Schauen wir mal, zu welchem Zeitpunkt wir die Diskussion führen. Wir führen die Diskussion zu einem Zeitpunkt, wo die Bauindustrie eingebrochen ist, wo wir wissen, dass der private Hausbau fast auf null gesunken ist, die Erwerbstätigkeit, also auch das Handeln von Häusern, um ein Drittel zurückgegangen ist, wo einfach viele Dinge auf diesen Wohnungs- und Baumarkt einwirken. Da spielen allerlei Faktoren eine
Rolle, aber natürlich auch Kosten, insbesondere Kosten des sogenannten Nebenerwerbs, und das ist die Grunderwerbsteuer.
Nicht umsonst haben andere Bundesländer hier niedrigere Sätze. Es ist gesagt worden: Bayern 3,5 Prozent – nie angepackt –, Thüringen 6,5 Prozent – mit zwei Erhöhungen inzwischen dort gelandet –, Sachsen erhöht jetzt gerade auf 5,5 Prozent, Sachsen-Anhalt bleibt bei 5 Prozent. Das ist das Umfeld, in dem wir uns bewegen. Insofern ist das schon ein Effekt, dass wir uns hier wettbewerbsfähig stellen für Ansiedlungsfragen von mittelständischen Unternehmen in Thüringen oder in Bayern oder in Sachsen, von jungen Familien im Thüringer Land etc. pp. Ich habe nicht so viel Zeit, das auszutarieren.
Deshalb, Herr Dittes, Sie gehen völlig falsch. Natürlich spielt auch eine Sanierung im Altbestand eine Rolle, dass Leute, die jetzt in einer Immobilie wohnen, sagen, ich kann, ich will sie mir nicht mehr leisten, ich will mir auch die Größe nicht mehr leisten, ich will sie verkaufen. Das setzt voraus, ich brauche einen Käufer. All das sind normale Marktgeschehen. Davon wollen Sie nie was verstehen, deshalb ist es aber ein wichtiges Signal, dass Thüringen hier diese Senkung durchführt und insofern in die Märkte hineinstrahlt.
Das andere ist tatsächlich die Familienförderung. Früher hieß mal das Synonym für ein erfülltes Leben „Oma ihr klein Häuschen“. Das stand am Ende eines Erwerbslebens, dass man sich innerhalb dieses Lebens auch
mit seiner Arbeit ein Haus leisten konnte, eine Wohnung leisten konnte, um eine Alterssicherung zu haben, um einem Lebensabend zu frönen, wo man befreit ist, zumindest von der Kaltmiete, und seine übrigen Aufwendungen natürlich auch in die Sanierung und den Erhalt dieser Immobilie stecken kann und sie natürlich auch am Ende des Tages vererben möchte. Wir haben eine Landflucht. Wir können vielleicht auch damit dagegenwirken. Da geht es nicht immer um Hunderttausende, sondern das ist genau der Bereich, wo auch anderthalb Prozent mal wehtun können, wenn es um 120.000 bis 200.000 geht, wenn es sich um größere Immobilien im ländlichen Raum handelt, wo man gerade darauf sitzen bleibt, weil vielerlei Dinge, insbesondere hohe Zinsen, dem entgegenstehen. Es ist genug gute Sache an diesem Ding, das zu tun.
Zu der Frage „Haushalt“: Wir wissen vom Thüringer Rechnungshof, wie viel ineffektive Förderprogramme es gibt, wie viel Geld an vielen Stellen wirklich verschleudert wird. Wir werden dezidiert in der Haushaltsberatung aufführen, wo man dieses Geld sparen kann. Aber dazu nur eines: In der Haushaltsstelle Grunderwerbsteuer standen 2022 286 Millionen Euro. Das ist nun mal auch konjunkturabhängig. Diesmal plant man mit 208 Millionen Euro. Ich weiß nicht, ob die Konjunktur am Ende hergibt, dass es eben überhaupt 208 Millionen werden. Klar, wir wollen 48 Millionen weniger. Deshalb nochmals: Es ist völlig unverantwortlich, die Haushaltsrücklage auf 0 bzw. 48,53 Euro zu plündern.
Das ist die Unverantwortlichkeit. Wenn Sie dann die SPD-Bauministerin versuchen zu zitieren, ja, im Koalitionsvertrag auf Seite 72 – für alle nachzulesen – steht drin: Die Ampelkoalition hat sich verpflichtet, eine Familienförderung auf den Weg zu bringen, die genau diesen Tatbestand erfasst, nämlich die Familie zu fördern bei dem Ersterwerb einer eigengenutzten Immobilie. Das ist politischer Wille von SPD, Grünen und FDP.
