Vielen Dank. Wir kommen zur nächsten Mündlichen Anfrage, die des Abgeordneten Mühlmann in der Drucksache 7/8033. Bitte, Herr Abgeordneter.
Linksextremistische Drohungen im Zusammenhang mit der Urteilsverkündung gegen eine Linksextremistin am Oberlandesgericht Dresden
Im Zusammenhang mit der Urteilsverkündung gegen die Linksextremistin Lina E. rufen Linksextremisten derzeit dazu auf, dass für jedes Jahr Gefängnisstrafe „sofort 1 Million Sachschaden bundesweit“ verursacht werden solle. Um diese Androhung zu bekräftigen, seien bereits Namen, Dienstgrade und Dienststellen von an den Ermittlungen beteiligten Polizeibeamten veröffentlicht worden. Auch im Freistaat Thüringen wurden in der Ver
gangenheit Solidaritätsbekundungen mit der Linksextremistin veröffentlicht, nach Kenntnis des Fragestellers unter anderem die der Linkspartei nahestehenden Jugendorganisation Linksjugend [‘solid].
1. Sieht die Landesregierung in den offenen Drohungen von Linksextremisten im Zusammenhang mit der zu erwartenden Urteilsverkündung eine echte Gefährdungslage, wenn ja, wie bereitet sich die Thüringer Polizei auf die Zeit nach der Urteilsverkündung vor?
2. Welche Personen, wie etwa einzelne Gruppen, Amtsträger, Mandatsträger, Familienmitglieder oder Parteimitglieder, und welche Infrastruktur, wie etwa Dienststellen, Gebäude oder Sachen, sind nach Einschätzung der Landesregierung in welchem Umfang im Zusammenhang mit den linksextremistischen Drohungen besonders gefährdet?
3. Wie schützt die Landesregierung die in Frage 2 genannten Personen und Infrastruktureinrichtungen?
4. Ergeben sich nach Ansicht der Landesregierung durch Solidaritätsbekundungen der Linksjugend [‘solid], einer der regierungstragenden Partei Die Linke nahestehenden Jugendorganisation, mit einer offen linksextremistisch agierenden Gruppierung möglicherweise Interessenkonflikte und wie wird das begründet?
Für die Landesregierung antwortet das Ministerium für Inneres und Kommunales, Frau Staatssekretärin Schenk.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Mühlmann beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:
Zu Frage 1: Zur Lagebewertung um den Tag der Urteilsverkündung gegen Lina E. am 31.05.2023 und zum Tag X am 3. Juni 2023 wurden umfangreiche Gefährdungsbewertungen der Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder erstellt. Die Hauptangeklagte Lina E. ist innerhalb der linken Szene zu einer Symbolfigur geworden. Insofern ist zu erwarten, dass das Urteil eine hohe Wirkung auf Sympathisanten hat. Die Informationen der Sicherheitsbehörden zeigen, dass seit der Urteilsverkündung am 31.05. bundesweit Aktionen stattfinden. Zudem wird davon ausgegangen, dass am sogenannten Tag X, also dem 3. Juni 2023, eben dem Samstag nach der Urteilsverkündung, zentral
in Leipzig demonstriert werden wird. Die Sicherheitslage für den Freistaat Thüringen ist in diesem Zusammenhang bislang nur schwer zu konkretisieren. Einerseits können auch hier demonstrative Aktionen stattfinden und andererseits können Resonanzstraftaten nicht ausgeschlossen werden. Zudem besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass Thüringen als Ausweichort für den Tag X infrage kommt. Dafür spricht zudem die unmittelbare Nachbarschaft zum Freistaat Sachsen. Die Thüringer Polizei arbeitet unter der Führung der Landespolizeidirektion in engem Zusammenwirken mit dem Landeskriminalamt in einem mehrtägigen landesweiten Polizeieinsatz, um die öffentliche Sicherheit und Ordnung aufrechtzuerhalten. Neben fortwährender Lagebewertung und Abstimmung mit der einsatzführenden Dienststelle im Freistaat Sachsen wird die Thüringer Polizei insbesondere mit einer offenen Präsenz im öffentlichen Raum, dem Schutz von themenspezifischen Versammlungen, Personen- und Objektschutzmaßnahmen – also zum Beispiel staatliche Einrichtungen und Objekte der Polizei, Justiz und Bundeswehr sowie Unternehmensstandorte der Wirtschaft – sowie einsatzbegleitende Öffentlichkeitsarbeit agieren. In Anbetracht der unklaren Erkenntnislage sind alle verfügbaren Einheiten in den mehrtägigen Einsatz eingebunden.
