Vielen Dank, Frau Abgeordnete. Als nächsten Redner rufe ich Herrn Abgeordneten Walk, Fraktion der CDU, auf.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, werte Besucher auf der Besuchertribüne! Ich freue mich ganz besonders, dass auch zwei Bürgermeister heute hier sind. Das ist zum einen Gerhard Martin, der gestern übrigens Geburtstag hatte,
und die Kollegin Rita Spieß. Beide sind Bürgermeister. Ich glaube, bei Ihnen ist das idealtypisch verlaufen. So stellen wir uns freiwillige Gemeindeneugliederungen vor. Am Ende steht dann die Landgemeinde Uder, die sich neu konstituiert. Also, ein herzliches Willkommen.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, nirgendwo erleben die Menschen den Staat oder staatliche Institutionen so unmittelbar und so authentisch wie vor Ort in unseren Landkreisen, in unseren Städten und in unseren Kommunen. Und dort, wo sich Menschen vor Ort auch kennen, lässt sich bürgernahe Politik zum Wohle der Menschen auch gut gestalten. Und klar ist – das klang eben schon an –, dass sich in Zeiten des demografischen Wandels und der steigenden Anforderungen gerade auch kommunale Strukturen weitentwickeln müssen. – Frau Kollegin ist ja eben schon darauf eingegangen. –
Ich will aber noch mal auf eines hinweisen, was in dieser Debatte wenig Rolle gespielt hat, bei der Anhörung auch nicht. Aber die Steigerung der Effizienz unserer Kommunen hängt vor allen Dingen an drei Punkten, zum einen an der Funktional- und Verwaltungsreform, die nach wie vor aussteht,
Und der dritte Punkt, eine engere interkommunale Zusammenarbeit, sozusagen der schlafende Riese, der geweckt werden muss.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, aber auch freiwillige Gemeindefusionen dienen der Steigerung der Leistungs- und Verwaltungskraft und werden immer dann unsere Zustimmung finden, wenn sie tatsächlich auch dem öffentlichen Wohl dienen und wenn sie freiwillig zustande kommen – die Landgemeinde Uder habe ich schon erwähnt. Wir wissen, Neugliederungen sind aber auch immer ein hochemotionales und auch ein sensibles Thema. Gestern gab es einen Kommentar in der „Thüringer Allgemeinen“ von Elmar Otto. Ich will das zitieren, weil er das gut auf den Punkt gebracht hat – Zitat –: „Eine Reform muss berücksichtigen, dass gewachsene Strukturen etwas mit Heimat zu tun haben. Dieses Gefühl darf [darunter] nicht leiden-“ Da hat er recht. Wenn wir Fusionen erfolgreich umsetzen wollen, ist vor allem eines notwendig: Vertrauen – Vertrauen zwischen den Gemeinden, Vertrauen in die zukünftigen Strukturen und Vertrauen auch in die am Prozess Beteiligten. Alles muss zusammenpassen.
Ich möchte jetzt zunächst einmal auf die vorliegende Beschlussempfehlung des Innen- und Kommunalausschusses in der Drucksache 7/9148 eingehen. In meiner ersten Rede zur Beratung habe ich bereits kritisiert, dass wir die vorgesehene Verkürzung des Förderzeitraums um zwei Jahre, also von 2026 auf 2024, nicht hinnehmen werden. Die Kollegen sind bisher noch gar nicht darauf eingegangen. Ich finde, das ist ein wichtiger Punkt, den wir auch einvernehmlich so mittragen. Gut so, dass die Koalitionsfraktionen diese Kritik auch aufgegriffen haben und in dem heute vorliegenden Änderungsantrag in Vorlage 7/5816 in die Beratung eingebracht haben, der diese Verkürzung jetzt rückgängig gemacht hat.
Im Rahmen der umfangreichen schriftlichen Anhörungen wurden uns über 450 Dateien zur Verfügung gestellt. Es ist eben schon angeklungen, dass man auch als Parlamentarier nicht darüber weggehen sollte, weil dieses Thema wirklich für die Menschen vor Ort sehr wichtig ist. Ausgedruckt waren das insgesamt fünf Aktenordner und ich will mal der Landtagsverwaltung danken, die das alles hervorragend für uns aufbereitet hat, vielleicht auch nicht unbedingt selbstverständlich. Wir haben uns darüber gefreut. Herzlichen Dank!
