Protocol of the Session on March 17, 2023

Vielen Dank, Frau Kollegin Marx. Dann hat sich Abgeordneter Montag für die Gruppe der FDP zu Wort gemeldet.

Sehr verehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, vielen Dank für die sehr sachliche Debatte hier. Ich glaube, das zeigt, dass das Haus geeint ist im Ziel, tatsächlich die Notfallversorgung voranzubringen. Eine Sorge kann ich nehmen, das gilt, glaube ich, auch für die Kollegen der CDU: Wir haben hier nicht vor, in irgendeiner Art und Weise Notfallversorgung zu digitalisieren. Ein Notfall ist immer analog, ist immer real. Wir wollen aber natürlich Helfersysteme etablieren, die am Ende die Versorgung verbessern. Deswegen: Keine Angst vor dem Datenschutz! Man muss schon ein bisschen aufpassen, dass Datenschutz – das gilt vor allen Dingen auch für andere Bereiche, da nehme ich nur mal die Forschung – nicht am Ende zur Todesursache Nummer 1 in Deutschland wird. Da wünsche ich uns ein bisschen mehr Mut. Gerade die freiwillige Teilnahme bei Apps ist, glaube ich, für jeden etwas ganz Normales. Da werden auch keine großartigen Daten übertragen, außer eben GPS-Standorte. Und, meine Güte, jeder, der ein Smartphone hat, weiß, dass das wirklich nichts Neues ist.

Auch die Frage, sollten wir es erst erproben und wie sieht das aus mit diesen Ersthelferalarmierungsmöglichkeiten – das ist natürlich nichts Neues, es ist auch schon lange erprobt. Herr Mühlmann hat darauf hingewiesen, in Baden-Württemberg gibt es das schon. Das gibt es auch insgesamt in 142 Landkreisen in der Bundesrepublik Deutschland, flächendeckend in Brandenburg, flächendeckend in Schleswig-Holstein. Das gibt vielleicht schon einen kleinen Hinweis, warum diese Flächenländer das tun – weil sie es schlichtweg brauchen und es die Versorgung verbessert und eben keine Nachteile hat.

Ich habe vorhin schon gesagt, was unsere verschiedenen Punkte sind. Ich will vielleicht noch mal ein Stück weit auf die Unterschiede eingehen, die

die beiden Gesetzentwürfe hier haben. Das heißt aber nicht, dass hier irgendwo eine Konkurrenz oder so was ist, denn, wie gesagt, den CDU-Entwurf und unseren eint, dass wir hier eine Lösung wollen, die am Ende die Lebensverhältnisse in Thüringen verbessert.

(Beifall Gruppe der FDP)

Ich glaube, dass die Regelungsdichte des CDUEntwurfs gar nicht notwendig ist. Die grundständige Abgrenzung von Befugnissen und Aufgaben wie in Artikel 1 Nr. 2 des CDU-Entwurfs für einen § 7a Abs. 2 des Rettungsdienstgesetzes gefordert, ist gar nicht nötig, denn das ist schon im regulären bodengebundenen Einsatz von Notärzten geregelt. Da muss man einfach verstehen, dass, egal ob ein Telenotarzt zugeschaltet wird oder ob ein Notarzt selbst vor Ort ist, der jeweils involvierte Notarzt die medizinische Gesamtverantwortung des Einsatzes trägt. Wir müssen sehr vorsichtig sein, wenn wir als Gesetzgeber da zu stark regeln. Es gibt gute Gründe, dass der Gesetzgeber sich bei diesen Fragen ein Stück weit zurückhält. Es ist vor allen Dingen eine Frage des Berufsrechts und der Verbände, was, wie, wann und wo Mediziner in der Lage sind, etwas zu tun, denn es soll ja keine staatliche Verordnung geben, was und wie ein Mediziner zu versorgen hat. Sie wissen, es ist ein freier Beruf. Und diese Aufgabe nimmt auch die Selbstverwaltung wahr. Das kulminiert zumeist dann in dem, was wir von den Landesärztekammern hören, die Träger des Berufsrechts sind, bis hin auf Bundesebene die Bundesärztekammern. Also, da Vorsicht! Die Selbstverwaltung ist in der Lage, hier entsprechend zu regeln.