Ich komme zu Frage 2: Wie bereits in der Antwort zur Frage 1 ausgeführt, können sich mögliche Sicherheitsstörungen unter anderem gegen staatliche Institutionen, Unternehmensstandorte der Wirtschaft als auch gegen Personen des politischen Gegenübers richten.
Zu Frage 4: Die Landesregierung verurteilt jegliche Art von Aufrufen zur Begehung von Gewalttaten. Hinweisen auf Aufrufe zu Gewalt oder Gewalttaten und sonstigen möglichen Störungen wird sowohl im Vorfeld als auch im Verlauf von Veranstaltungen von den jeweils zuständigen Behörden, insbesondere von Sicherheitsbehörden im Rahmen ihrer gesetzlich normierten Zuständigkeit nachgegangen und zwar unabhängig von einer möglichen extremistischen Bewertung der Aufrufer. Ziel des gemeinsamen behördlichen Handelns ist die Absicherung eines störungs- und gewaltfreien Ablaufs aller Veranstaltungen. Grundlage der Prognose und Bewertung der einzelnen Veranstaltungen und der gegebenenfalls zu veranlassenden Maßnahmen sind konkrete Erkenntnisse im Einzelfall.
Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. Es gibt keine Nachfragen. Damit komme ich zur nächsten Mündlichen Anfrage des Abgeordneten Kemmerich in der Drucksache 7/8048. Bitte, Herr Abgeordneter.
Die Thüringer Landesregierung legt in der Antwort auf die Kleine Anfrage 7/4550 „Digitalisierung und Bearbeitungszeit von Wohngeldanträgen in Thüringen“ in Drucksache 7/7948 dar, dass sich die Bereitstellung eines Onlineverfahrens zur Beantragung von Wohngeld in Thüringen aufgrund der Abhängigkeit zum leistungsverantwortlichen Bundesland Schleswig-Holstein verzögern wird. Weiterhin führt die Thüringer Landesregierung in ihrer Antwort auf die Fragen 10, 11 und 12 aus, dass Mehrbelastungen infolge des Wohngeld-Plus-Gesetzes im Zuge der Novelle des Thüringer Finanzausgleichsgesetzes für das Jahr 2024 neu bestimmt werden sollen.
1. Wurden die Risiken erhöhter Vollzugskosten beispielsweise durch Antragsstau bei den Wohngeldbehörden bei einer verspäteten Nachnutzung einer Einer-für-Alle-(EfA)-Lösung im Rahmen der nach § 7 der Thüringer Landeshaushaltsordnung – ThürLHO – obligatorisch durchzuführenden Wirtschaftlichkeitsbetrachtung gegenüber einer FIM-basierten Eigenentwicklung – Föderales Informationsmanagement – des Wohngeldverfahrens einkalkuliert und, wenn ja, wie begründet die Landesregierung anhand monetärer und nicht monetärer Entscheidungskriterien ihren Entschluss zur EfA-Nachnutzung?