Wie eingangs vorangestellt, ist für uns die maßgebliche Prämisse die Freiwilligkeit. Das bedeutet allerdings nicht, dass jeweils alle einverstanden sein müssen, sondern dass sich die Leute vor Ort in einem transparenten Prozess mit Mehrheit dafür entscheiden – auch das klang eben an –, am besten durch eine Bürgerbefragung, Bürgerbeteiligung. Dann hat man es auch schwarz auf weiß.
In denjenigen Fällen, in denen im schriftlichen Anhörungsverfahren Probleme identifiziert wurden, wurden dann durch Anträge der Kolleginnen und Kollegen der FDP, aber auch von uns insgesamt weitere 20 Personen in einer Mündlichen Anhörung angehört. Im Mittelpunkt standen Fragen, insbesondere zu folgenden Neugliederungen: Das war zum einen Rodeberg in § 3, das waren aber auch Berga und Wünschendorf in § 5, Unterbodnitz in § 6 sowie Hallungen im Wartburgkreis in § 9. Es war gar nicht so einfach, dann noch mal herauszukristallisieren, wo jetzt die wirklichen Probleme liegen. Schwierig bleibt es insbesondere immer dann, wenn dabei verschiedene Verwaltungsebenen ganz unterschiedliche Auffassungen vertreten so wie in den Fällen Unterbodnitz und Hallungen. Die beiden Fälle will ich noch einmal anführen.
Beim Antrag von Unterbodnitz lehnen sowohl die abgebende Verwaltungsgemeinschaft, das ist „Hügelland/Täler“, als auch der betroffene Landrat, der für beide VGs zuständig ist, den Wechsel von Unterbodnitz in die benachbarte VG „Südliches Saaletal“ ab. Das wiederum steht im Widerspruch zu dem einstimmigen Wechselwillen der Unterbodnitzer selbst, die nämlich in der Bürgerversammlung mit weit über 90 Prozent eindeutig gesagt haben, wir wollen wechseln. Also schwierig für uns.
Beim zweiten Fall, Hallungen, hat der Kreistag im Wartburgkreis, dem ich auch angehöre, mit Beschluss den Landrat beauftragt, sich dafür einzusetzen, dass Hallungen im Wartburgkreis bleibt.
Einige haben dagegengestimmt, aber mehrheitlich ist es angenommen worden. Ich will nur eines deutlich machen: Die beiden Fälle konnten wir auch im Ausschuss trotz Gegensätzen auch im mündlichen Anhörungsverfahren nicht klären. Für uns waren aber die Argumente von beiden Seiten jeweils nachvollziehbar. Daher, Herr Präsident, beantragen wir eine getrennte Abstimmung der betroffenen Punkte. Das sind Artikel 1 § 6 für Unterbodnitz und Artikel 1 § 9 für Hallungen.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, während ich in meiner Rede im Juli die Neuregelung von Rodeberg noch positiv hervorheben konnte, weil dort auch vorbildlich die Bürgerabstimmung durchgeführt wurde und da auch eine einheitliche Meinungsbildung zustande kam, ist jetzt in der Anhörung deutlich geworden, dass es dort Probleme gibt, sozusagen Wasser oder in dem Sinne wörtlich Abwasser in den Wein gelangt ist. Fakt ist, dass die aufnehmenden Städte Dingelstädt und Mühlhausen jetzt ein schweres Erbe übernehmen müssen, es gab nämlich einen Abwassereigenbetrieb in Rodeberg, der zu großen Strukturproblemen geführt hat. Wir haben festgestellt, dass dazu eine Entschädigungssumme von etwa 1,6 Millionen Euro für finanzielle Mehrbelastungen der Verbände eigentlich aufzubringen gewesen wäre, haben dann dazu einen Antrag im Ausschuss zur Abstimmung gestellt in der Drucksache 7/5817, der den Missstand zwar behoben hätte, der aber keine Mehrheit fand. Deswegen bitten wir, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, für die Fälle Rodeberg und für einen ähnlich gelagerten Fall, nämlich in Sülzfeld, die Landesregierung jetzt mit einem neuen Entschließungsantrag, den wir auch zur Abstimmung stellen werden in der Drucksache 7/9196, sich als Landesregierung dieser Probleme anzunehmen und für eine Lösung zu sorgen.
