Protocol of the Session on January 31, 2024

Herr Abgeordneter Bühl, bitte. – Wie viel Redezeit haben wir noch? 14 Sekunden, Herr Bühl. Das wird eine Challenge.

Ja, Frau Ministerin, ich mache es ganz kurz. Ich frage mich: Was machen Sie jetzt konkret mit Blick auf den Bundesrat? Ich habe von Ihnen nichts gehört außer Ankündigungen für die Zukunft. Sie sind Vorsitzende der Agrarministerkonferenz. Mit Blick auf die Bauern hier oben, die erwarten eine konkrete Aussage, was jetzt passiert. Die habe ich heute nicht gehört. Das ist wirklich sehr schade.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Dr. Lukin, DIE LINKE: Besser zuhören!)

(Ministerin Karawanskij)

Gibt es weitere Wortmeldungen? Das, sehe ich, ist nicht der Fall. Damit schließe ich den ersten Teil und rufe den zweiten Teil der Aktuellen Stunde auf

auf Antrag der Parlamentarischen Gruppe der FDP zu dem Thema: „Die Bauwirtschaft entfesseln, bürokratische Hemmnisse in Thürin

gen beseitigen“ Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 7/9413 -

Das Wort erhält Herr Abgeordneter Bergner für die Gruppe der FDP. Bitte schön.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Ministerin, Sie sind ja auch für das Bauwesen zuständig. Ich hoffe, dass Sie nachher nicht auch noch mit einem Helm hier nach vorn gerannt kommen.

(Beifall CDU, AfD)

Steigende Baupreise durch höhere Materialkosten und Lohnsteigerungen, gestörte Lieferketten, meine Damen und Herren, und eine Explosion der Zinsen auf dem Finanzmarkt – dazu kommen die immer neuen Auflagen und Bestimmungen seitens der Politik auf allen Ebenen, die langwierige Diskussion um das GEG aus dem Hause Habeck und Graichen und obendrauf soll jetzt aus Brüssel noch die novellierte EU-Gebäudeenergieeffizienz-Richtlinie kommen.

Meine Damen und Herren, die Bauwirtschaft befindet sich in einer ernst zu nehmenden Krise. So warnt auch der Hauptverband der Bauindustrie HDB. Der Wohnungsbau kommt trotz akuten Bedarfs praktisch zum Erliegen, Tausende von Arbeitsplätzen sind gefährdet und – noch schlimmer – der eigentliche Mangel an Fachkräften sowohl im Handwerk und Gewerbe als auch unter Ingenieuren wird sich drastisch verschlimmern, wenn die Arbeitgeber es nicht schaffen können, ihre Mitarbeiter zu halten. Die angespannte Wohnraumsituation in den Thüringer Großstädten ist nicht zuletzt ein Resultat der Verunsicherung von Investoren und Immobilienentwicklern, aber auch von Kommunen infolge Ihrer Politik und Rhetorik, meine

Damen und Herren von R2G. Ihre Rufe nach einem neuen Wohnungsbaukombinat – nichts anderes ist Ihre Landeswohnungsbaugesellschaft – oder der Gesetzentwurf über die Gewährleistung von Wohnraum sind Placebos für die selbst geschaffenen Probleme.

(Beifall Gruppe der FDP)

Sie beklagen den Mangel an günstigem Wohnraum in den Städten, streichen aber gleichzeitig die Förderung von sozialem Wohnungsbau in den Oberzentren zusammen, also genau dort, wo der Bedarf am höchsten ist. Damit treffen Sie die Schwächsten im Glied. Wir als FDP sind aber Serviceopposition und rufen diese Aktuelle Stunde auf, um Ihnen Lösungsvorschläge aufzuzeigen. Lassen Sie uns gemeinsam anpacken, um die Bauwirtschaft in unserem Lande zu entlasten, zu entfesseln. Und da gibt es halt weit mehr als

nur den Ruf nach Geld. Was es braucht, sind Standardvereinfachungen im Bauwesen und ein Abbau des überbordenden Regulierungswusts.

