Protocol of the Session on December 7, 2023

Vielen Dank, Herr Präsident. Jetzt habe ich mir einen Stift mitgenommen in der Hoffnung, ich könnte noch irgendetwas Sinnvolles aufschreiben. Aber ich habe nur fünf Minuten. Mit Zeit lassen ist immer schwierig. Aber es ist natürlich eine ganze Reihe gesagt worden. Also, dass wir in der parlamentarischen Opposition ein bisschen verärgert sind über diesen Gesetzentwurf, das erschließt sich auch sehr schnell.

Das Eine ist dieser Schnelldurchgang wieder in Erster und Zweiter Beratung. Und dazu kommt, dass ich nun kein Fan von Mantelgesetzen bin. Mantelgesetze – vielleicht für die Zuhörerinnen und Zuhörer – sind immer, wenn zwei unterschiedliche Gesetze in einem Gesetzentwurf geändert werden. Wenn die dann noch was miteinander zu tun haben, ist das schön. Wenn die nichts miteinander zu tun haben, ist es dann immer schwierig. Das haben wir jetzt eben hier vorliegen, und zwar eigentlich zu Themen, die ja nicht mal neu sind, sondern die haben wir in anderen Gesetzentwürfen, wo wir uns schon nicht einigen konnten bzw. bei dem Thüringer Besoldungsgesetz. Das ist ein Thema, was wir schon lange besprochen haben und was auch schon seit einem halben Jahr auf dem Tisch liegt, dass das noch mal angepasst werden muss. Deswegen bin ich da tendenziell beim Kollegen Tischner, dass wir das in Erster und Zweiter Beratung machen können, damit die Fachleiterinnen und Fachleiter hier nicht noch mal mit einem Nasenring durch die Manege gezogen werden. Bei dem Thema Regelschule 300 – ich habe einfach bei diesem Entwurf mehr Fragen als Antworten. Das hat bei dem letzten Tagesordnungspunkt dazu geführt, dass wir gesagt haben, wir schieben es in den Ausschuss und sprechen noch mal drüber. Das wäre auch meine Lieblingsvariante für diesen Teil.

Also möglicherweise sind viele Fragen schnell beantwortet. Aber hier in Erster und Zweiter Beratung eine Studiengangveränderung vorzunehmen, die angeblich keine Auswirkungen darauf hat, was diejenigen, die dann dieses Studium abgeschlossen haben, am Ende möglicherweise in der Besoldungstabelle bekommen, dem würde ich jetzt nicht so uneingeschränkt folgen. Das ist so ein Stück weit einfach das Problem, nämlich die Frage, was kommt denn eigentlich hinterher? Also insofern so ein Gesetz von hinten her denken, was da am Ende bei rauskommt.

Wenn ich ehrlich bin, weiß ich nicht so ganz genau, wie wir jetzt hier mit diesem Tagesordnungspunkt weiter verfahren wollen. Wenn die Variante im Raum steht, den Artikel 1 in den Ausschuss zu schieben und dafür den Artikel 2, also die Besoldung, in beiden Beratungen abzustimmen, würde ich mich dem anschließen.

Ansonsten müssten wir ihn eigentlich ablehnen. Schwierige Situation, aber vielleicht kann Kollege Schaft noch irgendwie zur Erhellung beitragen. Dann bin ich mal gespannt, wie wir damit verfahren. Danke schön.

Vielen Dank, Frau Baum. Die Gelegenheit wird der Kollege dann noch haben, aber erst mal hat die fraktionslose Abgeordnete Dr. Bergner das Wort.

(Abg. Jankowski)

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kollegen Abgeordnete, liebe Zuhörer. Wir haben Lehrermangel – diesen Satz möchten wir kaum noch hören. Ausfall von Unterrichtsstunden, Senkung des Bildungsniveaus und immer mehr Schulabbrecher sind die Folge. Und? Wir kriegen einen Vorschlag, die Ausbildung der Lehrer zu verlängern. Das Gegenteil wäre notwendig.

