Protocol of the Session on November 3, 2023

Der zweite Aspekt, auf den ich hingewiesen habe, ist: Wir haben in all diesen Bereichen Bedarf. Wir haben Bedarf an Informatikern, wir haben Bedarf an Maschinenbauern, an Elektrotechnikern – an allen akademischen Berufen. Es ist nicht so, dass wir in irgendeinem Bereich dieser Gesellschaft keine Bedarfe haben. Deswegen macht es keinen Sinn, das gegeneinander auszuspielen. Wir haben zu wenig Akademikerinnen und Akademiker, wir haben zu wenig Facharbeiter und wir haben zu wenig junge Leute im Handwerk. Das ist die Folge einer demografischen Entwicklung und eine Folge der nicht hinreichend gelungenen Zuwanderung nach Thüringen und nach Deutschland insgesamt.

Lassen Sie mich noch eine zweite Geschichte ansprechen, die Sie auch in Ihrem Antrag immer wieder als Begründung deutlich machen, nämlich, dass es etwas damit zu tun hätte, dass es mangelnde Wertschätzung oder mangelnde Unterstützung seitens der Landesregierung für die Handwerkerinnen und Handwerker in Thüringen gibt. Das ist einfach nicht wahr. Herr Minister Tiefensee und ich selbst sind bei vielen, zahlreichen Veranstaltungen im Land und immer mit denselben Themen: Wir werben beispielsweise bei dem „Tag der offenen Tür“ in der Handwerkskammer für den Handwerksberuf, wir stellen die Attraktivität dieser Berufe dar, wir unterstützen die Kammern bei der Ansprache von jungen Menschen, einen Handwerksberuf zu ergreifen. Wir sind bei Gesellenabschlussveranstaltungen, bei Meisterabschlussveranstaltungen dabei. Der Minister selbst hat den ersten Meisterbonus auch überreicht, um deutlich zu machen und immer wieder deutlich zu machen, welche Anerkennung und Respekt wir dem Handwerk für diese Leistungen geben und an welchen Stellen wir sie unterstützen.

Zu diesen Unterstützungsmaßnahmen, die Sie ja als unzureichend bemängeln, will ich ein paar ausführen: Wir haben die Aufstiegsausbildungsförderung – also das BAföG sozusagen – bei den Handwerksberufen auf Bundesebene deutlich ausgeweitet durch mehrere Novellierungen in der letzten Zeit. Wir, Thüringen, sprechen uns im Bundesrat eindeutig dafür aus, dass wir die Meisterausbildung kostenfrei gestalten sollen. Das ist aber ein Thema, das im Bund sozusagen bearbeitet werden muss. Und wenn ich mich richtig erinnere,

sind Sie als FDP Teil der Bundesregierung, ich habe aber im Koalitionsvertrag des Bundes jedenfalls keine Forderung von Ihnen in diese Richtung lesen können.

Was wir sonst machen, ist vielerlei Unterstützung: Wir fördern Einzelprojekte im Handwerk, wir fördern Handwerksmessebeteiligung, wir haben Meisterprämie, Meisterbonus und diese Dinge vor zwei Jahren eingeführt. Wir haben inzwischen aus den Erfahrungen und aus den Gesprächen mit den Handwerkskammern Verbesserungen durchgeführt. Wir sind selbstverständlich offen für weitere Verbesserungen, ob das jetzt eine Erhöhung ist oder ob das sozusagen im Prozess/im Verfahren Verbesserungen sind. Das können wir gern im Ausschuss intensiv diskutieren. Wir haben praktische Landesleistungswettbewerbe der Handwerkerjugend, die wir fördern, um genau diesen Leistungsaspekt und die Leistungsbereitschaft zu fördern und die Besten dann auch auszuzeichnen und anzuerkennen. All das passiert – unglaublich viele Unterstützungsmaßnahmen, unglaublich viele Maßnahmen, Veranstaltungen, wo wir genau das tun, was notwendig ist, nämlich für die Attraktivität dieses Berufs zu werben.

Herr Staatssekretär, gestatten Sie noch eine Zwischenfrage des Abgeordneten Thrum?

(Staatssekretär Feller)

Ja, bitte.

