Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen und liebe Besucherinnen und Besucher auf der Tribüne, die FDP fordert in ihrem Antrag Verbesserungen beim Meisterbonus und bei der Meistergründungsprämie. Beide wurden von Rot-Rot-Grün im Jahr 2021 eingeführt. Mit diesen Maßnahmen haben wir für junge Menschen einen Anreiz geschaffen, sich für Handwerksberufe zu begeistern und eine weitere Qualifizierung in Erwägung zu ziehen. Dabei kann man die Bedeutung des Handwerks für uns alle nicht genug hervorheben. Handwerkerinnen und Handwerker sind zum Beispiel für die Bekämpfung der Auswirkungen des Klimawandels für uns alle unverzichtbar. Sie bauen und sanieren Gebäude, auch energetisch, sie installieren Solaranlagen und sind bei der Errichtung von Windkraftanlagen dabei. Sie reparieren und warten Fahrräder, Pkws und Lkws, sie leisten auch einen Beitrag zur gesunden Ernährung der Menschen und sind in vielen weiteren Bereichen tätig.
Im Antrag der FDP sind die Zahlen genannt. Die etwa 30.000 Betriebe in Thüringen haben ca. 150.000 Beschäftigte und mehr als 7.000 Auszubildende. Auf die zurückgehenden Betriebszahlen und die zurückgehende Zahl der Beschäftigten hat Herr Kemmerich hingewiesen, allerdings ohne einen Hinweis darauf, wo möglicherweise die Ursachen liegen könnten. Gleichwohl fehlen auch im Handwerk Fachkräfte. Die Koalition hat sich die Bekämpfung dieses Fachkräftemangels auf die Fahnen geschrieben. Gemeinsam mit den Wirtschafts- und Sozialpartnern, den Industrie-, Handels- und Handwerkskammern, der Bundesagentur für Arbeit und der LIGA hat die Landesregierung die Fachkräftestrategie für Thüringen vereinbart. Dabei geht es unter anderem darum, die Attraktivität der Ausbildung zu erhöhen und Jugendliche und Betriebe besser zusammenzubringen. Auch die verstärkte Anwerbung von Fachkräften und Auszubildenden aus dem Ausland ist ein wichtiges Thema. Wir hatten diesen Teil im Rahmen des parlamentarischen Abends bereits einmal diskutiert. Diese Maßnahmen werden auch dem Handwerk in Thüringen zugutekommen.
Es gibt aber auch Gründe dafür, warum eine Ausbildung im Handwerk nach wie vor nicht so attraktiv ist, wie sie sein sollte oder könnte. Die Bezahlung während der Ausbildung weist eine erhebliche Spanne auf. Auch scheint die sehr geringe Tarifbindung ein Problem darzustellen. Ebenso stellen veränderte Lebensmodelle eine Herausforderung dar. Der Klassiker einer geregelten 40-Stunden-Woche bei fünf Arbeitstagen löst sich zunehmend auf. Bei vielen jungen Menschen gilt eher der Ansatz „ich arbeite, um zu leben“, aber nicht mehr der „ich lebe, um zu arbeiten“. Auch dieser Veränderung hat sich die Arbeitgeberwelt zu stellen. Diese Veränderungen sind nur mittelbar von der Regierung oder dem Parlament zu beeinflussen.
Aber zurück zum Meisterbonus und zur Meistergründungsprämie. Der Antrag der FDP ist vom Dezember letzten Jahres. Neuere Entwicklungen sind daher nicht berücksichtigt. Zwischenzeitlich haben wir im zuständigen Ausschuss einen Bericht der Landesregierung zur Überarbeitung der Richtlinie erhalten. Diese läuft am 31. Dezember dieses Jahres aus. Darüber sollten wir im Ausschuss für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft weiter diskutieren. Wir werden den Antrag der FDP gern an den Ausschuss mit überweisen. Den Alternativantrag der AfD werden wir allerdings ablehnen.
Sehr geehrte Präsidentin, werte Abgeordnete, lieber Zuschauer, nachdem die Zukunft des Thüringer Handwerks im Mittelpunkt der heutigen Diskussion steht, möchte ich noch mal Grundlegendes darstellen und einordnen.