(Beifall Gruppe der FDP)

Aber auch die Frage der Einführung eines neuen Aufgabenträgers dafür ist, glaube ich, nicht notwendig, das ist in Artikel 1 Nr. 1 des CDU-Antrags zur Anfügung eines § 5 Abs. 1b gefordert. Das haben wir schon. Wir haben eine Aufgabenträgerschaft der KV für Gesamtthüringen. Die Frage der Haftung ist auch geklärt, denn es gibt eine Amtshaftung eben dieses Trägers, was in Thüringen die KV ist. Das ist eine Besonderheit bundesweit; normalerweise ist das anders geregelt, aber wir haben ja gute Erfahrungen gemacht. Insofern ist eine telenotärztliche Versorgung lediglich eine Erweiterung der Möglichkeiten. Ich glaube, da sollten wir es nicht komplizierter machen, als es tatsächlich notwendig ist.

Hier ist eben schon angesprochen worden, dass es möglicherweise notwendig sei, Aufgabenträgerschaft, Verfahrensprozesse zu definieren oder noch mal eine Qualitätssicherung hinzuzunehmen usw.

(Abg. Marx)

All das findet statt, denn es gibt eine Organisationsverantwortung des Aufgabenträgers. Auch das regeln wir ja nicht im Detail für den analogen Notarzt.

Letzter Teil des Gesetzentwurfs unsererseits war ja, wie gesagt, noch mal das DSGVO-konforme Erfassungssystem, um eben diese klinische Voranmeldung, die Prüfung verfügbarer Behandlungskapazitäten sowie die Abfrage von vorhandenen Bettenkapazitäten zu sichern. Darauf will ich noch kommen. Aber was da auch seitens der CDU angesprochen ist, nämlich die Ausstattung der Rettungsfahrzeuge durch eine festverbaute Kommunikationseinheit, auch das ist eine Vorgabe, die gar nicht notwendig ist. Die klingt zunächst mal sinnvoll, aber in der Realität ist sie das vielleicht gar nicht so sehr. Denn bei Unfall oder technisch bedingtem Ausfall können sie das gar nicht so schnell umswitchen und dafür gibt es schon erprobte sogenannte semimobile Kommunikationstechnik. Auch das sollten wir also lieber nutzen, da flexibel sein, als dann die Kosten in die Höhe zu treiben und die Verwendbarkeit dann zu reduzieren. Angesprochen ist auch hier die Zusatzqualifikation von Telenotärzten, das ist richtig. Aber, wie gesagt, im Gesetz ist das mehr als unüblich und die Landesärztekammern sind als Körperschaften öffentlichen Rechts dafür zuständig.

Ich freue mich dennoch auf die Debatte im Ausschuss. Das wird im Innenausschuss sein. Insofern, glaube ich, wenn wir zu einer Entscheidung kommen, wenn er überwiesen wird, kann ich schon mal versichern, dann verschwindet auch der Antrag natürlich, den wir noch haben. Das ist also auch kein Versehen, dass wir den haben stehen lassen, sondern das haben wir auch ganz bewusst gemacht, aber verschoben. Ich hoffe, wir haben damit niemanden überfordert. Ich habe es nämlich auch am Anfang dieses Plenums gesagt und dem wurde ja auch einstimmig zugestimmt. Also, ich freue mich auf die Debatte, freue mich auf den Ausschuss und vor allen Dingen auf viele gute Ergebnisse dann im Innenausschuss. Vielen Dank.

(Beifall Gruppe der FDP)

Vielen Dank, Herr Montag. Und damit rufe ich auf für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Abgeordnete Henfling.

Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, sehr geehrter Herr Präsident, jetzt ist schon sehr viel gesagt worden, nur nicht von jedem. Ich will aber vielleicht noch mal ganz kurz zwei Sätze dazu sagen,

wie wir die momentan vorliegenden Gesetzentwürfe von FDP und CDU einordnen.

Es ist ja schon gesagt worden, die haben beide eine unterschiedliche Regelungstiefe. Da sind wir uns einig. Beide Gesetzentwürfe behandeln das Thema „Telenotarzt“. Das wurde auch vom Landesbeirat für das Rettungswesen empfohlen. Ich gehe mal davon aus, dass die Landesregierung dann da vielleicht auch noch mal zwei Sätze dazu sagen wird. Die FDP will zusätzlich noch die digitale Alarmierung von Ersthelfenden und ein digitales Bettenkapazitätsmodul einführen. Die CDU hingegen möchte – das hat der Abgeordnete Zippel ja erwähnt – noch die Übernahme der Kosten für den Erwerb des C1-Führerscheins für die Kostenträger mit aufnehmen. Die Alarmierung von Ersthelfenden hatte die FDP bereits zum Inhalt ihres Antrags gemacht, den Sie jetzt für dieses Plenum geschoben hatten.