Herr Staatssekretär, Sie beschreiben den Fachkräftemangel mit der nicht genügenden Zuwanderung nach Thüringen. Nun kamen im vergangenen Jahr etwa 40.000 Migranten hier zu uns und in diesem Jahr wird die Zahl ähnlich sein. Wie hoch müsste denn die Zahl an Migranten jährlich sein, damit wir unseren Fachkräftebedarf hier decken können?

(Heiterkeit AfD)

Wenn Sie jetzt eine Migrationsdebatte führen wollen, können Sie das auch tun. An der Stelle geht es darum, dass wir Fachkräfteeinwanderung brauchen. Sie wissen, die Bundesregierung hat unter SPD-Führung in diesem Jahr das Fachkräfteeinwanderungsgesetz beschlossen, und darum geht es tatsächlich.

(Unruhe AfD)

Die Menschen, die aus der Ukraine vor dem Krieg zu uns geflohen sind – und das ist der größte Anteil derer, die Sie jetzt mit dieser Zahl beschreiben –, sind aus einer konkreten Kriegssituation geflohen und suchen Schutz bei uns, und den haben sie auch verdient bei uns. Trotzdem – das sage ich auch – sind die Maßnahmen der Bundesanstalt für Arbeit, der Arbeitsagenturen natürlich darauf gerichtet, denjenigen, die nicht unmittelbar danach in die Ukraine zurückkehren wollen, auch eine berufliche Perspektive in Deutschland zu bieten und sie in das Ausbildungssystem, in das Bildungssystem bei uns zu integrieren.

Lassen Sie mich zum Schluss noch sagen, auf was es aus meiner Sicht ankommt. Das eine ist tatsächlich, dass wir die Gleichwertigkeit von beruflichen und von akademischen Abschlüssen sicherstellen. Das haben wir getan. Die Bundesregierung hat in dem deutschen Qualifikationsrahmen, im europäischen Qualifikationsrahmen dafür gesorgt, dass die berufsbildenden Abschlüsse und die akademischen Abschlüsse andersartig,

aber gleichwertig sind. Das ist die Anerkennung, die man an der Stelle geben muss.

Das Zweite ist tatsächlich, dass wir dafür sorgen müssen, dass sowohl die akademische Ausbildung und die Bildung insgesamt, aber auch die Ausbildung und Weiterbildung in den beruflichen Ausbildungsgängen kostenfrei ist. Da gibt es eine Initiative Thüringens im Bundesrat, dafür zu sorgen. Wie gesagt, die Bundesregierung kann das umsetzen. Aber das sind die beiden wesentlichen Aspekte.

Ansonsten ist es tatsächlich an den Betrieben, an denjenigen, die dort in der Meisterausbildung und in der

Auszubildendenausbildung tätig sind, die Berufsbilder so attraktiv zu schaffen, dass man junge Menschen dafür gewinnt. Wir haben – das muss man feststellen – eine Veränderung in den letzten 10, 15 Jahren erlebt, weg von einem Markt, wo sich um jeden Ausbildungsplatz 10, 12, 15 junge Menschen beworben haben und die Unternehmen aussuchen konnten, hin zu einem Markt, in dem es nur noch wenige Bewerbungen, manchmal gar keine Bewerbungen gibt. An der Stelle geht es einfach darum, in diesem Wettbewerb um unterschiedliche Berufe den eigenen attraktiv zu machen.

Ansonsten bin ich gern offen und bereit, über jede Erhöhung von Meisterbonus und Meisterprämie im Ausschuss zu beraten, aber in der Tat – darauf ist schon hingewiesen worden – muss dann auch gesagt werden, wie das finanziert werden soll, und dazu sind Sie dann aufgefordert. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Ministerin Werner hat sich jetzt noch mal für die Landesregierung zu Wort gemeldet.

Herzlichen Dank und wirklich auch nur sehr kurz. Ich wollte nur Herrn Kemmerich, weil er das Thema der Ausbildung vor 16 Jahren angesprochen hat, an dieser Stelle noch mal ansprechen. Es gab natürlich einfach keine Ausbildungsplätze und deswegen sind viele junge Leute ausgewichen auf eine Hochschulausbildung, weil man dort zumindest ein BAföG bekommen hat. Das ist ein Grund, warum wir hier einen Mangel haben. Wir haben natürlich die Unternehmen unterstützt, mehr Ausbildungsplätze aufzubauen, gerade auch Kleinstund kleine und mittelständische Unternehmen dabei auch zu unterstützen. Herr Kemmerich hört leider nicht zu, deswegen werde ich ihm das nachher noch mal persönlich sagen wollen.

