Wird hier das Wort zur Begründung zum Antrag gewünscht? Herr Abgeordneter Montag, Sie haben das Wort.
Sehr verehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, die große Frage steht im Raum: Wie bekämpfen wir den Fachkräftemangel in der Medizin und in den medizinischen Berufen? Dazu hat der Landtag auf Initiative der FDP bereits 2020 einen Beschluss gefasst, unter anderem den, dass die Medizinstudienplätze an der Universität Jena erhöht werden. Das konnten sie auch zum Semester 2021/2022, zum Wintersemester. Das ist ein erster Erfolg. Kein Erfolg ist es, wenn wir auf die Ausbildungszahlen der Zahnmediziner schauen oder bei den Pharmazeutinnen und Pharmazeuten. Dort stehen – das muss man leider so sagen – räumliche Begrenzungen leider dem schnellen Ausbau von Studienplatzkapazitäten entge
gen. Aber auch da hat sich dieses Land auf den Weg gemacht, zumindest betreffend die Pharmazeuten, ein neues Gebäude zu bauen, mehr Plätze zu ermöglichen, mehr Laborplätze zu ermöglichen, aber wir wissen, das dauert. Wir wissen leider nicht, wie lange das dauert, bis da endlich jemand einziehen kann und ausgebildet werden kann. Wir brauchen aber schnell Medizinerinnen und Mediziner, und zwar entlang der gesamten Versorgungskette. Das bedeutet, wir brauchen alternative Ideen. Hier haben Sie eine, sogar eine, die nicht nur innovativ ist, sondern die auch ihre Wirkmächtigkeit schon nachgewiesen hat. – Ich erkläre es Ihnen gleich sehr gern, Herr Schubert, auch wenn Sie mir entweder freundlich zugewunken oder eben zum Thema abgewunken haben. Beides möchte ich von mir weisen. –
Der entscheidende Punkt ist, dass die Ausbildungszeiten leider sehr lange dauern. Das wissen wir auch. Aber es gibt eine Möglichkeit – und das zeigt leider auch die Begrenztheit insgesamt der Ausbildungsplätze in ganz Deutschland, dass es einen Markt gibt, der leider außerhalb von Deutschland liegt, der auch nachgewissenermaßen genutzt wird, denn unsere jungen Leute machen sich auf den Weg und studieren im europäischen Ausland. Ob das an der Semmelweis-Universität in Budapest ist, ob das in Zagreb ist, ob das in Split ist usw., Sie kennen die Debatten. Wir sollten doch so klug sein, genau das zu einem Vorteil von uns zu machen, nämlich, solange wir baulich noch nicht in der Lage sind, die Studienplatzkapazitäten in Jena ausgebaut zu haben, sollten wir genau die Kapazitäten, die heute schon an europäischen Universitäten zur Verfügung stehen, nutzen, damit wir sofort Ausbildungskapazitäten dorthin bringen, wo wir sie brauchen, nämlich zu den jungen Leuten, die dann später in Thüringen natürlich praktizieren sollen. Auch wenn Herr Schubert schon wieder die Nase rümpft, aber die Realität zeugt eben davon, dass das gar nicht so verkehrt ist, weil das nämlich schon gemacht wird, allerdings auf Selbstkostenbasis beispielsweise der KV in Sachsen. Dort gibt es bereits seit 2013 in Pécs ein solches Kooperationsverfahren. Heute sind es bereits 20 junge Medizinerinnen und Mediziner, die jetzt ihre Weiterbildung machen, in Sachsen selbst. Es funktioniert nicht nur in Sachsen, sondern jetzt auch in Sachsen-Anhalt. Allerdings ist die Frage, wieso das eine Körperschaft öffentlichen Rechts aus Beiträgen der Ärzteschaft selbst finanzieren muss, denn es ist Staatsaufgabe, genau solche Studienplatzkapazitäten vorzuhalten.
