(Zwischenruf Prof. Dr. Hoff, Minister für Kultur, Bundes- und Europaangelegenheiten und Chef der Staatskanzlei: Der behauptet mitnichten, der sagt nämlich, es gilt immer die Bestenauslese!)
Ja. Gut. Da beziehe ich mich auf den Bericht des Landesrechnungshofs. Offensichtlich hat auch diese Regierung fleißig Beamte aus rein ideologischen Gründen ernannt und dann – und das werfe ich Ihnen vor, das habe ich Ihnen schon in der ganzen Rede, die wir zum Untersuchungsausschuss und anderen hatten, immer wieder gesagt – beispielsweise diese aus politischen Gründen eingestellten Beamten im nachgeordneten Bereich weiterverwendet. Und das geht nicht. Ich komme auch bei diesem Gesetzentwurf gleich noch mal auf genau dieses Problem zurück, am Ende meiner Rede.
Eine Bestenauslese hat da nämlich nie stattgefunden – was soll's, ist ja nur Verfassungsrecht und warum soll eine Landesregierung sich an so was halten. Man möchte also meinen, dass diese Landesregierung, wenn sie schon einen eigenen Gesetzentwurf zu dieser Problematik vorlegt, nun endlich ein wenig mehr Verständnis für das Verfassungsrecht aufbringt, also ein bisschen mehr Feingefühl bei der Besetzung künftiger Stellen von politischen Beamten walten lässt. Aber weit gefehlt.
Was die Landesregierung über die Besetzung von politischen Beamtenstellen denkt und wie sie mit dem entsprechenden Verfassungsrecht verfährt, sieht man nicht anhand dieses Gesetzentwurfs, der den Eindruck vermitteln soll, es gäbe ein gesteigertes Problembewusstsein. Nein, das sieht man am besten bei aktuell anstehenden Besetzungen von Stellen mit politischen Beamten, so zum Beispiel die Stelle des Präsidenten der Landespolizeidirektion. Wir haben das Thema vorhin bereits in meiner Mündlichen Anfrage gehört und ich kritisiere dieses Verfahren auch weiterhin. Die Stelle dieses politischen Beamten wurde seit 2012 dreimal mit der Durchführung einer Bestenauslese, also eines standardisierten und regulären Bewerberverfahrens neu besetzt. Und auch, wenn das Ministerium dies vorhin anders dargestellt hat, kann man verschiedenen Presseberichten entnehmen, dass bei der aktuell anstehenden Besetzung eben erst mal kein vergleichbares Bewerberverfahren zur Anwendung kam. Dafür spricht auch, dass bei früheren Ausschreibungen diese Stelle sogar bundesweit ausgeschrieben und besetzt wurde. Und auch das scheint in diesem Jahr in der Form nicht stattgefunden zu haben.
Man muss sich das mal überlegen, diese Landesregierung sieht sich der öffentlichen und erheblichen Kritik ausgesetzt, dass Minister und möglicherweise sogar der Ministerpräsident im Amt staatliche Gelder veruntreut haben, weil sie nach Gutdünken ihre eigene Klientel mit hochdotierten und teilweise außertariflichen Stellen endversorgen.
Und in dem Fall, den ich gerade angesprochen habe, wurde offenbar – zumindest stellt es sich trotzdem nach wie vor so dar – ein Verfahren angepasst, um einem SPD-Parteigenossen ein politisches Amt zuzuschanzen.
Da habe ich noch nicht einmal ausgeführt, was ich davon halte, dass der Präsident der Landespolizeidirektion ein politischer Beamter ist in einer Behördenstruktur, die zur Neutralität verpflichtet ist. Eine Behörde, die Polizei, die in besonderem Maße im öffentlichen Fokus steht und daher besonders auf staatliche Neutralität achten müsste. Diese Landesregierung sollte sich daher nicht an diesem Pamphlet messen lassen, sondern an ihren Taten und wenn ich mir ansehe, was diese Landesregierung tatsächlich macht, was sie hier vorlegt, dann ist dieser Gesetzentwurf offenbar nicht das Papier wert, auf dem er steht.
Sie wollen also künftig dem Präsidenten des Landesverwaltungsamts und zwei Beauftragten den Status des politischen Beamten entziehen? Nun, das ist ein Ansatz über den man tatsächlich reden sollte. Aber den politischen Beamten, der momentan im Land den meisten Bockmist verzapft, haben Sie offenbar schlicht vergessen. Sie müssten nämlich auch den politischen Beamten in Punkt 3 des Paragrafen ersatzlos streichen. Der Thüringer Verfassungsschutz hat in den letzten Jahren exemplarisch gezeigt, was mit einer Behörde passiert, wenn diese konsequent aus rein politischen und ideologischen Gründen vom Dienstherrn missbraucht wird.
