Gibt es jetzt weitere Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten? Das kann ich nicht erkennen. Für die Landesregierung hat sich Ministerin Denstädt zu Wort gemeldet.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, sehr geehrte Interessierte, wir haben es jetzt bereits mehrfach gehört, die diversen hier verhandelten Anträge schließen an an eine bundesweite Diskussion zum aktuellen Ankunftsgeschehen und zur Frage nach den Möglichkeiten der Bewältigung der damit verbundenen Herausforderungen.
Wir haben bereits am Mittwoch in der Aktuellen Stunde wesentliche Beiträge und Positionierungen der im Landtag vertretenen Fraktionen vernommen und Minister Hoff hat für die Landesregierung die grundlegenden Leitlinien ihres diesbezüglichen Handelns dargelegt. Die einzelnen Positionen unterscheiden sich offenbar sowohl in der Darstellung der aktuellen Situation als auch in den vorgeschlagenen Bewältigungsstrategien. Ich glaube, wir alle wissen, dass wir in der aktuellen Situation, insbesondere in den Erstaufnahmeeinrichtungen und auch in den kommunalen Unterbringungen momentan in allen Bundesländern vor besonderen Herausforderungen stehen. Anders, als es jedoch die Opposition momentan darstellt, sind wie in Thüringen in allen Bundesländern die Aufnahmekapazitäten der Erstaufnahmeeinrichtungen faktisch
ausgereizt, weil die Überstellung in die Kommunen stockt. Letzteres scheint auf verschiedene Faktoren zurückzuführen zu sein. Ich möchte hier nur einige nennen.
Das vergleichsweise hohe Ankunftsgeschehen, welches seit eineinhalb Jahren durch den Ukraine-Krieg noch verstärkt wird, ist ein Faktor. Hinzu kommt mindestens die Frage nach fehlendem sozialen Wohnraum in den Kommunen, zudem aber auch die Forderungen der Kommunen nach einer höheren Anerkennung der von ihnen erbrachten gesamtgesellschaftlichen Leistungen im Migrationsbereich. Darüber hinaus herrscht schließlich auch eine politisch aufgeheizte Stimmung, die Landrätinnen und Landräte nach meinem Dafürhalten davon abschrecken kann, noch bestehende Unterbringungskapazitäten zu aktivieren. Ich glaube, dass diese Stimmung an vielen Stellen auch durch die politischen Scheindebatten angeheizt wird, die nicht auf eine echte Bewältigung der Herausforderungen abzielen, sondern auf einen schnellen politischen Effekt.
Wie stark sich auch herausragende Akteure vermeintlich werteorientierter Politik auf das Funktionieren des populistischen Arguments verlassen, wurde uns allen jüngst am Beispiel der Diskussion um Zahnersatzbehandlungen deutlich vor Augen geführt.
Ein anderes Beispiel liegt vor, wenn man die Menschen glauben lässt, die aktuelle Situation würde wesentlich durch ein Bekenntnis zu einer wesentlichen Steigerung der Abschiebungen gelöst. Liebe Vertreterinnen und Vertreter der CDU, wir haben doch im Ausschuss hinlänglich über Duldungsgründe gesprochen, die einer Abschiebung im Wege stehen. Zudem kann ich Ihnen auch gern noch einmal erklären, wie Abschiebungen in Thüringen funktionieren und dass diese zuallererst von den Kommunen angemeldet werden müssen.
Schließlich kann ich Ihnen auch erklären, dass selbst die Bundesregierung zur vorgelegten Änderung des geltenden Abschieberechts von einer nur etwa fünfprozentigen Steigerung der Abschiebezahlen ausgeht.
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, gegenüber den aktuell schrillen Tönen schlage ich vor, dass wir in der politischen Auseinandersetzung zu diesen Themen, die konkrete Menschen und ihre konkreten Schicksale betreffen, redlich bleiben. Statt alternative Fakten zur Stimmungsmache zu nutzen und Placebos als Heilmittel feilzubieten, sind die tatsächlichen aktuellen Herausforderungen zu benennen und ihnen ist mit den zur Verfügung stehenden Mitteln einer dem Wohl der Menschen in Thüringen dienenden politischen und administrativen Praxis zu begegnen. Dies schließt ausdrücklich die hier schutzsuchenden Menschen mit ein. Dafür steht die Landesregierung, dafür steht mein Haus und dafür stehe ich auch ganz persönlich.
