Ich will Sie da nicht ermüden, indem ich das jetzt alles noch mal wiederhole. Das Jurastudium, wer von Ihnen hier auf der Besuchertribüne so was anstrebt oder sich schon mal damit beschäftigt hat, der weiß, das dauert lange und am Ende kommt dann eben Hopp oder Top und das kann nicht sein, in anderen Ländern
ist das auch schon anders. Deswegen ist die Einführung eines Bachelorabschlusses hier auch in Thüringen überfällig und wir wollen das alle gemeinsam und werden es deswegen machen.
Bevor es zum Abschluss eines solchen Gesetzgebungsverfahren kommt, wie es natürlich auch die Änderung des Juristenausbildungsgesetzes ist, gibt es eine Anhörung im Fachausschuss, dahin werden wir nachher die beiden Gesetzentwürfe überweisen und da können wir uns dann noch mal mit Detailfragen beschäftigen, die jetzt sogar noch nicht angesprochen worden sind. Denn wie sich jetzt zum Beispiel der angestrebte Bachelorabschluss zum immer noch möglichen juristischen Diplom verhalten soll – das ist ja auch noch ein Studienabschluss, den es noch gibt bzw. eine alte Ausbildungsabschlussform – und wie wir dann auch künftig vielleicht noch genauer herausarbeiten können, zu welchen Berufsfeldern im Wirtschafts
und Arbeitsleben der Bachelor speziell passt, das ist nicht etwas, was wir hier als Gesetzgeber festlegen können, das wäre dann eine Frage, die man vielleicht mit Wirtschaftsverbänden und künftigen Arbeitgebern erörtern kann. Bislang war es schon immer so, dass diese Juristen, die nach dem langen Studiengang durch die hohen Durchfallquoten nicht den Abschluss hatten, schon immer mal dennoch von Versicherungen zum Beispiel als Sachbearbeitende durchaus geschätzt und eingestellt worden sind. So ein Bachelorabschluss würde das Ganze erleichtern.
Wir werden uns dann im Detail auch noch mal über den Unterschied zwischen beiden Gesetzentwürfen unterhalten müssen. Bei der CDU sind ja nicht nur die normalen Prüfungen genannt, sondern es soll auch noch so eine Art Bachelorarbeit geschrieben werden – vielleicht, wenn ich mich noch mal an die Schülerinnen und Schüler wenden darf, ist das so eine Art BLF, wie wir da im Jurastudium den Bachelor einführen. Aber es soll eigentlich mehr sein als eine BLF, es ist ein vollwertiger Berufsabschluss, weil bisher die Juristenausbildung einseitig auf das Berufsbild der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, der Richterinnen und Richter und Staatsanwältinnen und Staatsanwälte ausgerichtet war. Und wir freuen uns dann auf eine Erweiterung der Abschlussmöglichkeiten an unserer heimischen Universität Jena, die wir Ihnen auch jetzt schon, dann aber umso mehr für einen Studiengang hier in Thüringen im Bereich Rechtswissenschaft empfehlen können. Herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste, gestern wurde hier im Landtag der Cannabiskonsum diskutiert und die Jugendlichen zum Cannabis verleitet. Heute verleitet der Kollege Schard die Jugendlichen zum Jurastudium. Ich weiß nicht, was schlimmer ist.
Aber na ja. Zur Sache. Den Bachelorabschluss im Jurastudium einzuführen, dagegen kann man nicht wirklich etwas haben. Ich denke, dass die Argumentation, die hier vollzogen wurde, ist, dass es so eine Art Rettungsschirm für die ist, die das Examen nicht bestehen. Das überzeugt mich ehrlich gesagt nicht so richtig, weil sie mit so einem Bachelor – das wissen Sie, Herr Schard – in juristischen Berufen nicht so wahnsinnig viel anfangen können, weil die gesamte praktische Tätigkeit in allen juristischen Berufen letztlich erst mit Ausbildungsinhalten möglich ist, die sie sogar aus dem Zweiten Staatsexamen parat haben müssen, die sie im Ersten gar nicht gelehrt bekommen. Das heißt, wenn man das Angebot eines Bachelors macht – und das finde ich wie gesagt nicht falsch –, dann muss man das mit anderen Studiengängen integriert betrachten. Ich denke, man sollte sich da nicht so sehr auf diese Rettungsschirmargumentation fokussieren. Das ist der erste Punkt, den ich sagen möchte.