2. Stellt der in der Antwort auf Frage 4 der oben genannten Kleinen Anfrage dargestellte Gesamtprozess zur Bearbeitung von Wohngeldanträgen bereits den nach § 19 Abs. 2 des Thüringer E-Government-Gesetzes – ThürEGovG – optimierten Prozessablauf dar und wenn nicht, bis wann ist seitens der Landesregierung geplant, den durch Vollzugskritik optimierten Gesamtprozess in die EfA-Lösung in Abstimmung mit dem herstellenden Land Schleswig-Holstein implementiert zu haben?
3. Wie erklärt die Landesregierung ihre Annahme zu den Antworten 10, 11 und 12 der oben genannten Kleinen Anfrage, dass das WohngeldPlus-Gesetz zu Mehrbelastungen bei den kommu
nalen Vollzugsbehörden führt, obwohl die konsequente Digitalisierung des Wohngeldverfahrens einerseits finanzielle und zeitliche Einsparungen, das heißt, eine positive Digitalisierungsrendite in den Vollzugsbehörden, hervorruft und zum anderen die Softwarekosten für das Wohngeldverfahren gemäß Kapitel 16 16 Titel 538 73 sowie Kapitel 16 10 Titel 538 71 nahezu vollständig vom Landeshaushalt bestritten werden?
4. In welcher Höhe wurden die monetären Gesamtkosten – Vollkosten – für die Einführung und den Betrieb der EfA-Lösung aus Schleswig-Holstein, einschließlich Herstellung der Interoperabilität zwischen der EfA-Lösung und dem Wohngeldfachverfahren in der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung kalkuliert – bitte haushaltswirksame und nicht haushaltswirksame Kostenbestandteile getrennt für einen Betrachtungsraum von fünf Jahren darstellen?
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Bergner. Für die Landesregierung antwortet das Ministerium für Infrastruktur, Landwirtschaft und Forsten, Frau Staatssekretärin Prof. Dr. Schönig.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Abgeordnete, gestatten Sie mir eine Vorbemerkung. Aufgrund der sehr kurzen Bearbeitungszeit, die zur Beantwortung von Mündlichen Anfragen für die Landesregierung zur Verfügung steht, war bei dieser Mündlichen Anfrage die Zeit nicht ausreichend, alle Informationen einzuholen, um hier eine umfassende Antwort zu geben. Vor diesem Hintergrund beantworte ich die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kemmerich für die Thüringer Landesregierung wie folgt:
Zu Frage 1: Die hier zitierte Einer-für-Alle-(EfA)-Lösung bezieht sich ausschließlich auf die Möglichkeit der digitalisierten Antragstellung. Für die Bearbeitung der in Papierform oder digital eingehenden Anträge steht den Thüringer Wohngeldbehörden bereits seit Jahren das elektronische Wohngeldfachverfahren eWoG zur Verfügung. Über dieses Programm erfolgt auch bei digital eingehenden Anträgen die entsprechende Antrags- bzw. Wohngeldbearbeitung. Der zu verzeichnende Antragsstau ist insofern keine Folge des verzögerten Go-Live des Onlinedienstes, also der EfA-Lösung, sondern vielmehr eine direkte Folge der zum 1. Januar 2023 in Kraft getretenen Wohngeldreform, mit der der Kreis der anspruchsberechtigten Bürger deutlich ausgeweitet worden ist, ohne dass den Ländern oder der kommunalen Ebene die erforderliche Vorberei
tungszeit zur Umsetzung einer solchen Reform zur Verfügung stand. Die Umsetzung der EfA-Lösung kristallisierte sich im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung als die wirtschaftlichste Lösung heraus, dies unter anderem auch, weil keine Finbasierte Lösung mit einem entsprechenden Reifegrad zur Verfügung stand und sich ein Go-Live des Fin-basierten Onlinedienstes hätte erst deutlich später realisieren lassen als ein Go-Live der EfALösungen. Auch in monetärer Hinsicht kristallisierte sich die EfA-Lösung als die wirtschaftlichste heraus.