Da wird mit voller Absicht durch einen politischen Beamten, der nicht mal den im Gesetz vorgeschriebenen Bildungsabschluss mitbringt, seit geraumer Zeit in einer der größten Errungenschaften unserer heutigen Zeit rumgepfuscht, in der Demokratie.
Die Intensität, mit der sich diese Behörde mittlerweile in demokratische Entscheidungsfindungen wie beispielsweise Wahlen einmischt, sucht in der jüngeren Geschichte dieses Landes vergeblich eine Entsprechung.
Das ist schon so auffällig, dass mittlerweile ein Drittel und bald die Hälfte aller Thüringer Wähler diesen Popanz, den die Landesregierung in diesem Fall aufführt, nicht mehr unwidersprochen hinnimmt. Im Ergebnis steigen die Umfragewerte und mittlerweile auch die Wahlergebnisse der einzigen politischen Kraft hier in Thüringen, die tatsächlich noch an Demokratie interessiert ist und tatsächlich Demokratie täglich lebt.
An dieser Stelle könnte die Landesregierung mit diesem Gesetzentwurf also tatsächlich ein Zeichen setzen, dass es ihr Ernst ist mit dem, was sie hier vorschlägt. Tut sie aber nicht, weil dieser Gesetzentwurf offenbar nur Augenwischerei ist.
Dennoch werden wir der Überweisung in den Ausschuss zustimmen, weil die Hoffnung bekanntlich zuletzt stirbt und man im Ausschuss beispielsweise noch den Abteilungsleiter der sogenannten Abteilung „Amt für Verfassungsschutz“ im Innenministerium mit auf die Liste der zu streichenden politischen Beamten setzen kann.
Ich hatte vorhin schon gesagt, ich komme am Ende noch zu der – in Anführungsstrichen – Weiterverwendung von politischen Beamten im nachgeordneten Bereich, denn auf das Problem bin ich noch gar nicht eingegangen. Wir haben uns im Ausschuss …
(Zwischenruf Prof. Dr. Hoff, Minister für Kultur, Bundes- und Europaangelegenheiten und Chef der Staatskanzlei: Es geht nicht um den nachgeordneten Bereich!)
Ja, es geht um den Bereich innerhalb von Behörden. Sie schreiben in ihrem Gesetzentwurf in der Begründung, ich lese es ihnen gern vor: „[…] sofern die Voraussetzung für die Laufbahnbefähigung für den höheren
Dienst vorliegen, unmittelbar in dem der normativen Bewertungen entsprechendem Amt eingestellt werden.“ Sie haben es auch vorhin gesagt. Ich sage ihnen gern, was das bedeutet. Sie verstetigen damit die Einstellung von politischen Beamten als sogenannte normale Beamte, die ganz normal mit der Bestenauslese eingestellt wurden. Das ist völlig daneben, weil sie damit den Grundstein dafür legen, dass entgegen der Überlegung zu politischen Beamten, dass diese eben nicht dauerhaft im Staatsdienst sind, diese dem Staat und späteren Regierungen aufgebürdet werden.
Das werden wir uns im Ausschuss genau anschauen und ich bin gespannt, zu was das schlussendlich dann noch führt.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, werte Zuschauer. Mit dem Gesetz zur Regelung dienstrechtlicher Bestimmungen für politische Beamtinnen und Beamte legt die Landesregierung nunmehr ein Gesetzentwurf als Lösung für ein Problem bei der Besetzung der politischen Beamten vor, das sie sich, das gehört zur Wahrheit dazu, selbst eingebrockt hat.
(Zwischenruf Prof. Dr. Hoff, Minister für Kultur, Bundes- und Europaangelegenheiten und Chef der Staatskanzlei: Seit 1990!)
