Protocol of the Session on November 3, 2023

In modernen Zeiten wurde die Digitalisierung der Gesundheitsbehörden ausführlich bedacht, um den ÖGD auch in diesem Zusammenhang auf zukunftsfeste Strukturen zu stellen. Hier lässt der FDP-Entwurf leider auch Fragen offen. Ähnlich wie bei dem Personalbedarf haben Sie die Digitalisierung zwar als grundsätzliche Notwendigkeit erkannt, aber Sie bieten auch hier keine Lösungen an. Natürlich müssen die Gesundheitsbehörden des Landes aber mit moderner Technik arbeiten. Nicht weil das schick ist, sondern weil es die Prozesse eben vereinfacht. Die Koalition sieht deshalb auch vor, hier so wenig Schnittstellenprobleme wie möglich entstehen zu lassen, und die Interoperabilität zu gewährleisten, indem das Land eine solche Software entwickelt, damit die 22 Gesundheitsämter eingebunden werden können. Eng mit dieser Digitalisierung ist natürlich auch der Datenschutz verknüpft. Hierauf geht der Entwurf der SPD, Linken und Grünen detailliert ein. Im Entwurf der FDP wird dieser Punkt hingegen vollkommen vernachlässigt, obwohl die medizinischen Daten der Menschen hochsensibel und besonders schützenswert sind. Es müssen daher wirksame Vorkehrungen gegen Missbrauch, ausdifferenzierte Vorschriften zum Umgang mit Daten, aber auch Bußgeldvorschriften geschaffen werden, wie es der Entwurf von Rot-Rot-Grün vorsieht.

Zuletzt, sehr geehrte Damen und Herren, möchte ich in eigener Sache noch etwas ausführen. Mein Haus hat auf Bundesebene mit den anderen Bundesländern an einem Leitbild für den ÖGD gearbeitet, in dem die wichtigsten Punkte festgehalten werden. Ein von meinem Haus in Auftrag gegebenes Gutachten führte zu

einer umfangreichen Bewertung des Ist-Zustands noch vor der Coronapandemie. Eine erste Eigeninitiative meines Hauses für einen Gesetzentwurf wurde ab 2019 von einem der schwersten Infektionsgeschehen überschattet, das uns über Jahre beschäftigt hat und auch diese zum Teil bitteren Erfahrungen sollen nun in ein Gesetz über den Öffentlichen Gesundheitsdienst einfließen.

Ich bin mir der einschlägigen Beschlüsse des Landtags sehr bewusst, in denen die Landesregierung aufgefordert wurde einen entsprechenden Referentenentwurf zu erarbeiten und mein Haus hat unmittelbar nach Abebben der Pandemielage ohnehin eigeninitiativ noch unter dem Einfluss der in der Pandemie gemachten Erfahrungen stehend ebenfalls intensiv an einer modernen ÖGD-Gesetzgebung gearbeitet. Bevor wir diesen Entwurf vorlegen konnten, sind uns die parlamentarischen Fraktionen der FDP und die koalitionstragenden Fraktionen zuvorgekommen und ich bin zumindest sehr froh, dass dadurch der Bedeutung einer gesetzlichen Regelung für den ÖGD in Thüringen Rechnung getragen wird.

Ich bitte auch um Verständnis dafür, dass Qualität ihre Zeit braucht, beispielsweise schon allein durch die Vielzahl von betroffenen Zuständigkeiten im Öffentlichen Gesundheitsdienst. Allein in meinem Ressort sind dies acht von zehn Referaten in der Gesundheitsabteilung, vier von fünf Abteilungen des TMASGFF im jeweils nachgeordneten Bereich. Das Qualität ihre Zeit braucht, sieht man im Übrigen auch an dem

(Ministerin Werner)

Gesetzentwurf der FDP, die sich besser noch etwas mehr Zeit genommen hätte und den Referentenentwurf abgewartet hätte.

Sehr geehrte Damen und Herren, unabhängig von Farbenspielen sollte oberstes Ziel von uns allen sein, den Öffentlichen Gesundheitsdienst gerade nach den Jahren der Pandemie zu stärken und zukunftsfest zu machen. Im Interesse eines zukunftsgerichteten, stabilen und leistungsstarken Öffentlichen Gesundheitsdienstes in Thüringen kann ich Ihnen nur empfehlen, auf den Gesetzentwurf der koalitionstragenden Fraktionen zu vertrauen, und den FDP-Entwurf als guten Denkanstoß und nicht den ersten guten Denkanstoß im Ergebnis jedoch als zu kurz gedacht und oberflächlich zu erkennen und somit abzulehnen. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Frau Ministerin, es gibt noch eine Zwischenfrage vom Abgeordneten Zippel. Möchten Sie die beantworten? Bitte, Herr Abgeordneter Zippel.