Das Handwerk blickt besorgt in die Zukunft. Erst vor wenigen Tagen hat der Präsident der Ostthüringer Handwerkskammer darauf hingewiesen, dass die Krise nicht überwunden ist und die Konjunkturdaten auf eine Verfestigung der kritischen Situation hindeuten. Es ist auch nicht verwunderlich, denn die Wirtschaft wird ja mit ständig neuen Risiken, Problemen und Gängeleien konfrontiert. Denken wir dabei an die Zerschlagung der Lieferketten durch die Coronamaßnahmen, die Inflation durch zügellose Geldmengenausweitung, die selbstvernichtende Energiepolitik mit explodierenden Preisen, die Sanktionen gegenüber Handelspartnern, mit denen wir uns nur selbst schaden, eine Steuer- und Abgabenlast, mit der wir traurige Weltspitze sind, ein System, dass im Allgemeinen die Fleißigen bestraft, und eine Regierung, die mit wahnwitzigen Klimavorschriften das produzierende Gewerbe in den Ruin treiben möchte und die freie Wirtschaftskultur knechtet.
Alles in allem eben eine ökosozialistische Politik im Land und im Bund, mit der die Grundlagen unseres Wohlstands systematisch zerstört werden sollen.
Das alles führt dazu, dass es für Unternehmer immer schwieriger wird, einen Betrieb zu gründen, ihren Betrieb fortzuführen, aber auch einen Nachfolger zu finden. Hier setzen wir an, wir wollen die Gründungsprämie angemessen auf 20.000 Euro entsprechend erhöhen und auch auf Industrie und Handel ausweiten und wir wollen, dass die Ungleichbehandlung zwischen akademischer und beruflicher Bildung ein für alle Mal beendet wird, indem die Kostenfreiheit der Meisterausbildung und der höheren Berufsbildung in Industrie und Handel auch durchgesetzt wird.
Schätzungen zufolge fehlen in Thüringen bis 2030 etwa 300.000 Fachkräfte mit Berufsabschluss, aber nur 46.000 mit akademischem Abschluss. Die Zahlen zeigen ein klares Bild, nämlich das, dass wir komplett in die verkehrte Richtung steuern. Ich habe das gestern entsprechend schon mal deutlich gemacht: Seit 1995 hat sich die Zahl der Auszubildenden in der beruflichen Ausbildung von 58.000 auf nur noch 25.000 pro Jahr halbiert, währenddessen sich im gleichen Zeitraum die Anzahl der Hochschulabsolventen verfünffacht hat.
Es braucht also ein Umdenken. Wir setzen eben hier mit der kostenfreien Meisterausbildung an. Die bisherige Förderung der Meisterausbildung in Thüringen wie der Meisterbonus von 1.000 Euro oder auch die Meisterprämie für den jeweils Jahrgangsbesten in Höhe von 1.000 Euro bieten nicht genügend Anreize, weil eben die ganze Sache zu spät erst greift. Viele junge Menschen können es sich nicht leisten, in Vorkasse zu gehen und die Lehrgangsgebühren und Prüfungsgebühren in Höhe von bis zu 10.000 Euro vorzuschießen. Das muss aufhören. Unabhängig vom Geldbeutel muss eine Qualifikation zum Meister, zum Polier, zum Techniker, zum Fachwirt möglich sein. Die Ausweitung der bestehenden Prämien in Thüringen auf Industrie und Handel begrüßen wir. Es ist ein kleiner Lichtblick, reicht aber nicht aus, um Bildungsgerechtigkeit, Chancengleichheit für alle herzustellen.
In Bayern ist man mittlerweile bereit, unserer AfD-Programmatik zu folgen. Herr Henkel hat das entsprechend schon beschrieben. Man will ab 2024 mit der kostenlosen Meisterausbildung starten. Auf deren Initiative hat der Bundesrat auch im März per Beschluss die Bundesregierung aufgefordert, die Meisterausbildung deutschlandweit kostenlos zu gestalten. Ich glaube, das Wirtschaftsministerium kann uns heute dazu auch die Thüringer Positionierung hier sicherlich noch mal erläutern.
Wir können uns definitiv in Thüringen ein weiteres Zögern hier nicht leisten. Die Regierung muss begreifen, dass in der Qualifikation und in der Motivation der eigenen Fachkräfte unser größtes Potenzial liegt. Bis es eine einheitliche Bundesregelung gibt, wollen wir die Finanzierung über ein nicht zurückzahlbares Darlehen nach bestandener Prüfung und Arbeitsaufnahme hier sicherstellen. Wir rechnen mit Kosten von etwa 10 Millionen Euro im Jahr.