(Beifall Gruppe der FDP)

Wir haben mit unserem Antrag zur Vereinfachung des Lehmbaus einen kleinen Baustein in dieser Richtung vorgelegt, den wir hier in dieser Woche ja auch zur Abstimmung bringen und wo ich bereits

(Beifall Gruppe der FDP)

an dieser Stelle auch für die gute Zusammenarbeit im Hause danke. Beim Denkmalschutz haben wir als Freie Demokraten einen Gesetzentwurf in Tagesordnungspunkt 51 eingereicht, von dem wir uns Vereinfachungen bei zugleich mehr Akzeptanz des Denkmalschutzes versprechen.

(Beifall Gruppe der FDP)

Und ich verweise zudem erneut auf die Hindernisse für die Bauwirtschaft, die sich aus den überzogenen Regelungen aus der LAGA ergeben und von der Mantelverordnung nicht wirklich aufgelöst werden. Beispielsweise kann ich eben nicht nachvollziehen, warum unter Bezug auf geringfügige geogene Belastungen regional anstehender Diabas etwa aus dem Aushub beim Straßen- und Tiefbau, der sich hervorragend zur Baugrundverbesserung eignen würde, als deponiepflichtiger Abfallstoff behandelt werden muss.

(Beifall Gruppe der FDP)

Was das an Kosten erzeugt, was das an CO2 bedeutet, brauche ich jetzt nicht alles aufzuzählen. Aber

selbst wenn es gelingt, meine Damen und Herren, Baustoffrecycling voranzubringen, werden wir auch immer noch neue Baustoffe brauchen. Es wird also nicht gehen, ohne Rohstoffgewinnung auch in Thüringen von Bürokratie zu entlasten. Auch das ist ein Punkt, bei dem wir das Bauen in unserem Land von Fesseln befreien müssen, indem wir Verfahren straffen und vereinfachen, meine Damen und Herren.

Weitere Punkte sind die lang ersehnte Einführung der digitalen Bauakten, schnellere Genehmigungsfristen, das serielle Bauen, die Absenkung unnötig hoher Normen, beispielsweise, wenn es um Lärmschutz geht, der dem Holzbau etwa bei Holzbalkendecken entgegensteht. Aber wir sehen halt auch Potenzial bei einer Abweichung von Normen, etwa in der Erschließung von Verkehrswegen, beispielsweise bei geringen Verkehrsbelastungszahlen, einfacheren Bauweisen und dergleichen mehr, meine Damen und Herren. Und wir brauchen eine zügigere Ausweisung von Bauland. Das beginnt mit der Bearbeitungsdauer von Baulandplanungen und endet noch lange nicht bei Behörden, die zunehmend den Eindruck erwecken, grundsätzlich verhindern anstatt ermöglichen zu wollen und die bei Genehmigungsverfahren obendrein oft unterbesetzt sind.

(Beifall Gruppe der FDP)

Ein weiterer Punkt brennt mir unter den Nägeln. Wir sind gut beraten, den Leerstand in benachteiligten Räumen zügig einer Nutzung zuzuführen, Stadt und Land besser zu vernetzen, anstatt länger die sklavische indoktrinierte Anwendung und Übertreibung des verstaubten Zentrale-Orte-Systems zum Entwicklungshemmnis werden zu lassen. Zum Thema Christaller werde ich an anderer Stelle noch sprechen.

(Beifall Gruppe der FDP)

Meine Damen und Herren, es ist völlig klar, dass man in der kurzen Redezeit einer Aktuellen Stunde nicht alle Probleme ausführlich erörtern kann. Es bleibt uns aber nichts anderes übrig, als gemeinsam Bürokratie

abzubauen, an die konkreten Hemmnisse des Bauens heranzugehen. Wir Liberalen sind jederzeit offen für konstruktive zielführende Gespräche. Entfesseln wir das Bauen in unserem Land. Danke schön.

(Beifall Gruppe der FDP)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erhält Frau Abgeordnete Pfefferlein das Wort.

