Am 21. August 2023 wurde die Hauptverhandlung im Prozess gegen die Gruppierung „Knockout 51“ aus Eisenach eröffnet. Der Generalbundesanwalt ermittelte gegen diese Gruppierung unter anderem wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung.
Nach Informationen, die mir vorliegen, geht aus der Anklageschrift hervor, dass Mitglieder der militanten Neonazi-Gruppierung „Knockout 51“ mehrfach Informationen über gegen sie gerichtete polizeiliche Maßnahmen von Polizeibeamten oder auch -beamtinnen der Polizeiinspektion (PI) Eisenach bekommen hätten und sie den oder die Beamten als „Kumpel“, der „einer von ihnen“ sei, bezeichneten, der bzw. die ihre Meinung teilen würden. Laut Aussage des Präsidenten des Thüringer Landeskriminalamts im Untersuchungsausschuss 7/3 waren Thüringer Polizeibehörden an keiner Stelle in die Ermittlungen des Generalbundesanwalts gegen „Knockout 51“ eingebunden. Der Fragestellerin ist weiterhin bekannt, dass mindestens ein Mitglied von „Knockout 51“ Polizeianwärter in der Thüringer Polizei war.
1. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung seit wann über die in der Vorbemerkung erwähnte Weitergabe von Informationen durch Thüringer Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte an eine durch den Generalbundesanwalt als terroristische Vereinigung verdächtigte Gruppierung?
2. Welche Maßnahmen und gegebenenfalls Ermittlungsverfahren wurden aufgrund des in der Vorbemerkung beschriebenen Sachverhalts gegen wie viele Personen innerhalb der Thüringer Polizei beziehungsweise Polizeiinspektion Eisenach aus welchen Gründen eingeleitet?
3. Ist der Landesregierung bekannt, aus welchen Gründen – zum Beispiel aufgrund von in der Anklageschrift enthaltenen Informationen – die Thüringer Polizei in die Ermittlungen und Maßnahmen des Generalbundesanwalts gegen die Gruppierung „Knockout 51“ nicht eingebunden war?
4. Welche Maßnahmen werden vonseiten der Landesregierung ergriffen, um zu verhindern, dass Thüringer Polizeibeamtinnen rechte, rassistische oder antisemitische Positionen teilen beziehungsweise Kontakte zu extrem rechten Strukturen haben?
Für die Landesregierung antwortet das Ministerium für Inneres und Kommunales, Frau Staatssekretärin Schenk, bitte.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Mündliche Anfrage der Abgeordneten König-Preuss beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:
Die Fragen 1 bis 3 beantworte ich wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam. Die Vorfälle sind Gegenstand strafrechtlicher Überprüfungen unter Hinweis auf Artikel 67 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Verfassung des Freistaats Thüringen und § 479 Abs. 1 der Strafprozessordnung wird von Angaben abgesehen.
Ich komme zu Frage 4: Sämtliche Bewerberinnen und Bewerber werden vor ihrer Einstellung in den öffentlichen Dienst gemäß Ziffer 2.1 des Grunderlasses der Thüringer Landesregierung über die Prüfung der persönlichen Eignung für den öffentlichen Dienst vom 06.12.2016 über ihre Pflicht zur Verfassungstreue belehrt und haben eine entsprechende Erklärung zu unterzeichnen. Außerdem ist ein aktuelles Führungszeugnis vorzulegen. Von Bewerberinnen und Bewerbern für den Polizeivollzugsdienst wird darüber hinaus eine Selbstauskunft zu laufenden und bereits abgeschlossenen Strafermittlungsverfahren verlangt sowie
eine unbeschränkte Auskunft aus dem Bundeszentralregister eingeholt. Ferner erfolgt im Landeskriminalamt eine Abfrage der polizeilichen Informationssysteme. Die Beamtinnen und Beamten haben im Rahmen ihrer Ernennung außerdem gemäß § 38 Abs. 1 Beamtenstatusgesetz einen Diensteid zu leisten, der insbesondere eine Verpflichtung auf das Grundgesetz erhält. Darüber hinaus werden Bedienstete, die mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit betraut werden sollen, zuvor und auch später regelmäßig einer entsprechenden Sicherheitsüberprüfung nach dem Thüringer Sicherheitsüberprüfungsgesetz unterzogen, an dem auch das Amt für Verfassungsschutz mitwirkt. Ziel der Überprüfung ist es, die Zuverlässigkeit der Betroffenen im Hinblick auf die Ausübung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit festzustellen. Die Pflicht zur Verfassungstreue, das heißt