Protocol of the Session on June 2, 2023

Tatsächlich befinden sich Schiefergasvorkommen in Deutschland und werden auf 800 Milliarden Kubikmeter Schiefergas und 20 Milliarden Kubikmeter konventionelles Erdgas geschätzt. Aus einer Studie der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe geht allerdings hervor, dass auf dem Gebiet des Freistaats keine nennenswerten Vorkommen von Schiefergas und Schieferöl zu erwarten sind. Das gilt bis auf Rügen für ganz Ostdeutschland. Auf Rügen, dort, wo ein Flüssiggashafen gebaut werden soll, werden die sich freuen, wenn dort nun auch noch gefrackt werden soll. Die größten Vorkommen liegen im norddeutschen Becken, nicht im Freistaat. Trotzdem Fracking? Was soll Thüringen denn zuzüglich zur rot-rot-grünen Minderheitsregierung noch zugemutet werden?

(Beifall AfD)

Die Verspargelung der Landschaft soll aufgrund eines Gesetzes der rot-gelb-grünen Ampel und von Rot-Rot-Grün in Thüringen auf 2,2 Prozent ansteigen.

(Zwischenruf Abg. Dr. Lukin, DIE LINKE: Der Antrag war von der FDP, nicht von Rot-Rot- Grün!)

SuedLink und SuedOstLink sollen aufgrund des Willens des Bundes und des Landes im Namen der Energiewende kilometerlange Schneisen und Tunnel unter Wälder durch den Freistaat pflügen. Jetzt soll auch noch Fracking dazukommen? Wir sagen: nein, danke.

(Beifall AfD)

Einer anderen Idee des Antrags der FDP-Gruppe ist mehr abzugewinnen. Die Einspeisung von Biogas ins Erdgasnetz kann einen kleinen Teil der Energieproblematik lösen, zumal Biogasbetreiber immer wieder damit konfrontiert sind, dass sie Biomasse zurückhalten müssen und so an der Grenze der Wirtschaftlichkeit herumlaborieren. Die Erdgasleitungen sind laut Bundesnetzagentur auch dafür ausgelegt.

Insgesamt werden wir dem Antrag mit der Forderung, Fracking in Thüringen zu ermöglichen, nicht zustimmen. Wir legen stattdessen folgende Optionen auf den Tisch: Wie wäre es, wenn sich die Ampel aus SPD, Grünen und FDP für Friedensverhandlungen mit Russland einsetzt und danach wie

der, wenn Frieden herrscht, energiepolitische Verhandlungen durchführt? Vielen Dank.

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. Hey, SPD: Ach so! So ein- fach ist das!)

Die Zwischenfrage von Herrn Montag.

Werte Frau Kollegin, Sie haben ja von der Umweltgefährdung durch Fracking gesprochen. Das will ich Ihnen auch zugestehen, weil das Ausweis dessen ist, dass Sie wieder nicht auf der Höhe der Zeit sind.

(Heiterkeit AfD)

Deswegen meine Frage an Sie, ob Sie das Verfahren „Bio Enhanced Energy Recovery“ kennen – abgekürzt „BEER“ wie „Bier“, das ist vielleicht für die Kollegen ganz interessant –, das in Clausthal, Exeter in England, in Südafrika, Colorado und in der Schweiz entwickelt worden ist, also ein internationaler Forschungsverbund von führenden Montanuniversitäten. Ist Ihnen dieses Verfahren bekannt, das günstiger ist und keinerlei umweltgefährdende Chemikalien mehr einsetzt?

Ich persönlich kenne das nicht, aber Sie können sich ja gern auf Bundesebene dafür einsetzen, dass EU-Gesetze, Nationalgesetze und die Landesgesetze aufgehoben werden, um damit Fracking zu ermöglichen. Wenn dann Umweltschäden entstehen, werden wir ja sehen, wie nützlich das ist. Wir glauben, es ist nicht nützlich.

(Beifall AfD)

Als Nächstes habe ich jetzt auf meiner Liste noch Abgeordneten Kemmerich für die Gruppe der FDP stehen. Bitte schön.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Gäste auf der Tribüne, wir erleben die ganze Bandbreite der Diskussion zum Thema, was zugegebenermaßen sicherlich nicht die Riesenrelevanz für den deutschen Energiemarkt hat, aber deshalb sagen wir: Erforscht es. Wenn wir dieses Erforschen aufgeben, werden wir viele Chancen eben nicht heben können. Kollege Robert Montag

hat es gerade vorgelesen, diese brennenden Wasserhähne, liebe Kollegen von der AfD, das sind dieselben Fake News, die ihr uns auch oft auftischen wollt; jetzt fallt ihr selber darauf rein, das ist auch ganz spannend.