Werte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste, bevor man über die Bauwirtschaft spricht, lohnt sich zunächst der Blick auf die Zahlen. So hat das Baugewerbe 2022 an der gesamtwirtschaftlichen Bruttowertschöpfung 6 Prozent beigetragen. Der Anteil des Bruttoinlandsprodukts verdoppelte sich im Jahr 2022 sogar und lag bei 12,3 Prozent, sodass das Baugewerbe sogar noch vor den Industriebereichen des Maschinenbaus und der Chemieindustrie lag. Zur Wahrheit gehört auch, dass infolge des Angriffskriegs Russlands auf die Ukraine die gestiegenen Materialpreise und der Materialmangel generell zu einem realen Rückzug des Umsatzes geführt haben. Nur sehr langsam haben Bund, Länder und Gemeinden auf die gestiegenen Baukosten reagiert und viele Bauwillige haben sich zudem wegen gestiegener Zinsen vom Bauvorhaben distanziert. Um neuen bezahlbaren Wohnraum in absehbarer Zeit bereitstellen zu können, sind trotz bekannter Sparzwänge immerhin eine Milliarde Euro mehr im Bundeshaushalt für die nächsten zehn Jahre eingestellt worden. Im Allgemeinen wurde am Budget des Bundesbauministeriums kaum etwas verändert. Die bekannten Bauförderprogramme wurden sogar aufgestockt. Auch in Thüringen wurden wieder mehr Sozialwohnungen fertiggestellt. Allerdings sank der Gesamtbestand, was kaum zu spürbaren Verbesserungen geführt hat.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist zweifelsohne wünschenswert, wenn bürokratische Hemmnisse abgeschafft werden. Schaut man sich allerdings den Umfang und die Auswirkungen eines Bauvorhabens an, so ist es zwingend erforderlich, dass die behördliche Aufsicht in hoher Qualität, Sicherheit und Ordnung für das Bauvorhaben gewährleistet wird. Um tatsächlich Hürden abzubauen, setzen wir uns seit einigen

Jahren für die Digitalisierung behördlicher Vorgänge ein. So konnte im konkreten Beispiel das Programm „Digitale Bauaufsicht Thüringen“, das schließlich zu einer effizienten Verwaltung beigetragen hat, etwas dazu beitragen. Auch die einfachere und weniger bürokratische Verwendung regional verfügbarer Baustoffe, wie zum Beispiel Holz oder Lehm, unterstützen wir. Damit möchte ich mich auch ganz herzlich bei den Kollegen und Kolleginnen der FDP-Gruppe für den Lehmbauantrag bedanken,

(Beifall Gruppe der FDP)

den wir auch in diesem Plenum noch diskutieren werden.

Bereits 2020 wurde die Thüringer Bauordnung dahingehend novelliert, dass nun als Alternative zu vorher bestätigten Bauteilen auch Holzbauteile verwendet werden können. Damit können wir hinsichtlich unserer Klimaziele das vorhandene Potenzial von Holz als Baustoff besser ausschöpfen und durch eine zunehmende Standardisierung auch Baumaßnahmen beschleunigen. Dabei wollen wir langfristig graue Energie einsparen und die Verfügbarkeit und Bezahlbarkeit von Baustoffen sicherstellen. Vielen herzlichen Dank.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Abg. Bergner)

Für die AfD-Fraktion erhält Herr Abgeordneter Kießling das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Zuschauer auf der Tribüne, es fehlten Ende 2013 bundesweit 1,9 Millionen bezahlbare Wohnungen in den deutschen Großstädten. Von den jährlich geplanten 400.000 Wohnungen wurden gemäß den jüngsten Zahlen bundesweit gerade einmal circa 177.000 Wohnungen gebaut. Allein für Sozialwohnungen bräuchte es jedes Jahr etwa 100.000 Wohnungen. In Thüringen gab es 2018 rund 14.400 Sozialwohnungen, doch 2022 waren es nur noch etwa 12.700. Dabei wurden laut Auskunft des Infrastrukturministeriums in 2022 noch 224 neue Wohnungen errichtet, ein Jahr zuvor waren es noch mehr als doppelt so viele. Die Tendenz ist weiter fallend. Nach Angaben des Wohnungswirtschaftsverbands fallen in Thüringen pro Jahr bis zu 1.000 Wohnungen aus der Mietpreis- und Belegungsbremse heraus. Die großen Wohnungsbauverbände schlagen Alarm, die deutsche Baubranche steht vor einem Kollaps, wenn nicht schnell gehandelt wird.

