Wir begrüßen daher den aus den Reihen der Koalitionsfraktionen heraus entstandenen Impuls zu einer Änderung des Kindergartengesetzes. Es muss unser Ziel sein, den Bereich der frühkindlichen Bildung, der Betreuung und Erziehung kontinuierlich weiterzuentwickeln und zu stärken, und dabei müssen wir auch den Anforderungen der modernen Gesellschaft, den Anforderungen einer vielfältigen Gesellschaft, einer diversen Gesellschaft entgegenkommen. Einige wichtige Fortschritte sind bereits im Frühjahr erzielt worden, als das Kindergartengesetz in der sogenannten kleinen Novelle zur Abstimmung stand. Der Landtag hat damals den Weg freigemacht, und zwar gemeinsam, zur Verstetigung der PiA-Ausbildung, zur Anpassung der Landesförderung an die kommunalen Tarifverträge, also 39-Stunden-Woche und zur Verbesserung der Situation von Tagesmüttern und Tagesvätern. Die breite Zustimmung damals, zur damaligen Novelle, war also ein starkes Signal. Wenn uns das auch bei dieser Novelle gelingt, wenn wir also über Inhalte diskutieren
und am Ende ein gutes gemeinsames Paket schnüren, dann wäre das ein weiterer guter Beitrag für Familien in Thüringen. Vorgeschlagen sind aus Sicht der Landesregierung mehrere nächste und auch folgerichtige Entwicklungsschritte. Ein drittes beitragsfreies Kindergartenjahr ist der zunächst logische folgende Schritt auf dem Weg zur kompletten Beitragsfreiheit.
Solange der Bund nicht über eine echte Kindergrundsicherung die Elternkosten für Kindergartenkinder mitberücksichtigt, sollte Thüringen nicht warten und den Schritt in diese Richtung gehen. Auch die Verbesserung des Betreuungsschlüssels von 1 zu 14 auf 1 zu 12, was Fachkraft – Kinderanzahl angeht, ist wichtig, wenn wir den nächsten Schritt zur Qualitätsverbesserung machen wollen. Viele Familien wünschen sich das und drängen darauf. Thüringen ist auch hier mit Blick auf andere Länder gefragt, die hier schon weiter sind, dafür aber bei den Betreuungszeiten und bei dem Gesamtangebot eben noch nicht so weit sind wie Thüringen.
Indem das Gesetz eine Regelung zur Geltendmachung von Ausbildungskosten der konsekutiven Ausbildung im Rahmen der Betriebskosten vorsieht, schließen wir das Land direkt an die ähnlich gelagerte PiA-Regelung an und erleichtern es Trägern Nachwuchskräfte auszubilden und damit dem Fachkräftemangel vorzubeugen. Schließlich, die Schaffung eines Zentrums für frühkindliche Bildung hilft, Qualitätsentwicklung, Qualitätssicherung, Qualitätsbegleitung, Fortbildung im Bereich der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung abzusichern.
Sehr geehrte Abgeordnete, die Beratungen zum Kindergartengesetz sind, das wurde mehrfach angesprochen, haushaltsrelevant. Die Landesregierung hat die Kosten bisher nicht im Haushaltsentwurf veranschlagen können, auch dafür wurden die Gründe genannt. Das ist Ihnen bei den Beratungen bewusst. Das macht es sicherlich nicht leichter, aber auch nicht unmöglich, hier gemeinsam für Thüringen voranzukommen. Wir freuen uns daher auf gute und konstruktive Beratung im Parlament und wünschen uns ein gutes gemeinsames Ergebnis. Danke schön.
Vielen Dank. Gibt es weitere Wortmeldungen? Das kann ich nicht erkennen. Es ist Ausschussüberweisung an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport beantragt. Wer dem seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der Koalition, der Gruppe der FDP, der fraktionslosen Abgeordneten Dr. Bergner. Wer ist gegen die Überweisung? Das sind die Stimmen aus der AfD-Fraktion. Wer enthält sich der Stimme? Das sind die Stimmen aus der CDU-Fraktion. Damit ist Ausschussüberweisung an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport beschlossen. Ich schließe den Tagesordnungspunkt an der Stelle.