das Bekenntnis und das Eintreten für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes und die Verinnerlichung deren Werte bilden das Fundament einer jeden Tätigkeit im öffentlichen Dienst. Daher sind bereits in den einschlägigen Ausbildungs- und Prüfungsordnungen für den Vorbereitungsdienst der einzelnen Laufbahnen entsprechende Ausbildungsinhalte vorgesehen. So ist es zum Beispiel gemäß § 3 Satz 1 der Thüringer Verordnung über die Ausbildung und Prüfung im mittleren und gehobenen Polizeivollzugsdienst insbesondere das gemeinsame Ziel des Vorbereitungsdienstes für die Laufbahn des Polizeivollzugsdienstes, die Kompetenzen der Auszubildenden bzw. Studierenden zu verantwortlichem Handeln in einem freiheitlich demokratischen und sozialen Rechtsstaat zu entwickeln. Im Rahmen des Vorbereitungsdienstes für den mittleren und gehobenen Polizeivollzugsdienst werden daher Themen wie zum Beispiel politischer Extremismus, Fremden- oder Ausländerfeindlichkeit, interkulturelle Kompetenz oder Rassismus in verschiedenen Lehrveranstaltungen jeweils aktuell und anlassbezogen behandelt und sollen die angehenden Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten unter anderem dazu zu befähigen, sich selbst und sozialkritisch mit diesen Themen auseinandersetzen. Im Studium für den gehobenen Polizeivollzugsdienst werden diese Themen in verschiedenen Modulen nochmals vertieft, was eine intensivere Auseinandersetzung auch vor dem Hintergrund, dass interkulturelle und multiethnische Aspekte für die Polizeiarbeit in einer zunehmend globalisierten Welt an Bedeutung gewinnen, ermöglicht. Außerdem werden in den Modulen themenbezogen auch verfassungsrechtliche Kenntnisse vertieft und erweitert. Hierbei werden die Bildungseinrichtungen der Thüringer Polizei von der Stabsstelle Polizeiliche Extremismusprävention im Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales unterstützt. Behandelt werden die entsprechenden Themen weiterhin im Rahmen diverser fakultativer Fortbildungsveranstaltungen, die von internen Bildungseinrichtungen der Stabsstelle Polizeiliche Extremismusprävention sowie externen Bildungsträgern und sonstigen Organisationen angeboten werden. So gibt es speziell für Polizeivollzugsbeamtinnen und -vollzugsbeamte Fortbildungsseminare, zum Beispiel zu den Themen „Interkulturelle Kompetenzen“, „Stärkende Demokratie in der demokratischen Alltagskultur“, „Auseinandersetzung mit den Ideologien des Rechtsextremismus und der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit“, „Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, Diskriminierung und Antisemitismus“, „Islamismus/Terrorismus“, „Grundseminar Extremismus“, „Rechts- und Linksextremismus“ oder „Flucht und Asyl“. Das waren alles beispielhafte Titel der Fortbildungsseminare und keine abschließende Liste.
Schließlich haben sich die einzelnen Polizeibehörden sowie die Bildungseinrichtungen der Thüringer Polizei Leitbilder gegeben. Mit der Orientierung an diesen werden bereits während der Ausbildung und später im Dienstalltag Maßnahmen ergriffen, um ein leitbildgerechtes Arbeitsumfeld zu schaffen. Ziel ist dabei die Ausbildung handlungskompetenter Polizeibeamtinnen und Polizeibeamter auch im Hinblick auf die Achtung, Wahrung und Durchsetzung der freiwillig demokratischen Grundordnung, was explizit im Leitbild des Bildungszentrums der Thüringer Polizei aufgeführt ist. Im Leitbild der Bereitschaftspolizei ist unter anderem das Eintreten für eine weltoffene, normen- und wertgebundene Polizei im demokratischen Rechtsstaat fixiert. Werden konkrete Anhaltspunkte bekannt, die den Verdacht gegen Beamtinnen und Beamte
hinsichtlich eines schuldhaften Verstoßes gegen Strafrechtsnormen oder Beamtenpflichten, insbesondere der Verfassungstreue rechtfertigen, wird denen regelmäßig im Rahmen von Straf- und Disziplinarverfahren nachgegangen und nachgewiesenes Fehlverhalten entsprechend sanktioniert. Je nach Art und Schwere des Dienstvergehens kann dies zu strafrechtlichen Verurteilungen oder im Disziplinarrecht bis hin zur Entfernung des Betroffenen aus dem Beamtenverhältnis oder der Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Wiederruf bzw. Probebeamtenverhältnisses führen.