Ansonsten ist das von uns unterstützenswert und wir würden das natürlich auch mit an die Ausschüsse überweisen.
Ein Problem habe ich mit dem zweiten Aspekt des Gesetzentwurfs der Regierungskoalition, in dem aus meiner Sicht auch ein Stück weit atypisch und nicht so ganz zum Thema passend auch geregelt wird, dass die Landesregierung per Rechtsverordnung die Maßstäbe der Beurteilung von Richtern und Staatsanwälten re
geln darf. Da muss ich Ihnen sagen: Da habe ich ein Störgefühl. Warum habe ich da ein Störgefühl? Erstens weil ich im Richterwahlausschuss und im Staatsanwaltswahlausschuss sitze und bestimmte Vorkommnisse, über die ich hier nicht reden kann, gezeigt haben, dass es durchaus schwerwiegende Differenzen über die Frage der Beurteilung von Richtern und Staatsanwälten geben kann – sogar so schwerwiegend, dass es eine Diskrepanz gibt zwischen der Meinung des Ministeriums, politisch, und der Meinung der Fachleute, also der Richter und Staatsanwälte bzw. der anderen Mitglieder des Richter- und Staatsanwaltswahlausschusses. Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Ich halte es für keine gute Idee, der herrschenden Politik Zugriff auf Beurteilungsmaßstäbe zu geben, das ganze sogar per Rechtsverordnung am Parlament vorbei. Das ist keine gute Idee – auch vor dem Hintergrund der Trennung von Justiz und Exekutive, also des Gewaltenteilungsprinzips. Und ein Stück weit widersprechen Sie sich auch selbst, wenn Sie einerseits davor warnen, dass Sie die Justiz vor der erstarkenden AfD sturmfestmachen müssen,
dass Sie die Einflussnahmemöglichkeiten der herrschenden Politik auf die Justiz beschränken müssen, wenn Sie sich andererseits über solch eine Klausel genau dieses Recht einräumen, das natürlich auch uns mal zur Verfügung stehen wird. Wir wollen es übrigens nicht. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass Sie es wollen, und deswegen habe ich ein noch größeres Störgefühl und würde in dem Punkt natürlich auch keine Unterstützung in der Endabstimmung signalisieren. Danke schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Zuschaurinnen und Zuschauer, liebe Kolleginnen und Kollegen, vielleicht kurz zur Erklärung meiner Überraschung: Wir haben jetzt zwei Gesetzesentwürfe hier auf der Tagesordnung, das heißt doppelte Redezeit. Das ist für eine kleine Gruppe wie uns wie Weihnachten.
Das Problem ist dann nur, wenn das meiste schon gesagt wurde und man es eigentlich kurzfassen kann. Das ist dann wirklich ärgerlich. Da ärgern sich dann auch unsere Mitarbeiter, die irgendwie eine lange Rede geschrieben haben und sich endlich mal austoben konnten. Also es werden keine zehn Minuten von mir.
Es geht um die Juristenausbildung. Die steht nun eigentlich schon seit einigen Jahren im Fokus von Reformbemühungen. Aktuell gibt es vor allem eine Gruppe, die mich da relativ beeindruckt: Das ist eine Gruppe junger Studierender, die im juristischen Studium unterwegs sind, die unter der Überschrift „iur.reform“ Ideen gesammelt haben, wie die Juristenausbildung verbessert und auf den neuesten Stand gebracht werden kann. Da war unter anderem auch der Bachelor of Laws eine Idee. Das ist auch gut, denn Bewährtes immer wieder auf den Prüfstand zu stellen, ist ein guter Ansatz.
Bei der Frage, ob es einen integrierten Bachelorabschluss geben sollte, bevor das Erste Staatsexamen absolviert oder dann im schlimmsten Falle eben nicht absolviert werden oder zumindest nicht bestanden werden kann, befürworten wir die Einführung, quasi die Möglichkeit, beim Nichtbestehen des Staatsexamens eben nicht auf das Abitur zurückzufallen, sondern auf einen Bachelorabschluss. Das ist ein Ansatz, der sich auch in anderen Bundesländern bewährt hat.