Deswegen wollen wir, dass zukünftig das Land Thüringen bis zur Fertigstellung der baulichen Voraussetzungen in Jena tatsächlich Studienplatzkontingente an europäischen Universitäten kauft und dort die Ausbildungsmöglichkeiten für Thüringer Studentinnen und Studenten sichert. Also die Übernahme der Studiengebühren durch das Land, und zwar mit der Verpflichtung nicht nur zu einer fünfjährigen Tätigkeit in der Versorgung in Thüringen, sondern seine ganzen Praxisbestandteile und Weiterbildungen dann auch in Thüringen zu absolvieren. Ich habe Ihnen gesagt, dass das in anderen Ländern durch Körperschaften öffentlichen Rechts bereits getan wird, auch wenn das aus unserer Sicht Aufgabe des Landes ist.
Zu den weiteren Punkten komme ich gleich noch in der weiteren Debatte, denn der Antrag ist, wie Sie ja ahnen, natürlich umfangreich. Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Wird das Wort zur Begründung zu dem Alternativantrag gewünscht? Das ist nicht der Fall. Ich gebe den Hinweis, dass die Landesregierung angekündigt hat, von der Möglichkeit der Erstattung eines Sofortberichts zu dem Antrag der Parlamentarischen Gruppe der FDP gemäß § 106 Abs. 2 der Geschäftsordnung keinen Gebrauch zu machen.
Ich eröffne die Aussprache und als erster Redner erhält Abgeordneter Schaft, Fraktion Die Linke, das Wort.
Werte Kolleginnen, liebe Zuschauerinnen – zumindest da oben noch und am Livestream –, zu später Stunde am Freitagabend schauen wir noch mal auf die Ausbildung von angehenden Medizinerinnen in Thüringen. Ich kann ja zumindest bei einer Sache zustimmen, Herr Montag. Ich kann zugeben, Zagreb und Split sind zwei wunderschöne Städte. Ob wir allerdings tatsächlich das Geld in die Hand nehmen müssen, um dort Studienplätze über Stipendien zu finanzieren, darüber lässt sich sicherlich im Ausschuss noch mal diskutieren. Und zwar vor dem einfachen Hintergrund – und da fange ich gleich direkt mal an dem Punkt an –: Es ist doch Ihre Gruppe, die beispielsweise mit Blick auf den Haushalt immer von der Milliarde, die man im Thüringer Landeshaushalt einsparen müsse, redet.
Dann stelle ich aber mal entgegen, wie viel die Studienplätze oder gegebenenfalls auch ein Stipendium kosten. Wenn man sich die Zahlen mal anguckt, die Spannbreite bei den Studienplätzen im Ausland liegt dann irgendwo pro Platz schon recht weit, nämlich irgendwo zwischen 2.300 Euro und 27.000 Euro pro Jahr. Wenn man das dann mal hochrechnet mit den entsprechenden Personen, die Sie dann jetzt auch genannt haben, dann kommen wir in Summen, wo ich mich frage: Wo liegt denn der entsprechende Haushaltsantrag der FDP-Fraktion vor, wenn Sie das, was Sie hier mit einem Antrag vorlegen, tatsächlich auch untersetzen wollen?
Ich finde und habe das letztens an anderer Stelle schon gesagt, der Vorschlag, den Sie hier machen, greift mit Blick auf die eigentliche Herausforderung, die wir haben, nämlich das künftige Personal für die medizinische Versorgung im ländlichen Raum zu haben, dann doch wieder ein bisschen sehr kurz, weil es sich am Ende um eine – aus meiner Sicht – sehr kleine Stellschraube dreht, Sie haben gerade die Zahlen genannt. Das betrifft am Ende vielleicht irgendwo eine Zahl zwischen einer einstelligen bis niedrigen zweistelligen Personenzahl und dann muss man da doch durchaus noch mal ins Verhältnis legen, welchen Mitteleinsatz wir denn wählen. Denn wenn ich das mal hochrechne, nehmen wir mal die teurere Variante: Gesamtkosten für so ein Stipendium – 150.000 Euro im Jahr. Dann lege ich mal daneben, was beispielsweise auch jetzt das Gesundheitsministerium auf den Weg gebracht hat mit beispielsweise der Änderung der Niederlassungsforderung. Dann wäre doch die Frage der Abwägung: Finanziere ich quasi in dem Umfang von ca. 150.000 Euro pro Person im Jahr einen Stipendiumsplatz mit allem Drum und Dran, oder sage ich, statt 150.000 Euro gebe ich drei bis vier Personen die Möglichkeit, über die Niederlassungsförderung mit den 40.000 Euro entweder eine Praxis oder auch eine Apothekerniederlassung zu fördern? Da ist aus meiner Sicht mit dem sinnvollen Einsatz der Gelder und der konkreten Bindung vor Ort eher der Weg zu wählen, den auch das Ministerium dann entsprechend mit der Verbesserung der Niederlassungsförderung gegangen ist. Da schaffen wir am Ende mehr mit weniger Geld, die Leute dann hier auch entsprechend in der Region zu halten.