Laut meiner Kleinen Anfrage zu aus dem Schuldienst vorzeitig ausgeschiedenen Lehrern bei staatlichen Schulen ist ein ständiger Anstieg seit 2014 zu verzeichnen. Auch wenn die Ausstiegsgründe durch das Ministerium dafür nicht statistisch erfasst werden, so erfahre ich doch, was die Lehrer bewegt, ihren Beruf an den Nagel zu hängen. Es sind die zunehmend schlechten Arbeitsbedingungen im Schuldienst und Kündigungen bzw. Wegekeln, weil die Lehrer politisch nicht tragbar sind.

An einer Stelle bin ich bei Franziska Baum, dass in diesem Gesetzentwurf zwei Dinge miteinander vermischt werden, die Erweiterung der Ausbildung und die Bezahlung. Neue Lehrer braucht das Land – und das geht mir einfach durch den Kopf, wenn ich diesen Gesetzentwurf sehe –, aber bitte politisch korrekte, denen Gendern ein Bedürfnis ist,

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das hat doch nichts damit zu tun!)

die den Kindern künstlich ihre geschlechtliche Diversität vermitteln, die Masken tragen und Anonymisierung lieben. Die Lehrerausbildung hinkt den sogenannten modernen Erfordernissen hinterher.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Maskentragen war Gesundheits- schutz, Frau Bergner!)

Was also liegt näher, als die Ausbildung der Lehrer in diesem Sinne zu verbessern. Anstatt zu straffen, die fachliche und pädagogische Kompetenz zu erhöhen und dabei idealerweise noch das Studium zu verkürzen, stellt uns Rot-Rot-Grün diesen Gesetzentwurf vor, um die Ausbildung an der Uni Jena um ein Semester zu verlängern und das mit Ausbildungsinhalten, die nicht wissenschaftlich, sondern politisch motiviert sind, dass sie den Beutelsbacher Konsens nicht mehr Rechnung tragen. Warum versucht man nicht stattdessen, in Erfurt den Studiengang um ein Semester zu verkürzen, wie es jetzt in Jena der Fall ist, um die Absolventen schneller in den Schuldienst zu überführen? Aber nein, all das wird den ideologischen Lieblingsthemen von Rot-Rot-Grün nicht gerecht, denn in der Begründung heißt es, ich zitiere: „[…] um neue Studieninhalte, u.a. in den Bereichen Inklusion, soziale Diversität und digitale Lernkultur zu implementieren.“ Nebenbei bemerkt dürften diese Inhalte der überwiegenden Mehrzahl der Schüler keinen Mehrwert bringen.

Dabei gibt es Forderungen, speziell in den MINT-Fächern dringend benötigte Lehrer auszubilden, aber anscheinend sind ideologische Themen wichtiger, als Naturwissenschaften, die von Handwerk und Industrie

benötigt werden. Wer sich in Ausbildungsbetrieben umhört, weiß, wovon ich rede. Selbst rudimentäre Kenntnisse in Lesen, Schreiben, Rechnen, fehlen den Azubis oft und das zu vermitteln muss von den Betrieben übernommen werden.

Wir brauchen also kein verlängertes Lehrerstudium in Jena, sondern ein kürzeres in Erfurt. Das wäre eine zukunftsorientierte Politik. Mit einer Konzentration auf die wesentlichen Studieninhalte, Straffung von Randthemen und einer stärkeren, praxisbezogenen Ausbildung geht das. Wir Bürger für Thüringen fordern den Landtag auf, für eine wirklichere Form der Lehrerbildung zu sorgen, statt das Lehrerstudium mit immer mehr Randthemen zu überfrachten. Wenn das Ziel eines solchen Gesetzes eine kürzere und straffere Lehramtsausbildung ist, ist es vernünftig, darüber im Ausschuss zu beraten. In der vorliegenden Form ist es kontraproduktiv. Danke für ihre Aufmerksamkeit.

Vielen Dank, Frau Kollegin. Ich rufe Abgeordneten Schaft für die Fraktion Die Linke auf.