Insofern, Frau Rothe-Beinlich, ist natürlich die Frage, wie viel Standortvorteil da noch dabei ist, wenn alle anderen das schon machen. Wir ziehen da an der Stelle nach. Der erste Bachelorabschluss in dem Rahmen ist 2013 an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder eingeführt worden und da hat man sehr gute Erfahrungen gemacht. Wir versprechen uns auf der einen Seite davon, dass wir natürlich Menschen im juristischen Bereich halten, die möglicherweise das Staatsexamen nicht schaffen, und ihre Studienleistungen entsprechend anerkennen. Herr Schard hat das ziemlich ausführlich ausgeführt, mit welchen Herausforderungen Studierende da zu kämpfen haben. Ich teile die Hoffnung von Herrn Schard, dass sich, wenn die Angst vor dem Staatsexamen vielleicht nicht ganz so groß ist, dann auch mehr bereit erklären, in dem Bereich unterwegs zu sein. Denn man muss sagen, eine rechtliche Grundkenntnis hilft nicht nur einem Volljuristen, einem Anwalt, einem Richter, einem Staatsanwalt, sondern eben auch in anderen Bereichen. Da gibt es Menschen, die multidimensional interessiert sind, und die können dann ganz entspannt einen politikwissenschaftlichen, sozialwissenschaftlichen oder wirtschaftswissenschaftlichen Master noch obendrauf setzen und bündeln da eine ganz spannende Kompetenzrange.
Eine dritte Sache, die in dem Zusammenhang vielleicht auch spannend wird, ist, dass es weniger Druck auf dem Arbeitsmarkt aufseiten der Arbeitgeber gibt, wo ja momentan Volljuristen so etwas wie Goldstaub sind, aber eben auch für alle Sachen eingesetzt werden, die im tieferen Sinne mit Jura zu tun hat. Da könnten sich auch im öffentlichen Dienst Bereiche ergeben, wo nicht zwingend Volljuristen gebraucht werden und die dann zum Beispiel mit Bachelorabsolventen besetzt werden können, sodass die Volljuristen an den Stellen zur Verfügung stehen, wo wir sie wirklich dringend brauchen.
Wir haben jetzt zwei Entwürfe vorliegen, die sich im Wesentlichen dadurch unterscheiden, dass der eine vorsieht, dass noch eine Bachelorarbeit geschrieben wird oder eine Art Prüfungsleistung und die anderen sagen: Nein, die Vorleistungen aus dem Studium reichen aus, um den Grad des Bachelors zu erreichen. Unsere Tendenz ist an der Stelle bei dem Entwurf der CDU, also eine Bachelorarbeit oder in irgendeiner Form eine Prüfungsleistung vorzusehen. Wir würden es mit an den Ausschuss überweisen und fragen dann am besten einfach die Leute, die tagtäglich in dem Bereich unterwegs sind und da Experten sind, um zu hören, was erstens praktikabel ist und zweitens auch sinnvoll ist sowohl für weiterführende Studien als auch für den beruflichen Einsatz und auch das, was so ein Berufsabschluss dann am Ende für einen bedeutet.
Ich würde den Blick an der Stelle noch um einen Punkt erweitern wollen, damit wir gerade im öffentlichen Dienst von einer Einführung des Bachelors auch mit profitieren können. Es wäre sinnvoll, jetzt schon einmal darüber nachzudenken, an welcher Stelle wir denn Positionen im öffentlichen Dienst haben, die gegebenenfalls nicht eines Volljuristen bedürfen, sondern mit juristischen Abschlüssen wie dem Bachelor besetzt werden können. Je eher wir das auch entsprechend in den Laufbahnverordnungen vorsehen, desto besser. Es gibt noch ein, zwei andere Fragen, die bei uns im Zusammenhang mit dem Studium aufgetaucht sind, sei es zum Beispiel der Bezug von Kindergeld zwischen dem Bachelorabschluss und dem Staatsexamen – gibt es da dann irgendwie Schwierigkeiten? Das können wir alles gern im Ausschuss diskutieren, nehme ich an. Da vielleicht auch mit den Leuten aus dem juristischen Bereich noch einmal diskutieren, ich freue mich da auf den Austausch und freue mich, dass wir an der Stelle in der Juristenausbildung einen Schritt nach modern machen. Vielen Dank.