Dann will ich noch mal auf einen anderen Punkt in Ihrem Antrag eingehen. Unter III. 1 setzen Sie sich für einen Studienkapazitätsausbaupfad ein. Das ist ja erst mal löblich und sicherlich auch richtig, dass es hier eine gemeinsame Anstrengung von Bund und Ländern braucht, um die Kapazitäten zu erhöhen. Sie haben ja selber in der Einbringung schon erwähnt, was Thüringen dort auch schon mit Blick auf die Medizinstudien
plätze in Jena gemacht hat. Aber es gehört dazu – und das wäre auch ehrlich mit Blick auf das FDP-geführte Ministerium im Bund –, würde sich Frau Stark-Watzinger auch gegenüber Herrn Lauterbach stärker dafür einzusetzen, dass es hier eine gemeinsame Kraftanstrengung von Bund und Ländern braucht und dass der Bund sich eben nicht bei der Frage der Finanzierung des Medizinstudiums und der entsprechenden Reform, aber auch der Reformkosten der neuen Approbationsordnung zurückzieht und den Appell der Länder aus dem Herbst beispielweise tatsächlich auch ernst nimmt, sodass die Mehrkosten hier auch entsprechend gemeinsam getragen werden. Ich hoffe, dass Sie als Arbeitsauftrag mit in die Ampelregierung nehmen, dass sich das auch entsprechend abbilden muss, wenn wir am Ende auch über die Frage des Bundeshaushalts sprechen. Was mir bei der Forderung in III bei dem Konstrukt der Finanzierung der Stipendien dann auch so ein Stück weit zu kurz kommt, ist auch noch ein anderer Aspekt, nämlich, dass die Erwartungshaltung junger Absolventinnen in der Medizin, in der Pharmazie oder Zahnmedizin sich darin gar nicht widerspiegelt. Ich nenne mal ein paar Sachen, was die tatsächlich erwarten: Es gibt einerseits natürlich – auch die schauen darauf – eher einen Trend zur Anstellung, Teilzeitarbeit oder andere Modelle zu wählen. Da ist die Sorge vor dem unternehmerischen Risiko, beispielsweise bei der Übernahme einer Einzelpraxis. Das ist die Frage der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Das ist aber auch beispielsweise die Entlastung von administrativen oder organisatorischen Tätigkeiten. All das sind Sachen, wo unseres Erachtens diese eine Einzelmaßnahme mit der Frage „Was wende ich dafür finanziell im Vergleich zu dem auf, was tatsächlich das Ergebnis ist?“ am Ende auch zu kurz greift. Deswegen muss die Frage eher sein: Wie schaffen wir es, die sogenannten Klebe- oder Bindungseffekte zu erreichen und insbesondere diejenigen hier zu halten, die hier in Thüringen ihr medizinisches, zahnmedizinisches oder pharmazeutisches Studium beginnen. Da würde ich wirklich eher den Fokus auf die Instrumente legen, die in den letzten Jahren entwickelt und eben auch – ich habe die Frage der Niederlassungsförderung schon erwähnt – verbessert wurden, damit wir attraktive Bedingungen schaffen, nach dem Studium auch hierzubleiben. Ich glaube, dafür ist das Geld sehr viel sinnvoller angelegt, als zu überlegen, jetzt auch noch für eine kleine Anzahl von Personen Stipendien für Auslandsstudienplätze oder – ich hörte letztens auch schon diese Diskussion – an privaten Universitäten innerhalb der Bundesrepublik zu finanzieren. Ich glaube, es ist ein sinnvollerer Einsatz der Steuermittel, wenn wir auf diese Stellschraube setzen, als die von Ihnen vorgeschlagene.