Dazu gehört für mich natürlich auch, was die FDP als erste zwei Anstriche ihres Antrags formuliert: das Recht auf Asyl ein zentrales Grundrecht eines werteorientierten Rechtsstaats und dass es für einen Rechtsstaat elementar ist, die humanitären Verpflichtungen gegenüber Schutzbedürftigen zu erfüllen. Ich bin mir sicher, dass nicht nur die Landesregierung, sondern auch der allergrößte Teil der kommunalen Familie nach wie vor zu genau diesen grundgesetzlich garantierten Formulierungen steht. Deswegen kann ich mich dem Wunsch der CDU anschließen, festzustellen, dass die Kommunen bei der Aufnahme der Geflüchteten in Zeiten hoher Belastung Herausragendes geleistet haben und immer noch leisten.
Es ist auch aus meiner Sicht unabweisbar, dass die kommunalen Aufgabenträger bislang immense Anstrengungen unternommen haben, um das hohe Ankunftsgeschehen pragmatisch zu managen und dabei eine menschenwürdige Unterbringung und Versorgung für die Geflüchteten sicherzustellen. Ich bitte Sie an dieser Stelle, in der jetzigen Situation nicht von diesem Kurs abzuweichen. Die Landesregierung unterstützt die Landkreise und kreisfreien Städte bei der Bewältigung dieser Aufgabe, der Aufnahme und Unterbringung von Geflüchteten, bestmöglich, vor allem in finanzieller Hinsicht.
In einem ersten Schritt wurde die Thüringer Verordnung über die Kostenerstattung nach dem Thüringer Flüchtlingsaufnahmegesetz, ThürFlüKEVO, an die Erfordernisse der aktuellen Lage der Aufnahme und Unterbringung Geflüchteter aus der Ukraine angepasst. Das Land hatte die Möglichkeit einer Spitzkostenabrechnung und der Zahlung von Pauschalen für die Unterbringung durch private Dritte ermöglicht. Zudem wurden die dem Freistaat vom Bund zur Verfügung gestellten Mittel für die Mehraufwendungen im Kontext der Unterbringung und Versorgung von Kriegsgeflüchteten aus der Ukraine in Höhe von 49,5 Millionen Euro in voller Höhe an die Landkreise und kreisfreien Städte ausgereicht.
In einem weiteren Schritt wurden unter anderem die Regelungen zur sogenannten Unterbringungspauschale der ThürFlüKEVO weiterentwickelt. So wird rückwirkend zum 1. Januar 2023 im Hinblick auf eine Kostenerstattung an die Landkreise und kreisfreien Städte auf die Kapazitäten und nicht mehr auf die tatsächliche Belegung abgestellt sowie die pauschale Erstattung insgesamt deutlich erhöht. Dies wird zu einer weiteren deutlichen finanziellen Entlastung der Kommunen führen. Darüber hinaus haben die Landkreise und kreisfreien Städte für das Jahr 2023 mit dem sogenannten Rechtskreiswechslergesetz finanzielle Erstattungen von Mehrkosten nach dem II., IX. und XII. Sozialgesetzbuch erhalten. Zudem werden öffentliche und private Wohnungsunternehmen mit der Thüringer Wohnraumherrichtungsförderrichtlinie zur Herrichtung von derzeit ungenutztem Wohnraum zur prioritären Unterbringung von Rechtskreiswechslern mit insgesamt 12,5 Millionen Euro gefördert. Diese Förderung dient somit mittelbar der Entlastung der Kommunen bei der Bereitstellung von Wohnraum. Die Landesregierung wird auch weiterhin geeignete Wege beschreiten, um die kommunalen Aufgabenträger bei der Bewältigung der Aufnahme, Unterbringung und Integration von Geflüchteten zu unterstützen.