Kollege Blechschmidt hat in der gestrigen Sitzung folgerichtig beantragt, den Tagesordnungspunkt 12, den wir ja gerade abgeschlossen haben, noch vor dem jetzigen TOP 8 zu legen, ich zitiere, „um das Vergangene zu beschreiben und gegebenenfalls das Zukünftige dann aufzuzeigen.“ Dann vielleicht noch mal ein Blick zurück: Was war geschehen? Ausschlaggebend, es klang hier schon an, war der Sonderbericht des
Thüringer Rechnungshofs vom 13. März dieses Jahres und den darin erhobenen Vorwürfen gegenüber der Landesregierung, insbesondere die festgestellten Verstöße gegen den Leistungsgrundsatz bei Stellenbesetzungen, fehlende Stellenausschreibungen und nicht nachvollziehbare Eingruppierungen.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, die Landesregierung will nunmehr mit einem Mantelgesetz die dienstrechtlichen Bestimmungen für politische Beamte neufassen. Ich will es vorwegnehmen: Das ist grundsätzlich zu begrüßen. Vielleicht hat die ganze Postenaffäre damit wenigstens etwas Gutes. Denn Fakt ist, dass in Thüringen die Anzahl mit sieben Funktionen für politische Beamte im Ländervergleich sehr hoch ist. Das sagt ja auch die Begründung des Gesetzentwurfs. Dass mit dem Entwurf die Ausländerbeauftragte und die Gleichstellungsbeauftragte als politische Beamte entfallen, also deren Funktionen sozusagen entpolitisiert werden sollen, ist nicht nur nachvollziehbar, sondern aus unserer Sicht auch richtig. Denn gerade diese Funktionen sind in vergleichbaren Gesetzen anderer Bundesländer nicht verankert.
Ich komme zu der Frage der Erforderlichkeit einer Einführung von politischen Beamten ganz generell. Die Institution des politischen Beamten kommt gegenüber dem Regelfall des Beamtenverhältnisses auf Lebenszeit ein eng zu bestimmender Ausnahmecharakter zu, zu dem das Bundesverfassungsgericht bereits im Jahr 2008 wie folgt ausführte. Ich will zitieren: „Die mit der jederzeitigen Versetzbarkeit in den einstweiligen Ruhestand verbundene Abweichung vom Lebenszeitprinzip ist nur zulässig, solange sie politische Beamte betrifft, die nach der Art ihrer Aufgabe in besonderer Weise des politischen Vertrauens der Staatsführung bedürfen und in fortwährender Übereinstimmung mit den grundsätzlichen politischen Ansichten und Zielen der Regierung stehen müssen […].“
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, damit kommen wir zurück zur konkreten Situation in Thüringen. Ich bin der Auffassung, wenn wir das Gesetz jetzt anpacken, dann sollten wir uns auch gleich mit der Frage beschäftigen, ob nicht auch andere Positionen politischer Beamter entbehrlich sind. Wenn man sich einen Vergleich der gesetzlichen Regelungen in den anderen Ländern anschaut, dann stellt man leicht fest, dass es dort erhebliche Unterschiede gibt. In Sachsen ist neben den Staatssekretären, dem Präsidenten der Landesdirektion Sachsen und dem Regierungssprecher nur der Direktor beim Sächsischen Landtag als politischer Beamter aufgeführt – also eine sehr schmale Regelung. Wenn man in die alten Bundesländer
schaut, nach Nordrhein-Westfalen, dort finden Sie jedoch beispielsweise auch die Positionen des Präsidenten des Landesamts für Verfassungsschutz, die des Leiters der Pressestelle der Landesregierung und auch die des Polizeipräsidenten zusätzlich im Gesetz wieder. Damit wir das Ganze noch mal einordnen können: Die Diskussion in Nordrhein-Westfalen, die wir gegebenenfalls ja auch hier in Thüringen dann führen, zur Aufnahme des Polizeipräsidenten, ist dort hoch umstritten. Das Oberverwaltungsgericht hat geurteilt, dass die dortige Regelung verfassungswidrig sei. Jetzt wissen wir, dass das nicht eins zu eins auf Thüringen zu übertragen ist. Entscheidend war dort – ich zitiere aus dem entsprechenden Beschluss –, dass es der Umsetzung politischer Zielvorstellungen an der Nahtstelle von Politik und Verwaltung bedürfe und dass das zumindest in Nordrhein-Westfalen nicht gegeben sei.
Ich komme erneut zurück nach Thüringen. Die Besetzung des Polizeipräsidiums oder des Leiters, des Polizeipräsidenten, ist ja bekanntlich seit zwei Jahren vakant. Das hat allerdings unterschiedliche Gründe. Darauf will ich jetzt nicht näher eingehen. Nach meiner Einschätzung und nach meiner festen Überzeugung sollte ein solches Amt – das ist übrigens der wichtigste Leitungsposten, den wir in der Thüringer Polizei haben – gerade auch unpolitisch sein. Ich komme damit noch mal zur sogenannten – darüber müssen wir halt offen reden. Ich bin auch noch nicht vorgefasst. Das wird eine spannende Diskussion im Ausschuss werden.