(Beifall Gruppe der FDP)

Es ist inzwischen durch tausendfache Bohrungen weltweit erwiesen, dass das Umweltrisiko durch Fracking gebändigt ist. Natürlich ist nichts ohne Risiko und man kann jetzt auch das Glas wieder halb leer sehen, aber wir wollen doch eines machen: mit offenem Verstand, mit den Wissenschaftlern an der Seite die Möglichkeiten erforschen, die uns in die Lage versetzen, unsere Energieversorgung unabhängig von Drittstaaten sicherzustellen. Da mag Thüringen einen kleinen Beitrag leisten. Ich habe eben mal zitiert, dass wir zurzeit nur ein Zehntel der Menge selber fördern, die wir aus Norwegen holen. Insofern könnten selbst Thüringer Vorräte zumindest für den Thüringer Energiemarkt einen signifikanten Beitrag leisten, die Energieversorgung tatsächlich klimaneutraler zu gestalten. Denn eines bleibt, liebe Kolleginnen von den Grünen: Immer wieder fangen Sie an, bei der Energieversorgung Deutschlands nur über den Strommarkt zu reden. Wir wissen, dass der Strombedarf zurzeit ein Siebtel ungefähr des gesamten Primärenergiebedarfs in Deutschland ist. Selbst wenn es uns gelänge, mit nicht grundlastfähiger Erzeugung von Energie, nämlich Sonne und Wind, 50 Prozent Strom zu gerieren – Fachleute sagen, heute ist der Gesamtbedarf in Deutschland 540 Terawattstunden, der wird um 200 Terawattstunden ansteigen, nur wenn man den Ausbau der Elektromobilität so vorantreibt, die ganze Frage der Heizpumpen ist da noch nicht enthalten. Also die Strommenge wird explodieren. Zurzeit ist der Strommix durch den Einsatz von Kohlestrom ein sehr dreckiger, ein sehr CO2-lastiger.

Deshalb, liebe Kollegin Wahl, müssen wir den Leuten auch da reinen Wein einschenken und die Wahrheit sagen. Primärenergie ist weit mehr als Strom. Und wenn wir betrachten und beklagen, dass sich Schwerindustrie, Industrie, BASF in großem Maße im Ausland ansiedeln wollen, wie gesagt, auch Firmen aus Jena, der Mittelstand kaum mehr Konzepte hat, Energiegewinnung bezahlbar im Markt einzusetzen, dann müssen wir das sehr ernst nehmen. Wir können nicht sagen, das Einzige, was hindert, ist der Ausbau von erneuerbaren Energien.

(Beifall CDU, Gruppe der FDP)

Wir wissen doch alle, was dagegensteht: nicht nur unsere Landschaften, nicht nur der Wald, wo wir weiter dagegen sein werden, dass dort Windräder

Platz finden. Wir sind dafür, dass wir Photovoltaik weiter aufbauen, aber erst mal die Dachflächen auf den landeseigenen Immobilien nehmen. All das sind doch zurzeit Nadelöhre, mit denen wir nicht weiterkommen.

(Beifall Gruppe der FDP)

Und nochmals, wenn wir über die Kurzfristigkeit reden und wie toll der Energieminister Herr Habeck das gemacht hat: Der fährt nach Katar – sicher auch kein besonders lupenreines, demokratisches System – und handelt einen Deal mit LNG-geförderten Gasmengen aus, die erst ab 2027 über die Weltmeere fahren. Was das jetzt für ein kurzfristiger Beitrag zur Lösung dieser Energiekrise und des nächsten Winters ist, erschließt sich mir auch nicht.

(Beifall CDU, Gruppe der FDP)

Wir muten unseren Nachbarn zu, aus ähnlichen Situationen Gas zu explorieren, was wir in Deutschland nicht machen. Vielleicht stoßen wir in Thüringen eine Debatte über Möglichkeiten los, die die moderne Wissenschaft heute über die Methode Fracking eben auch mit der – nennen wir es einfach, das Hohe Haus weiß dann, was gemeint ist – BEER-Methode bietet. Es ist eben ein anderes Fracking als das aus dem Jahr 2001, das uns auf YouTube geriert wird.