Vielen Dank, Herr Präsident. Werte Kolleginnen, werte Zuschauerinnen hier und am Livestream, es wurden Fragen angesprochen. Ich habe ehrlich gesagt auch eine ganze Menge Fragen und vor allem eine, warum nämlich diese Fragen auftauchen, warum jetzt hier die großen Fragezeichen auftauchen, warum wir das machen, wenn doch all das – da beziehe ich mich jetzt insbesondere auf Artikel 1 des Gesetzes zur Lehrerinnenbildung – ausführlich, ich glaube, sogar auf Antrag der CDU am 31. März im Bildungsausschuss mit einer Vertreterin der FSU hier in diesem Saal besprochen wurde.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Weil das Gesetzgebungsverfahren noch nicht abgeschlossen ist!)

Und, Herr Tischner, dass Sie vorhin noch nicht mal wussten, welcher Artikel überwiesen werden soll, daran zeigt sich auch, dass Sie diesen Gesetzentwurf bis heute entweder nicht gelesen oder definitiv nicht verstanden haben.

(Beifall DIE LINKE)

Sie sagen hier, wir machen das Lehramt Regelschule kaputt. Dann ist das also die Zielsetzung der FSU, die dieses Reformprojekt angestrebt hat. Herr Tischner, das, was Sie hier gerade fabrizieren, und Ihre Zwischenrufe zeigen nur eines: Sie haben überhaupt kein Interesse daran, die Strukturen der Lehramtsausbildung in Thüringen auch nur im Ansatz so auszugestalten, dass die zukünftigen Lehrkräfte den Herausforderungen in diesem Land gerecht werden.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Unruhe CDU)

Aber das haben Sie vorhin selber gesagt, nämlich im Tagesordnungspunkt zuvor, da sprachen Sie davon, nicht an Strukturen zu schütteln. Sie sind also der Meinung, am besten bleibt einfach alles so, wie es ist und dann wird es schon irgendwie, außer dann, wenn es Ihnen nicht in Kram passt, wenn beispielsweise dann Parteikolleginnen und Parteikollegen von Ihnen versuchen, über den Willen der Eltern, der Schülerinnenschaft hinweg eine TGS rückabzuwickeln zur Regelschule. Das ist nämlich die einzige Idee, die Sie haben, wenn es um die Stärkung von Regelschule geht, zurück ins Gestern und nicht nach vorne in die Zukunft.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und dann will ich es noch mal sagen, weil ja hier die ganze Zeit so getan wird, als sei die Verlängerung irgendwie was halb Ausgegorenes, was wir uns mal im stillen Kämmerlein überlegt hatten: Nein, das fußt auf der Frage, wie wir an der Rahmenvereinbarung für die Hochschulfinanzierung damals auch gesagt haben – wir brauchen einen Schwerpunkt für die Verbesserung der Lehramtsausbildung in Thüringen. Und in der Ziel- und Leistungsvereinbarung zwischen dem Wirtschaftsministerium und der FSU steht es als konkretes Projekt, das Regelschullehramt in Jena eben mit 30 ECTS Leistungspunkten mehr auszustatten, um dann nämlich etwas sehr Konkretes zu machen, wenn Sie nämlich sagen, es hätte mit Praxisorientierung gar nichts zu tun, dann schauen Sie doch mal, was mit den 30 Leistungspunkten gemacht werden soll. Das

ist nämlich auch kein Geheimnis. Das wurde hier auch vorgestellt und da haben Sie offensichtlich nicht zugehört. Da geht es nämlich um die Stärken der Bereiche „Inklusion“, „soziale Diversität“ und „digitale Lernkultur“. Wir reden hier die ganze Zeit davon, dass das die zentralen Herausforderungen in der Schullandschaft sind, aber wenn es konkret darum geht, die Lehrkräfte von morgen dafür fit zu machen, dann stellen Sie sich hier hin wie ein bockiges Kind und schreien einfach nur vom Einheitslehrer, weil Sie von der Materie noch nicht mal im Ansatz Ahnung haben.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als wir hier saßen, hat uns in die FSU Jena ins Stammbuch geschrieben, dass wir hier keine Zeit verlieren können. Ich habe noch mal in das Ausschussprotokoll geguckt und da war hier im großen Rund Einhelligkeit, dass wir sagen, wir dürfen keine Zeit verlieren. Da ging es damals darum, dass wir gesagt haben, wir haben das Lehrerbildungsgesetz gemeinsam mit dem Schulgesetz an den Bildungsausschuss überwiesen. Da kann man sich jetzt inhaltlich darüber streiten, ich bleibe weiter dabei, dass das schulstufenbezogene Lehramt die Zukunft ist und nicht das schulartbezogene Lehramt,