Sehr geehrte Damen und Herren, die diversen Anträge von CDU und FDP gehen über die genannten Fragestellungen hinaus. Ich will versuchen, diesen Überschuss hier auch noch einmal aus Sicht der Landesregierung einzuordnen. Zu den wieder aufgewärmten Forderungen, in Landeseinrichtungen einen längeren Aufenthalt für die Menschen mit sogenannter geringer Bleibeperspektive sicherzustellen, kann ich auf das eben schon Gesagte zu Duldung etc. verweisen. Eine solche Praxis würde im Übrigen zu Orten der Hoffnungslosigkeit führen, an denen Menschen trotz sogenannter geringer Bleibeperspektive mangels faktischer Weiterleitung und Rückführungsmöglichkeiten auf Dauer bleiben müssten. Lieber Herr Schard, liebe Frau Meißner, erklären Sie das dann dem Stadtrat oder dem Oberbürgermeister von Suhl? Herr Voigt, Sie dann dem Landrat des Saale-Holzland-Kreises?
Glauben Sie wirklich, wegen einer solchen Abschreckungsmaßnahme kommen weniger Geflüchtete nach Thüringen? ich verweise hier auf die Geltung des Königsteiner Schlüssels, wonach Thüringen 2,63 Prozent aller
Sehr geehrte Damen und Herren, darüber hinaus soll mit dem Antrag der CDU die Landesregierung aufgefordert werden, das vom Kabinett am 31. August 2021 beschlossene Landesaufnahmeprogramm wieder zu beenden, um die Kommunen nicht zusätzlich zu überfordern. Wir haben das jetzt bereits zweimal gehört, einmal von der Kollegin Henfling und einmal von der Kollegin Katharina König-Preuss, ich wiederhole es aber noch mal: Mit dem Abzug der NATO-Truppen im Mai 2021 begannen die Taliban ihre Offensive in Afghanistan. Infolge der Machtübernahme der Taliban am 15. August 2021 befindet sich eine Vielzahl von Menschen innerhalb und außerhalb Afghanistans auf der Flucht. Viele sind in Sorge um Leben und Leib und fürchten sich vor Rachemaßnahmen – und das auch zu Recht – und Repressalien durch die militant-islamistischen Taliban.
oder auch Personen, die sich in der Vergangenheit für ein friedliches, demokratisches und rechtsstaatliches Afghanistan eingesetzt haben, aus Afghanistan auszufliegen und in Sicherheit zu bringen. Aus humanitären Gründen sollten aber neben den akuten Rettungsaktionen weitere Maßnahmen ergriffen werden, um so auf der Flucht befindlichen Menschen die Aufnahme in Deutschland zu ermöglichen.
Die Bundesregierung hat daher zusätzlich ein humanitäres Aufnahmeprogramm für besonders schutzbedürftige afghanische Staatsangehörige aufgesetzt. Hiervon werden auch Afghaninnen und Afghanen umfasst, die sich aufgrund ihres Einsatzes für Frauen- und Menschenrechte oder infolge ihrer Tätigkeit in den Bereichen Justiz, Politik, Medien, Bildung, Kultur, Sport oder Wissenschaft besonders exponiert haben und deshalb individuell gefährdet sind. Die entsprechende Bundesaufnahmeordnung nach § 23 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes ist vor dem Hintergrund der anhaltenden dramatischen Lage in Afghanistan zu begrüßen. Diese Aufnahmen sind jedoch erst ein Dreivierteljahr nach Auflage des Bundesaufnahmeprogramms angelaufen und umfassen lediglich Aufnahmen direkt aus Afghanistan.
