Aber – und darin besteht der Unterschied – diejenigen, die im Namen und durch die Öffentlichkeit, durch die Allgemeinheit finanziert werden, die dürfen nicht ihre persönlichen Überzeugungen zu einem erklärenden Maßstab für alle anderen machen. Das ist der Unterschied.
Wir wollen, dass der Staat nach geordneten Regeln spricht, und das sind die Regeln der deutschen Grammatik, ganz einfach.
Und damit sind wir im Übrigen gemein mit 70 Prozent der Thüringer Bevölkerung. Das ist hier schon häufiger gesagt worden. Die Menschen wollen keinen Doppelpunkt, Stern oder Glottisschlag. Sybille Göbel hat das erst kürzlich in der „FUNKE-Zeitung“ hier in Thüringen geschrieben und ich zitiere es noch mal: „Das ist ein akademisches Elitenprojekt, fernab jeglicher Lebenswirklichkeit und vor allem als Bevormundung!“
Besser hätte man das nicht zusammenfassen können. Ich halte es Ihnen jetzt einfach nur vor, das sind Zitate: „Gendern ist eine Form von Tollwut!“ – Heinz Rudolf Kunze. Brecht – der Philosoph: „Eine der dümmsten Ideen!“ Da geht es nur um Doppelpunkt und Sternchen, nicht, dass wir uns missverstehen. Ich habe auch gesagt „Sehr geehrte Damen und Herren“, das ist auch schon Gendersprache.
Aber es geht um die Frage Doppelpunkt und Sternchen. „Verlogener Scheißdreck“ schreibt Elke Heidenreich, eine der angesehensten deutschen Literaturkritikerinnen.
Und wenn wir über Wissenschaft reden, Frau Wahl, dann gucken Sie sich bitte auch die Wissenschaft an, dann schauen Sie sich an, was Linguisten über das Thema schreiben. Ich zitiere nur einen Bekannten, Peter Eisenberg: „Vergeht sich am höchsten Kulturgut Deutschlands“. Besser kann man nicht zusammenfassen, worum es hier geht. Wir haben vor 15 Monaten hier in diesem Hohen Haus etwas beschlossen und bis heute ist es nicht umgesetzt. Darum geht es, es geht im Kern um die Frage, dass wir diese Klarheit herstellen, weil wir natürlich für geschlechtergerechte Sprache sind. Dafür setzen wir uns ein, ich rede sie doch selbst. Aber es geht gleichzeitig auch um eine verständliche Anwendung der deutschen Sprache. Wir schaffen mit dem Gesetzesvorschlag Klarheit. Das ist Punkt Nummer eins. Wir setzen uns für etwas ein, ich habe es gerade gesagt.
Jeder soll reden, wie er möchte, aber derjenige, der in der Allgemeinheit von der Allgemeinheit finanziert wird, der muss sich an die Regeln halten, die in Deutschland gelten, nämlich die der Grammatik.
Deswegen: Die Sprache soll diskriminierungsfrei sein, bürgerfreundlich und vor allem verständlich. Da sind wir übrigens überein mit dem Deutschen Beamtenbund und mit dem Thüringer Beamtenbund, die offen gesagt haben: Darum geht es und das wollen wir auch in Verwaltungen haben, damit auch eine Rechtsklarheit für unsere Verwaltungen.
Dasselbe gilt natürlich auch, wenn es darum geht, wie wir die Regeln des Rats der deutschen Rechtschreibung anwenden, denn der, Herr Schaft, lehnt nämlich die offiziellen Genderzeichen ab.
Das ist eine Beschlusslage, und da können Sie Zitate noch so sehr hervorkramen, da gibt es eine klare Beschlusslage.
Jetzt komme ich zum Zweiten: Mit dem, was wir hier vorlegen und mit dem, was wir auch schon vor 15 Monaten diskutiert haben, binden wir Menschen ein und schließen sie nicht aus. Das ist der entscheidende Punkt.
Sprache ist inklusiv. Und verständliche Sprache – darauf sind viele Menschen angewiesen: 6 Millionen Deutsche – das ist ein Bericht des Bundesfamilienministeriums – können laut Ministerium nicht oder unzureichend lesen und schreiben,
mehr als jeder achte Erwerbstätige in Deutschland. Wenn Sie sich das anschauen, dann muss es doch unser gemeinsames Anliegen sein, dass Sprache einbindet und nicht ausschließt. Das, was Sie propagieren, ist genau dieser Ausschluss, das ist eine soziale Spaltung und das lehnen wir ab.
Das, was Sie dahinter sehen – und das hat, glaube ich, der Vortrag von Frau Wahl hier sehr eindeutig gezeigt –, ist, dass Sie versuchen, damit natürlich mehr als nur eine Sprachdiskussion zu machen. Sie versuchen tatsächlich, eine identitäre, eine identitätspolitische Diskussion zu machen.
Die wird nicht über einen Bindestrich oder über ein Sternchen hergestellt. Sie wird darüber hergestellt, dass Frauen für die gleiche Arbeit auch gleich bezahlt werden müssen. Das ist zum Beispiel ein Weg, um so was eben herzustellen.
Das bedeutet auch, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für beide Geschlechter gleichberechtigt herzustellen. Das ist Gleichberechtigung.
Im Übrigen, Herr Schaft, wir müssen uns doch hier nichts vorhalten lassen, Sie haben es doch selbst zitiert. Das Innenministerium unter einer CSU-Führung hat hergestellt, dass wir natürlich auch für diejenigen, die nicht für sich selbst klar bestimmen können, ob sie Mann oder Frau sind, inklusiv sind. Und auch das ist ein Verständnis, was es in dieser Gesellschaft braucht.
Nur, was Sie daraus machen, ist ein Kulturkampf, das ist eine identitäre Bewegung von links, und die lehne ich eben auch ab.
(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Haben Sie wirklich gerade gesagt, dass das identitäre Politik von links ist? Wogegen sind Sie heute Morgen eigentlich gerannt?)
(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie stellen uns mit Leuten wie Sellner gleich! Sind Sie noch ganz knusper?)