Protocol of the Session on June 2, 2023

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es zeigt sich eben immer wieder, dass die AfD Politik an den Realitäten dieser Welt vorbei macht und daher auch keine Lösungen anbieten kann.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gestern hat die AfD in ihrem Alternativantrag zum Gebäudeenergiegesetz in Richtung Bundesregierung Sätze formuliert wie diesen – Zitat –: „[…] um mit Verbot, Zwang und Marktmanipulation ihre fragwürdige Klimaideologie durchzusetzen sowie die Energiepolitik in eine ökosozialistische Planwirtschaft umzuwandeln.“

(Beifall AfD)

Das spricht nur gegen Sie, dass Sie jetzt klatschen.

Sätze, die die CDU nebenbei bemerkt bei der Abstimmung nicht zu einer Ablehnung des Alternativantrags veranlasst hat, sondern leider lediglich zu einer Enthaltung.

Der vorliegende Antrag, den wir jetzt diskutieren, basiert wie bei der AfD üblich auf einer grundsätzlichen Ablehnung der Energiewende.

(Zwischenruf Abg. Braga, AfD: Falsch!)

(Abg. Bergner)

Auch hier noch einmal ein Zitat der AfD-Bundestagsabgeordneten Beatrix von Storch, mit dem die Energiepolitik der AfD sehr gut zusammengefasst wird – Zitat –: „Wir wollen keine Klimaschutz-Politik machen, denn das Klima hat sich immer schon im Laufe der Zeit gewandelt. […] Wir wollen Öl und Gas als Energiequellen weiter nutzen und Kohlekraftwerke nicht abschalten.“

(Beifall AfD)

Vor diesem Hintergrund ist eine seriöse Debatte zu den energiepolitischen Anträgen der AfD schlicht und einfach unmöglich.

(Zwischenruf Abg. Dr. Lauerwald, AfD: Ein Glück, dass wir eine Energieexpertin hier ha- ben!)

Für uns als Koalitionsfraktionen ist jedenfalls klar, es ist sinnlos, mit der Klimawandelleugnerfraktion in eine inhaltliche Debatte zu den Abwägungsfragen beim für die Energiewende dringend notwendigen Stromnetzausbau und bei der Versorgungssicherheit einzutreten. Es gibt einfach keine gemeinsame Gesprächsgrundlage, wenn grundlegende Fakten nicht anerkannt werden.

(Zwischenruf Abg. Mühlmann, AfD: Kommt eigentlich auch was zum Antrag?)

Dass die AfD mit dem Antrag kein ernsthaftes Ziel verfolgt, zeigt allein schon der Titel: „[…] Trassen verhindern – […] Klageweg beschreiten!“ Der Antrag bezieht sich auf ein angebliches Versprechen der Landesregierung, erneut eine Klage gegen den SuedLink einzureichen. Die Landesregierung hatte tatsächlich 2019 eine Klage eingereicht. Diese richtete sich aber nicht grundsätzlich gegen den SuedLink, sondern gegen den geplanten Trassenverlauf.

(Zwischenruf Abg. Braga, AfD: Nichts ande- res behaupten wir!)

Die Landesregierung hat einen Verstoß gegen das Gebot der Geradlinigkeit gesehen und einen alternativen Trassenverlauf vorgeschlagen. Diese Klage hatte vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht zum Erfolg geführt. Mit der Klage war also mitnichten beabsichtigt, die Stromtrasse zu verhindern. Die Landesregierung hat es sich nach dieser Gerichtsentscheidung lediglich offengehalten, zu gegebener Zeit erneut eine Klage zu erwägen. Aufgrund des derzeitigen Verfahrensstandes bei der Planfeststellung dürfte die Entscheidung über eine erneute Einreichung der Klage demnächst anstehen. Die Landesregierung hat verlauten lassen, dass der Abwägungsprozess für eine Klageeinreichung noch nicht abgeschlossen sei. Sie hat darauf hingewiesen, dass wir es heute im Vergleich zu 2020 mit einer durch den russischen Angriffskrieg veränder

ten geopolitischen Lage und mit ambitionierteren Klimaschutzzielen zu tun haben.