Gibt es weitere Wortmeldungen? Frau Abgeordnete Dr. Bergner, fraktionslos, bitte, Sie haben das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kollegen Abgeordnete, liebe Zuhörer! Die Durchfallquote als Aufhänger für einen neuen Gesetzentwurf zu nehmen und damit gleichzeitig die Begründung reinzunehmen, dass wir das Fachkräfteproblem hoch qualifizierter Menschen, wie zum Beispiel bei Richtern, damit lösen wollen, das löst bei mir Gänsehaut aus. Ich habe jetzt in den Beiträgen wahrgenommen, dass da im Hause im Wesentlichen Konsens besteht. Trotzdem möchte ich hier einige kritische Bemerkungen machen, die möglicherweise in die Beratungen mit einfließen können. Wir haben in Deutschland seit Jahren einen absoluten Juristenüberschuss und das, obwohl die Zahl der Verfahren ständig steigt und die Gerichte immer mehr in der Überforderung sind.
(Zwischenruf Abg. König-Preuss, DIE LINKE: Frau Bergner, nicht jeder, der mit Ihnen spricht, ist ein Jurist!)
Es fehlt an hoch qualifizierten Fachkräften. Auch Juristen mit abgeschlossenem Staatsexamen finden sich bereits immer häufiger in prekären Arbeitsbedingungen wieder. Das ist zum Beispiel in einem Beitrag des Internetportals „LTO Karriere“ schon im Jahr 2013 thematisiert worden. Seither hat sich die Lage nicht wesentlich geändert, obwohl die demografische Entwicklung dem eigentlich entgegenwirkt. Daher darf die Frage gestellt werden, was den Bachelorjuristen denn im Bereich der Rechtspflege an attraktiven oder auch an nicht so attraktiven Arbeitsplätzen erwartet. Für die Entspannung der überlasteten Gerichte dürfte das keine Lösung sein. Die Ausbildung von Rechtsanwaltsgehilfen jedenfalls wird dadurch nicht erreicht, hier sind andere Qualitäten gefragt. Der vorliegende Gesetzentwurf zielt auf eine Niveauabsenkung ab, denn was, bitte schön, soll ein Not-Bachelor einem potenziellen Arbeitgeber signalisieren? Im Übrigen schadet das auch im Allgemeinen dem Bachelortitel, der bereits heute unter zahlreichen Einfachabschlüssen in verschiedensten Studiengängen an Renommee eingebüßt hat. Nach meiner Erfahrung aus meinem Unternehmen ist zum Beispiel der Bachelor in Betriebswirtschaft weniger wert, als ein IHK-Abschluss als Kaufmann. Gerade im Jurastudium ist, wie auch beispielsweise in der Medizin, die Qualität von Studium und Abschluss besonders wichtig. Daher ist es auch gut und richtig, dass strenge Prüfungen absolviert werden müssen. Schließlich sind beide Berufsgruppen mit ihrer Arbeit für Menschen und nicht selten dafür hauptverantwortlich, dass Klienten oder Patienten nicht unter die Räder kommen oder deren Existenz vernichtet wird. An dieser Stelle wäre es sinnvoll, über eine gute duale Ausbildung als Alternative nachzudenken, statt einen minderwertigeren Bachelorabschluss einzuführen. Wir haben in vielen Bereichen der Wirtschaft einen Fachkräftemangel, den wir auch hier im Landtag ständig thematisieren. Und daher stelle ich die Frage, liebe CDU, liebe Koalitionsfraktionen, was denn ein gestrandeter Jurist mit einem Not-Bachelor an diesem Fachkräftemangel ändern soll? Wir brauchen im Land eine andere Gewichtung von dualer Ausbildung und Studium. Der Trend zur Akademisierung in vielen Berufen muss gestoppt werden und ein Berufsabschluss oder gar ein Meisterbrief entsprechend gesellschaftlich gewürdigt werden. Was es auf jeden Fall nicht braucht, ist eine weitere Absenkung des Niveaus der akademischen Ausbildung und Pseudoabschlüsse für Studenten,
(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Der Bachelor ist doch kein Pseudoab- schluss!)