Der vorliegende FDP-Antrag geht uns nicht weit genug, eine Erhöhung des Bonus reicht nicht aus. Wenn wir es einmal machen, Herr Kemmerich, dann wollen wir es auch richtigmachen. Deshalb soll auch aus unserer Sicht die Gründungsprämie auf 20.000 Euro angehoben werden und für alle höheren Berufsgruppen zugänglich sein. Ich bin Tischlermeister, ich weiß, was bei Neugründungen auch in anderen Bereichen des
Handwerks ausgegeben werden muss, und 20.000 Euro sind ja auch nur der Tropfen auf den heißen Stein oder die Stecknadel im Heuhaufen.
Es ist vernünftig, dass die Richtlinie zur Ausreichung der Gründungsprämie nun überarbeitet wurde, ab 01.01. dann auch hier zur Anwendung kommt. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und wir beantragen die Überweisung unseres Antrags an den Ausschuss für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kollegen und Kolleginnen und liebes Publikum auf der Tribüne und sicherlich viele Handwerker und die, die es werden möchten, die zuhören und zuschauen! Vor ca. zwölf Monaten, also am 1. Dezember 2022, haben wir tatsächlich diesen Antrag auf mehr Anerkennung im Handwerk eingereicht, unter anderem zur Anpassung des Meisterbonus auf 4.000 Euro und um die Tatbestände um die Meistergründungsprämie zeitgemäß und modern anzupassen. Ja, Sie sehen, es hat gewirkt, das Thüringer Wirtschaftsministerium hat entsprechend die Richtlinien zumindest mal überdacht und angepackt und hat in Teilen dieses Gedankengut auch aufgegriffen. Aber, kein Wunder, hier steht ein Oppositionspolitiker vor Ihnen – das greift uns zu kurz.
Ich will auch gern begründen, warum. Im Jahr 2022 ist die Meistergründungsprämie laut Auskunft des Wirtschaftsministeriums 46-mal in Anspruch genommen. Tausende von Handwerksbetrieben warten auf Nachfolge und brauchen den Übergang in die nächste Generation, Tausende in den nächsten Jahren. Im Jahr 2023 waren es 48. Und da gehe ich hin als Unternehmer, als Politiker und als Mensch und frage mich: Warum sind das denn so wenige? Das kann ja verschiedene Gründe haben. Das ist einmal Bürokratie, das kann damit zusammenhängen, dass die Beträge nicht ausreichend sind. Unser Ansatz ist eben, dass die meisten Meister weitaus später als nach drei Jahren nach ihrer Meisterausbildung überhaupt erst an die Betriebsübernahme denken und sie dann auch tatsächlich realisieren. Deshalb unser Antrag: Weitet den Zeitraum aus, weitet die Höhe aus. Klar, man kann Überbietungswettbewerb machen und sagen, am liebsten 50.000, aber bleiben wir mal mit der Kirche im berühmten Dorf und erhöhen es auf 15.000 Euro, da tatsächlich Gründungen einen gewissen hohen Aufwand erfahren. Aber ich glaube, der Hauptschlüssel ist, zu sagen, der eigentliche Prüfungszeitraum muss losgelöst werden. Deshalb hier unsere klare Forderung: Weitet diesen Zeitpunkt aus!
Ich komme zum Meisterbonus. Ich will da gar nicht auf die Linken-Vorredner eingehen, aber in Richtung der Grünen: Wir haben weniger als 500 Meisterabsolventen zurzeit in Thüringen, die von der Prämie bedachtbar sind. Ich glaube, ausgezahlt haben wir deutlich weniger unter 200. Machen wir mal das Gedankenspiel, 500-mal die 1.000 Euro bis jetzt ausgezahlt zu haben und vervierfachen das, dann kommen wir auf einen Betrag von 2 Millionen Euro. Und Herr Möller, die 1,5 Millionen finden wir x-fach in dem aufgeblähten Haus
halt. Ich verspreche Ihnen nicht nur einen Änderungsantrag, sondern ausreichende. Aber ich verspreche den Handwerkern draußen, dass wir uns weiter dafür einsetzen, diese 4.000 Euro durchzusetzen, weil es nur ein Tropfen auf den heißen Stein der Meisterprüfungsgebühren ist und deshalb eine kleine Kompensation darstellt und von uns eine lang gehegte Anerkennung eben dieser Bemühungen von jungen Menschen, die sich dem Handwerksberuf so widmen, dass sie eine Meisterausbildung absolvieren, ist. Deshalb: Unser Einsatz bleibt dort bestehen und ich freue mich über die Unterstützung vonseiten der CDU.