Das Zweite, was die Zuwanderung angeht: Entgegen der demografischen Laufrichtung wurde in Thüringen sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aufgebaut. Das heißt, wir haben zwar einen Rückgang des Erwerbspersonenpotenzials in Thüringen gehabt, aber durch Zuwanderung und insbesondere auch durch die Migration von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt konnten wir jetzt noch diesen demografischen Wandel verhindern. Wir haben sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aufgebaut und ich bin sehr froh, dass es so viele Menschen gibt aus dem Ausland, die genau bereit sind, uns hier in Thüringen zu unterstützen, um beispielsweise Wohlstand zu erhalten. Herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gibt es weitere Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten? Herr Abgeordneter Aust, bitte.

(Zwischenruf Abg. Bilay. DIE LINKE: Jetzt keine Hetze!)

Vielen Dank. Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich wollte noch mal das aufnehmen, was mein Kollege Thrum hier gerade mit reingebracht hat, nämlich auf die Behauptung, dass der Geburtenrückgang dafür verantwortlich sei, dass wir zu wenig Fachkräfte haben, sprechen. Das stimmt einfach nicht, wenn wir uns diverse Statistiken in diesem Land einmal ansehen. Wir haben allein in Thüringen etwa 1.000 bis 1.500 Schüler, die jedes Jahr ohne Berufsabschluss die Schule verlassen. Wir haben in diesem Land im vergangenen Jahr etwa 228.000 junge Leute, die sich auf Ausbildungen bewerben, aber keinen Ausbildungsplatz bekommen, die dann im sogenannten Übergangsbereich versteckt werden, wo sie lernen, wie man Bewerbungen schreibt, wo sie mit anderen Worten ihre Zeit verplempern. Wir haben 2 Millionen junge Leute im Alter zwischen 20 und 34 Jahren, die mittlerweile überhaupt keine Berufsausbildung mehr haben in Thüringen. Eine Kleine Anfrage von mir ergab, das sind etwa 30.000 junge Leute. Der Grund, warum wir Fachkräftemangel haben, ist nicht, weil wir zu wenig junge Leute haben, sondern weil auch Sie und Ihre Landesregierung die Bildungspolitik nicht im Griff haben und die jungen Leute nicht auf das Berufsleben vorbereiten.

(Beifall AfD)

(Staatssekretär Feller)

Deswegen ist doch die Forderung von meiner Partei und von meiner Fraktion hier vollkommen gerechtfertigt und auch in den bildungspolitischen Aspekten gerechtfertigt, dass wir unsere eigenen jungen Leute fitmachen müssen für den Arbeitsmarkt und eben nicht auf Einwanderung setzen. Wir müssen unsere eigenen Potenziale nutzen. Und wenn wir endlich nächstes Jahr eine ordentliche Landesregierung bekommen, dann werden wir genau das auch können. Vielen herzlichen Dank.

(Zwischenruf Abg. Henfling und Abg. Wahl, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: So ein Quatsch!)

Gibt es weitere Redewünsche aus den Reihen. 38 Sekunden hätten Sie noch, Herr Abgeordneter. – Dann Herr Abgeordneter Wolf, bitte.

Danke. Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Aust, ich weiß nicht, ob Sie gestern Abend noch da waren. Es ist gestern Abend hier intensiv auf Grundlage von zwei Anträgen diskutiert worden. Berufsorientierungsstrategie: Das hat diese Landesregierung wie fast nichts anderes durchgeführt. Es gibt dazu eine KMK-abgestimmte Strategie.

Zweitens: In unserem Schulgesetz steht ausdrücklich das, was die Schulen heutzutage schon machen: Tage im Praktikum. Kollege Schubert ist da drauf eingegangen. Das, was Sie gerade hier formuliert haben, ist schlicht falsch.

(Beifall DIE LINKE)

Sie verbreiten hier Lügen am Pult und ich würde Sie auffordern, sich einfach auch mal mit Ihren Kollegen zu unterhalten. Ich weiß nicht, ob da ein bisschen mehr Ahnung ist. Aber zumindest können die Ihnen sagen, wo Sie mal nachgucken können. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE)

Jetzt hat sich Herr Abgeordneter Aust noch einmal zu Wort gemeldet.