Das andere ist, dass Frau Geywitz und Christian Lindner gesagt haben, dass in dieser Zeit auch eine Absenkung der Grunderwerbsteuer sehr wünschenswert wäre, eben um die Baukonjunktur, um die strauchelnde Bau- und mittelständische Industrie zu unterstützen, dass das eine wünschenswerte Sache ist. Nichts anderes schlagen wir heute in diesem Hohen Hause vor. Deshalb ist es eine gute Sache. Dann hoffen wir auch, dass das eine Mehrheit findet im Sinne der Bürger. Danke schön.
Vielen Dank, Herr Kollege Kemmerich. Ich rufe für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Abgeordneten Müller auf.
Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen und liebe Gäste, wir haben heute Morgen die Ausführungen der Finanzministerin zum Haushalt 2024 und zur finanzpolitischen Lage gehört. Steigende Kosten bei Energie und Personal und in anderen Bereichen führen zwingend zu Mehrausgaben in vielen Bereichen. Der Haushalt ist nur durch den Rückgriff auf die dafür angelegte Rücklage auszugleichen. In diesem Gesamtkontext wollen Sie, werte Herren und Damen von der CDU und auch von der AfD und FDP, jetzt tatsächlich ohne Not und ohne Zwang und ohne gesicherte Daten zur Wirksamkeit diesem Landeshaushalt im nächsten Jahr 48 Millionen Euro entziehen. Herzlichen Glückwunsch!
Wie die Finanzierung konkret mit Blick auf den Haushalt 2024 aussehen soll, sagen Sie nicht. Meine Erwartungshaltung ist auch ziemlich gering. Der Entwurf, über den hier abgestimmt wird, stammt aus dem Dezember letzten Jahres. Dort schlagen Sie vor, die prognostizierten Mehreinnahmen aus der NovemberSteuerschätzung zu verwenden, mittel- und langfristig soll die Finanzierung über eine Priorisierung des Landespersonals und die Konsolidierung der Fördermittellandschaft erfolgen. Das hört sich klasse an. Ob die diesjährige Steuerschätzung die fehlenden 48 Millionen Euro abdeckt, wissen wir nicht. Wir können es nur hoffen. Andererseits muss notgedrungen bei freiwilligen Leistungen gekürzt werden. Ich nenne da nur einmal exemplarisch die Entwicklung von Gewerbe- und Industriegebieten, die Förderung des Mittelstands oder auch des Tourismus.
Was aber bitte ist unter der Priorisierung des Personals zu verstehen? Wie kann dadurch eine Einsparung erreicht werden? Diese Frage stellt sich auch bei der Konsolidierung im Fördermittelbereich. Schaut man in ein Wörterbuch, so findet man da, dass etwas in seinem Bestand gesichert oder gefestigt werden soll. Wie Sie damit die Absenkung des Steuersatzes finanzieren wollen, wissen nur Sie allein.
Was Ihren Änderungsantrag zur Beschlussempfehlung angeht, haben Sie offensichtlich nur den ersten Absatz der Stellungnahme des Rechnungshofs zur Gesetzgebungskompetenz gelesen. Hätten Sie umgeblättert, wäre Ihnen folgender Passung zur Kenntnis gelangt – ich zitiere –: „Die Länder haben gem. Art. 105 Abs. 2a GG lediglich das Recht zur Bestimmung des Steuersatzes. Allein die Gesetzgebungskompetenz des Bundes schließt das Recht zur Normierung der Bemessungsgrundlage und damit das Recht zur Schaffung von Freibeträgen ein.2Eine sog. Länderöffnungsklausel – wenn auch seit längerem medial von verschiedenen Akteuren gefordert – besteht bis heute nicht.“
Der Rechnungshof drückt sich hinsichtlich der Verfassungswidrigkeit eines Fördertatbestandes im Folgendes etwas vager aus. Er stellt aber fest, dass die unmittelbare Verbindung von Förderung und gezahlter Grunderwerbsteuer höchstwahrscheinlich unzulässig ist. Wer zwischen den Zeilen lesen kann, weiß, was das bedeutet. Ähnlich zu verstehen ist auch das Schreiben der Landtagspräsidentin von gestern. Ich kann Sie also nur darum bitten, einer Rücküberweisung an den Haushalts- und Finanzausschuss zuzustimmen.
Wir als Koalition hatten Ihnen angeboten, nach dem Vorbild von Nordrhein-Westfalen eine Familienkomponente und tatsächlich eine Familienkomponente neben dem Gesetz zu schaffen, um den Eigentumserwerb von Familien mit Kindern zu fördern. Das haben Sie abgelehnt. Jetzt soll also jeglicher Grundstückserwerb gefördert werden, von sozialer Ausgewogenheit – wir haben es mehrfach schon gehört – keinerlei Spur.