Zu Frage 2: Der in der Antwort auf die Frage 4 der Kleinen Anfrage Nummer 4550 dargestellte Gesamtprozess bildet vollständig – das heißt inklusive denkbarer Eventualitäten – den Status quo ab. Auf das seit Jahren zur Verfügung stehende elektronische Wohngeldfachverfahren, das der Bearbeitung und Zahlbarmachung von Wohngeld dient, wird hingewiesen. Bei der EfA-Lösung handelt es sich um eine Lösung nach dem Onlinezugangsgesetz, das heißt, sie setzt die Forderung um, Anträge – hier auf Wohngeld – auch digital stellen zu können. Diese werden dann in die jeweiligen Fachverfahren eingespeist. Eine Implementierung des Gesamtprozesses im Sinne einer vollumfassenden Lösung von dem Eingang der Antragsdaten über die Bearbeitung der Anträge bis hin zur Auszahlung des Wohngeldes in die EfA-Lösung ist damit nicht verbunden und weder vom OZG noch in der Praxis vorgesehen.
Zu Frage 3: Es wird auf die Ausführungen zu den Fragen 1 und 2 verwiesen. Das elektronische Wohngeldfachverfahren eWoG, das seither der Bearbeitung und Zahlbarmachung des Wohngeldes dient, befindet sich bereits seit mehreren Jahren in allen Thüringer Wohngeldbehörden im Einsatz. Wenn von der geforderten Digitalisierung des Wohngeldes die Rede ist, ist die Umsetzung des OZG gemeint, also die Schaffung der Möglichkeit, Anträge auf Wohngeld auch digital stellen zu können. Die erheblichen Mehrbelastungen in den Kommunen resultieren aus der Ausweitung des Kreises der Anspruchsberechtigten im Zuge der Wohngeldreform, wie bereits gesagt. Eine deutlich höhere Anzahl an Anträgen führt somit zu einem deutlichen Arbeitsaufwuchs. Die in Deutschland vorhandenen Wohngeldfachverfahren, so auch das eWoG, ersetzen aber nicht vollständig die Prüfung und Bewertung des jeweiligen Sachverhalts.
Zu Frage 4: Nicht haushaltswirksame Kostenbestandteile fallen in dem angefragten Zeitraum nicht an. Die haushaltswirksamen aufsummierten jährlichen Gesamtausgaben mit Diskontierungsfaktor stellen sich wie folgt dar: Jahr 2023 –
122.369,80 Euro, Jahr 2024 – 279.199,75 Euro, Jahr 2025 – 437.082,27 Euro, Jahr 2026 – 578.665,59 Euro und im Jahr 2027 – 719.125,24 Euro.
Vielen Dank, Herr Präsident, mit Ihrer Erlaubnis auch gleich zwei. Vielen Dank, Frau Staatssekretärin, für die bisherige Antwort. Die erste Nachfrage: Darf ich zur besseren Nachvollziehbarkeit Ihrer Antworten zu Frage 1 und 4 darum bitten, den Abgeordneten des Hohen Hauses die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung und das entsprechende Projekthandbuch zukommen zu lassen?
Und die zweite Frage: Liege ich richtig in meiner Annahme, dass Sie eine IT-Lösung des herstellenden Bundeslandes Schleswig-Holstein einführen, ohne die Vollkosten, das heißt die haushaltswirksamen und nicht haushaltswirksamen Mehrbelastungen, konkret benennen zu können?
Ihre erste Nachfrage lasse ich prüfen, ob das möglich ist, und wenn das möglich ist, machen wir das selbstverständlich. Zu Frage 2 reichen wir die Antwort schriftlich nach.
Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. Für den heutigen Tag schließe ich hiermit diesen Tagesordnungspunkt, die Fragestunde.
Ich rufe erneut die Tagesordnungspunkte 17 und 20 bis 25 auf, um die Wahlergebnisse bekannt zu geben.
Wahl eines Vizepräsidenten des Thüringer Landtags Wahlvorschlag der Fraktion der AfD - Drucksache 7/8050 -