(Beifall Gruppe der FDP)

Aufgabe von Politik ist eben nicht, diese alten Ressentiments zu bedienen – insofern hat sich die AfD ja wunderbar mit entlastet –, sondern zu sagen, das ist das, was modern, machbar und möglich ist. Ich glaube, das bringt auch Zuversicht und Zutrauen in Politik, Zutrauen in Wissenschaft, Zutrauen in Fortschritt und nicht ideologisches Klebenbleiben auf Standpunkten, die wir längst hätten verlassen sollen. Vielen Dank.

Vielen Dank. Aus den Reihen der Abgeordneten liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen vor. Für die Landesregierung hat sich Minister Stengele zu Wort gemeldet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Abgeordnete, liebe Zuschauerinnen hier im Saal und am Livestream! Herr Kemmerich, wir können uns wirklich darauf verständigen, dass die Herausforderungen riesig und nicht einfach zu beantworten sind. Deshalb ist es richtig, dass alle Optionen auf den Tisch kommen.

(Abg. Kemmerich)

Herr Gottweiss, ich gebe auch Ihnen recht, wir können nicht sagen: not in my backyard – nicht in unserem Vorgarten. Wenn wir Energie brauchen, dann müssen wir alle Optionen prüfen und wir müssen auch in Kauf nehmen, dass wir sie in Deutschland prüfen, können nicht zulassen, dass anderswo die Natur in Anspruch genommen wird und wir selber uns da raushalten. Da gebe ich Ihnen recht.

Zur Absicherung der Versorgungssicherheit – die Umstände sind ja hinreichend beschrieben worden – müssen alle Optionen auf den Tisch. Die Landesregierung trifft oder befördert weiterhin Entscheidungen, die langfristig einerseits Versorgungssicherheit garantieren und gleichzeitig – das ist ganz wichtig – den Wirtschaftsstandort Thüringen nicht nur sichern, sondern voranbringen. Und das geht nun mal mit einem schnellen Ausbau der Erneuerbaren. Nachhaltig und kostengünstig ist Energie für uns in Thüringen weder mittelfristig noch langfristig zu haben eingedenk der Tatsache, dass ich den Zusammenhang zwischen Primärenergie und Stromenergie durchaus verstehe.

Welche Rolle spielt in dem Zusammenhang nun die Erdgasförderung in Thüringen? Grundsätzlich ist Erdgas natürlich auch ein fossiler Energieträger, dessen Entstehung Jahrmillionen gebraucht hat, dabei sehr viel CO2 weggespeichert hat, das bei der Verbrennung frei wird und unser Klima erwärmt. Also ist er langfristig nicht brauchbar, wenn wir CO2-neutral werden wollen. Damit trägt Gas nämlich zu der schweren und andauernden Krise zu den verheerenden Auswirkungen der Klimaerwärmung bei. Dennoch ist es weniger schädlich als Kohle oder Erdöl und weniger gefährlich als Atomstrom. Zudem sind Gaskraftwerke sehr flexibel und in ihrer modernen Form auf Wasserstoff umrüstbar. Auch darüber hat Herr Habeck mit Katar verhandelt, nämlich über grünen Wasserstoff.

Daher haben sich die Bundesregierungen der vergangenen 20 Jahre für Gas als Brückentechnologie ausgesprochen. In Thüringen wird derzeit Erdgas in der Nähe von Mühlhausen und Bad Langensalza zutage gefördert und anschließend aufgrund der bereits niedrigen Druckverhältnisse mittels Gasmotoren verstromt. Der Druck reicht jetzt schon nicht mehr für Turbinen aus. Allerdings ist ein bedeutsamer Ausbau der Erdgasförderung in Thüringen aufgrund der relativ überschaubar vorhandenen Ressourcen nicht möglich. Die einzige in Thüringen noch wirtschaftlich interessante Erdgaslagerstätte Krahnberg bei Gotha stellt grundsätzlich eine Option für eine Nutzung

(Beifall SPD)

und insbesondere für eine Nachnutzung dar, zum Beispiel für geothermische Wärmegewinnung. Also wenn das Gas raus ist, könnte man dann in die frei werdenden Räume zum Beispiel CO2 einsperren, durchlaufen lassen, hätte dann eine sehr langfristige Wärmegewinnung für Gotha.