Ich möchte daran erinnern, dass Sie mittlerweile in diesem Land seit gut sieben Jahren die Landesregierung stellen. Und wenn Sie nach sieben Jahren – nach acht Jahren – erst dazu in der Lage sind, ein solch integriertes Ausbildungskonzept vorzulegen, wie Sie es hier gerade und gestern Abend … Bitte?

(Zwischenruf Abg. Müller, DIE LINKE: Neun Jahre!)

Neun Jahre! Ja, bei Ihnen geht die Zeit im Flug rum. Wenn Sie es erst nach neun Jahren schaffen, ein solches Konzept hier vorzulegen, dann bestätigt das alles das, was ich gerade eben hier vorgetragen habe, nämlich, dass Sie neun Jahre lang die Zeit der jungen Leute und des Bildungssystems verschwendet haben.

(Beifall AfD)

(Unruhe DIE LINKE)

Ich kann jetzt keine weiteren Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten oder der Landesregierung erkennen. Wir kommen damit zur Abstimmung über die Anträge.

Zum Antrag der FDP in der Drucksache 7/6785 habe ich den Wunsch nach einer Ausschussüberweisung an den Ausschuss für Wirtschaft, Wissenschaft und digitale Gesellschaft vernommen. Weitere Überweisungswünsche habe ich nicht gehört. Dann stimmen wir ab. Wer für diese Ausschussüberweisung ist, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Fraktionen Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen, der SPD, die Gruppe der FDP, die Fraktionen der CDU und der AfD. Gibt es Gegenstimmen? Das sind keine. Gibt es Enthaltungen? Ebenfalls keine. Damit ist diese Ausschussüberweisung angenommen.

Und wir kommen zur Abstimmung über den Alternativantrag der Fraktion der AfD in der Drucksache 7/7234. Auch hier habe ich ebenfalls den Wunsch auf Überweisung an den Wirtschaftsausschuss vernommen. Wer sich dieser Ausschussüberweisung anschließen kann, den bitte ich um das Handzeichen. Das ist die Fraktion der AfD. Gibt es Gegenstimmen? Das sind die Fraktionen Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen und der SPD. Wer enthält sich? Das ist die Fraktion der CDU und die Gruppe der FDP. Damit ist diese Ausschussüberweisung nicht angenommen.

Dann schließen wir diesen Tagesordnungspunkt für heute und ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 15

Blackout verhindern, Strompreis nicht weiter künstlich in die Höhe treiben – Marktwirtschaftlicher Wettbewerb statt planwirtschaftlicher Subvention der Elektromobilität Antrag der Fraktion der AfD - Drucksache 7/6804 -

Ist die Begründung des Antrags gewünscht? Die ist nicht gewünscht. Dann beginnen wir mit der Aussprache. Und zunächst hat das Wort Herr Abgeordneter Dietrich für die AfD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Abgeordnete, liebe Zuschauer in nah und fern, die Elektromobilität ist mit etlichen negativen Auswirkungen verbunden. Diese werden von den Befürwortern gern verschwiegen. Dazu zählt der intensive Rohstoffabbau, welcher verwüstete Landschaften hinterlässt, vornehmlich in anderen Erdteilen, aber die liegen außerhalb des grünen Horizontes. Lithium kommt aus Südamerika, Kobalt aus Afrika und seltene Metalle und seltene Erden aus Asien. Nebenbei macht uns die Elektromobilität also auch noch abhängiger von Rohstoffimporten.

Eine andere Folge ist die erzwungene Transformation der Automobilindustrie, welche in Thüringen zu einem großen Teil aus Zulieferern besteht. Betroffen sind etwa 600 Unternehmen mit 66.000 Beschäftigten. Kürzlich erschien eine Meldung, dass viele dieser Unternehmen Investitionen herauszögern. Das aber nicht nur wegen der gestiegenen Kosten bei Einkauf, Lohn und Energie, sondern auch wegen der ungewissen zukünftigen Entwicklung. Abwanderung oder Insolvenz von Firmen aus Thüringen und Deutschland sind die Folge. Die Wertschöpfung in der E-Mobilität jedenfalls erfolgt in Asien, nicht hier vor Ort. Daran ändert auch die Ansiedlung von CATL in Arnstadt nichts.