Sieben Prozent müssen bleiben – Thüringen für eine Beibehaltung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes für Speisen im Gastronomiegewerbe Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 7/8346 - dazu: Änderungsantrag der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 7/8738 -
Ist das Wort zur Begründung zum Antrag gewünscht? Das ist nicht der Fall. Ist das Wort zur Begründung zum Entschließungsantrag gewünscht? Das ist auch nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache und ich rufe für die Fraktion Die Linke Herrn Abgeordneten Korschewsky auf.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren hier im Rund und auch außerhalb dieses Landtags! Die Sorgen der Hotellerie und der Gastronomie, die in dem Antrag der CDU-Fraktion dargestellt werden, kommen nicht von ungefähr. Inflation, hohe Energiepreise und Personalmangel setzen den betroffenen Branchen wie Restaurants, Cafés und Imbissbuden schon länger zu. Aber ich will eins an dieser Stelle gleich sagen: Nicht nur die Hotellerie, Gastronomie und Cafés, Imbissbuden sind davon betroffen, das betrifft mindestens genauso in gleicher Weise die Schulküchen, Alteneinrichtungen, Krankenhäuser, Pflegeheime und Mensen, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Deshalb ist dieser Antrag eigentlich ein viel weitreichenderer Antrag, der nämlich auch die sozialpolitischen Gesichtspunkte, die in diesem Zusammenhang zu sehen sind – ich komme darauf noch einmal zurück –, sehr wohl mit in den Blick nimmt und nicht nur auf die Fragen der Hotellerie und Gastronomie abstellt. Aber trotzdem ist drauf zurückzukommen.
Der Bundesverband DEHOGA und auch der deutsche Konditorenverband warnen vor den Folgen einer möglichen Mehrwertsteuererhöhung für Speisen in der Gastronomie und appellieren an die Ampelregierung, den reduzierten Steuersatz von 7 Prozent auf Speisen auch im Jahr 2024 beizubehalten. Laut DEHOGA Thüringen wurde im Thüringer Gastgewerbe für 2022 im Vergleich zu 2019 ein Verlust von 4.869 zu 3.967 Betrieben festgestellt – ein Rückgang von 18,53 Prozent. In den kreisfreien Städten waren es 32,4 Prozent der Betriebe und in den Landkreisen 17,14 Prozent. Aktuell liegen die Umsätze im Gastgewerbe bundesweit nach drei schwierigen Jahren auch im I. Quartal 2023 mit minus 12,5 Prozent deutlich unter dem Vorkrisenniveau. Hier ist es besonders wichtig zu erwähnen, dass fast 90 Prozent dieser Unternehmen in Thüringen kleine Familienunternehmen mit maximal fünf Beschäftigten sind und genau hier ist auch
der Ansatz zu suchen. Sie sind am meisten von dieser möglichen Steuererhöhung von 7 Prozent auf wieder 19 Prozent betroffen. Wenn die Bürgerinnen in Zukunft noch tiefer in die Taschen greifen müssen, wenn sie ihr belegtes Brötchen beim Bäcker, die Bratwurst im Imbiss oder die Lieferung vom Partyservice bezahlen, werden viele lieber verzichten und das ist nicht nur schlecht für die Verbraucher. Ausbleibende Kundschaft ist auch Gift für jedes Geschäft und es Gift für die Entwicklung in den Regionen. Es ist Gift für die Wirtschaftsentwicklung.