(Zwischenruf Abg. Schubert, DIE LINKE: Wer entscheidet das denn, ob man den Anforderungen gewachsen ist oder nicht?)
Das einzige Argument, was mich überzeugen würde, einen Bachelor einzuführen, ist als Aufbaustudium für andere Bachelorstudiengänge, denn es gibt viele Fachrichtungen, wo es sicherlich gut wäre, juristisches Grundwissen einzuspielen. Aber auf einem solchen Bachelorgrundstudium kann man zum Beispiel kein Masterstudium Technik aufbauen. Hier müsste man einfach mal kreativ und innovativ sein, um hier wirklich gute Effekte zu erzielen. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Gibt es weitere Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten? Kann ich nicht erkennen. Die Landesregierung? Für die Landesregierung erhält Frau Ministerin Denstädt das Wort. Bitte.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, liebe Schüler und Schülerinnen auf der Tribüne, liebe Menschen am Livestream, 2013 gab es vielleicht noch einen Juristen- oder Juristinnenüberschuss, jetzt haben wir den nicht mehr. – Ich muss das jetzt kurz einordnen. – Auch ich würde mich sehr freuen, wenn Sie sich für eine Ausbildung im Bereich der Justiz entscheiden.
Jetzt aber wieder zurück zum Thema: Die beiden vorliegenden Gesetzentwürfe der CDU-Fraktion und der Regierungsfraktionen sehen die Schaffung eines integrierten Bachelorgrades in der juristischen Ausbildung vor, keinen zusätzlichen. In vielen Bundesländern wird gerade darüber diskutiert, aber wir finden keine einheitliche Lösung, deswegen hat sich Thüringen auch dafür entschlossen, eine eigene bzw. zwei eigene Vorschläge zu machen. Ich finde das sehr begrüßungswert und freue mich sehr, dass jetzt auch hier im Hohen Hause der Fokus auf dieses Thema gelegt wurde.
Einigkeit besteht dabei, dass erbrachte Studien- und Prüfungsleistungen aus dem Studium bisher in den Fällen, in denen das Studium nicht mit einer Prüfung abgeschlossen wird, nicht angemessen gewürdigt werden. Davon konnte ich mich auch – und das hatte Frau Baum gerade so schön gesagt – sowohl mit Studierendenvertretern in Jena als auch mit den Vertretern und Vertreterinnen von jur.reform, die auch
bundesweit unterwegs sind, selbst überzeugen und auch mit den Dozentinnen und Dozenten der Rechtswissenschaftlichen Fakultät. Insbesondere für rechtswissenschaftliche Prüfungsleistungen, an denen ein besonderes wissenschaftliches Interesse besteht, zum Beispiel für spätere Promotionen, die aber nicht nach dem Deutschen Richtergesetz zum vorgesehenen Pflichtstoff gehören, gibt es da das Problem, dass die momentan in keinster Weise anerkannt werden. Diese, nicht nur für die staatliche Juristenausbildung, sondern auch für die Rechtswissenschaft insgesamt, unbefriedigende Situation lässt sich beheben, und zwar, indem Personen, die an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena ein rechtswissenschaftliches Studium aufgenommen haben und die die Voraussetzungen für die Zulassung zur staatlichen Pflichtfachprüfung erfüllen, unter bestimmten Bedingungen einen Bachelorgrad erlangen, Frau Bergner. Damit würden erbrachte Studien- und Prüfungsleistungen honoriert, ein nachfolgender Masterstudiengang ermöglicht und zugleich der Weg zum Berufseinstieg in klassische juristische Berufe ebenso offen gehalten wie eine eventuell rein wissenschaftliche oder anderweitige berufliche Laufbahn.