Dem Telenotarzt stehen wir sehr offen gegenüber. Bei der digitalen Alarmierung von Ersthelfenden und dem Bettenkapazitätsmodul haben wir unsere Meinungsbilder noch nicht wirklich abgeschlossen, da würden wir uns auch sehr über die Diskussion im zuständigen Ausschuss freuen. Da gibt es, glaube ich, aber bei allen, wenn ich das richtig verstanden habe, heute noch diversen Diskussionsbedarf. Das Gleiche gilt für meine Perspektive für die Bestimmung zum Führerschein. Wir würden deshalb beide Gesetzentwürfe für die weitere Diskussion an den Innen- und Kommunalausschuss überweisen. Vielleicht schafft es ja auch die Landesregierung in nicht allzu ferner Zukunft, eventuell ihren Gesetzentwurf zum Rettungsdienstgesetz noch mit einzubringen, sodass wir dann alle drei Gesetzentwürfe, und das hielte ich für die zeiteffizienteste Lösung, zusammen diskutieren können und insgesamt eine gute Lösung für den Rettungsdienst und seine Zukunft in Thüringen hinbekommen.

Bei der ganzen Debatte sollten wir auch die Bemühungen auf Bundesebene nicht vergessen. Dort wird nämlich eine Notfallreform vorbereitet, die die stärkere Verzahnung der Notrufnummern 116117 und 112 in Aussicht stellt. Für die Abdeckung der 24-Stunden-Erreichbarkeit sind Telenotärzte unbedingt vorgesehen, die im Sinne sektorenübergreifender Versorgung in der Verzahnung mit den integrierten Notfallzentren und Leitstellen ihren Dienst tun.

Wir sind gespannt auf die Beratung im Ausschuss und bitten um Überweisung an den Innen- und Kommunalausschuss. Vielen Dank.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Abg. Montag)

Vielen Dank. Weitere Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten? Herr Mühlmann.

Vielen Dank. Ich mache es auch kurz. Aber was Frau Marx sagte, hat mich dann doch noch mal hierhergebracht. Wenn ich dieses Wort „Besserwessi“ verwende, Frau Marx, dann hat das schon auch etwas damit zu tun, wie man sich geriert als hier Angekommener.

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Deswegen holen Sie auch Herrn Brandner hierher!)

Da sehe ich nun mal bei Herrn Maier eine andere Variante, hier anzukommen in Thüringen, als bei Herrn Brandner.

Und wenn ich einmal noch hier vorn bin, möchte ich auch tatsächlich noch die Chance nutzen und weitere angekommene Gäste hier begrüßen. Da ist zum Beispiel aus dem Europäischen Parlament Herr Krah – willkommen! –

(Beifall AfD)

und auch weitere Bundestagsabgeordnete sowohl aus Thüringen als auch nicht aus Thüringen. Willkommen!

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. König-Preuss, DIE LINKE: Schön, dass Sie weitere Faschos hier ins Parlament holen!)

(Zwischenruf Abg. Mühlmann, AfD: Ist das nicht ein Ordnungsruf, Frau Präsidentin?)

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das haben Sie überhaupt nicht zu entscheiden!)

(Zwischenruf Abg. Müller, DIE LINKE: Eine Tatsache ist das!)

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Manchmal müssen wir die Dinge auch beim Namen nennen!)

Ich habe es eben gar nicht gehört und lasse es vielleicht …

(Zwischenruf Abg. Mühlmann, AfD: Sie ha- ben nicht gehört, dass …?)

Bitte gehen Sie mal zum Platz, wir machen hier weiter!

Als nächster Redner hat Staatssekretär Götze das Wort.

(Unruhe im Hause)

Ich bitte mal um Ruhe hier im Rund, ich lasse es mir gleich noch einmal erzählen, was da vorgefallen sein soll. Jetzt hat Staatssekretär Götze das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, auch ich möchte zunächst den Antragstellern für diese Anträge danken, denn es gibt uns Gelegenheit, dass wir uns hier im Plenum, aber auch in den Fachausschüssen zu den wichtigen Fragen der Digitalisierung – und ich spreche bewusst von Digitalisierung – der Notfallversorgung austauschen. Zum anderen gibt es mir aber auch die Gelegenheit, hier noch mal darzustellen – und das ist, glaube ich, für die Öffentlichkeit schon ganz wichtig –, was die Landesregierung mit Unterstützung der regierungstragenden Fraktionen in diesem Bereich in den letzten Jahren bereits getan hat.