Auch auf der Jahresauftaktveranstaltung der Bauindustrie Hessen-Thüringen am 18.01. dieses Jahres bei Weimar, wo ich auch zugegen war, wurde noch einmal klar kommuniziert, dass der Wohnungsbau massiv eingebrochen ist. So betrug der Rückgang etwa 43,2 Prozent gegenüber dem letzten Monat und ein weiterer Rückgang wird erwartet. Das Treffen der Bauminister im November 2023 war enttäuschend für die Bauindustrie.

Die Baubranche fordert von der Politik vor allem eines – Fördergelder: 10 Milliarden Euro pro Jahr sind im Gespräch, um das Wohnungsbauziel zu erreichen. Doch Geld allein ist nicht das Problem, denn die Kostensteigerungen minimieren die Wirkung der Fördergelder. Dazu tragen die immer weiter steigenden Vorgaben der EU sowie von Bund und Land bei. Ich darf hier nur mal den Klimapakt mit den neuen Effizienzstandards der EU erwähnen, das umstrittene Habecksche Heizungsgesetz, die Dämmverordnungen, die uns auferlegten Pflichten der EU, ab 2028 verpflichtend bei den übrigen Neubauten nur noch Nullemissionshäuser zu bauen, die Solardachpflicht für Neubauten usw. usf. All diese Vorschriften verschlingen Unsummen an Geld

und der Nutzen nebst Wirkungsgrad dieser Maßnahmen lässt mehr als zu wünschen übrig.

Doch neben den immer mehr steigenden Kosten aufgrund der ständigen Erhöhung der Standards kommen noch die steigenden Energiekosten für die Baubranche hinzu – beim eigentlichen Bau und auch massiv bei der Produktion der Baustoffe. Hier spielen auch die Vorgaben der Politik eine gewichtige Rolle bei den Kostenexplosionen. Ein weiteres Problem ist die ausufernde Bürokratie, hier voran die Ersatzbaustoffverordnung, welche sicherlich gut gedacht ist, aber schlecht gemacht wurde. Im Jahr 2021 wurde die Einführung einer Ersatzbaustoffverordnung beschlossen – im Zuge der sogenannten Mantelverordnung –, mit Inkrafttreten im August 2023. Diese Ersatzbaustoffverordnung schaffte erstmals bundesweit Regelungen zur Verwertung gütegesicherter Ersatzbaustoffe. Auch die Bauverordnung muss dringend überarbeitet werden. Das Thema „Bauen mit Holz“ zum Beispiel, vor allem regionales Holz, kommt viel zu kurz und ist mit bürokratischen Hürden verbunden.

Auch die Ausbildung unserer Architekten muss neu gedacht und überarbeitet werden. So lernen doch unsere Architekten, wie man neue Häuser plant und baut, doch was ist mit dem Bestand und dem Umbau und dem Ausbau? Hier gilt es, Potenziale zu heben, denn eine weitere Versiegelung der Flächen könnten wir uns in Deutschland mit der zweithöchsten Bevölkerungsanzahl in Europa, einem mit am dichtesten

besiedelten Land in Europa, nicht mehr leisten. Für die Reduzierungen der Flächen sorgt aktuell schon der Windkraftausbau. Die Landwirtschaft braucht auch noch ein paar Flächen.

Beim Bauantrag selbst gilt es auch, bürokratische Bremsen zu lösen. So gab es früher noch den einen Stempel für die Baugenehmigung, heute müssen Bauherren vier bis fünf Stempel bei den entsprechenden Behörden einholen. Dabei gelten überall unterschiedliche Regelungen bei den entsprechenden Behörden. Deshalb zieht sich auch das Genehmigungsverfahren unnötig in die Länge. Auch die Planbarkeit ist für die Bauwirtschaft ein großes Problem, da sich regelmäßig in kurzen Abständen die politischen Vorgaben nebst Verordnungen und Gesetzen ändern. Jedoch wird im Vorfeld bei größeren Bauprojekten meist für zwei bis drei Jahre das ganze geplant. Daher ist es wichtig, bei den Verabschiedungen von Gesetzen und Verordnungen nicht in Legislaturperioden zu denken, sondern langfristig. Gebäude haben nämlich eine Abschreibungsdauer von 50 Jahren.