Protocol of the Session on October 2, 2020

Meine sehr geehrten Damen und Herren, im Koalitionsvertrag vom Dezember 2014 für die 6. Wahlperiode hieß es – ich zitiere –: „Sämtliche beim TLfV gespeicherten Personendaten werden auf ihre rechtliche Zulässigkeit der Erhebung, Speicherung und bislang nicht erfolgten Löschung überprüft.“ Dieser Auftrag wurde mit der „Kommission zur Überprüfung der von dem Amt für Verfassungsschutz Thüringen gespeicherten Personendaten“ unter Leitung des ehemaligen Ministerialbeamten Dr. Schmitt-Wellbrock umgesetzt. Die Kommission nahm ihre Arbeit im März 2019 auf und hat sie im Februar dieses Jahres abgeschlossen. Als problematisch stellte sich im Vorfeld im Rahmen der länderübergreifenden Zusammenarbeit die rechtliche Einordnung der Kommission heraus. Es standen die Fragen im Raum, welche Stellung die Kommission hat, wie das strenge Verschwiegenheitsregime sichergestellt werden kann und wie im Rahmen der Prüfhandlungen mit dem sogenannten Weitergabevorbehalt nach § 6 Bundesverfassungsschutzgesetz umzugehen ist. Diese Umstände führten zunächst zu einer Verzögerung der Arbeitsaufnahme. Insgesamt dauerte es knapp ein Jahr, ich erwähnte es. Die Prüfungskommission wurde von einigen Bundesländern – das muss ich an dieser Stelle leider auch ansprechen – als sogenanntes potenzielles Leck angesehen. Dieser berechtigte und nachvollziehbare Vorwurf resultierte aus den Vorkommnissen im Zusammenhang mit der Aufarbeitung des NSU-Komplexes, als seinerzeit dem Deutschen Bundestag und anderen Landtagen sowie nicht zuletzt auch dem hiesigen Landtag durch die Landesregierung auf äußerst bedenklicher Grundlage umfangreiches Material ohne Abstimmung mit den anderen Ländern zur Verfügung gestellt wurde.

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Das war jetzt nicht Ihr Ernst!?)

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ernsthaft jetzt? Wirklich!?)

Schlussendlich wurde die Kommission als aufsichtliche Maßnahme des Ministeriums für Inneres und Kommunales akzeptiert. Grundlage war ein vom Bundesamt für Verfassungsschutz zur Verfügung gestellter Datenklon aller Thüringer Daten zum Stichtag 8. März 2019. Auf die NADIS-Gesamtdatei bestand damit kein Zugriff. Geprüft wurden die

rechtlichen Grundlagen für die Erstspeicherung und für die letzte Speicherung zu jeder Person. Bei den sogenannten Mitwirkungsaufgaben erfolgten Stichproben. Hierbei handelt es sich beispielsweise um Überprüfungen nach dem Sicherheitsüberprüfungsgesetz, dem Waffen- und Sprengstoffgesetz oder auch nach dem Luftsicherheitsgesetz. Maßstab der Überprüfung waren die Vorgaben des Thüringer Verfassungsschutzgesetzes, ob tatsächliche Anhaltspunkte für Tatsachen und Bestrebungen vorliegen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind, die gegen den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind, die sich gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten oder ob es sich beispielsweise um frühere, fortwirkende und unbekannte Strukturen und Tätigkeiten der Aufklärungs- und Abwehrdienste der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik handelt. Maßgeblich war somit der Begriff der „tatsächlichen Anhaltspunkte“. Personenbezogene Daten sind spätestens nach 10 Jahren, in Ausnahmefällen nach 15 Jahren nach dem Zeitpunkt der letzten gespeicherten relevanten Information zu löschen. Der Präsident des Amts für Verfassungsschutz kann im Einzelfall ausnahmsweise eine längere Speicherdauer anordnen. Im Bereich der Spionageabwehr gibt es keine Höchstspeicherdauer. Für den Beobachtungsbereich der Reichsbürger und Selbstverwalter wurde amtsintern eine Speicherdauer von zwei Jahren festgelegt. Ebenso gibt es bei gespeicherten Minderjährigen kürzere Speicherfristen.