(Zwischenruf Abg. Braga, AfD: Kommt ganz gelegen!)

Diese neue Lage in die Abwägungen mit einzube- ziehen, halten wir für sehr sinnvoll. Wir alle wissen leider auch, dass es die AfD mit dem Abwägen von verschiedenen differenzierten Standpunkten nicht so hat.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Man kann zusammenfassend sagen: Der Antrag der AfD ist völlig substanzlos. Herr Bergner hat das auch schon sehr gut ausgeführt. Wir als Koalitionsfraktionen lehnen ihn deshalb definitiv ab.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Danke sehr. Nächster Redner ist Herr Abgeordne- ter Tiesler, Fraktion der CDU.

Sehr geehrter Herr Präsident, werte Zuschauer am Livestream, liebe Kollegen, wir haben hier im Hohen Haus schon häufig über das Thema „SuedLink und SuedOstLink“ gesprochen und auch jetzt schon viele Argumente ausgetauscht, ich möchte daher auch die Rede kurzhalten. Der Bedarf von zusätzlicher Netzinfrastruktur ist unbestritten. Der Ausbau der wetterabhängigen Stromproduktion aus Wind und Sonne wird massiv vorangetrieben. Die norddeutschen Bundesländer haben günstige Be dingungen insbesondere für Windkraftanlagen. Ne ben den Küsten an Standorten der Onshore-Wind kraft werden eben auch massiv neue Offshore- Windparks auf dem Meer geschaffen. Um diesen Strom im Netz aufnehmen und innerhalb Deutsch lands zu verteilen, braucht es neue Netzinfrastruk tur; insbesondere die Industriezentren in Süd deutschland sollen damit erreicht werden. So weit, so gut.

Das, was wir als CDU-Landtagsfraktion in der De- batte um SuedLink und SuedOstLink aber stets kritisiert haben, ist der Trassenverlauf dieser neuen Stromtrassen. Es ist nicht begründbar, warum gerade Thüringen bei den Stromtrassen der Lastesel Deutschlands sein soll. Wir haben bereits unseren Teil mit der Thüringer Strombrücke beigetragen. Wir haben im deutschen Vergleich keine großen Industriezentren mit enormen Stromverbräuchen und wir haben aus nachvollziehbaren Gründen auch keine großen Offshore-Windparks. Wir haben stets die

(Abg. Wahl)

Erwartungshaltung an die Landesregierung formuliert, sich im Verfahren dafür einzusetzen, dass die Trassenverläufe verschoben werden, um eine weitere Belastung Thüringens zu vermeiden – notfalls auch mit Klagen. Wir sehen, dass die Landesregierung darin gescheitert ist, die Thüringer Interessen zu vertreten.

Daran würde aber auch die Beschlussfassung des vorliegenden AfD-Antrags nichts ändern. Problematisch an dem Antrag ist vor allem, dass die grundsätzliche Notwendigkeit für neue Stromtrassen geleugnet wird. Daher werden wir uns bei diesem Antrag enthalten. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Nächster Redner wäre laut Liste Herr Abgeordneter Möller, Fraktion der SPD. Ich kann jetzt nicht feststellen, dass er da ist. Dann streiche ich ihn von der Rednerliste. Nächste Rednerin wäre dann Frau Abgeordnete Hoffmann, Fraktion der AfD.

Herr Präsident, in der Einbringung zu unserem Antrag „Suedlink- und Suedostlink-Trassen verhindern – Wort halten, Klageweg beschreiten!“ habe ich ein Gutachten des BUND – genauer gesagt des BUND Hessen – zur rund 700 Kilometer langen SuedLinkLeitung erwähnt, also nicht Buh-hu-AfD, sondern BUND.

