Protocol of the Session on April 25, 2024

Als direkte Repräsentanten einer erlebbaren Verwaltungsdigitalisierung stehen die Thüringer Kommunen an der ersten Stelle und in der ersten Reihe und verdienen jede leistbare Unterstützung.

An dieser Stelle möchte ich meine Redezeit nutzen, um Politik und Verwaltung auch noch mal dafür zu sensibilisieren, dass Bürgerinnenorientierung in den Vordergrund zu stellen ist. Bei aller gelebter Digitalität und dem Drang danach – ja, haben wir in der Bitkom-Studie gelesen – ist Thüringen eben nicht ganz vorne mit dabei, was unter anderem auch an dem vergleichsweise hohen Altersdurchschnitt der Thüringer Bevölkerung liegt und damit zu erklären ist. Da kann das digitale Antragsverfahren, weil wir das auch immer wieder hören, noch so einfach sein, noch so gut sein, wer den menschlichen Kontakt bei seinen Behördenangelegenheiten sucht, soll und muss ihn auch weiterhin bekommen. Als Land werden wir am Ende des Tages daran gemessen werden, wie gut wir die Bürgerinnen an die Hand nehmen und neue Prozesse begleiten, verständlich erklären und niemanden zurücklassen. Es gilt dennoch, die individuelle Lebensrealität der Thüringer/-innen zu treffen und die Verwaltung bei diesen Prozessen, so gut es geht, auf allen Ebenen mit den entsprechenden Mitteln und Maßnahmen zu unterstützen.

Gestatten Sie mir zum Abschluss noch eine Bemerkung auch so als Replik aus den letzten Wochen zu Gesprächen zu anderen E-Government- oder überhaupt Digitalisierungsvorhaben. Um der sprunghaft gestiegenen Dynamik und der Bedeutung der Digitalisierung als absolutes Querschnittsthema noch mal Rechnung zu tragen, unterstütze ich ausdrücklich – und es ist hoffentlich Teil von weiterem Handeln auch hier im Hause – die Schaffung eines Digitalausschusses für eine schnellere, aber vor allem auch verantwortungsvoll gestaltete Digitalisierung mit Mehrwert. Dafür müssen wir auch die politischen Strukturen adäquat aufstellen.

(Beifall DIE LINKE)

Ich freue mich auf die Beratungen und Anhörungen im Nachgang im Haushalts- und Finanzausschuss. Herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Als nächstem Redner erteile ich Herrn Abgeordneten Kowalleck, Fraktion der CDU, das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, mein Vorredner ist ja schon auf den Inhalt des Gesetzentwurfs eingegangen – auch Respekt dafür, dass Sie da so viele Worte finden konnten für die wenigen Seiten des Gesetzentwurfs. Aber eins ist natürlich klar: Das ist ein umfassendes Thema. Wir hatten es heute früh auch schon bei der Beratung zum Thüringen-Monitor, die Digitalisierung beschäftigt uns seit Jahren, wird uns weiterhin beschäftigen und insbesondere auch die Zusammenarbeit mit den Kommunen

ist hier auch Thema des Gesetzentwurfs. Hier haben wir als Land Thüringen in den letzten Jahren auch mit finanziellen Beträgen unterstützt und das ist auch weiter notwendig.

Wir sehen aber auch, dass man teilweise an die Grenzen kommt, sprich Thema „E-Akte“. Hier haben wir auch wieder Themen, bei denen wir sagen: Wir brauchen eine Fristverlängerung, weil bestimmte Dinge nicht umzusetzen sind. Deswegen ist es wichtig, dass wir uns noch mal intensiv auch im Ausschuss mit den einzelnen Themen beschäftigen.

Sie wissen auch, wir hatten jetzt über einen längeren Zeitraum den Digitalisierungsantrag der CDU im Haushalts- und Finanzausschuss, auch den Antrag der FDP, und die haben uns intensiv beschäftigt. Das sind wir jetzt auch auf der Zielgeraden. Deswegen möchte ich heute auch nicht so intensiv auf die verschiedenen

(Abg. Weltzien)