Sehr geehrte Damen und Herren, im Rahmen der Erörterung der Ergebnisse der Kommissionsarbeit wurde das Spannungsfeld zwischen den gesetzlichen Löschfristen einerseits und dem sogenannten Löschmoratorium des Landtags andererseits für die Arbeit der NSU-Untersuchungsausschüsse intensiver diskutiert. Wenngleich dieses Löschmoratorium der Arbeitsfähigkeit möglich zukünftiger Untersuchungsausschüsse dient und somit Ausfluss des Respekts vor dem Parlament ist, steht dies jedoch nach Überzeugung der Parlamentarischen Kontrollkommission nicht im Einklang mit den geltenden gesetzlichen Löschfristen.

Die Prüfungskommission kam daher zu dem Ergebnis, dass das Amt für Verfassungsschutz im Bereich der Speicherfristen und der Wiedervorlagen flexibler arbeiten könnte. Wiedervorlagen sollten häufiger erfolgen, um zu prüfen, inwieweit eine Speicherung noch notwendig ist. Ebenso wurde empfohlen, wenn für Eintragungen nur wenige Anhaltspunkte bestehen, diese aber möglicherweise mit weiteren Informationen über eine extremistische Tätigkeit verdichtet werden können, dass Speicherund Kontrollfristen kürzer ausfallen sollten.

In den Extremismusbereichen wurden durch die Kommission insgesamt 5.378 personenbezogene Eintragungen bearbeitet, insgesamt gab es ca. 20.500 Datensätze, die allermeisten jedoch aus dem Bereich der sogenannten Mitwirkungsaufgaben. Von den in den Extremismusbereichen geprüften Daten sind aufgrund fehlender Speichergrundlagen 91 zu löschen, was einem Anteil von 1,69 Prozent entspricht. Somit können wir feststellen, dass die allermeisten gespeicherten Personendaten rechtmäßig gespeichert sind. Der größte Teil der Löschempfehlungen bezieht sich auf den Phänomenbereich des Linksextremismus, gefolgt von dem Bereich der Reichsbürger, dem Ausländerextremismus und dem Rechtsextremismus.

Die Parlamentarische Kontrollkommission begrüßt das Ergebnis der Untersuchung, welches aufzeigt, dass das Amt für Verfassungsschutz auch bei der Speicherung und Löschung personenbezogener Daten Recht und Gesetz einzuhalten hat. Die Untersuchung hat aber auch das Spannungsfeld aufgezeigt, welches zwischen dem Vorwurf der ungezügelten Sammelwut einerseits und dem Vorwurf andererseits besteht, eben nicht genügend für die innere Sicherheit getan zu haben.

Auf einen weiteren Aspekt muss ich in diesem Zusammenhang jedoch noch hinweisen. Der „Mitteldeutsche Rundfunk“ berichtete am 22. März 2020 ausführlich über die Arbeit der Kommission und über einzelne Prüfergebnisse und dies, obwohl der Bericht selbst noch nicht veröffentlich war, vielmehr noch als Verschlusssache eingestuft war. Ich will es hier deutlich sagen: Es kann und darf nicht sein, dass solch sensible Informationen vor einer Freigabe für die Öffentlichkeit an diese weitergegeben werden. Die Parlamentarische Kontrollkommission regte daher an, die unzulässige Weitergabe dieser besonders sensiblen Informationen auch strafrechtlich untersuchen zu lassen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, um gute Arbeit liefern zu können, müssen die Rahmenbedingungen stimmen. Dies gilt in allen Bereichen und nicht zuletzt auch für den Nachrichtendienst. Leider sind die Arbeitsbedingungen nicht optimal, ich habe es mehrfach angesprochen. Nicht zuletzt die stetige Zunahme der Aufgaben in quantitativer und auch qualitativer Hinsicht trägt dazu bei. Für die Parlamentarische Kontrollkommission ist es in Kenntnis dessen seit mehreren Wahlperioden auch ein besonderes Anliegen, die örtlichen und räumlichen Verhältnisse für den Verfassungsschutz zu verbessern. Die derzeitigen Arbeitsbedingungen im Objekt Haarbergstraße sind eben nicht optimal. Insbesondere auch nach der Aufgabe des Außenobjekts in der Häßlerstraße vor einigen Jahren stieg