Neugliederungen haben das Ziel, starke beständige Strukturen zu schaffen, und wenn durch die Gemeinden dadurch Gefahr gelaufen wird, in eine Haushaltssicherung zu müssen, dann haben wir natürlich das Ziel verfehlt.
Vom Gemeinde- und Städtebund wurden vor dem Hintergrund der mündlichen Anhörung Änderungen zur Ausgestaltung des Rahmengesetzes vorgeschlagen. Das haben wir in unserem Entschließungsantrag aufgegriffen. Wir fordern die Landesregierung damit auf, Regelungen im Thüringer Gesetz zur Förderung freiwil
liger Gemeindeneugliederungen zu schaffen, die dazu beitragen, finanzielle Härten in den neugegliederten Kommunen zu vermeiden.
Ich komme zum Fazit – ich habe die Uhr im Blick, Herr Präsident –: Gemeindeneugliederungen sind angesichts der wachsenden Herausforderungen eine Notwendigkeit, die am besten gelingen kann, wenn die Menschen vor Ort sie auch mittragen. Sie sind verbunden mit Hoffnungen, aber auch Unsicherheiten, und beidem müssen wir mit nötigem Respekt und Ernst begegnen. Wir werden dem Gesamtgesetz in der vorliegenden Fassung zustimmen. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin bedankt sich auch, Herr Walk. Sie haben den Wechsel nicht mitbekommen, alles gut, alles in Ordnung. Das spricht ja für das Präsidium, dass wir das hier so still und heimlich hinbekommen.
Als Nächster erhält für die Gruppe der FDP Herr Abgeordneter Bergner das Wort, der nicht da ist. Herr Montag übernimmt.
Sehr verehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, richtig ist, eigentlich sollte unser kommunalpolitischer Sprecher, der langjährige Bürgermeister von Hohenleuben, Dirk Bergner, dazu sprechen, der ist aber heute in Vertretung der Präsidentin gerade unterwegs, deswegen darf ich ihn hier vertreten, auch wenn das natürlich nur schwerlich möglich ist.
Ich darf vielleicht auch nur ein paar zentrale Punkte herausstellen aus der Debatte, die, glaube ich, auch im Ausschuss schon hinreichend dargestellt worden sind. Wir sind grundsätzlich natürlich der Auffassung, dass man die interkommunale Zusammenarbeit fördern sollte, das vor allen Dingen über § 24 Finanzausgleichsgesetz oder eben, was wir in der Haushaltsdebatte schon des Öfteren angemahnt haben, die über hundert Förderprogramme des Landes zusammenzufassen, damit man eben tatsächlich vor Ort auch die Probleme lösen kann, die man vor Ort sieht, ohne die politisch gesteuerte Position des Landes berücksichtigen zu müssen.
Das Auszahlen von Prämien für eine Neugliederung halten wir allerdings dagegen für falsch, denn, wenn sich eine Neugliederung positiv auf Gebiets- oder Verwaltungsstrukturen auswirkt, dann sollte sie es eben auch sein, ohne dass das Land dafür eine Hochzeitsprämie zahlt. Denn in der Praxis trat schon oft genug die Ernüchterung ein, wenn die Neugliederungsprämien ausgegeben sind und man dann vor Ort feststellen muss, wie wenig man selbst plötzlich nur noch regeln kann. Aber für uns gehört es eben auch zur kommunalen Selbstverwaltung, dass Gemeinden fusionieren können, wenn sie sich vor Ort alle einig sind. In der Liste der diesjährigen Fusionen sind allerdings auch Neugliederungen, bei denen in der Anhörung und in den vom TMIK zur Verfügung gestellten Unterlagen deutlich wurde, dass diese Veränderungen vor Ort eben nicht gänzlich positiv aufgenommen worden sind – Kollege Walk hat es schon angesprochen, Wünschendorf und Unterbodnitz – und eben nicht auf gänzlich positive Resonanz in der Bevölkerung trifft. Deswegen werden wir uns bei der Verabschiedung des Gesetzentwurfs enthalten. Hiermit bedanke ich mich für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Abgeordnete, lieber Zuschauer im Landtag und an den Bildschirmen! Vorab möchte ich anmerken, dass wir als AfD nicht grundsätzlich gegen Neugliederungen von Gemeinden sind. Nur sind wir uns sicher, dass in den meisten Fällen nicht der Zweck erreicht wird, der quasi suggeriert wird. Nämlich Kosten zu sparen und Effizienzen zu heben.