Habe ich sie richtig verstanden, das sie in der Antwort auf Frage 1 bis 3 geantwortet haben, dass sie mir das mit Verweis auf Artikel 67 Satz 3 der Verfassung nicht beantworten?
Also für diejenigen, ich hatte es auch nicht so im Kopf: Die Landesregierung kann die Beantwortung von Anfragen und die Erteilung von Auskünften verweigern, wenn erstens dem Bekanntwerden des Inhalts gesetzliche Vorschriften, Staatsgeheimnisse oder schutzwürdige Interessen Einzelner, insbesondere des Datenschutzes entgegenstehen oder zweitens die Funktionsfähigkeit und die Eigenverantwortung der Landesregierung nicht nur geringfügig beeinträchtigt werden, die Ablehnung ist dem Frage- oder Antragstellenden auf deren Verlangen zu begründen. Wird mir wegen Satz 2 oder Satz 2 die Antwort verweigert? Ich hätte gern eine Begründung, warum man mir die Antworten darauf, dass eine vom Generalbundesanwalt als rechtsterroristische Gruppierung angeklagte Struktur, die vorhatte Linke zu ermorden und sich dafür Waffen beschafft hat, verweigert, und warum der Antwort auf diese Fragen Staatsgeheimnisse, gesetzliche Vorschriften, schutzwürdige Interessen Einzelner gegebenenfalls entgegenstehen oder inwieweit die Antwort auf die Frage, dass Polizeibeamte einer rechtsterroristischen Struktur zugearbeitet haben sollen, die Funktionsfähigkeit und die Eigenverantwortung der Landesregierung beeinträchtigt. Das möchte ich von der Landesregierung beantwortet haben und gern auch jetzt.
Ich weise darauf hin, dass es sich um Satz 1 Nummer 1 handelt. Ich habe schon ausgeführt, dass es Gegenstand strafrechtlicher Überprüfung ist und so sehr ich quasi ihre Empörung nachvollziehen kann, ist es halt hier das Anliegen darzustellen, dass es sich um strafrechtliche Ermittlungen handelt die noch laufen, die nicht gebremst, geschädigt oder beeinflusst werden sollen. Das ändert nichts daran, dass wenn die Sachverhalte zutreffend sind, das natürlich durch die Landesregierung scharf verurteilt wird und ich denke daran haben wir auch keinen Zweifel gelassen.
Dann würde ich gern wissen, inwieweit es dem widerspricht, mir unter anderem zu beantworten, gegen wie viele Personen entsprechende Verfahren eingeleitet wurden, oder auch warum es für ein noch laufendes Strafverfahren problematisch ist, mitzuteilen, warum die Thüringer Polizei an keiner Stelle in die Ermittlungen und Maßnahmen gegen eine vom Generalbundesanwalt als rechtsterroristisch eingestufte Gruppierung beteiligt war. Das würde ich dann gern auch wissen.
Ein laufendes Strafverfahren zeichnet sich dadurch aus, dass es laufend ist, und deswegen können wir nicht in dieses Laufen eingreifen, indem wir Teilinformationen oder Spekulationen zum Gegenstand von Antworten
machen. Wenn das abgeschlossen ist, ist es anders zu beantworten, aber gegenwärtig kann ich nicht mehr ausführen als mit Verweis auf diesen Artikel …
(Zwischenruf Abg. König-Preuss, DIE LINKE: Das Ermittlungsverfahren gegen „Knockout 51“ ist abge- schlossen, die stehen vor Gericht!)
Ja, aber deswegen ist ja trotzdem meine Ausführung, dass Sie hier keine weitere Antwort bekommen können mit Verweis auf diese beiden Punkte, die ich genannt habe, sowohl die Strafprozessordnung als auch Artikel 67 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1.
Nun ist es ja nicht üblich, dass bei Ermittlungen des Bundes die Landespolizeien außen vor bleiben. Es ist eher ein Sonderfall. Hat denn die Landesregierung beim Bund mal nachgefragt, welche Gründe vorliegen, dass die Thüringer Landespolizei in dem Verfahren außen vor geblieben ist?