(Beifall DIE LINKE)

aber okay, das sieht die CDU ganz besonders anders. Aber dann haben wir gesagt, mit unserem Gesetzentwurf wäre es möglich, auch das Reformvorhaben an der FSU voranzubringen. Das hat auch damals die FSU bestätigt. Nun ist es so, wir finden keine Einigkeit in diesem Punkt, also wollen wir den Weg aber der FSU weiter möglich machen, die nämlich schon längst auf dem Weg zum Modellprojekt „Regelschule 300“ ist, die internen Abläufen schon so weit vorgeplant hat, dass sie gesagt hat, wir brauchen das politische Signal zur Umsetzung. Da haben wir schon ein Dreivierteljahr Zeit verloren, was dazu führt, dass das Projekt nicht schon zu diesem Wintersemester 2023/2024 umgesetzt werden konnte, sondern nun erst, wenn wir jetzt die Entscheidung treffen, 2024/2025 umgesetzt werden kann.

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Stimmt doch gar nicht!)

Da frage ich mich ganz ehrlich, wenn hier im letzten Ausschuss, als wir das am 31. März beraten haben, alle gesagt haben, das ist wichtig und wir dürfen keine Zeit verlieren, warum Sie jetzt hier sitzen und das blockieren. Aber das dürfen Sie dann auch gern mit der FSU aushandeln, wie Sie sich als Blockierer einer so wichtigen Reform darstellen. Das finde ich einfach nur verantwortungslos für dieses Land.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir dürfen an dieser Stelle keine Zeit verlieren. Deswegen hoffe ich, dass wir jetzt hier zu einem gemeinsamen Verfahren kommen. Ich meine, das eine ist, sich hier irgendwie in die erste Reihe zu setzen und die ganze Zeit vom Einheitslehrer zu schreien, weil man von der Materie keine Ahnung hat. Das andere ist aber, zu sagen, ich habe Fragen und lasse die uns im Ausschuss klären, so wie das Kollegin Baum gemacht hat, auch ein sehr konkreter Unterschied in der Frage, wie man hier gemeinsam miteinander umgeht. Deswegen hoffe ich, dass, wenn der Artikel 1 an den Ausschuss überwiesen werden sollte, wir uns aber trotzdem auf ein zeitliches Verfahren einigen können, damit der FSU eben keine Zeit verloren geht, denn das sind wir all denjenigen schuldig, die sich bereits in der Universität auf den Weg gemacht haben, diesen Prozess umzusetzen. Da will ich noch einmal darauf eingehen, weil Sie es, Herr Tischner, nämlich auch da offensichtlich nicht verstanden haben und den Namen „wissenschaftspolitischer Sprecher“ offensichtlich auch nur auf Ihrer Visitenkarte, aber nicht im Kopf, haben. Das ist nämlich, wenn Sie sagen, die FSU, die macht jetzt irgendwie das Studium um ein Semester länger und die Uni Erfurt, die geht jetzt einen anderen Weg mit dem dualen Studium. Da haben Sie nämlich von der Materie keine