Ich will nun aus diesem Gutachten, das im Auftrag des BUND Hessen, des ÖkoKreises Gemünden, des Initiativkreises Netzentwicklungsplanung Würzburg und N-ERGIE Nürnberg sowie verschiedener Bürgerinitiativen erstellt wurde, zitieren: „Wissenschaftliches Gutachten zu Ist SuedLink zwingend erforderlich? […] Sowohl das GleichstromErdkabel SuedLink als auch die Drehstrom-Freileitung Mecklar – Dipperz – Bergrheinfeld sind im Jahr 2030 nur erforderlich, falls seltene Leistungsspitzen gesichert in vollem Umfang transportiert werden sollen. Der Netzentwicklungsplan Strom 2030 lässt entgegen der EU-Vorgaben die Kosten des Netzausbaus völlig unberücksichtigt, was zu einem überdimensionierten Netzausbau führt. Laut Berechnungen der europäischen Übertragungsnetzbetreiber sind die Kosten von SuedLink größer als sein Nutzen. […] Verbrauchsnah installierte Reservekraftwerke sind für die Gewährleistung einer hohen Versorgungssicherheit zwingend erforderlich und verringern gleichzeitig den Netzausbaubedarf. Statt verbrauchsnahe Reservekraftwerke einzuplanen, will der 1. Entwurf des

Netzentwicklungsplans Strom 2035 Defizite durch ungesicherte Stromimporte decken und riskiert so Stromknappheiten und Stromausfälle.“ Wie gesagt: BUND.

Ein Autor des Gutachtens, der Wirtschaftsinformatiker Lorenz Jarass, sagt, dass die Leitung nur bei der maximalen Stromproduktion durch Windkraft an der norddeutschen Küste erforderlich sei, solche Spitzen aber nur in einigen Dutzend Stunden pro Jahr zu erwarten sind. Die SuedLink-Planung orientiere sich für den Leitungsbau ausschließlich an diesem Spitzenbedarf. Es ist davon auszugehen, dass für den 500 Kilometer langen SuedOstLink ebenfalls ausschließlich Spitzenleistungen zugrunde gelegt wurden. Dass bei der Verfolgung des volatilen Energieziels keine Rücksicht auf die Umwelt genommen wird, ist eine weitere treibende Kraft der Proteste gegen die Stromtrassen. Wie weit das geht, wie skurril das ist und dass dabei selbst sonstige Grüne-Vorzeigeprojekte ignoriert werden, zeigt eine Antwort des Umweltministeriums auf meine Anfrage 7/4710. Darin werden die Sichtung eines Wolfs bei Schwallungen und die Residenz der Zella/Rhön-Fähe im Länderdreieck bestätigt. Dies hätte aber keine Auswirkungen auf den Trassenverlauf von SuedLink. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen.

Laut Antworten der Landesregierung auf meine Anfragen zu durch SuedLink betroffenen Waldflächen werden folgende Areale genannt: Wünschensuhl, Lindigshof, Barchfeld-Immelborn, Schmalkalden, Schwallungen, Solz, Stedtlinger Wald und Henneberg. An fünf dieser Standorte wird durch überirdische Bauweise Wald auf der gesamten Länge gerodet, bei den anderen der Wald untergraben. Aber das habe keine Auswirkungen auf den Wolf. Da schütteln die Menschen aus dem Wartburgkreis und dem Kreis Schmalkalden-Meiningen ob dieser Widersprüche dieser Landesregierung zu Recht den Kopf und laufen Sturm. Auch die Bürger aus Ostthüringen werden dies entsprechend zur Kenntnis nehmen.

Um den durch die hausgemachte Energiekrise gebeutelten Unternehmen das Mammutprojekt schmackhaft zu machen, schlug der Ministerpräsident im Juni vergangenen Jahres drei Vorhaben vor, unter anderem als Variante A, SuedLink anzuzapfen, um insbesondere die energieintensiven Unternehmen mit Strom zu versorgen. Diese Rechnung wurde allerdings ohne die Physik gemacht, was eine Nachfrage dokumentiert. Dazu zitiere ich aus der Antwort auf meine Anfrage 7/3942. Frage: „Wie stellt sich die Landesregierung die mögliche Umsetzung der drei Vorschläge im Detail vor?“ Antwort: „Diese Frage kann derzeit noch nicht beant

(Abg. Tiesler)

wortet werden, da die rechtlichen Prüfungen und fachlichen Untersuchungen noch nicht abgeschlossen sind.“