Ja, bevor ich auf den Gesetzentwurf eingehe, möchte ich auf den Entschließungsantrag der CDU eingehen. Im Grunde eine Fortführung einer Vorlage, die wir im Ausschuss hatten. Hier ging es darum, der Stadt Dingelstädt eine Extrazuwendung in Höhe von rund 1,6 Millionen Euro zukommen zu lassen. Die Mittel sollten den Schuldenberg des Abwassereigenbetriebs Rodebergs in den nächsten zehn Jahren abfedern. So hat es ein Gutachten ergeben. Aber Abwasserbeseitungseinrichtungen sind kostenrechnende Einrichtungen nach dem Thüringer Kommunalabgabengesetz. Und Verbindlichkeiten solcher Einrichtungen sind einfach durch Abgaben zu lösen und einzunehmen. Aber nicht durch Landesmittel.
Das sind keine Sonderfälle. Weil, das Problem ist vorher dagewesen und ist hinterher dagewesen. Hat also mit der Gemeindefusion nichts zu tun. Das ist sicherlich der CDU auch bekannt. Und da würde ich sagen, dieser Antrag und auch der Entschließungsantrag kann Spuren von Wahlkampfmanövern enthalten.
So, nun zum Gesetz zur freiwilligen Neugliederung kreisangehöriger Gemeinden. Ja, freiwillig. Das hört sich erst mal gut an. Dennoch lohnt sich ein Blick auf die Randbedingungen. Die Freiwilligkeit wird einmalig mit finanziellen Anreizen unterstützt. Nur ist nicht gesagt, dass eine Neugliederung auch langfristig ein Gewinn für alle Beteiligten und vor allem für die Bürger ist. Und nicht nur in finanzieller Hinsicht.
Als Argument für die Neugliederung wurde angeführt, dass kleine Gemeinden Probleme haben, die umfangreichen Aufgaben, die Bürokratie also, zu bewältigen. Nun hat aber die kommunale Gemeinschaft nicht nach der überbordenden Bürokratie gerufen. Diese wurde ihnen zum großen Teil auferlegt von Bund und Land. Verzeihung, im beschönigenden Bürokratendeutsch nennt man das dann übertragene Aufgaben. Also die Aufgaben, die den Gemeinden übertragen werden von Bund und Land. Und natürlich sind die immer sehr ehrenvoll und alles nur hehre Ziele. In der Theorie.
Die sogenannte kommunale Wärmeplanung ist dann nur die Spitze des Eisbergs – sofern es Eisberge in Zeiten der Klimakatastrophe überhaupt noch gibt.
(Zwischenruf Abg. Bilay, DIE LINKE: 10.000 Einwohner, wie viele Gemeinden in Thüringen haben 10.000 Einwohner?)
eine auskömmliche Finanzierung ihrer Aufgaben, die Konzentration auf wirklich notwendige und sinnvolle Fördermittel.
Zu Recht hat der Landkreistag die Menge von 108 Förderprogrammen angeprangert. Die Befreiung der Kommunen von ideologischen Projekten in den Bereichen Klima, Energie, Nachhaltigkeit, bunte Vielfältig
keit, Toleranz oder die Aufgabe, Nichtintegrierbare einzig in unsere Sozialsysteme zu integrieren. Wichtig ist auch das einheitliche Schaffen von EDV-Angeboten oder zumindest die Ermöglichung, dass diese genutzt werden. Bürokratieabbau bedeutet auch nicht, dass zig verschiedene Lösungen für ein Problem erstellt werden. Das sind eben die Strukturreformen, die viel wichtiger wären als Gemeindereform.
Obwohl zum Beispiel der Schulträger für die IT-Ausstattung der Schulen zuständig ist, kocht gefühlt jede
Schule ihr eigenes Süppchen schon allein, wenn es um die Kommunikation mit den Eltern geht. Von der durchgängigen Nutzung der Thüringer Schulcloud ganz zu schweigen. Ich spreche da aus eigener Erfahrung.
Wir brauchen weniger eine Neugliederung der politischen Strukturen der Kommunen, sondern vielmehr eine einheitliche Abbildung von Verwaltungsabläufen in der EDV, auf die dann die Kommunen Zugriff haben. Das Vorgehen verschlankt die Abläufe und ist wirklich ein Mittel gegen Fachkräftemangel in den Behörden und vor allen Dingen auch in den Firmen, die die Software herstellen.