Ich will noch etwas zur sogenannten Rückkehrregelung sagen, die hier schon vorgestellt worden ist. Hilfreich bei der Suche nach geeigneten Kandidaten für politische Beamte, bei der zukünftig sicher auch eine nachweisbare Bestenauswahl erfolgt, könnte die in Artikel 1 des Gesetzentwurfs vorgesehene Regelung unter Punkt 2 sein. Mit dieser soll es bereits auf Lebenszeit verbeamteten Landesbediensteten vereinfacht werden, nach dem Ausscheiden als politische Beamte in ihre frühere oder vergleichbare Einstellung zurückzukehren. Das erscheint ja zumindest nachvollziehbar. Dennoch sollten wir genau hinschauen. Die konkrete Ausgestaltung dieser Gesetzesformulierung die noch offen; das zeigt auch die dazu vorliegende Stellungnahme des DGB.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen auch Artikel 2 wirft Fragen auf. Dort ist geregelt, dass politische Beamte eine Ausnahme vom Grundsatz der Einstellung eines Beamten im Eingangsamt der jeweiligen Laufbahn erhalten sollen. Also gemeint sind die Staatssekretäre. Dies wiederum ist in einer ersten Anhörung vom Thüringer Beamtenbund kritisiert worden und auch das ist ein Punkt, dem wir uns im Anhörungsverfahren im Ausschuss noch mal zuwenden werden.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich komme damit zum Fazit. Der vorliegende Gesetzentwurf geht in die richtige Richtung und das Kernanliegen, nämlich die Anzahl der politischen Beamten zu reduzieren, den tragen wir selbstverständlich mit. Allerdings bleiben auch viele Regelungstatbestände, eben nicht nur Detailfragen, unbeantwortet. Vielleicht liegt es ja auch daran, dass der Gesetzentwurf dann doch offenbar mit heißer Nadel gestrickt wurde.
Ich will aber noch mal auf zwei Funktionen explizit hinweisen und eingehen, auch wenn der Abgeordnete Mühlmann da wenig hilfreich war mit seiner Begründung. Das war auch wenig sachlich, aber wir sollten uns wirklich im Ausschuss noch mal mit zwei Funktionen beschäftigen: die Position des Polizeipräsidenten, ich bin eben schon darauf eingegangen, und die des Leiters eines Landesamts für Verfassungsschutz. Ich finde, gerade diese wichtigen Leitungsfunktionen sollen unpolitisch wahrgenommen werden im Rahmen der Bestenauslese und es müssen aus meiner Sicht – aber meine Meinung ist da nicht abschließend – nicht unbedingt politische Beamte sein.
Ich komme zum Schluss. Ich freue mich jedenfalls auf die Beratung im zuständigen Ausschuss, um das Gesetz, was im Entwurf vorliegt, gemeinsam mit Ihnen besser zu machen. Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Nächste Rednerin ist die fraktionslose Abgeordnete Frau Dr. Bergner.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kollegen Abgeordnete, liebe Zuhörer, die Landesregierung zieht mit der Vorlage dieses Gesetzentwurfs eine Konsequenz aus dem Bericht des Landesrechnungshofs zur Einstellungspraxis in Thüringen. Das ist richtig und gut, schließlich haben wir in Thüringen bundesweit eine der höchsten Quoten bei diesen Stellen, die mit sogenannten politischen Beamten besetzt werden, und nun soll in etwa auf den bundesdeutschen Durchschnitt reduziert werden – ein Anfang.
Doch wieso ist es nur ein Anfang und nicht das Erreichen des Ziels? Weil es mir um das besondere Konstrukt des politischen Beamten im Allgemeinen geht. Natürlich gibt es die Notwendigkeit, nicht nur vom Gesetz her zur Loyalität per Beamtengesetz verpflichtete Mitarbeiter in einigen Funktionen zu haben,
wenn der Ministerpräsident handlungsfähig sein will. Dazu gehört auch die persönliche Vertrautheit, dazu gehören Pressesprecher und Staatssekretäre in der Staatskanzlei. Doch warum brauchen wir auch in den Fachministerien solche politischen Beamten. Es liegt meiner Meinung nach ein Grundkonstruktionsfehler unserer repräsentativen Demokratie vor, nämlich in der möglichen bzw. sogar in der Verfassung des Freistaats Thüringen vorgegebenen Verschränkung der beiden Säulen Legislative und Exekutive. So werden eben nach einem Regierungswechsel in der Regel nicht nur Ministerposten neu besetzt, sondern auch die von den Staatssekretären und anderen politischen Beamten mit eigenen Parteigängern. Dieses Vorgehen ist mit der Verabschiedung der Thüringer Verfassung 1993 in die Wege geleitet worden, jedoch hat erst der Regierungswechsel 2014 die Notwendigkeit zur tatsächlichen Umbesetzung ergeben. Schließlich waren vorher nur CDU-geführte Regierungen an der Macht.
(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aber die Staatssekretäre haben trotzdem zwischenzeitlich gewechselt!)