Es ist nur richtig und wichtig, dass wir hier auch flächendeckend konkurrenzfähig bleiben. Bayern wurde schon genannt, die da sehr nach vorn preschen, Hannover, also Niedersachen als Nachbarland, hat die 4.000 Euro auch schon längst eingepreist. Wir hinken da also hinterher. In Sachsen werden 2.000 Euro gezahlt, Bayern ist genannt worden und in Nordrhein-Westfalen sind wir bei 2.500.
Ich habe jetzt noch 1 Minute Zeit. Mir ist da eine Äußerung aufgefallen – da sitzen ja auch ein paar junge Menschen auf der Tribüne, deshalb will ich das jetzt sagen, auch wenn es ein bisschen sachfremd ist –, und zwar die Negation von Leistungsbereitschaft in unserer Gesellschaft. Es ist die völlig falsche Idee zu sagen, wir kommen mit weniger Arbeit durch diese Krise und das nächste Jahrhundert. Es ist nur eine richtige Antwort zu sagen, wir müssen alle wieder mehr arbeiten.
Es kann nicht sein, dass wir darüber nachdenken, dass Donnerstag irgendwie eine Woche endet, dass die IGM-Metall fordert, 32 Stunden bei vollem Lohnausgleich. In Deutschland arbeiten wir jetzt schon durchschnittlich 150 Jahresstunden weniger als das europäische Ausland. Und da brauchen wir uns nicht wundern, dass wir hinterherhinken. Und da kann es auch nicht sein, dass wir einen Fachkräftebedarf dadurch produzieren, dass wir immer weniger arbeiten und ein Prinzip machen von Work-Life-Balance, das die Arbeit nicht in den Vordergrund stellt.
Die Arbeit gehört mit zum Leben und damit sollte die 40-Stunden-Woche auch wieder Pflicht sein. Ich halte das für wichtig. Und als Beispiel zur Frage der Geisteshaltung und zur Leistungsbereitschaft dieser Gesellschaft: Das geht weiter, indem man negiert, dass man sitzen bleiben kann in der Schule, dass wir Bundesjugendspiele machen ohne Maßband und Stoppuhr und in Unterklassen des Fußballs den jungen Menschen die Ergebnisse nicht mehr aufschreiben. All das gehört auch zur Wettbewerbsfähigkeit. Deshalb sagen wir: Anerkennung für die, die sich anstrengen, ist der Meisterbonus, ist eine Meistergründungsprämie. Damit schließe ich und freue mich über eine Diskussion im Ausschuss und hoffentlich auch auf das Zeichen an das Handwerk, dass der Bonus gewährt wird. Herzlichen Dank.
Weiter Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten. Für die SPD-Fraktion Frau Abgeordnete Lehmann. Danach habe ich Herrn Abgeordneten Möller gesehen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete. Herr Kemmerich, ich kann Sie an einer Stelle beruhigen. Die Richtlinie zur Meistergründungsprämie wird derzeit im Ministerium überarbeitet. Das hat das Ministerium auch schon mehrfach im Ausschuss mitgeteilt. Ich kann Sie aber auch beruhigen, es liegt nicht an Ihnen. Sondern es liegt daran, dass wir in der Koalition und im Ausschuss nicht erst seit dem letzten Jahr, sondern schon seit zehn Jahren in diesem Kontext über diese Frage reden, wie wir das Handwerk in Thüringen unterstützen können.
Ich will an der Stelle einmal mit einer Mär aufräumen. So zu tun, als stünden nicht alle Fraktionen dieses Hauses hinter dem Handwerk in Thüringen, ist wirklich absurd.
Das will ich auch sagen: Dass eine Fraktion nicht immer aus der Perspektive des Handwerks drüber nachdenken würde, was das bedeutet – aber das führt tatsächlich, glaube ich, vom Beratungsgegenstand zu weit weg.
Herr Schubert hat mit seinen Ausführungen schon sehr deutlich gemacht – darauf will ich jetzt gar nicht mehr im Detail eingehen –, dass der Vergleich mit Sachsen für Thüringen nur bedingt taugt, weil wir viel mehr Maßnahmen zur Förderung des Handwerks haben als die Sachsen und man sich nicht auf diese eine Maßnahme fokussieren kann. Auch wir – das haben die Kollegen schon gesagt – sind bereit, das im Ausschuss weiter zu diskutieren.