Themen eingehen, weil wir uns im Haushalts- und Finanzausschuss damit noch mal beschäftigten. Auch hier trifft es wieder zu, dass wir uns morgen zur Sondersitzung 8.00 Uhr treffen und eine Anhörung auf den Weg bringen, soweit das auch die Mitglieder des Haushalts- und Finanzausschusses wollen. Aber ich denke, es ist sinnvoll, dass man hier auch noch mal die Betroffenen abfragt, insbesondere die Kommunen, weil wir natürlich auch hier die Hinweise aus dieser Richtung brauchen. Ich hatte das eingangs erwähnt: Wichtig ist, dass wir in den verschiedenen Bereichen weiter unterstützen. Viele von uns sind selbst Mandatsträger in den Gemeinderäten, Stadträten und Kreistagen und da sehen wir eben auch, wo die Unterstützung notwendig ist. Deswegen werden wir diesen Gesetzentwurf und die Beratung auch entsprechend begleiten. Wir sehen uns dann spätestens morgen früh im Haushalts- und Finanzausschuss. Danke sehr.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Für die Fraktion der AfD rufe ich Herrn Abgeordneten Möller auf, bitte.

Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste am Livestream zumindest, hoffe ich, es hat mich ehrlich gesagt gewundert, dass man über diesen relativ profanen Gesetzentwurf so lange redet. Ich habe da eigentlich nur eine Anmerkung, die die Experimentierklausel betrifft. Ich glaube, die allererste E-Mail wurde 1972 abgeschickt, das war drei Jahre vor meiner Geburt. Ich bin jetzt 49 Jahre alt und im Jahr 2024 schreibt die Landesregierung in den E-Government-Gesetzentwurf eine Experimentierklausel für die digitale Kommunikation. Ich muss sagen, wir sind weit gekommen in diesem Land. Es zeigt ein Stück weit, wie rückschrittlich diese Landesregierung im Bereich des Digitalen unterwegs ist und mehr gibt es jetzt zu diesem Gesetzentwurf nicht zu sagen. Danke schön.

(Beifall AfD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Gehe ich recht in der Annahme, dass die Parlamentarische Gruppe der FDP nicht reden möchte? Das ist der Fall. Aber die Landesregierung. Frau Ministerin Taubert, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordnete, man kann sich natürlich über alles verächtlich machen, Herr Möller, klar geht das, gar keine Frage, wenn man solche Vergleiche findet. Man findet immer einen Vergleich. Der muss ja nicht stimmen.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Doch, der stimmt!)

Nein, der muss nicht stimmen. Der muss eben nicht stimmen. Wenn Sie wüssten, warum wir die Experimentierklausel eingefügt haben, nicht, weil wir nicht mit E-Mail arbeiten, nicht, weil wir nicht – wir sind ein voll digitalisiertes Haus, sehr geehrter Herr Möller.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Das sieht man!)

Ja, klar, das sehen wir – ganz genau.

Das ist kein Selbstläufer, aber man kann alles verächtlich machen.

(Abg. Kowalleck)

(Zwischenruf Abg. Cotta, AfD: Das sieht man an der Stellenbeschreibung!)

Schauen Sie sich lieber an und versuchen Sie zumindest ansatzweise den Kontext zu finden, dann wird Ihnen auch die Situation erschließen, warum wir zunächst mal die Experimentierklausel haben,

(Beifall DIE LINKE)

die wir jetzt auch herausnehmen wollen, die nicht drinstehen bleiben soll, Verstetigung. Wichtig ist uns – und es ist wirklich ein dickes Brett und es hat viele Facetten, hat Herr Kowalleck gesagt –, wir müssen den Kommunen überall, wo es möglich ist, auch die Vereinfachung ermöglichen, dass sie zusammenarbeiten können. Denn, wenn ich in eine kleine Kommune gehe – ich war letztens in einer VG, will ich Ihnen auch zum Besten geben, die sich wirklich sehr mühen, die haben letztlich maximal anderthalb Kräfte, um ein Datenmanagementsystem einzuführen. Das unterstützen wir schon finanziell, damit so eine VG das mal gemacht hat, damit wir das auch später übertragen können an andere. Die sind wirklich außerordentlich motiviert. Aber die stehen natürlich vor Fragen, die letztlich nur in einem gemeinsamen Kontext beantwortet werden können. Man braucht eine Truppe, eine Gruppe unterschiedlicher Gemeinden, die gemeinsam daran arbeiten. Da, wo das passiert – wir haben ja zwei große Läufe mittlerweile für unterschiedliche Programme –, da merken wir, dass auch mit diesem Reden, also nicht nur das Anwenden, das Lernen des Projekts, des Programms, sondern auch das miteinander Reden, das verhilft im ungleich stärkeren Maße dazu, dass Verwaltung auch die Vorteile, natürlich auch die Hürden von Digitalisierung erfährt und viel schneller vorankommt, als wenn jeder das ganz allein machen würde. Das ist ein wichtiger Punkt darin, deswegen ganz herzlichen Dank, wenn wir das schnell beraten.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Vielen Dank, Frau Ministerin. Weitere Wortmeldungen sehe ich

(Zwischenruf Abg. Weltzien, DIE LINKE: Doch!)

jetzt. Bitte schön.