Seit dem Jahr 2021 werden mit finanzieller Unterstützung des Landes sukzessive alle Rettungs- und Krankentransportwagen im Freistaat Thüringen mit Tablets ausgestattet, um die Einsätze im Rettungsdienst landesweit einheitlich mobilelektronisch zu erfassen und zu dokumentieren. Für dieses Digitalisierungsvorhaben hat das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales insgesamt 2,5 Millionen Euro an Fördermitteln bereitgestellt. Aller Voraussicht nach wird die Ausstattung in diesem Jahr in den Landkreisen, kreisfreien Städten und Rettungsdienstzweckbänden abgeschlossen sein.

Zur Umsetzung des landesweiten Projekts hat die Kassenärztliche Vereinigung Thüringen in Kooperation mit den kommunalen Aufgabenträgern des bodengebundenen Rettungsdienstes – das wurde bereits erwähnt – ein System entwickelt, das – und das ist wichtig – datenschutzkonform eine sichere Speicherung aller Einsatzdaten im Rettungsdienst gewährleistet. Dieses System bietet darüber hinaus die Möglichkeit, den Rettungsdienst mit den Krankenhäusern digital zu vernetzen. Aktuell werden mit finanzieller Unterstützung des Gesundheitsministeriums die Notaufnahmen der Kliniken mit zusätzlichen Monitoren ausgestattet, um über ein sogenanntes Voranmeldetool Patientendaten direkt aus dem Rettungsfahrzeug übermitteln zu können. Die Krankenhäuser können sich damit frühzeitiger und zielgenauer auf die ankommenden Notfallpatienten vorbereiten und innerklinisch die notwendigen organisatorischen Maßnahmen zur weiteren Behandlung treffen.

Des Weiteren ist perspektivisch vorgesehen, über entsprechende Schnittstellen zu den Kliniken Digitaldaten der Notfallpatientinnen und -patienten sowie das Einsatzprotokoll digital zu übermitteln, sodass die Information des Rettungsdienstes ohne Reibungsverlust in das Krankenhausinformationssystem übernommen werden kann.

Anhand dieser ressortübergreifend abgestimmten Maßnahmen können Sie erkennen, dass die Landesregierung bereits seit geraumer Zeit bestrebt ist, zugunsten unserer Bürgerinnen und Bürger die Digitalisierung der Notfallversorgung voranzutreiben. Aufbauend auf den von der Landesregierung geschaffenen Grundlagen schlägt die Gruppe der FDP mit ihrem Gesetzentwurf verschiedene weitere Digitalisierungsmaßnahmen vor. So sollen unter Zuständigkeit der Kassenärztlichen Vereinigung Thüringen ein Telenotarztsystem eingeführt, eine smartphonebasierte Ersthelferalarmierung über die zentralen Leitstellen durchgeführt sowie die Bettenkapazitäten der Krankenhäuser an die zentralen Leitstellen gemeldet werden.

Der letztgenannte Punkt ist in der Tat ein wichtiger Aspekt im Rahmen der Gefahrenabwehr. Die Flutkatastrophe im Ahrtal in Rheinland-Pfalz hat gezeigt, dass es im Fall größerer Schadenslagen für die zentralen Leitstellen essenziell ist, fortlaufend Kenntnis über die aktuell verfügbaren Betten- und Versorgungskapazitäten der Krankenhäuser zu haben, um auf Basis dieser Informationen in kürzester Zeit eine Vielzahl von Notfallpatienten auf die für die weitere Versorgung geeigneten Kliniken zu verteilen. Insofern unterstützt die Landesregierung das Ansinnen, dass die Krankenhäuser ihre nach § 14 Abs. 3 Thüringer Rettungsdienstgesetz bestehende Meldepflicht an die zentralen Leitstellen künftig digital erfüllen. Zur Einrichtung der dafür notwendigen Schnittstellen steht unser Gesundheitsministerium bereits in engem Kontakt mit den an der Notfallversorgung beteiligten Kliniken.

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die weiterhin angesprochene Frage zur Einführung eines Telenotarztsystems in Thüringen ist nicht neu, aber trotzdem sehr, sehr wichtig. Dazu gab es in den letzten Wochen und Monaten intensive Diskussionen zwischen den Beteiligten des Rettungsdienstes im Landesbeirat für das Rettungswesen, welcher das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales in Grundsatzfragen des Rettungswesens berät. Ende 2022 hat sich der Landesbeirat mehrheitlich dafür ausgesprochen, die Regelungen des § 7 Thüringer Rettungsdienstgesetzes dahin gehend zu präzisieren, dass die Aufgabenträgerschaft der Kassenärztlichen Vereinigung Thüringen

zur Sicherstellung der notärztlichen Versorgung auch die telenotärztliche Versorgung einschließt.