Vor diesem Hintergrund war es aus der Sicht der Landesregierung angezeigt, dass die Länder eigene Initiativen ergreifen, um geflüchteten Menschen Zuflucht und Schutz in Deutschland zu bieten. Dementsprechend hat das Thüringer Kabinett in seiner Sitzung am 31. August 2021 eine Landesaufnahmeordnung nach § 23 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes zur Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen für afghanische Flüchtlinge, die eine Aufnahme durch ihre in Thüringen lebenden Verwandten beantragen, beschlossen. Ziel dieses Landesaufnahmeprogramms ist es, dass in Thüringen lebende Afghaninnen und Afghanen, die über ein gefestigtes Aufenthaltsrecht verfügen, unter bestimmten Voraussetzungen ihre engen Familienangehörigen nach Thüringen holen können. Grundvoraussetzung für eine Einbeziehung in das Thüringer Landesaufnahmeprogramm ist es, dass für jede einreisewillige Person eine Verpflichtungserklärung abgegeben wird. Hierdurch wird sichergestellt, dass der Lebensunterhalt der aufzunehmenden Familienangehörigen mit Ausnahme der Gesundheitskosten gedeckt ist und keine Sozialleistungen in Anspruch genommen werden. Auch werden für Aufnahmen im Rahmen des Landesaufnahmeprogramms keine kommunalen Unterbringungskapazitäten in Anspruch genommen, vielmehr bringen die in Thüringen lebenden Verwandten die anderen Aufgenommenen selbstständig in Wohnraum unter.
Voraussetzung für eine Aufnahme in Thüringen ist zudem ein Einreisevisum, welches durch die nachzugsberechtigten Familienangehörigen beantragt werden muss. Im Rahmen des Visumverfahrens findet auch eine umfangreiche Sicherheitsprüfung statt.
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Fraktion der CDU führte zur Begründung ihres ursprünglichen Antrags unter anderem aus, dass sich die Innenministerkonferenz darauf verständigt habe, keine Landesaufnahmeprogramme nach § 23 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes aufzulegen. Dem muss ich ent
schieden widersprechen. Vielmehr wurden im Rahmen der 218. Sitzung der IMK vom 30.11. bis 02.12. vergangenen Jahres die Kriterien und Anforderungen an Landesaufnahmeprogramme im Sinne der Wahrung der Bundeseinheitlichkeit weiter ausdifferenziert. Unter Wahrung der von Bund und Ländern abgestimmten Anforderungen an das Landesaufnahmeprogramm hat das Bundesministerium des Innern und für Heimat sein nach § 23 Abs. 1 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes notwendiges Einvernehmen zum Thüringer Landesaufnahmeprogramm für afghanische Flüchtlinge inzwischen erteilt. Mein Haus hat die entsprechende Anordnung nach § 23 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes zur Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen für afghanische Flüchtlinge, die eine Aufnahme durch ihre in Thüringen lebenden Verwandten beantragen, am 4. November 2022 erlassen. Ich denke, es war und ist ein Akt der Menschlichkeit, in dieser Weise die anhaltend dramatische Situation in Afghanistan und die damit unmittelbar zusammenhängenden Schicksale der Menschen zu thematisieren. Für die in Thüringen lebenden Afghaninnen und Afghanen, die um ihre nahen Angehörigen bangen, ist dies vielleicht ein letzter Strohhalm.
Darin kann ich auch keine Überforderung der Kommunen, mit der die CDU argumentiert, erkennen: zum einen, weil es hier nur um Menschen geht, die bereits in Thüringen Bezugspersonen haben, die finanziell für die Aufzunehmenden bürgen; zum Zweiten, weil die Zahl der tatsächlich auf diesem Weg zu erwartenden Personen sich sehr in Grenzen hält. Auch das haben wir schon gehört. Seit Inkrafttreten der Aufnahmeanordnung haben die Ausländerbehörden tatsächlich erst 34 Vorabzustimmungen erklärt und es erfolgten lediglich zwei Einreisen – zwei. Insofern frage ich Sie, sehr geehrter Herr Voigt, sehr geehrter Herr Schard: Ist diese Debatte tatsächlich problem- und lösungsorientiert oder wird hier auf dem Rücken der Schwächsten etwas anderes ausgetragen, und bindet die Debatte nicht zu sehr die Kräfte, die wir benötigen, um die tatsächlichen Herausforderungen zu lösen?
Die gleichen Fragen stellen sich im Übrigen, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, auch bei der Kernforderung des FDP-Antrags, sofern sich dieser als innovativer Vorschlag zur Lösung wesentlicher
Schwierigkeiten der Asylpolitik geriert und in der Neufassung des CDU-Antrags nunmehr aufgegriffen wird.