Vielen Dank, Frau Präsidentin, vielen Dank, Frau Ministerin. Nur eine Nachfrage. Sie hatten gerade noch

einmal betont gehabt, wie knapp Ihr Haus davor war, quasi ein eigenes ÖGD-Gesetz vorzulegen. Mich würde jetzt nur kurz interessieren, warum jetzt keine Absprache zwischen Ihnen und den regierungstragenden Fraktionen stattgefunden hat und warum die regierungstragenden Fraktionen dann offensichtlich Notwendigkeit gesehen hatten, einen eigenen Gesetzentwurf vorzulegen, wenn Sie doch so knapp davor gewesen sind.

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Auch er kriegt...!)

(Zwischenruf Abg. König-Preuss, DIE LINKE: Na, wir haben gestritten und wir reden auch miteinan- der!)

Ich schätze – das habe ich ganz am Anfang gesagt – sehr die Kompetenz der Abgeordneten der Koalitionsfraktionen, die haben einen guten Gesetzentwurf vorgelegt und an den können wir uns sehr gern anbinden.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. Mir liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit kommen wir zur Abstimmung –

zunächst die Abstimmung zum Gesetzentwurf der Parlamentarischen Gruppe der FDP. Wird Ausschussüberweisung beantragt? Bitte, Herr Montag.

An den Gesundheitsausschuss. Danke.

Es ist Ausschussüberweisung an den Ausschuss für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung beantragt. Weitere liegen mir nicht vor. Damit kommen wir zur Abstimmung über den Antrag auf Überweisung an den Ausschuss für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung. Wer dem zustimmen möchte, den bitte

(Ministerin Werner)

ich um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der Koalition, der Gruppe der FDP und der CDU-Fraktion. Gegenstimmen? Das sind die Stimmen der AfD-Fraktion. Stimmenthaltungen? Sehe ich keine. Damit ist der Ausschussüberweisung stattgegeben.

Dann kommen wir zur Abstimmung zum Gesetzentwurf der Fraktionen Die Linke, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Wird Ausschussüberweisung beantragt? Das ist der Fall, ich gehe davon aus, an den Ausschuss für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung. Wer dem seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind ebenfalls die Stimmen der Koalition, der Gruppe der FDP und der CDU-Fraktion. Gegenstimmen? Das sind die Stimmen aus der AfD-Fraktion. Stimmenhaltungen? Kann ich nicht sehen. Damit ist dieser Ausschussüberweisung stattgegeben.

Gibt es weitere Anträge auf Ausschussüberweisung zu diesem Gesetzentwurf? Das ist nicht der Fall.

Dann schließe ich den Tagesordnungspunkt und rufe auf den Tagesordnungspunkt 14

Mehr Anerkennung für das Handwerk – Meisterbonus auf 4.000 Euro anheben – Zukunft des Handwerks in Thüringen sichern

Antrag der Parlamentarischen Gruppe der FDP - Drucksache 7/6785 - dazu: Alternativantrag der Fraktion der AfD - Drucksache 7/7234 -

Wird das Wort zur Begründung zum Antrag gewünscht? Das ist der Fall. Herr Abgeordneter Kemmerich für die Gruppe der FDP, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kollegen und Kolleginnen, liebe Zuhörer, Zuschauer auf der Tribüne, Willkommen der Jugend, es geht auch um eure Zukunft! Leider ist kein Vertreter des Wirtschaftsministeriums da, es geht nämlich gerade um das Handwerk.

(Zwischenruf Abg. Wahl, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Er ist da!)

Entschuldigung, ich habe Sie auf der falschen Seite gesucht. Es geht nämlich um das Handwerk. Ich will damit beginnen, was uns alles wichtig ist, aber trotzdem noch mal hier ausdrücklich sagen, dass das Handwerk Rückgrat der gesamten Thüringer Wirtschaft und auch unseres Lebens ist. Denn ohne Handwerk ist vieles schlechterdings nicht denkbar, machbar, nicht reparierbar und damit auch nicht zukunftsfähig.