Ahnung, weil das nämlich nicht bedeutet, dass das Regelschullehramt an der Universität, so wie es daneben noch existiert, nicht abgeschafft wird, sondern es sind verschiedene Bausteine, die wir nutzen, weil wir wissen, es gibt nicht den einen Weg, sondern wir müssen verschiedene Instrumente an die Hand nehmen. Da bin ich der Universität Erfurt dankbar. Auch wenn Sie sagen, dass da mit der FSU oder der Uni nicht geredet wurde – das ist doch Humbug. Das Ministerium ist natürlich in der engen Abstimmung, und auch wir als die wissenschaftspolitischen Sprecher, aber Sie offensichtlich nicht, mit den Hochschulen, um zu wissen, was wir hier tun, weil wir es uns eben nicht ausdenken, sondern das Hand und Fuß hat, was wir hier auf den Weg bringen. Aber ich sehe schon, Sie lesen den Gesetzentwurf nicht, Sie sind auch nicht empfänglich für Argumente. Ich bin zumindest froh, dass es hier mit Frau Baum noch eine Abgeordnete in dem Themenbereich gibt, die das ist. Insofern müssen wir dann jetzt schauen, wie wir hier zu einem Verfahren kommen. Ich finde es jedenfalls deutlich verantwortungslos, was Sie hier entsprechend machen, weil Sie damit auch ad absurdum führen, was die Universität gemeinsam mit dem Land in den Ziel- und Leistungsvereinbarungen entsprechend 2021 auch festgehalten hat und was hier notwendig ist, um die Regelschullehrkräfte von morgen fit zu machen, um Regelschulen wirklich zu stärken. Sie haben darauf nicht eine einzige Antwort, außer dem Gerede von den Instrumenten von vor 10 oder 15 Jahren. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Schaft. Vielleicht doch die Bitte, bei den Zwischenrufen ein bisschen den Rahmen zu wahren. Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, aus den Reihen …

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Oder wir müssen die Qualität der Zwischenrufe steigern!)

Die Diskussion machen wir erst einmal nicht auf. Ich habe jetzt aus den Reihen der Abgeordneten – nun bitte ich doch ein bisschen um Ruhe – keine Wortmeldungen mehr. Herr Minister Holter, bitte schön.

Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordnete, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer. Auch im politischen Leben ist es so, dass manchmal Handlungsdruck entsteht, weil schnelle Entscheidungen notwendig sind, um im Alltag bestimmte Dinge zu regeln und auch zu ermöglichen. Ich bin etwas überrascht und erstaunt, dass sich aus diesem Antrag der Koalitionsfraktionen, zwei Gesetze zu ändern, eine bildungspolitische Grundsatzdebatte entwickelt hat. Darum ging es gar nicht, sehr geehrter Herr Tischner. Es ging eigentlich darum, auf der einen Seite genau das umzusetzen, was die Wissenschaft uns vorschlägt. Ich kann mich an Debatten hier im Landtag erinnern, da wurde immer die Regierung gefragt, auf welcher wissenschaftlichen Grundlage haben Sie denn ihre Entscheidung getroffen. Und genau jetzt kommt mit dem Programm der Friedrich-Schiller-Universität Jena, die Regelschullehramtsausbildung zu erhöhen auf 300 Leistungspunkte, eine Initiative der Wissenschaft. Das ist ja keine Idee eines Ministeriums, diese Initiative ist aus der FSU selbst gekommen. Es ist ein Vorschlag der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, der dort Ausbildenden, das Lehramtsstudium für die Regelschulen zu qualifizieren und angesichts der veränderten Schülerschaft und der veränderten Herausforderungen an den Regelschulen, aber auch in den Gemeinschafts- und in den Gesamtschulen so zu verändern, dass die zukünftigen Lehrerinnen und Lehrer diesen Herausforderungen gerecht werden können. Die Stichworte sind ja gefallen, Heterogenität, Inklusion, Digitalität und anderes. Darum geht es ja am Ende. Deswegen ist dieser Gesetzentwurf.

(Abg. Schaft)

Wie Sie, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer, die Debatte ja mitbekommen haben, stehen bestimmte Fraktionen hier auf der Bremse, weil sie nicht wollen – mit ideologischen Scheuklappen versehen nicht wollen –, dass hier eine Entwicklung vorgenommen wird, die auch ermöglicht, dass der Unterricht der Schülerinnen und Schüler in den Regelschulen, in den Gemeinschaftsschulen und in den Gesamtschulen verbessert wird. Ich kann nur erinnern an die PISA-Studie, die je gerade veröffentlicht wurde. Wenn man dann die Debatten führen würde, welche Schlussfolgerung aus PISA gezogen wird, dann müsste man darauf kommen, dass die Lehrerinnen und Lehrer besser vorbereitet werden müssen, um den aktuellen Herausforderungen tatsächlich gerecht zu werden. Deswegen kann ich der Friedrich-Schiller-Universität, den dort Tätigen nur danken, dass sie diese Initiative ergriffen haben, und so, wie Christian Schaft das hier gerade dargelegt hat, war es ja die Bitte aus dem Ausschuss heraus, genau dieses Konzept zu diskutieren. Es war in diesem Raum, da haben wir das Konzept vorgestellt. Es wurde mehr oder weniger zustimmend zur Kenntnis genommen, und jetzt wird es auf einmal zum Gegenstand einer tiefen, politisch ideologischen Debatte gemacht.