„Welche Aufträge zur Prüfung der Realisierbarkeit der genannten Vorschläge hat die Landesregierung an wen erteilt und welche Kosten sind damit […] verbunden?“ war die Frage. Antwort: „Aufträge wurden noch nicht erteilt. Kosten sind insoweit noch nicht angefallen. Die Überprüfung der Vorschläge b) und c) wird jedoch in Kooperation mit der Technischen Universität Ilmenau in Kürze beginnen und ein entsprechender Vertrag geschlossen werden. Dafür werden voraussichtlich […] 62.000 Euro anfallen.“

„Wie ist der Stand der angekündigten Prüfungen der genannten drei Vorschläge beziehungsweise welche Prüfungsergebnisse liegen der Landesregierung vor und seit wann?“ Antwort – jetzt kommt es: „Die Variante a) aus den Vorbemerkungen […] wird jedoch aus zeitlichen und technischen Gründen auf Rat der Fachleute derzeit nicht weiterverfolgt.“ Ich sage ja: ohne Rechnung mit der Physik gemacht. „Prüfungsergebnisse liegen insofern nicht vor. Mit ersten Prüfungsergebnissen zu den Varianten b) und c) wird frühestens im 2. Quartal [dieses Jahres] gerechnet.“

Die Anträge für SuedOstLink und SuedLink wurden mittlerweile mit den konkreten Verläufen in Thüringen eingereicht. Für SuedLink wurde sogar ein vorzeitiger Baubeginn beantragt. Man will wohl schnell Fakten schaffen. Die Landesregierung ist damit aufgefordert, Farbe zu bekennen, ob sie bezüglich SuedLink gegen den Trassenverlauf klagt oder nicht. Nach Energiewirtschaftsgesetz hat eine Anfechtungsklage gegen einen Planfeststellungsbeschluss zwar keine aufschiebende Wirkung, der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung kann aber innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses gestellt und begründet werden. Der Klageweg bezüglich SuedLink sollte im Interesse des Landes also beschritten werden, denn der Bau der geplanten Stromtrasse, aber auch der von SuedOstLink stellt einen schädlichen Eingriff in die Umwelt dar. Betroffene Gemeinden, Städte und Kreise sind bei der Klage einzubinden. Da beide Stromtrassen nur infolge der einseitigen energiepolitischen Ausrichtung auf volatile Energieerzeugungsträger gebaut werden sollen, wäre die deutsche und die Thüringer Energiepolitik vielmehr auf eine kostengünstige, umweltverträgliche und sichere Energieversorgung auszurichten, was eine Abkehr von der verfehlten Energiewende bedingt.

Ja, es gibt den Klimawandel, das hat niemand geleugnet, Frau Wahl.

(Zwischenruf Abg. Wahl, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Doch, gestern!)

Aber die Energiewende ist keine Antwort auf den Umgang mit dem Klimawandel. Hunderte-Kilometer-lange Umweltzerstörung ist keine Antwort auf den Klimawandel.

Am Ende meiner Rede stelle ich also die Frage an die Landesregierung: Reichen Sie Klage gegen SuedLink ein oder nicht? Machen Sie sich ehrlich!

(Beifall AfD)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete. Weitere Redewünsche aus den Reihen der Abgeordneten liegen mir nicht vor. Möchte die Landesregierung sprechen? Herr Minister Stengele, bitte.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, sehr geehrte Zuschauer, auch am Livestream! Herr Gleichmann, wir haben neulich auf der Energieministerkonferenz genau diese Frage mit den Netzentgelten ganz intensiv besprochen. Sie haben das gut dargestellt. Trivial ist es nicht, weil da natürlich alle Länder ganz unterschiedliche Interessen haben – unabhängig davon, von wem sie regiert werden. Aber wir haben uns darauf verständigt, dass wir daran weiterarbeiten. Es ist natürlich so, dass in Thüringen, aber zum Beispiel auch in Bayern und so der Netzausbau jetzt erst wirklich anfängt. Deshalb ist es nicht trivial, aber das Problem ist erkannt, und im Moment trifft es tatsächlich, wie Sie gesagt haben, die mitteldeutschen und die norddeutschen Länder härter und unverdientermaßen härter als die Südländer. Aber das Problem ist erkannt.