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE)

Mit Stand zum 30. Juni 2023 – dann anerkennen Sie es auch mal; das können Sie ja mit den Handwerkern diskutieren, Herr Dittes, als Vertreter der Linken – gibt es im Freistaat Thüringen gibt es ca. 30.000 Handwerksbetriebe. Das sind leider zum Vergleich des Vorjahres 162 weniger. Im Handwerk sind zurzeit ca. 148.000 Beschäftigte, aber leider auch hier 1.500 weniger Beschäftigte innerhalb eines Jahres. Allein positiv ist die Zahl der Lehrlinge, die ist um 254 angestiegen. Ein leichter Schimmer der Hoffnung, aber deutlich zu wenig, um die Lücken zu schließen, die bereits in der Fachkräftesituation des Handwerks vorrangig sind.

(Präsidentin Pommer)

Wir beklagen nach wie vor eine zu hohe Übertrittsquote aus den Schulen an die Universitäten. Es ist immer noch zu wenig Bereitschaft da, sich tatsächlich für den Lehrberuf eines Handwerkers oder auch eines Gewerbetreibenden zu entscheiden. Das hat auch damit zu tun, dass wir an den Universitäten Bachelor und Master anbieten, also einen vollständigen Berufsabschluss. Wenn die Karriere im Handwerk gewählt wird und am Ende eine Meisterprüfung steht, dann ist die mit sehr hohen Kosten verbunden. An der Universität ist – abgesehen vom persönliche Lebensumstand – die Erlangung eines entsprechenden akademischen Grades nahezu kostenfrei. Das gilt aber nicht für das Handwerk.

(Zwischenruf Abg. Schubert, DIE LINKE: Denken Sie mal an die Studenten!)

Die Ablegung einer Meisterprüfung kostet mehrere Tausend Euro, mal abgesehen von der Zeit, die das bedarf. Das ist eine große finanzielle Belastung. Deshalb unsere Forderungen:

Bei der Gewährung der Meisterprüfung sind auch Meisterabschlüsse aus anderen Bundesländern oder anderer Meisterschulen außerhalb von Thüringen zu berücksichtigen, sofern der entsprechende Meisterschüler seinen Hauptwohnsitz oder seine Sozialversicherungstätigkeit in Thüringen hat.

Wir schlagen vor, den Meisterbonus, wie in anderen Ländern inzwischen auch schon passiert – ich werde später dazu noch ausführen –, auf 4.000 Euro deutlich zu erhöhen und sich auch dafür einzusetzen, dass diese 4.000 Euro bundeseinheitlich zu gewähren sind,

(Beifall Gruppe der FDP)

diese Richtlinie nicht nur jährlich fortzuschreiben, sondern diese Richtlinie für mehrere Jahre fortzuschreiben, verlässlich zu machen, damit in der Planung von jungen Menschen – wie hier auf der Tribüne – der Meisterbrief als Zukunftsvision tatsächlich greifbar ist und bleibt,

eine Meistergründungsprämie zu gewähren – die ist zurzeit auf 7.500 Euro festgelegt – und diese auf 15.000 Euro zu verdoppeln.

Ich denke, das ist eingedenk der Situation, die wir vorfinden, und auch der großen Herausforderungen im Handwerk, in den nächsten Jahren Nachfolge für Handwerksbetriebe zu generieren, nur sachgerecht.

Eine Kleinigkeit ist, die Gewährung nicht an den 10.08. des Jahres 2021, sondern – wie versprochen – auf den 1. Januar 2021 zu setzen. Und eine ganz wichtige Forderung ist, die Grundförderung der Meistergründungsprämie unabhängig vom Zeitpunkt des Erwerbs des Meisterzeugnisses zu gewähren. Hier stehen zurzeit drei Jahre. Das ist aber sachfremd, weil viele ihre Meisterprüfung doch relativ zeitnah nach Absolvieren der Gesellenzeit machen. Es dauert aber oftmals deutlich länger als die drei Jahre, bis der Betrieb übernommen wird. Das ist ja auch eine Phase, wo Altmeister und übernehmender Meister parallel arbeiten. Es ist nur zu begrüßen, dass beide Erfahrungshorizonte, Jung und Alt, auch in den technischen Bereichen miteinander wirken. Deshalb ist die Frist von drei Jahren viel, viel zu kurz. Wir würden das entfristen, damit es immer attraktiv bleibt, den Betrieb zu übernehmen, und damit auch kein Druck in dieses Gefüge der bestehenden Betriebe kommt, hier nicht miteinander arbeiten zu können.