die Gefährdung des operativ tätigen Personals. Vor diesem Hintergrund haben wir immer wieder gefordert, den Neubau eines Gebäudes für das Amt für Verfassungsschutz am Standort Schwemmbach/ Kranichfelder Straße zu forcieren. Wir wissen alle, dass dort seit mehreren Jahren umfangreiche Umund Neubauten für das LKA und für die Bereitschaftspolizei stattfinden. Sicher ist es auch unserer Hartnäckigkeit mit zu verdanken, dass nunmehr Licht am Ende des Tunnels zu erkennen ist. So soll dort nach dem Abriss weiterer alter Kasernengebäude der Bereitschaftspolizei ein neuer Gebäudekomplex für das Innenministerium und für das Amt für Verfassungsschutz entstehen. Die Fertigstellung ist für das Jahr 2025 vorgesehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Bundesamt für Verfassungsschutz hat am 12. März dieses Jahres den sogenannten Flügel in der AfD zum bundesweiten Beobachtungsobjekt erklärt. Am gleichen Tag informiert das hiesige Amt für Verfassungsschutz, dass der AfD-Landesverband Thüringen von einem Prüffall zu einem Verdachtsfall heraufgestuft wurde. Ein abschließendes Ergebnis für Thüringen liegt noch nicht vor. Die Parlamentarische Kontrollkommission wurde stets engmaschig und substanziiert von der Landesregierung über die Entwicklung sowohl auf der Bundes- als auch auf der Landesebene informiert. Für die Kommissionsmitglieder war es dabei aus Respekt vor dem Parlament wichtig, dass die Statusrechte der Abgeordneten des Thüringer Landtags nach Artikel 3 der Landesverfassung gewahrt wurden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie konnten diesem Bericht entnehmen, wie vielfältig und wie herausfordernd sich die in unserer Verfassung in Artikel 97 festgelegte Aufgabe des Schutzes unserer Verfassung darstellt. Im Berichtszeitraum wurde uns jederzeit und ausführlich Auskunft über die Tätigkeit des Amts erteilt und sämtliche von uns gestellten Fragen wurden beantwortet. Anregungen zur Verbesserung der Arbeit des Amts wurden trotz knapper Personalausstattung stets und offen aufgenommen. Die gesetzmäßige Aufgabenerfüllung hat uns auch der Controller bestätigt.

Die Parlamentarische Kontrollkommission tagt hinter verschlossenen Türen, aber unser Bericht ermöglicht es dennoch, Ihnen und der Öffentlichkeit einen Überblick über unsere Kontrolltätigkeit und die umfangreiche Arbeit des Amts für Verfassungsschutz zu geben. Der Bericht hält deshalb auch in diesem Jahr an der Tradition fest, nicht nur Beschwerden oder festgestellte Mängel abzuarbeiten, sondern auch größtmögliche Transparenz über die Arbeit des Amts herzustellen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Mitglieder einer neuen Parlamentarischen Kotrollkommission wurden erst in der 9. Plenarsitzung am 5. März 2020, also in diesem Jahr, gewählt, dies war sicher auch den ganz besonderen Umständen, die mit der Regierungsbildung und der Wahl eines Ministerpräsidenten verbunden waren, geschuldet. Gewählt wurden seinerzeit die Abgeordneten Steffen Dittes, Anja Müller und meine Person. Nicht die erforderliche Stimmzahl erhielten seinerzeit die Abgeordneten Ringo Mühlmann und Stefan Möller. Auch die weiteren Anläufe zur Wahl – beispielsweise gestern – der zwei noch vakanten Sitze blieben bislang erfolglos. Eine Konstituierung der neuen Parlamentarischen Kontrollkommission – das ist das Ergebnis – erfolgte bislang nicht.

