernkontrollinstanz unterstützt ihre eigene Arbeit, das zeigt, wie ernst die PKK ihren eigenen Kontrollauftrag wahrnimmt, nämlich gar nicht ernst.
In dem Zusammenhang darf ich vielleicht auch noch mal darauf hinweisen: Der Verfassungsgerichtshof hat darauf hingewiesen, dass der Verfassungsschutz eine Landesoberbehörde ist. Bei der Landesoberbehörde wird also die Fachaufsicht durch das zuständige Ministerium ausgeübt. Im Ministerium, das gerade nicht da ist, nämlich das Innenministerium von Herrn Maier, gibt es kein Aufsichtsreferat dafür. Das ist zwar eine Peinlichkeit, die schon eine gewisse Zeit dauert, also auch durchaus andere Minister im Innenministerium betrifft, aber es bleibt eben eine Peinlichkeit, die nicht erklärt werden kann.
Weitere Punkte, auf die die PKK eigentlich hätte eingehen müssen: Das ist das Verhalten des Präsidenten des Verfassungsschutzes, seine Eigenschaft zur – ich sage es jetzt mal ganz vorsichtig – Gesprächigkeit. Da werden Gespräche geführt mit Vertretern von Beobachtungsobjekten der eigenen Behörde, zum Beispiel mit Abdelfatah Lahlou vom Internationalen Islamistischen Kulturzentrum Nordhausen e. V. – Beobachtungsobjekt des Thüringer Verfassungsschutzes. Es ist interessant, was da für Gespräche geführt werden, was für Inhalte da gesprochen worden sind – das scheint die Parlamentarische Kontrollkommission nicht im Geringsten zu interessieren.
Es gibt weitere Punkte, die durch die Parlamentarische Kontrollkommission hätten geklärt werden müssen. Denken wir nur an die Prüffallverkündung
gegenüber der AfD im September 2018: Seitenlang zitiert der Präsident des Verfassungsschutzes aus einer linksextremen Publikation, die von anderen Verfassungsschutzbehörden selbst beobachtet wird – Peinlichkeit sondergleichen.
Dieser Vorgang ist Thema gewesen von amtsinternen Auseinandersetzungen. Die Belegschaft hat den Kopf geschüttelt, es gab eine Remonstration, uns liegt eine entsprechende E-Mail vor – die Parlamentarische Kontrollkommission verliert dazu kein Wort, nicht mal Entlastung. So nehmen Sie Ihr Amt wahr – peinlich.
Weiteres Beispiel: Am 16. Januar 2019 – war es, glaube ich – traf sich der Verfassungsschutzpräsident Stephan Kramer mit den „SPIEGEL“-Reportern Roman Lehberger und Ansgar Siemens, die hat er offensichtlich bei sich im Amt empfangen. Einen Tag später erfolgt die Publikation des geheimen Verfassungsschutzgutachtens zur AfD im „SPIEGEL“ – das ist ein Zufall, meine Damen und Herren. Auch dazu keinerlei Hinweis im Bericht der Parlamentarischen Kontrollkommission, weder Belastendes noch Entlastendes, kein Hinweis, dass es geprüft worden ist – reines Desinteresse. Peinlich, einfach nur peinlich.
Und ich könnte zu diesem Thema, also zu den Eskapaden des Präsidenten, noch seitenlang und stundenlang ausführen, aber ich habe dasselbe Problem wie Herr Dittes, mir reicht die Zeit dafür nicht.
Sie kriegen jetzt 1 Minute mehr. Ich hatte Herrn Dittes ausreden lassen, weil er ja noch mal am Anfang nach seiner Redezeit gefragt hat und da lief die Uhr schon. Aber wenn es dem Frieden dient, dürfen Sie 1 Minute länger reden.
Gut, es reicht trotzdem leider nicht, macht aber auch nichts. Ich denke, ich habe einige prägnante Beispiele gebracht.
Lassen Sie mich mal so ein bisschen in den kleinen Verfassungsschutzbericht mit einsteigen, der jetzt eben abgegeben worden ist. Auch da kann ich natürlich nicht auf alle Phänomenbereiche eingehen, dazu ist das zu umfangreich gewesen. Aber ich habe mal einen rausgegriffen: die Reichsbürger. Die Reichsbürger spielten gerade in den letzten zwei
Jahren eine erhebliche Rolle, nicht nur beim Verfassungsschutz, auch bei verschiedenen politischen Parteien. Und die Gefahr, die davon ausgeht, wird ja auch im Bericht der Parlamentarischen Kontrollkommission wieder mal beschworen. Da wird von realen Gefahren gesprochen. Allerdings, wenn es dann darum geht, die genauer zu spezifizieren, da wird es ziemlich dünn. Da ist die Rede beispielsweise von einem Fund von 50 legalen Waffen und Elektroschockern – ja, Elektroschocker können auch legal sein –, aber immerhin war eine Sprenggranate, irgendeine Flakgranate dabei. Also gut, da kann man sagen, es ist natürlich ein Fall, der gehört dort mit hinein, das kann man erwähnen. Allerdings frage ich mich, was 50 legale Waffen darin zu suchen haben, denn legale Waffen sind wie gesagt legal.