Weiter fordern wir, eine Kulanzregelung für die Aufstiegsförderung für die Übergangsphase betroffener Betriebe aufgrund der Richtlinienänderung zur Meistergründungsprämie zu erarbeiten, also sprich Leute, die jetzt vor vier Jahren die Meisterprüfung abgelegt haben, auch hier zu berücksichtigen, eine Aufstiegsförderung losgelöst von der bisherigen genannten Grundförderung zu beantragen.

Letztlich werden wir uns freuen, das alles mit Ihnen zu diskutieren im Ausschuss für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft. Vielen Dank, dass Sie mir Ihre Aufmerksamkeit geschenkt haben.

(Beifall Gruppe der FDP)

Wird das Wort zur Begründung des Alternativantrags gewünscht? Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache und das Wort hat zunächst für die Fraktion Die Linke Herr Abgeordneter Schubert.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer hier im Hohen Haus und an den Bildschirmen, vor allen Dingen werte Beschäftigte in den Thüringer Handwerksbetrieben, liebe Handwerkerinnen und Handwerker! Herr Kemmerich, mich würde es ja wirklich überraschen, wenn es mal gelingt, etwas mit Ihnen im Ausschuss zu diskutieren. Die Erfahrung in dieser Legislaturperiode ist doch sehr übersichtlich, was die Diskussion von Inhalten mit Ihnen im Ausschuss anbelangt, auch mangels Anwesenheit.

Im Jahr 2020 ist es im Ergebnis einer Anhörung in Thüringen endlich gelungen, den Meisterbonus und die Meistergründungsprämie ab dem Jahr 2021 einzuführen. Es ist gut und richtig, dass die FDP dies in ihrem Antrag als positive Entwicklung würdigt. Das war es aber auch mit den begrüßenswerten Inhalten in diesem Antrag, der in großen Teilen von der Realität längst überholt ist – und das wissen Sie, Herr Kemmerich – und im Rest reine Schaufensterrhetorik enthält, mit der die mangelnde Substanz übertüncht werden soll.

Was bedeuten die aktuellen Regelungen für die Menschen, die sich in Thüringen für eine Meisterausbildung entscheiden? Die Meistergründungsprämie in Höhe von 5.000 Euro kann seit 2021 bei der Gründung oder Übernahme eines bestehenden Betriebs im Handwerk beantragt werden. Weitere 2.500 Euro werden ausgezahlt, wenn innerhalb der ersten drei Jahre Ausbildungs- und Arbeitsplätze entstehen. Auch der Meisterbonus in Höhe von 1.000 Euro kann bei erfolgreichem Abschluss der Prüfung Anreize schaffen, um sich weiterzuqualifizieren.

Die Richtlinie wurde schon im laufenden Jahr, am 1. Januar, angepasst. Nun ist es möglich, auch denjenigen Meisterprüfungsabsolventen die Meisterprämie und den Meisterbonus auszuzahlen, die aus triftigem Grund die Prüfung außerhalb Thüringens abgelegt haben, obwohl diese Meisterlehrgänge auch in Thüringen angeboten werden. Erneut novelliert wird die Richtlinie – und das ist das, was ich sage, was in Ihrem Antrag von der Realität überholt ist, das hat das Wirtschaftsministerium nicht zuletzt in der öffentlichen Haushaltsdiskussion im letzten Monat angekündigt – zum 1. Januar nächsten Jahres, wenn endlich die rückwärtige Begrenzung aufgehoben werden soll, was eine substanzielle Ausweitung des Kreises der Anspruchsberechtigten zur Folge haben wird, so wie es der Gesetzgeber ursprünglich von Anfang an vorgesehen hatte. Und auch die Fortbildungsabsolventen nach DQR 6 und DQR 7 – das sind die IHK-Berufsbilder – sind inzwischen erfasst. Sie erinnern sich bestimmt, dass im August dieses Jahres der Wirtschaftsminister gemeinsam mit der Hauptgeschäftsführerin der IHK Erfurt und der Vizepräsidentin Frau Boos-John dort die ersten Meisterboni überreicht hat.