An dieser Stelle ist es mir eine ganz besondere Ehre, den Kommissionsmitgliedern recht herzlich für ihr Engagement und ihr Mitwirken zu danken. Mein Dank geht zunächst an meine Abgeordnetenkollegin Frau Marx sowie an Herrn Minister Dirk Adams – die habe ich beide schon erwähnt –, der der Kommission bis zur Übernahme des Ministeramts angehörte. Ganz besonders richte ich meinen Dank von diesem Rednerpult aber auch an unsere ehemaligen Abgeordneten – bereits erwähnt – Dieter Hausold und Wolfgang Fiedler, die ja bekanntlich unserem Haus nicht mehr angehören. Die Arbeit – das will ich noch mal betonen – war stets konstruktiv und auch von großer Sachlichkeit, von gegenseitigem Respekt geprägt. Ich finde es schon bemerkenswert, dass die allermeisten Entscheidungen auch einvernehmlich getroffen wurden.

(Beifall SPD, FDP)

Danken möchten wir an dieser Stelle auch den Vertretern der Landesregierung, allen voran Herrn Minister Maier und Herrn Staatssekretär Götze, dem Präsidenten des Amts für Verfassungsschutz, Herrn Kramer, seinem Vertreter Vizepräsident Derichs sowie Herrn Bechtelsheimer als ehemaligem und Herrn Geiken als neuem Leiter der Stabsstelle Controlling für ihre Auskunfts- und Kooperationsbereitschaft.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, letzter Punkt: Bedanken möchte ich mich schließlich auch beim Geschäftsführer der Parlamentarischen Kontrollkommission Dr. Thomas Poschmann, dem stellvertretenden Geschäftsführer Herrn Volker Bieler, bei dem Mitarbeiter der Geschäftsstelle, Herrn Michael Apel, und bei Frau Judith Malicke als Protokollantin, zudem bei den weiteren Bediensteten der Landtagsverwaltung, die in verschiedenster Art und Weise die Arbeit der Parlamentarischen Kontrollkommission unterstützt haben. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE, CDU, SPD, FDP)

Vielen Dank, Herr Walk, für diesen ausführlichen Bericht. Sie haben die vormaligen Abgeordnetenkollegen Fiedler und Hausold auf unserer Zuschauerbank oben schon begrüßt. Wir begrüßen aber natürlich auch den Präsidenten des Amts für Verfassungsschutz, Herrn Kramer, der auch von Anbeginn unserer Sitzung unseren Ausführungen lauscht und lauschen wird.

Ich eröffne die Aussprache und gebe als erstem Redner Herrn Abgeordneten Dittes von der Fraktion Die Linke das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Walk, es ist schon eine besondere Herausforderung, zu einem 100-Minuten-Bericht innerhalb von, ich glaube, 9 Minuten und 30 Sekunden reagieren zu müssen.

9 Minuten und 50 Sekunden.

(Unruhe DIE LINKE, SPD)

9 Minuten 50 – Sie werden mich nicht davon abbringen, auch in dieser Zeit das Wesentliche zu sagen, Herr Hey.

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das haben wir befürchtet!)

Bevor ich zu dem Bericht komme, Herr Walk, will ich eine Sache sagen, die ich vermisst habe: Zwar mögen Sie sagen, das ist in Thüringen gar nicht relevant, aber ich habe eine Aussage eines parlamentarischen Kontrolleurs zu den Aufdeckungen eines Nazi-Netzwerks im Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen vermisst.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Nun werden Sie anmerken wollen: Das hat doch mit Thüringen nichts zu tun. Ich sage Ihnen drei Gründe, warum ich das für falsch halte. Der erste ist auch aus Ihrer Sicht, glaube ich, nachvollziehbar: Daraus entsteht eine Legitimationskrise für Sicherheitsbehörden, die auch in Thüringen von Bedeutung ist, weil sie vor Bundesländergrenzen eben nicht haltmacht.

Das Zweite – das haben Sie selbst in Ihrem Beitrag ausführlich dargestellt – ist die sehr enge Zusam

(Abg. Walk)

menarbeit zwischen den Verfassungsschutzämtern. Das heißt, das Thüringer Amt für Verfassungsschutz kommt ohne diese Zusammenarbeit mit diesen Verfassungsschutzämtern gar nicht aus und stützt seine Arbeit auch auf die dort erlangten Informationen – eben auch zu Personen. Deswegen ist es wichtig, darauf zu verweisen, dass das auch Probleme für das Thüringer Landesamt bedeutet.