Dann wird weiterhin erwähnt, dass es eine Widerstandshandlung bei einer Festnahme gab. Das ist eine Alltäglichkeit in Thüringen, meine Damen und Herren. Also da weiß ich nicht, warum das nun unbedingt die Reichsbürger charakterisiert, wie man auch immer zu ihnen steht. Wir haben da sicherlich auch unsere Vorbehalte, erhebliche Vorbehalte.
Meine Damen und Herren, dann wird erwähnt – und da wir es schon grotesk, wenn es um reale Gefahren geht –, dass da ein paar Leute rumspinnen und irgendwelche Phantasiegerichte à la Global Common Law Court gründen oder behaupten, dass es den gäbe. Ja, meine Güte, das als reale Gefahr zu bezeichnen, da stelle ich mir manchmal die Frage: Was ist das denn eigentlich für eine Kriminalität? Ist das Rechtsextremismus oder ist es vielleicht nicht doch eher so eine Art Irre-Kriminalität oder Irre-Extremismus? Auf jeden Fall, allein damit, dass jemand so ein Gericht von sich behauptet, entblödet er sich als Spinner – ja –, aber er ist doch deswegen noch keine reale Gefahr.
Dann habe ich weitergelesen und wurde stutzig. Da war mal was, da habe ich wirklich gesagt, das ist in der Tat eine Gefahr. Da steht also im Bericht der Parlamentarischen Kontrollkommission: In Schlotheim wurde eine USBV gefunden, also eine unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtung. – Herr Walk hat das eben auch noch mal vorgetragen. – Das hat mich interessiert, da habe ich mir gedacht, okay, das ist schon was und habe mal nachgegoogelt. Und dann finde ich einen Bericht der „Bild“Zeitung und dann steht da Folgendes drin, ich zitiere: „Nach der Untersuchung des verdächtigen Gegenstandes konnten die Ermittler am Mittag Entwarnung geben. ‚Es handelt sich nicht um Sprengstoff‘, teilten die Behörden mit, sondern ‚um eine Art selbstgebauter Batterie‘.“
Meine Damen und Herren, in diesem Bericht der Parlamentarischen Kontrollkommission stehen peinliche Fake News. Denn ich sage Ihnen eins: In diesem Fall glaube ich ausnahmsweise mehr der „Bild“-Zeitung als diesem Bericht der Parlamentarischen Kontrollkommission.
Was nicht erwähnt worden ist, das sind die Bombenbastler von Saalfeld-Rudolstadt, die mit 2,3 Kilo ETN erwischt worden sind und mit einem Trolley voll APEX-Komponenten – die Hamas wäre stolz darauf gewesen, ich habe es gestern schon gesagt. Im letzten Bericht der PKK stand, dass Beobachtungen der linksextremen Szene im örtlichen Bereich ruhend gestellt worden sind wegen Personalmangel; die weitere Aufklärung hat die Parlamentarische Kontrollkommission offensichtlich nicht interessiert. Und so muss ich einfach sagen, das zeigt exemplarisch dieses Ausblenden linksextremer Gefahren – insofern muss ich auch die Parlamentarische Kontrollkommission gegenüber dem Vorwurf von Herrn Dittes in Schutz nehmen –, dieses Ausblenden linksextremer Gefahren hat eine ganz eindeutige Tendenz. Und vor dem Hintergrund glaube ich der Beteuerung, dass man sich um die Rechte der Abgeordneten kümmert, wenn es also um die Beobachtung beispielsweise der AfD geht, kein einziges Wort.
Dieser Verfassungsschutz und auch die Parlamentarische Kontrollkommission haben insbesondere auch durch diesen Bericht schweren Schaden erlitten, sie sind faktisch demokratisch delegitimiert und sie werden das noch mal – wahrscheinlich heute Nachmittag –, wenn wieder die demokratische Kontrolle des Verfassungsschutzes, dieses Inlandsgeheimdienstes, hier im Haus von einer Mehrheit verweigert wird. Insofern sollten Sie überlegen, ob Sie an Ihrer Taktik weiter festhalten.