Ich glaube, eine andere Sache, worüber man durchaus im Ausschuss diskutieren kann, ist die Frage, inwiefern – Sie haben das unter III. 4 erwähnt, Thema „Zahnärztescout“ – das Modell des Ärztescouts und die Frage, wie natürlich auch eine Praxisorientierung während des Studiums Eingang finden kann, eine Beratungs- und Unterstützungsmöglichkeit beim Weg des Studiums. Ich glaube, das sind Ansätze, über die man dann entsprechend diskutieren kann. Insofern ist von unserer Seite nichts dagegen einzuwenden, zu sagen, all das sowie auch noch ein paar andere Aspekte des CDU-Alternativantrags an den zuständigen Ausschuss für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung zu überweisen.
Ich will nur noch mal eine Sache beim CDU-Antrag erwähnen, denn da muss man sich am Ende auch ehrlich machen. Unter IV zielen Sie auf die kontinuierliche Erhöhung der Vorabquoten mit Blick auf die Frage des Landarztgesetzes ab. Das ist noch mal quasi daneben zu betrachten, da läuft ja auch die entsprechende Beratung. Aber man muss sich mal ehrlich machen, was es bedeuten würde, die Vorabquote auf das Maximum zu erhöhen! Es gibt nämlich eine entsprechende Vorlage, da kann ich nur noch mal die Lektüre empfehlen, die ist bereits aus dem Dezember 2021, Drucksache 7/3158, wo im Ergebnis der Prüfung darauf hingewiesen wird, dass wir nämlich ein Problem bekommen, wenn man die Vorabquote für diesen Bereich quasi dann auch auf das Maximum anheben würde, denn dann müssen nämlich in diesem schwierigen Konstrukt der Vorabquoten andere hintenanstehen. Da gibt es beispielsweise eine Vorabquote, die natürlich
auch von besonderer Relevanz ist. Das sind die Personen mit der besonderen Bildung oder beruflichen Qualifizierung, für die das auch ein Weg in das medizinische Studium sein soll. Ich frage mich, ob es dann noch der Sache gerecht ist, wenn wir die ausschließen, wenn an anderer Stelle die Vorabquote auf das Maximalste dann erhöht wird. Und man muss sich auch da ehrlich machen: Die Zahlen bei den Vorabquoten in diesem Kontext sind ja auch nicht am Ende die Zahlen, die den großen Wurf dann auch machen.
Aber das sind alles Debatten, die können wir, glaube ich, nochmal sehr viel intensiver dann im Ausschuss führen. Insofern ist es unser Ansinnen zu sagen, wir überweisen das in den Fachausschuss und können dann noch mal im Detail genauer darüber diskutieren. Danke schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete, sehr geehrte Zuschauer, der größte Mangel im Gesundheitswesen ist nicht mehr nur das Geld, es sind die Menschen, die medizinischen und pflegerischen Fachkräfte. Wenn wir über die Versorgung der Zukunft sprechen, dann wird diese maßgeblich davon abhängen, ob es uns gelingt, genügend medizinische Fachkräfte zu gewinnen. Doch wir haben es aktuell mit einem Paradox zu tun, das auf den ersten Blick nicht einleuchtet: Einerseits brauchen wir Fachkräfte wie nie, andererseits ist deren Zahl in vielen Bereichen ebenfalls so hoch wie nie.
Die Anzahl der in Thüringen tätigen Ärzte ist seit 1992 um ca. 3.000 gestiegen. Das sind allerdings nur 50 Prozent der Ärzte, die hier ausgebildet wurden. Gleichzeitig hat sich jedoch auch die Anzahl der nicht ärztlich Tätigen im Zeitraum von 2008 bis 2021 vervierfacht. Die Zahl der Niederlassungen sank im gleichen Zeitraum um 515. Daraus ergibt sich für uns folgende Frage: Warum wollen unsere sehr gut und zahlreich ausgebildeten Ärzte sich nicht mehr in Thüringen niederlassen oder als Arzt tätig sein? Das trifft insbesondere für ältere Ärzte zu, die ihre Praxen schließen, aber auch Ärztinnen und Ärzte mit Kindern, die nicht
unbedingt in die Niederlassung gehen, sondern sich zu Gemeinschaftspraxen zusammenschließen oder in Kliniken anfangen.