Herzlichen Dank, Herr Präsident. Die Wortmeldung von Herrn Möller hat mich jetzt doch noch mal nach vorn getrieben. Herr Möller, ganz kurz, auch wenn ich schon viel geredet habe, das waren schon ganz schön markige Worte und eine ganz schön große Klappe von einem Verein, der sich gerade zum Thema „Digitalisierung“ tatsächlich das erste Mal hier an diesem Rednerpult gemeldet hat. Ihre bisherige Mitarbeit bei dem ganzen Thema hat sich vermissen lassen. Von daher vielleicht doch eher die kleine Violine rausholen.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Also keine Substanz jetzt!)

(Zwischenruf Abg. Beier, DIE LINKE: Selbsterkenntnis ist ein guter Anfang!)

Vielen Dank. Weitere Wortmeldungen sehe ich jetzt nicht. Dann die Frage: Wird Ausschussüberweisung beantragt? Herr Abgeordneter Blechschmidt.

(Ministerin Taubert)

Haushalts- und Finanzausschuss, bitte.

An den Haushalts- und Finanzausschuss. Wer also der Überweisung an den Haushalts- und Finanzausschuss zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus dem gesamten Haus. Ich frage trotzdem noch mal die Gegenstimmen ab. Enthaltungen? Das ist nicht der Fall. Damit ist dieser Entwurf an den Haushalts- und Finanzausschuss überwiesen und ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.

Wir kommen zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 20

Erstes Gesetz zur Änderung des Thüringer Hochschulgesetzes Gesetzentwurf der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 7/9864 - ERSTE BERATUNG

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? Ich sehe dazu keine Wortmeldung. Dann eröffne ich die Aussprache. Für die Fraktion Die Linke hat Abgeordneter Schaft das Wort. Gut, dann nehmen wir jemand anderen. Herr Kollege Schubert, bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident, das war die richtige Meldung, Kollege Schaft ist allerdings terminlich verhindert, deswegen werden ich an seiner Stelle seine Rede vortragen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenige Sätze können viel verändern. Das trifft auf diesen Gesetzentwurf auf jeden Fall zu, denn wir wollen den Hochschulen für Angewandte Wissenschaften und Fachhochschulen in Thüringen endlich den Weg zu einer eigenständigen Wahrnahme des Promotionsrechts öffnen. Das ist ein wichtiger Schritt für den Wissenschafts- und Forschungsstandort Thüringen. Damit kommen wir weiter nach vorn. Wir werden Zukunfts- und Chancenland bleiben können. Die Promotion und damit die Verleihung der Doktorinnenwürde stellt für die wissenschaftliche Karriere an den Hochschulen oder außeruniversitären Forschungseinrichtungen wie auch für die Tätigkeit in der freien Wirtschaft oder öffentlichen Verwaltung als Fach- und Führungskraft einen wichtigen Schritt dar. Dass wir nun auch an den Hochschulen für die Angewandten Wissenschaften und den Fachhochschulen dies möglich machen wollen, hat seinen Grund in der Entwicklung dieses Hochschultyps. Mit meinem – das meint jetzt also den hochschulpolitischen Kollegen von Christian Schaft –, mit meinem linken hochschulpolitischen Kollegen Tobias Schulze aus dem Abgeordnetenhaus in Berlin fasste ich es in der Festschrift zum 50jährigen Jubiläum des Hochschullehrerinnenverbandes wie folgt zusammen mit den Worten: „Entfesselt die Fachhochschulen!“ Denn ja, Universitäten, Fachhochschulen und auch duale Hochschulen nehmen unterschiedliche Rollen und Funktionen in Lehre und Forschung war, allerdings nicht auf Augenhöhe. Das soll sich jetzt ändern. Dabei können die Hochschultypen sich in ihrer Unterschiedlichkeit besser entfalten, wenn man die Gleichwertigkeit ihrer Arbeit im Sinne von Wissenschaft und Forschung ernst nimmt. Denn die Hochschulen für