Drittens: Haben Sie sich eigentlich schon einmal in diesem Hohen Hause gefragt, warum wir nie etwas über Neonazi-Netzwerke unter Theaterschauspielern oder unter Professoren an Hochschulen hören? Sicherlich gibt es auch Schauspieler und Hochschulprofessoren mit extrem rechten Einstellungen, aber ich glaube, die Strukturen, das soziokulturelle Klima, die Arbeitssituation, der intellektuelle Austausch in diesen Strukturen führt dazu, dass aus Einstellungen Einzelner keine Netzwerke entstehen. Deswegen müssen wir uns auch mit diesen Strukturen auseinandersetzen, nämlich mit den strukturellen Voraussetzungen dafür, dass solche Netzwerke in Sicherheitsbehörden entstehen. Es kann keine Position der Thüringer Kontrolleure sein, zu sagen: Das ist für uns kein Thema, wir haben ja noch keinen Fall, zumindest keinen publizierten. Ich glaube, es ist Thema. Wir müssen uns auch in Thüringen mit diesen Strukturen beschäftigen, uns die Frage stellen. Wenn ein Fall öffentlich wird, ist es nämlich zu spät. Dann stellen Sie natürlich auch ganz berechtigt in der Öffentlichkeit die Frage an die parlamentarische Kontrolle: Was wurde denn eigentlich hier getan – auch, um dem möglicherweise vorzubeugen?

Nun aber zu Ihrem inhaltlichen Bericht, der ja wie immer mit Spannung erwartet wird. Es gibt da immer wieder dieselbe Folklore: Sie fordern mehr Personal, werfen der Linken vor, den Verfassungsschutz abschaffen zu wollen. Der Innenminister kriegt die Frage gestellt, wie lange er sich noch von den Linken gängeln lassen will. Lassen wir diese Folklore doch einfach einmal beiseite und kümmern uns wirklich um Ihren Bericht. Ich bedauere es, Herr Walk, dass wir Teile des Berichts auch schon am Mittwoch – von Ihnen auch kommentiert – in der „Thüringer Allgemeinen“ lesen durften. Das ist dann eben auch nicht der wirklich kollegiale, solidarische Umgang in diesem Parlament.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Ich will durchaus etwas sehr Positives an diesem Bericht an den Anfang stellen. Ich glaube, in Ihrem Bericht ist deutlich geworden, dass Sie die Kritik, die wir 2018 hier formuliert haben, auch berücksichtigt haben. Sie haben wesentlich mehr zur parlamentarischen Kontrolltätigkeit ausgeführt, als das in

der Vergangenheit der Fall gewesen ist. Das will ich durchaus anerkennen. Aber ich will auch sagen, dass in anderen Bereichen nicht nur praktisch der Verfassungsschutzbericht möglicherweise in Grundsätzen wiederholt wird und deswegen für uns gar keine Neuigkeit darstellt, sondern dass sich eben auch analytische Fehler des Verfassungsschutzberichts im Bericht der Parlamentarischen Kontrollkommission wiederfinden.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will das in der zur Verfügung stehenden Zeit an einem Punkt deutlich machen, den ich gern dann noch detaillierter ausführen kann, aber die Möglichkeit fehlt mir hier eben.

Sie beziehen sich wiederum auf die Statistik der politisch motivierten Kriminalität. Diese veröffentlicht das Landeskriminalamt jedes Jahr im April. Die Zahlen sind bekannt. Ich glaube, die Analyse dieser Zahlen war im Innenausschuss in der letzten Sitzung – Sie waren ja anwesend – sehr viel differenzierter und sachlicher durchgeführt worden, als das, was Sie für die PKK heute hier vorgetragen haben.