Und hier liegt der springende Punkt für uns. Der Berufsalltag von unseren Ärzten und Apothekern in Thüringen muss verbessert werden. Bürokratisierung und die Dokumentationspflichten sorgen Ineffizienz und erschweren den Berufsalltag. Wir müssen denen, die Leben retten, das Leben wieder einfacher machen. Das ist unser Anspruch als CDU-Fraktion. Aber das heißt für uns, wir müssen endlich darüber sprechen, wie wir Ärzte wieder mehr ärztlich tätig sein lassen können, wo wir Bürokratie und Dokumentation abbauen können und manchmal auch einfach wieder mehr vertrauen. Auch das rettet Leben, weil im Zweifel mehr Patienten versorgt werden können.
Unser Vorschlag ist, dort anzusetzen und die Bürokratie sowie die Dokumentationslast zu evaluieren und zu verringern. Diese Problematik betrifft nicht nur unsere Ärzte, sondern alle Berufsgruppen im medizinischen Bereich. Von Hebammen, Ergotherapeuten über Pflegekräfte und medizinische Fachangestellte, bis hin zu Zahnärzten und Apothekern. Neben dem Punkt der Entlastung müssen wir endlich sicherstellen, dass der Landtagsbeschluss „Schnellere Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse im medizinischen Bereich“ umgesetzt wird.
Immer wieder sprechen uns Betroffene, ob Arbeitgeber und Arbeitnehmer, auf diese Thematik an. Es wird Zeit, hier Taten folgen zu lassen, die spürbar sind und eine deutliche Verbesserung der Bearbeitungszeiten hervorbringen, die deutschlandweit in Thüringen am höchsten sind. Um unsere inländischen Potenziale stärker zu nutzen, fordert die CDU-Fraktion in ihrem Antrag ein Konzept in Zusammenarbeit mit den kassenärztlichen Vereinigungen und der Landesärztekammer für Ältere sowie für Ärzte mit Kind, um deren Potenzial für die Gesundheitsversorgung stärker zu nutzen. Weiterhin fordern wir, dass die Landarztquote, die Landzahnarztquote und die Landapothekerquote ausgebaut werden.
Wir brauchen unsere Absolventen vor Ort in den Kommunen, auf den Dörfern und vor allem am Menschen. Wir sehen in der Landarzt-, der Landzahnarzt-, bzw. Landapothekerquote einen Baustein, den ländlichen Raum zu versorgen. Natürlich benötigen wir auch mehr Studienplätze. Doch allein auf die kostenintensive Erhöhung der Anzahl an Studienplätzen zu setzen – je nach Studium kostet die Ausbildung eines Arztes 150.000 bis 250.000 Euro –, finden wir zu kurzfristig. Wir müssen unsere teuer ausgebildeten Absolventen auch im Land halten und die Klebeeffekte erhöhen, wie wir eben schon gehört haben. Dieses Problem lösen wir nicht, indem wir mehr teuer bezahlte Studienplätze schaffen, sondern versuchen, die Studenten früh für Thüringen und früh für eine Niederlassung im ländlichen Raum zu begeistern. Da braucht es mehr Stipendien für die Studenten, die sich entscheiden, in Thüringen zu studieren und zu praktizieren.
Wir fordern, dass die Stiftung zur Förderung der ambulanten ärztlichen Versorgung im Freistaat Thüringen weiter gestärkt wird. Wir wollen es den jungen Humanmedizinern, Zahnmedizinern und Pharmazeuten ermöglichen, auch Praktika und Praxisjahre auf dem Land zu machen. Wir müssen die jungen Menschen da abholen, wo sie sind, und das noch, bevor sie sesshaft werden, und das ist meistens ab dem 32. Lebensjahr, also hierauf muss ein besonderer Fokus gelegt werden. Dafür müssen wir auch die Lebensbedingungen im ländlichen Raum verbessern, die Erreichbarkeit dort stärken und den ländlichen Raum attraktiver machen, damit sich unsere Ärzte auch dort anmelden.