(Beifall SPD)

Die Vorräte an Erdgas würden eine Stadt wie Gotha überschlägig allerdings nur ein gutes Jahrzehnt mit Gas versorgen können. Dazu sind wir mit dem Unternehmen Neptune Energy als Inhaberin der Bergbauberechtigung im Gespräch. Allerdings ist noch zu prüfen, ob die Rückführung des im Rohgas mit 50 Prozent enthaltenen CO2 mit dem CCS-Gesetz konform geht. Und es muss sich natürlich rechnen.

Andere Anträge zur Erdgasförderung liegen weder von Unternehmen vor, noch haben Kommunen ihr Interesse bekundet. Es lohnt sich wohl einfach nicht. Der Umstand kommt nicht von ungefähr, fällt der Anteil Thüringens mit knapp 0,2 Prozent an der deutschen Erdgasförderung kaum ins Gewicht. Bei der Betrachtung des Gesamtverbrauchs in Deutschland wird es noch deutlicher, da dieser bis zu 95 Prozent durch Gasimporte gedeckt wird, das heißt, in Thüringen können wir maximal 0,01 Prozent des Gases fördern, das wir benötigen. Aber wir sollten das auch weiterhin effektiv nutzen.

Fracking kommt für Thüringen nicht infrage. Das haben meine Vorrednerinnen schon gesagt. Ich erinnere an dieser Stelle an die Worte der Vorgängerregierung aus dem Jahr 2012: In Thüringen gibt es keine unkonventionellen Erdgaslagerstätten, die durch Fracking erschlossen werden könnten. Es gibt damit leider keine Option, die auf den Tisch zu legen wäre.

Zum angesprochenen Thema „Biogas“ noch ein paar Sätze: Grundsätzlich ist es technisch möglich, Biogasanlagen umzurüsten, um das gewonnene Gas in das Verteilnetz einspeisen zu können. Diese Entscheidung basiert dann auf den ortskonkreten Gegebenheiten sowie auf den spezifischen betriebswirtschaftlichen Kenngrößen und damit auf dem jeweiligen individuell angepassten Geschäftsmodell. Jede Biogasanlage und deren nachgeschaltete Prozesse wären demnach separat zu betrachten. Hervorheben möchte ich in diesem Zusammenhang gern: Es ist der Landesregierung schon immer ein wichtiges Anliegen, die Stromerzeugung aus Biogas zu stärken. Deshalb hat sich die Landesregierung auch im Bundesrat für eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Nutzung von Biogas eingesetzt und unterstützt auch weiterhin darauf abzielende Initiativen. Was wir nicht für zielführend halten, ist der monokultu

(Minister Stengele)

relle massenhafte Anbau von Biogaspflanzen. Das wäre aus unserer Sicht ein Irrweg.

Zum Schluss noch mal: Die Landesregierung steht jedweden konstruktiven Lösungen offen gegenüber und sucht sie auch selbst. Regionale oder lokale intelligente Lösungen zur Energiegewinnung können sehr hilfreich sein. Das muss gepaart werden mit einer nationalen und internationalen Strategie, die die Abhängigkeit ebenso wie den CO2-Ausstoß perspektivisch und schnell verringert. In diesem Sinne habe ich vorige Woche mit dem schwedischen Botschafter gesprochen, der im Verbund mit Finnland und Dänemark grünen Wasserstoff zur Verfügung stellen will und kann. Wir setzen uns für den Aus- und Umbau des Ferngasnetzes ein, das den Transport ermöglichen würde. Aber auch hier möchte ich hinzufügen: Das ist keine magische Kugel, mit der wir alle Herausforderungen meistern können. Es bleibt das Zusammenspiel von vielen Faktoren. Gas hat in Thüringen dabei nun mal ein sehr untergeordnetes Potenzial. Zur Überwindung der schwierigen Lage bedarf es pragmatischer und weniger bürokratischer Lösungen. Da sind wir uns einig. Inklusive unserer Verwaltungen, die eine Schlüsselrolle einnehmen und herausragende Arbeit leisten, müssen wir uns da alle ein wenig bewegen. Da sind wir gefordert, um den Wirtschaftsstandort Thüringen zu stärken, die Versorgungssicherheit zu sichern und gleichzeitig den Blick auf die Zukunft und Gegenwart unserer Kinder und Kindeskinder nicht zu verlieren. Herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. Gibt es jetzt noch weitere Wortmeldungen? Das kann ich nicht erkennen. Ist Ausschussüberweisung beantragt?