Auch die von Ihnen behaupteten positiven Auswirkungen auf die regionale Entwicklung ist nicht mit Zahlen zu belegen. Dass die Absenkung des Steuersatzes auch allgemein nicht in die finanzpolitische Landschaft passt, zeigt ein Blick nach Hamburg und Sachsen. Dort wurde der Steuersatz zum 1. Januar 2023 angeho
ben. Nur nebenbei weise ich darauf hin, dass Sachsen mit dem Doppelhaushalt 2023/2024 auch seine Rücklagen vollständig auflöst. Thüringen steht also damit auch nicht so ganz allein.
Der eigentliche Skandal ist aber, dass Sie nicht mal mehr den Versuch unternehmen, politische Mehrheiten ohne die AfD zu suchen.
Das Angebot der Koalition für eine Kompromisslösung haben Sie ohne jegliche Verhandlung und Gespräche ausgeschlagen. Ihr Parteivorsitzender in Berlin wird sich freuen, denn seine Beteuerung, dass es eine Brandmauer nach rechts gebe, führen Sie hier nicht zum ersten Mal ad absurdum.
Vielen Dank, Herr Müller. Jetzt erteile ich der fraktionslosen Abgeordneten Frau Dr. Bergner das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kollegen Abgeordnete, liebe Zuhörer, Steuersenkungen sind selten. Die Regel sind Erhöhungen von Steuer- und Abgabenlast. Wir haben heute Vormittag lange debattiert, weil das Ausgabenbedürfnis die Einnahmemöglichkeiten aus der Thüringer Bevölkerung deutlich überschreitet. Wie passt dieser Antrag in die Situation? Mit dieser Steuersenkung wird ein politisches Ziel verfolgt, nämlich Eigentum schaffen für junge Familien, für Existenzgründer, für Mittelständler. Eigentum schafft eine gewisse Unabhängigkeit, wenn es nicht durch zu hohe Kredite finanziert wird, weil Kredite ja wieder abhängig machen. Eigentum macht selbstbewusst und schafft Freiraum zum Agieren. Und genau diese Frage entscheiden wir heute mit dem Antrag der CDU: Wollen wir selbstbewusste, produktive junge Menschen, innovative Unternehmen, die unsere Gesellschaft bereichern, oder wollen wir nur noch Menschen, die von oben gesteuert funktionieren, so wie es die grünen Programme anstreben?
Mit einer hohen Grunderwerbsteuer schröpfen wir erst die Menschen, bevor sie einen Beitrag zur Gesellschaft leisten können und verschließen ihnen Zukunftsräume. Beim Grunderwerb ist die sogenannte Grunderwerbsteuer ein maßgeblicher Kostenfaktor, zumal bei den in Ballungsgebieten beträchtlichen Immobilienpreisen. Eine Senkung eines der höchsten Sätze bundesweit entlastet sicher Familien, die sich Wohneigentum schaffen wollen. Wenn man bedenkt, dass wir in Deutschland eine im europäischen Vergleich sehr geringe Wohneigentumsquote haben, ist es auch wünschenswert, hier aufzuholen, denn einerseits verpflichtet Eigentum und andererseits geben wir den Menschen die Chance, nicht in die Abhängigkeit von Immobilienhaien getrieben zu werden,
wie es zum Beispiel Wolfgang Schorlau in seinem Buch „Kreuzberg Blues“ beschreibt, denn die Genossenschaften profitieren auch von solcher Senkung. Die Einsparung von 1,5 Prozent auf die Bruttokaufsumme eines Grundstücks im ländlichen Raum ist da vielleicht vernachlässigbar, in Ballungsgebieten sieht das
schon anders aus. Da aber die meisten Neubauten von Bauträgern erworben werden, ist das dann schon wieder anders.
Schauen wir uns doch mal im ländlichen Raum um, wie viele Immobilien nicht genutzt sind. Es wäre doch sinnvoll, dafür Käufer zu finden,
(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aber doch nicht durch die Senkung der Grunderwerbsteuer!)
die sie wieder bewirtschaften. Auch umweltpolitisch in Bezug auf Eindämmung von Flächenversiegelung ist der Erwerb von Bestandsimmobilien zu fördern, was mit einer Senkung der Grunderwerbsteuer geschieht.
Da wir uns aktuell in einer Rezession befinden, wo der Erwerb einer Bestandsimmobilie attraktiver ist als ein Neubau, sollten wir diesem Prozess einen Booster verpassen und die Thüringer bei dem Erwerb von Bestandsimmobilien unterstützen. Kritiker mögen sagen, die Absenkung der Grunderwerbsteuer ist nur ein Teil der Entlastung. Aber Kleinvieh macht auch Mist. Kritiker mögen sagen, hier profitieren die Großkonzerne und Spekulanten. Da sollten kluge unbürokratische Wege gefunden werden, um das einzudämmen, zum Beispiel durch die Einführung von Spekulationsfristen.