Können Sie uns zusichern, dass noch mal nachgeschaut wird und dass uns die Begründung der Bundesebene mitgeteilt wird, warum die Thüringer Landespolizei in dem Verfahren außen vor geblieben ist?
Wenn Sie eine Frage stellen, deren schriftliche Beantwortung ich Ihnen zusichern kann, was in der vorausgehenden Frage nicht der Fall war, dann sage ich Ihnen das gern zu.
Das Recht auf Nachfragen ist damit ausgeschöpft. Ich rufe auf in der Drucksache 7/8671 in korrigierter Fassung die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Mühlmann.
Vielen Dank Frau Präsidentin. Ich stelle folgende Frage oder besser gesagt erst mal die Überschrift:
Abweichung von der bisherigen Verfahrensweise zur Besetzung des Präsidenten der Thüringer Landespolizeidirektion?
1. Wann – unter Angabe in Monat und Jahr – wurde der politische Beamte, Präsident der Thüringer Landespolizeidirektion, seit Gründung der Behörde im Jahr 2012 jeweils neu besetzt?
2. In welchen Zeiträumen war der heutige Präsident des Thüringer Landeskriminalamts mit der Wahrnahme welcher leitenden Positionen in der Thüringer Landespolizeidirektion und dem Thüringer Landeskriminalamt betraut – ich bitte jeweils um Monats- und Jahresangabe –?
3. Wie oft wurde seit dem Jahr 2012 das Amt des Präsidenten der Thüringer Landespolizeidirektion neu besetzt, wovon in welchen Fällen im Vorfeld ein Bewerberverfahren unter Berücksichtigung des verfassungsrechtlich normierten Prinzips der Bestenauslese zur Anwendung kam – auch hier Gliederung nach Jahr und Monat der Neubesetzung sowie Art des Verfahrens –?
4. Soll bei der aktuell in Rede stehenden Neubesetzung der Stelle des politischen Beamten des Präsidenten der Thüringer Landespolizeidirektion ein Verfahren ohne das verfassungsrechtlich normierte Prinzip der Bestenauslese zur Anwendung kommen und wenn ja, wer hat diese Entscheidung in welcher dienstlichen Funktion getroffen – die Entscheidung unter Berücksichtigung früherer Bewerberverfahren hätte ich gern begründet –?
Für die Landesregierung antwortet das Ministerium für Inneres und Kommunales, Frau Staatssekretärin Schenk, bitte.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Mühlmann beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:
Zu Frage 1: Die Funktion des Präsidenten der Landespolizeidirektion wurde erstmals im Oktober 2012 besetzt. Anschließend erfolgte eine Neubesetzung dieses Amtes im Januar 2015. Zuletzt wurde die Funktion dann im Oktober 2018 neu übertragen.
Zu Frage 2: Die hier aufgeworfene Frage erscheint nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Besetzung des Dienstpostens der Präsidenten der Landespolizeidirektion zu stehen. Zur Verwendung des heutigen Präsidenten des Thüringer Landeskriminalamtes kann ich mit Blick auf den Schutz der Personaldaten folgende Angaben machen: Juli 2012 bis September 2012 Leitung der neugegründeten Landespolizeidirektion, Oktober 2012 bis Dezember 2012 Wahrnahme der Dienstgeschäfte als Vizepräsident der Landespolizeidirektion, Dezember 2012 bis November 2014 Wahrnahme der Dienstgeschäfte als ständiger Vertreter des Landeskriminalamtes Thüringen, November 2014 bis 30.09.2018 Übertragung der Aufgaben des Vizepräsidenten der Landespolizeidirektion, seit Oktober 2018 Präsident des Landeskriminalamtes Thüringen.
Zu Frage 3: Die Funktion des Präsidenten der Landespolizeidirektion wurde seit der Gründung der Landespolizeidirektion bislang insgesamt dreimal nach dem Prinzip der Bestenauslese besetzt. Bei der Besetzung im Oktober 2012 erfolgte ein entsprechendes Auswahlverfahren auf der Basis einer Ausschreibung. In den Jahren 2015 und 2018 wurde auf eine Ausschreibung verzichtet. Die Besetzungen erfolgten gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 1 des Thüringer Laufbahngesetzes in Verbindung mit § 27 Abs. 1 Nr. 4 des Thüringer Beamtengesetzes von Amts wegen.
Ich sehe keinen Nachfragebedarf zu der Mündlichen Anfrage. Dann würde ich noch die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kemmerich in der Drucksache 7/8672 aufrufen.