Lassen Sie uns also die Anerkennung beschleunigen, die Bürokratie und die Dokumentationspflicht entschlacken und schauen, dass wir unsere Absolventen in Thüringen halten und fördern. Denn Absolventen, die gehen, sind verlorene Kräfte für Thüringen. Wie Sie sehen, werden zu viele Stellschrauben aktuell nicht
gedreht. Ich hoffe, dass wir es im Ausschuss schaffen, diese Stellschrauben zu drehen, denn Stillstand wäre das Schlimmste bei dieser wichtigen Thematik, bei diesem wichtigen Zukunftsthema, was uns passieren kann. Es geht um unser aller Gesundheitsversorgung. Lassen Sie uns deswegen gemeinsam anpacken, die Bedingungen zu verbessern. Recht herzlichen Dank.
Vielen Dank. Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kollegen, liebe Zuschauer auf der Tribüne und im Internet, bei der Debatte des Antrags der FDP und des Alternativantrags der CDU fange ich der Einfachheit halber mit dem Alternativantrag der CDU an: Im Ausland studieren, in Deutschland praktizieren, Fachkräfteoffensive, medizinische, zahnmedizinische und pharmazeutische Versorgung 2030.
Der Antrag ist in unseren Augen ein Zeugnis von Orientierungslosigkeit, Zaghaftigkeit und der halbherzige Versuch, die im Gesundheitswesen in Thüringen – und dort speziell in der Ausbildung und Nachwuchsge
winnung – bis zum Jahr 2014 selbstgemachten Fehler ein bisschen zu reparieren. Doch der Reihe nach: Solange die CDU in Thüringen die Macht hatte – was hat sie gemacht? – Genau: nichts.
Unter I. möge der Landtag in elf Punkten die drohende Mangelversorgung, die jetzt schon vorhandenen Defizite und die Notwendigkeit von Strukturreformen feststellen. Kein Wort zu den Ursachen, Versäumnissen und Fehlern aus der Zeit von 1991 bis 2014.
Zusammenfassend erlaube ich mir, diese elf Punkte als Binsenweisheiten zu beschreiben. Die Landesregierung hat ja auch gleich darauf verzichtet, einen Sofortbericht zu erstellen.
Unter II. kommt die erste Forderung nach dem heutzutage gern eingesetzten, aber nur sehr bedingt wirksamen Allheilmittel schnellerer Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse. Dieses Allheilmittel hilft nur sehr bedingt. Wie ich aus meiner eigenen Berufspraxis und aus der Arbeit mit den Kollegen in den Praxen und Krankenhäusern weiß, sind viele, auch ambitionierte Kollegen, fleißige Kollegen aus dem Nicht-EU-Ausland hierhergekommen und brauchen zunächst einmal zwei bis drei Jahre, um das erforderliche Sprachniveau C 1 zu erreichen. Außerdem weisen die Ausbildungen außerhalb von Deutschland häufig Lücken auf, die in der dort geübten medizinischen Praxis normal sind, aber hier erst in mühevoller Kleinarbeit in der täglichen Praxis ausgeglichen werden müssen. Nach meiner und der Erfahrung vieler meiner Kollegen dauert es drei bis vier Jahre, bis ein Arzt oder Zahnarzt auf dem erforderlichen Sprach- und Ausbildungsstand ist.
Außerdem möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich anmerken, dass wir nicht das Recht haben, wirtschaftlich schwächeren Ländern mit monetären Anreizen ihr medizinisches Fachpersonal abzuwerben.
Punkt III. beschäftigt sich mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Unser Rat an dieser Stelle lautet kurz und knapp: Kindergarten und Schule einfach im Dorf zu lassen, wäre schon eine bedeutende Erleichterung für junge Familien, in denen einer oder beide in medizinischen Bereichen tätig sind.