Dazu ist aus meiner Sicht Folgendes zu sagen: Die Leistungsgewährung nach Verteilung aus den kommunalen Gebietskörperschaften liegt in der Zuständigkeit der Landkreise und kreisfreien Städte. Diese führen die Aufgaben der Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen im übertragenen Wirkungskreis aus. Sie, also die Kommunen, entscheiden nach Maßgabe der bundesgesetzlichen Vorgabe im Asylbewerberleistungsgesetz über die Art der Leistungserbringung. Länderspezifische Regelungen zur Art und Weise der Leistungsgewährung gibt es in Thüringen nicht. In der Ministerpräsidentenkonferenz am 13. Oktober 2023 haben die Länder den Beschluss gefasst, die Bundesregierung aufzufordern, in enger Abstimmung mit den Ländern zeitnah die Voraussetzungen zur Einführung einer bundesweit einheitlichen Bezahlkarte zu schaffen und dabei die Umsetzbarkeit in den Kommunen sicherzustellen.
Dazu sollen die in Erprobung befindlichen Systeme zur Einführung von Bezahlkarten schnellstmöglich evaluiert und hinsichtlich einer bundesweit einheitlichen, auch Verwaltungsaufwand sparenden Umsetzung geprüft werden. Da es notwendige Ausgebdaten geben kann, die nicht mit der Bezahlkarte abgedeckt werden können, sollte geprüft werden, ob die Option eröffnet werden kann, über einen klar begrenzten Teil des Leistungsansatzes auch bar als Taschengeld verfügen zu können. Sofern der Bund den Ländern ein Bezahlkartensystem zur Verfügung stellt, könnte dies die Verwaltungsabläufe in Erst- und Gemeinschaftsunterkünften erleichtern. Derartige Karten könnten den Empfängern mehr Eigenständigkeit im Umgang mit Leistungen geben. Diese Prüfung auf Bundesebene sollte meines Erachtens noch abgewartet werden. Eine davon unabhängige Thüringer Initiative zur Einführung von Bezahlkarten im Freistaat wäre vor dem Hintergrund der erwähnten Evaluierung und der avisierten bundeseinheitlichen Vorgehensweise nicht zielführend. Zu berücksichtigen ist zudem, dass nach der bundesgesetzlichen Regelung in § 3 Abs. 3 Satz 5 Asylbewerberleistungsgesetz der notwendige persönliche Bedarf bei einer Unterbringung in Wohnungen durch Geldleistungen zu decken ist. Insoweit wäre zu bedenken, dass die Einführung der Bezahlkarte nach der derzeitigen Rechtslage gleichwohl in der derzeitig rechtlich geregelten Fallkonstellation Geldleistungen vorzunehmen wäre. Ob das parallele Vorhalten der Systeme zur Leistungsgewährung in Form von Geldleistungen und in Form von unbaren Abrechnungen mittels Bezahlkarte zu weniger Verwaltungsaufwand führen würde, bedarf ebenfalls der Prüfung. Darüber hinaus sehe ich als Migrations- und Justizministerin den vollständigen Verzicht auf Geldleistungen sehr kritisch, weil beispielsweise das Bezahlen auf Wochenmärkten, beim Schulbasar oder bei Gemeindefesten so ziemlich unmöglich machen dürfte, und es natürlich ein wesentlicher Teil der Integration ist, eine Teilhabe zu haben.
Aufgrund des erheblichen Eingriffs in die persönliche Lebensgestaltung habe ich insofern momentan jedenfalls rechtliche und verfassungsrechtliche Bedenken hinsichtlich der Erwartungen, die durch die Äußerungen wie in den FDP-Antrag geweckt werden. Es muss jedenfalls ein Mindestmaß der Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben gewährleistet ein.
Man kann es auch ein Mindestmaß an wirtschaftlicher Freiheit der Betroffenen nennen, vielleicht findet sich ja eine Fraktion oder Gruppe im Landtag, die solche Stichworte für sich für wichtig erachtet, und dass sie sich sehr gern in die aktuelle Debatte der Bezahlkarte mit einbringt, gern im Ausschuss. Für entsprechende Gespräche stehe ich Ihnen da sehr gern zur Verfügung.