Ich kann darüber nur meinen Kopf schütteln, denn die Begründung, die hier geführt wird, sind noch gar nicht mal die politischen Kampfbegriffe, wie Einheitslehrer, sondern die Begründung hier, die herangezogen wird, ist, man müsse dann über die Besoldung im Einzelnen sprechen.

Dann frage ich mich: Wenn die zukünftigen Absolventinnen und Absolventen der Friedrich-Schiller-Universität Jena eine andere Entlohnung bekommen sollen als die Absolventinnen und Absolventen der Universität Erfurt – das sind auch Regelschullehrerinnen und Regelschullehrer und alle haben die 300 Leistungspunkte –, was ist denn dann? Haben wir jetzt Regelschullehrerinnen und Regelschullehrer erster und zweiter Klasse? Das müssen Sie mir mal erklären. Deswegen geht es gar nicht darum, mit diesem Gesetz irgendwie an der Besoldung zu rütteln, sondern es geht darum, das anzugleichen, dass 300 Leistungspunkte in Erfurt vermittelt und gefordert werden und das Gleiche in Jena passiert. Darum geht es am Ende.

Es geht auch um die Hälfte der Schülerinnen und Schüler. Wenn nämlich 205.000 Schülerinnen und Schüler an allgemeinbildenden Schulen in Thüringen lernen, dann sind das 81.000 Schülerinnen und Schüler, die an den Regelschulen bzw. Gemeinschaftsschulen lernen, und dort kommen Regelschullehrerinnen und Regelschullehrer eben zum Einsatz. Wir haben einen Mangel – ja, das ist richtig –, aber die Frage, hier das Studium zu verkürzen – so, wie das hier auch von Frau Bergner eingebracht wurde –, führt nicht dazu, dass die Qualität sich unmittelbar erhöht. Deswegen geht es nicht nur darum, Löcher zu stopfen, sondern wir müssen auch die Qualität des Unterrichts in Zukunft sichern. Wir haben im vorhergehenden Tagesordnungspunkt ja auch über Berufsbildung gesprochen. Wir hatten das Thema „Berufsbildende Schulen“, aber am Ende haben wir über Berufsbildung ganz konkret gesprochen.

Wir haben zu wenig Studierende, wir haben zu wenig Absolventinnen und Absolventen, die Regelschullehramt studiert haben. 2022 – nach vorläufigen Zahlen – waren es 60 Studierende, die ihren Abschluss im Regelschullehramt gemacht haben – viel zu wenig und der Trend geht immer noch in die falsche Richtung. Wir brauchen jährlich 300 Regelschullehrerinnen und Regelschullehrer, die wir einstellen müssen, um allein die Stellen nachzubesetzen, die frei werden. 60 absolvieren ihr Studium – 300, die Differenz ist klar. Deswegen müssen wir hier Veränderungen auch in der Qualität einführen. Na klar, uns hilft der Seiteneinstieg, aber das allein reicht nicht aus.

Ich kann es nur noch mal auch hier im Hohen Haus wiederholen: Das Lehramtsstudium/die Lehramtsausbildung ist der Dreh- und Angelpunkt für die Zukunft des Thüringer Bildungswesens. Wenn wir dort keine Änderungen erreichen, auch in der Qualität, dann sind wir auf einem falschen Weg. Deswegen, lieber Herr Tischner und liebe Rednerinnen und Redner: Das Regelschullehramt ist ganz und gar kein Lehramt zweiter