Ich will aber auch ganz deutlich sagen: Die Frage der Mehrwertsteuer wird keine – ich sage bewusst: keine – einzige Kneipe in Thüringen retten, diese 7 Prozent. Hier sind ganz andere Faktoren wichtig. Hier sind die Faktoren wichtig wie die Nachwuchssorgen der Beschäftigten endlich loszuwerden. Die Frage der Entwicklung in den Betrieben ist hier wichtig, endlich gute Löhne für Beschäftigte zu schaffen, damit auch wieder Beschäftigte da sind – das sind die Sorgen, die diese Betriebe haben und die möglicherweise auch dazu führen, dass sie Insolvenzen anmelden müssen. Ich will auch ganz bewusst sagen: Es bedarf auch gezielter Investitionsprogramme für diese Betriebe vor allem im ländlichen Raum, das ist notwendig, hier müssen wir etwas tun. Das wird dafür sorgen, die Anzahl von Gaststätten im ländlichen Bereich, von denen wir derzeit mittlerweile nur noch sehr wenige haben, wieder zu erhöhen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sehen nicht nur die Problematik Geringverdienender, die sich das Essen in der Gastronomie nicht mehr leisten können, sondern wir sehen vor allen Dingen auch die Problematik für Schülerinnen und Studierende, die unter den erhöhten Preisen in den Mensen leiden, und die Belastung für das Portemonnaie älterer Menschen, die täglich mit Essen beliefert werden. Ich will mal ein paar Zahlen für Thüringen nennen: Allein 49.000 Studierende in Thüringen nehmen täglich ein Essen in der Mensa zu sich. Auch dies würde wieder ansteigen und das kann eigentlich nicht das Ziel sein. Hier müssen wir dafür sorgen, dass diese Menschen – die Studierenden, die jungen Leute, auch weiter mindestens die 49.000 – in den Mensen essen gehen und nicht noch mehr Geld dafür bezahlen müssen.
Das betrifft das Schulessen. In den einzelnen Gemeinden liegt es zwischen 1,50 Euro und mittlerweile 5 Euro. Es kann nicht das Ziel sein, dass der Preis für das Schulessen weiter erhöht wird. Wir müssen dafür sorgen, dass es in den Schulen gesundes Essen für einen vernünftigen Preis gibt. Auch dafür ist es notwendig, dass die 7 Prozent erhalten bleiben, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Gleiches könnte ich auch für die Altenheime, für die Krankeneinrichtungen sagen. Es ist einfach notwendig, dass es dabei bleibt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will noch mal einen anderen Punkt ansprechen, der mir auch ganz wichtig ist: Das ist die Frage der Steuergerechtigkeit. Jetzt gucke ich mal meinen Kollegen Kalich an, der mit seiner kleinen Kneipe in Blankenstein eine Bratwurst to go rausgibt – er muss extra dranschreiben „Bratwurst to go“ –, die er dann für 2 Euro verkauft. Wenn er sie in seiner Kneipe verkauft, dann muss er 12 Prozent bis 19 Prozent drauflegen, dann ist es die Bratwurst im Haus. Es kann doch nicht sein, dass beispielsweise solche Konzerne wie McDonald‘s oder Burger King 7 Prozent haben, weil sie nur nach außen verkaufen, aber wenn die Speisen drinnen verkauft werden, dann müssen sie mit 19 Prozent besteuert werden. Das hat doch nichts mit Steuergerechtigkeit zu tun.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, leider ist es so, dass es sich hier um eine Thematik der Bundespolitik handelt. Ich kann mich hier für die rot-rot-grünen Fraktionen nur dafür aussprechen, dass sich die Ampelregierung für eine deutliche Verlängerung des 7-Prozent-Satzes einsetzen soll. Für uns ist es wichtig, dass wir sagen, wir wollen dieses.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte die Landesregierung auch von Rot-Rot-Grün aus bitten, sich dafür einzusetzen, dass diese Fragen neu durchdacht werden. Nicht umsonst haben wir einen Änderungsantrag – ich will sogar sagen, es ist nur ein Ergänzungsantrag – eingebracht. Ich hoffe, dass wir den gemeinsam dann auch mit dem Antrag der CDU beschließen. Hier geht es darum, dass sich die Landesregierung für eine grundlegende Reform des § 12 und der Anlage 2 des Umsatzsteuergesetzes einsetzt. Da ist uns als Linke auch besonders wichtig, dass Waren des täglichen Bedarfs für Kinder, apothekenpflichtige Arzneimittel sowie alle Lebensmittel inklusive deren Zubereitung einen ermäßigten Steuersatz erhalten. Das soll aktuell dauerhaft erfolgen und nicht bloß zeitweise.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, eine letzte Bemerkung von meiner Seite: Wir haben in Thüringen nicht die Handlungshoheit dafür, aber wir können auch ein Zeichen setzen, dass wir hier gemeinsam dafür sorgen wollen, dass mehr Steuergerechtigkeit eintritt, dass die Kolleginnen und Kollegen sowohl im Gastgewerbe, aber auch in den anderen Gewerben, die ich genannt hatte, das Gefühl haben, dass wir etwas für die Menschen in diesem Land tun wollen. Ich habe es bewusst auch gesagt: Unser Ergänzungsantrag zielt darauf ab, den Menschen tatsächlich mehr Geld in die Tasche zu geben, dass sie mehr Geld behalten. Das ist sozial gerecht, das soll auch so bleiben, und das soll von der Kneipe bis zur Apotheke so sein, bis zu den Kindereinrichtungen, bis zu den Krankenhäusern, bis hin zu den Nahrungsmitteln für Kinder. Nichts anderes soll mit diesem Antrag bewirkt werden. In diesem Sinne hoffe ich, dass wir gemeinsam dieses auch so beschließen. Danke.
Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir sprechen heute über ein wichtiges Thema, was wir in der letzten Sitzung vor der Sommerpause schon auf den Weg bringen wollten, damit eben ein Zeichen in Richtung Bundesrat gesetzt wird, damit es Klarheit gibt für die Gastronomen in diesem Land und die Verunsicherung
Die 7 Prozent Mehrwertsteuer – das hat mein Kollege Knut Korschewsky schon trefflich ausgeführt –, die müssen dringend bleiben, denn die Folge, wenn die 7 Prozent Mehrwertsteuer im Gastgewerbe nicht bleiben würden, die sind wirklich unabsehbar und schon jetzt zeichnet sich in der Gastronomiebranche ein Sterben von Unternehmen ab. Seit 2009 ist ein Drittel der Unternehmen in Thüringen geschlossen worden und wir möchten uns gar nicht ausmalen, was passiert, wenn die Kostenspirale sich noch weiter dreht und noch mehr Unternehmen dadurch ihren Betrieb aufgeben müssten. Das muss dringend gestoppt werden.
Wir alle haben einen Brief von der DEHOGA auch erhalten, die noch mal deutlich ihre Situation geschildert haben, und ich habe das hier auch noch mal mit. Man sieht das hier auf der Übersicht, die uns die DEHOGA zur Verfügung gestellt hat, sehr deutlich: In Mitteldeutschland gibt es schon jetzt 20 Prozent weniger Gastronomiebetriebe als im Rest Deutschlands, und das würde sich durch die Situation der Steuer mit Sicherheit nicht verbessern, sondern verschlechtern. Das muss dringend aufhören, hier braucht es dringend Sicherheit und weniger Verunsicherung für unsere Gastronomen.
Wir sehen Kostensteigerungen überall, das sieht jeder von uns selbst, wenn er einkaufen geht. Wir haben die Kostensteigerung bei den Lebensmitteln, wir haben die Inflation, wir haben natürlich die Personalkostensteigerung, die eine dringende Folge auch sind, dass das Personal, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch besser verdienen. Nur muss das zum Schluss auch alles weitergegeben werden an den Konsumenten, an den Verbraucher. Das sorgt dafür, dass wir in den Gaststätten deutlich gestiegene Preise haben und sich jeder überlegen muss, ob er noch ein Getränk mehr nimmt oder nicht. Und das sorgt zum Schluss dafür, dass die Umsätze, die in Thüringen sowieso schon deutlich niedriger sind als im Rest der Bundesrepublik, noch weiter sinken und damit der Betrieb der Gaststätte noch unattraktiver wird. Das ist eine Spirale, die dürfen wir nicht durch die Steigerung der Steuer nun weiter anheizen.
Deshalb der dringende Appell an die Ampel, die Bundesregierung – wir können es von hier nur unterstützen, wir können es selbst nicht ändern –, der dringende Appell an die Fraktionen von FDP, von SPD und von Grünen, diese Steuer im Jahr 2024 weiter gesenkt zu lassen. Setzen Sie sich dafür gemeinsam hier im Haus ein, dass das auch passieren wird.
Deswegen wollen wir mit diesem Antrag auch die Landesregierung auffordern und bitten, sich im Bundesrat so einzusetzen. Es gibt bereits einen Antrag von Mecklenburg-Vorpommern, der am 17. August im Bundesrat gestellt wurde für die dauerhafte Reduzierung. Wir hoffen natürlich auf die breite Unterstützung dieses Antrags von Mecklenburg-Vorpommern auch durch den Freistaats Thüringen im Bundesrat, damit die Steuer auch entsprechend niedrig bleibt.