angewandte Wissenschaften oder Fachhochschulen können mehr, als sie aktuell dürfen. Und sie wollen das auch, wie die Frau Prof. Kristin Mitte zum Beispiel auf dem Symposium der Thüringer Fachhochschulen im Sommer 2022 deutlich machte. Sie unterstrich damals in ihrer Rede, dass auch die Fachhochschulen einen Faktor für Innovation sind, eben umso mehr, wenn auch an ihnen promoviert werden kann – und genau darum geht es – und dann die Promovierten den Weg in die Unternehmen finden und damit den Bereich von Forschung und Entwicklung gerade auch im kleinen und mittelständischen Bereich stärken können. Ohne ein Promotionsrecht drohen diese Fachkräfte mit ihrem wissenschaftlichen sowie fachlichen Knowhow einen Weg in andere Bundesländer einzuschlagen.

Nun könnte eingewendet werden: Wozu braucht es das eigenständige Promotionsrecht, wenn es doch das Thüringer Hochschulgesetz gibt mit der Möglichkeit der kooperativen Promotionen? Noch mal zur Erinnerung: 2018 hatten wir geregelt, dass Professoren einer Fachhochschule auch bei fehlender Habilitation von der Teilnahme kooperativer Promotionsvorhaben nicht ausgeschlossen werden dürfen. Zudem wurden die Möglichkeiten eingeräumt, dass Hochschullehrende einer Fachhochschule an einer Universität kooptiert werden können und damit im Verfahren gleichgestellt werden. Der gewünschte Effekt blieb allerdings aus, bei ähnlichen Regelungen in anderen Bundesländern übrigens auch. Nun, ich will es mal in Zahlen ausdrücken, denn die Antwort auf meine – meint Christians Schafts – Kleine Anfrage im Jahr 2022 zeigt das Problem deutlich auf. Wenn von 991 begonnenen Promotionen an den Thüringer Universitäten im Jahr 2021 nur 11 eine kooperative Promotion sind, kann uns das nicht zufriedenstellen, vor allem auch nicht

(Beifall DIE LINKE)

die Rückmeldung der Hochschullehrenden und Promovierenden, die im Verfahren schlechte Erfahrungen machten. So schilderte Prof. Dr. Wesselak von der Hochschule Nordhausen recht eindrücklich, dass man bei einer kooperativen Promotion oder auch im Verfahren der Kooptation als Bittsteller, als zusätzliche Belastung für die Universitäten wahrgenommen wurde, Probleme, die auch durch die Evaluation des Netzwerks für Kooperative Promotionen deutlich wurden.

Auch wenn die Evaluation wichtige Empfehlungen zur Verbesserung der Lage aufzeigte, so bleibt es aus unserer Sicht dabei: Eine grundlegende Änderung wird es nur mit der Übertragung des Promotionsrechts auf Hochschulen für angewandte Wissenschaften oder einzelne Teilbereiche geben. Es braucht daher ein bedarfsgerechtes, gesetzlich verankertes Modell zur Übertragung des Promotionsrechts auch an die Fachhochschulen. Und genau das liegt nun mit dem Gesetzentwurf der regierungstragenden Fraktionen vor. Das Ministerium soll die Möglichkeit erhalten, auf Antrag ein fachlich begrenztes Promotionsrecht für eine wissenschaftliche Einrichtung in Form eines Promotionszentrums zu verleihen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Qualitätssicherung, die durch eine entsprechende Evaluation erfolgen soll und bei erfolgreichem Abschluss dazu führt, dass die befristete Verleihung des Promotionsrechts entfällt. Auf die Frage der Qualitätssicherung verweisen wir deshalb besonders darauf, dass diese ja gern in Debatten zum Promotionsrecht herangeführt wurde, um dieses den Fachhochschulen zu verwehren. Doch dabei versteckte sich eigentlich eine Debatte bei den Universitäten, die um ihren Status bangten. Denn die Frage der Qualitätssicherung ist nach unserer Überzeugung eben keine des Hochschultypus. Universitäten und Fachhochschulen müssen sich gleichermaßen einem Qualitätsdiskurs stellen. Denn unabhängig vom Hochschultypus gilt es, die Qualifizierung von Promovierenden durch sinnvolle Maßnahmen zu begleiten. Dazu gehören klar geregelte Anforderungen und Vereinbarung zur Promotionsbetreuung und eine Ausgestaltung der Beschäftigungsbedingungen im Sinne guter Arbeit in der Wissenschaft.