Mit der Einführung des integrierten Bachelors kann so der akademische Wert der schon erbrachten Studienund Prüfungsleistungen sichtbar und angemessen gewürdigt werden. Diese gehen dann auch nicht verloren, wenn Studierende sich erst spät im Studium für einen Zielwechsel in ihrer beruflichen Zukunft entscheiden oder die Staatsexamensprüfung nicht bestehen. Mit der Einführung eines integrierten oder teilintegrierten
Bachelors dürfte auch der vonseiten der Studierenden immer wieder angemahnte psychische Druck klassischer Rechtswissenschaften und dessen Prüfungen abgemildert werden, der dadurch entsteht, dass bei der staatlichen Pflichtfachprüfung der gesamte im Studium erworbene Wissensstoff an wenigen Tagen abgerufen werden muss. Auch dazu haben wir vorhin schon einiges gehört. Allein diese wenigen Tage der Prüfung – in Thüringen sind es aktuell sechs Tage mit je fünf Stunden Prüfungszeit – entscheiden da über Hopp oder Topp, wie Frau Marx das vorhin so schön gesagt hat. Es gibt aus meiner Sicht keinen sachlichen Grund, wieso man nicht Möglichkeiten schaffen sollte, diesen Druck für die jungen Jurastudierenden in Thüringen abzumildern. Die Juristinnenausbildung in Thüringen, insbesondere das rechtswissenschaftliche Studium, könnte auf diesem Weg zudem breiter aufgestellt und ersichtlich gestärkt werden, ein rechtswissenschaftlicher Studiengang, der die Erreichung beider Ziele zuließe, das Staatsexamen mit dem Ziel der volljuristischen Berufe und dem Bachelorabschluss, der die rechtswissenschaftliche Leistung würdigt, aber ein bedeutender Standortvorteil für die Friedrich-Schiller-Universität Jena ist. Der Befund, dass die einzige Rechtswissenschaftliche Fakultät in Thüringen seit Jahren unter stetig abnehmenden Zugangszahlen leidet, dürfte Ihnen allen bekannt sein. Auch der zunehmende Bedarf an gut ausgebildeten Juristinnen und Juristen wurde in diesem Haus schon oft thematisiert. Man muss es aber richtig machen und die erforderlichen Regelungen sorgsam in das Gefüge des bestehenden Rechts einpassen. Ein integrierter Bachelor darf den Weg zur ersten Prüfung im Sinne des § 5 Abs. 1 des Deutschen Richtergesetzes nicht unnötig erschweren. Ob es auch vor diesem Hintergrund angezeigt ist, die Verleihung des Bachelorgrades von einer Bachelorarbeit abhängig zu machen, muss Gegenstand genauer Überlegung und Abwägung sein. Thüringen würde hier im Vergleich zu anderen Ländern einen Sonderweg gehen. Das Erfordernis einer Bachelorarbeit könnte dem Ziel eines Standortsvorteils gegenüber anderen Universitäten zuwiderlaufen. Hinzu kommt, dass es aus meiner Sicht primär der Rechtswissenschaftlichen Fakultät selbst obliegt, die Einzelheiten eines Bachelorabschlusses durch ihr eigenständiges Satzungsrecht zu regeln. Dabei werden die üblichen Vorgaben der Kultusministerkonferenz zu den Qualitätsanforderungen und der Akkreditierung von Studiengängen zu beachten sein. In diesem Kernbereich der universitären Arbeit und die damit verbundene Wissenschaftsfreiheit sollten wir nur so gering wie möglich regelnd eingreifen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, neben der Einführung des integrierten Bachelors avisieren die Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen sowie die SPD mit ihrem Gesetzentwurf zudem eine weitere Änderung, um Thüringens Justiz zukunftsfest aufzustellen. Die beabsichtigte Klarstellung, dass die Verordnungsermächtigung in § 7 Abs. 6 Thüringer Richter- und Staatsanwältesgesetz auch die Regelung des Beurteilungsmaßstabs umfasst, begrüße ich sehr. Dienstliche Beurteilungen sind für Richterinnen sowie für Staatsanwältinnen von wesentlicher Bedeutung für ihr berufliches Fortkommen. Dass hierbei ein einheitlicher Beurteilungsmaßstab anzulegen und anzuwenden ist, ist unerlässlich. Eine diesbezügliche Festlegung ist daher in der Thüringer Verordnung zur Beurteilung von Richtern und Richterinnen
sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälten, einschließlich richterlicher und staatsanwaltschaftlicher Anforderungsprofile vom 7. April 2022 enthalten. Die nunmehr beabsichtigte Klarstellung ist sachgerecht und entspricht zudem den beamtenrechtlichen Regelungen in § 49 Abs. 4 des Thüringer Laufbahngesetzes.