Was mich dabei aber tatsächlich aufregt, ist die analytische Schwäche dieses Berichts bei dem Vergleich der Bestandteile „Rechtsextremismus“ und „Linksextremismus“, wie Sie sie aufgeführt haben. Wenn Sie Ihren Bericht noch mal zur Hand nehmen und wirklich durchlesen, dann wird Ihnen auffallen, dass Sie bei den Einzelbeispielen zum Rechtsextremismus das Bild vermitteln, dass Neonazis in Thüringen lediglich demonstrieren, Konzerte sowie Vortragsveranstaltungen organisieren und dadurch auffallen, dass sie verbotene Parolen rufen und Nazi-Symbole zeigen, während Sie im gesamten Bereich des Linksextremismus auf die Gewaltstraftaten rekurrieren.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

(Unruhe CDU)

Doch. Lesen Sie sich diesen Bericht noch einmal durch! Sie können das ja im Protokoll tun. – Das heißt doch nicht, dass Sie es dort an dieser Stelle weglassen sollen. Darauf können Sie durchaus analytisch verweisen. Gerade in der Nebeneinanderstellung dieser beiden Berichtsteile wird deutlich, dass Sie den Rechtsextremismus nach wie vor in Thüringen verharmlosen. Dann nützt es eben nichts, immer wieder darauf hinzuweisen, dass das das größte, gefährlichste Potenzial ist für die Gefährdung der Demokratie in Thüringen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Dazu nur so viel.

Ein roter Faden Ihres Berichts ist – und Sie haben auch an mehreren Stellen darauf verwiesen, dass Sie das auch in der Vergangenheit schon immer wieder eingefordert haben – die Frage des Personals beim Amt für Verfassungsschutz. Ein roter Faden ist aber auch, dass Sie permanent verwechseln: Personal und Stellen. Das begegnet uns ja auch bei der Polizei in Thüringen. Mein Lieblingssatz, den Sie gesagt haben, ist der, dass wir natürlich feststellen müssen, dass freie Stellen beim Landesamt für Verfassungsschutz mit Personal nicht besetzt sind. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass uns Personal fehlt. Sie begründen im Prinzip das Nichtbesetzen von zur Verfügung stehenden Stellen durch Personal mit der Forderung, zusätzliche Stellen beim Amt für Verfassungsschutz zu schaffen. Das ist absurd! Das ist vor allem deswegen absurd – Herr Kramer, diese Kritik darf ich mir durchaus erlauben –, weil wir bereits im Jahr 2018 an dieser Stelle deutlich gemacht haben, dass 10 Prozent der Stellen im Amt für Verfassungsschutz nicht besetzt sind, und das ist auch bis zum Sommer 2020 der Fall. Es nutzt doch also nichts, sich im politischen Überbietungswettbewerb hier zu ergehen, immer wieder neue Stellen zu beschaffen, wenn man die eigenen Hausaufgaben im Amt nicht erfüllt. Da würde mich im Prinzip mal von der Parlamentarischen Kontrollkommission interessieren, wenn wir 2018 darüber schon diskutiert haben: Was haben Sie denn in der Zeit tatsächlich unternommen? Wie waren denn die Bemühungen um die Besetzung? In welcher Weise wurde denn die Kontrollkommission in diesem Bereich tätig? Wie wurde der Nichtbesetzungsstand diskutiert? Was wurde durch Arbeitsorganisation geregelt? In welcher Weise wurde eine zügige Besetzung beraten, eingefordert und mit welchen Konzepten wurde dort gearbeitet? Welche Konzepte wurden da auch vom Amt für Verfassungsschutz eingefordert? Stattdessen enden Sie an dieser Stelle immer wieder mit der Forderung: Wir brauchen mehr Stellen. Ich sage Ihnen ganz ehrlich, es macht keinen Unterschied, ob Sie 10 oder 15 nicht besetzte Stellen haben. Sie werden im Prinzip dasselbe Lied dann auch in fünf Jahren oder in zwei Jahren wieder singen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt komme ich zu einem Punkt, zu dem ich hätte ausführlicher reden wollen, aber den lasse ich beiseite: die Überprüfungskommission der gespeicherten personenbezogenen Daten. Man kann da viel diskutieren. Man kann über den Auftrag diskutieren; die Erstspeicherung und die Letztspeicherung wurden überprüft. Die Kritik in dem Bericht, die haben