Protocol of the Session on September 1, 2017

Deshalb ist es auch würdig, eine Regierungserklärung zu diesem Thema vorzutragen. Naturschutz ist ein Bereich, der sicher wie kaum ein anderer Gefühle weckt, Emotionen weckt und auch unterschiedliche Ansichten mit sich bringt, die aus persönlichen Erfahrungen resultieren. Man schützt, was man liebt. Man setzt sich dafür ein, Dinge zu beseitigen, die einen im eigenen Leben stören, die einem die eigenen Lebensgrundlagen wegnehmen. Das sind die persönlichen Erfahrungen, die jeder mitbringt und die deshalb auch den Naturschutz sicherlich von den Ansätzen her so vielfältig machen. Ich will das am eigenen Beispiel mal kurz benennen. Ich komme aus Dessau. Wenn ich als Jugendlicher zum Angeln gefahren bin und der Wind stand ungünstig und ich fuhr über die Mulde-Brücke, dann konnte es passieren, dass ich kubikmetergroße Schaumbrocken abgekriegt habe, die auf diesem Fluss trieben, der die Filmfabrik in Wolfen von ihrem Abwasser befreite.

(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Das waren auch wieder die Kommunisten!)

Dort, wo ich dann hinfuhr, wenige Kilometer weiter, da konnte mir beim Angeln dann ein Elbe-Biber über den Weg schwimmen. Seine Spuren habe ich zumindest gesehen. Es war auch das ein Grund dafür, warum dort das erste Biosphärenreservat Deutschlands zeitgleich mit dem Biosphärenreservat Vessertal im Thüringer Wald ausgewiesen wurde: weil es dort Relikte gab, die es sonst in Deutschland nicht mehr gab. Diese Diskrepanz zwischen massiver Naturzerstörung auf der einen Seite, aber Erhalt von wertvollen, bedrohten Arten auf der anderen Seite, prägt natürlich. Sie hat sicherlich auch einen Beitrag dazu geleistet, dass sich viele Menschen damals zu Wendezeiten engagiert haben, dass sich auch im Naturschutz, im Umweltschutz Dinge bessern, und die gesagt haben: Wir brauchen eine andere Gesellschaft, wir brauchen eine andere Politik. Wenn ich mir von Martin Görner – einem der Väter des Biosphärenreservats Vessertal – erzählen lasse, wie damals diese Erstbeschreibung lief, wie die Erfassung des Arteninventars im Biosphärenreservat lief, dann zeigt das auch, wie damals Menschen damit verbunden waren. Da sind aus Betrieben ganze Kollektive freigestellt worden, die rausgegangen sind und in Folienzelten morgens Insekten über den Bergbächen abgelesen haben, die sie dann erfasst haben, die heute noch in Gotha liegen und auf eine Bearbeitung warten. Ich hoffe, Frau Ministerin, dass wir

(Abg. Kießling)

endlich mal das Geld kriegen, um die Forschung voranzutreiben, damit diese wichtigen historischen Daten ausgewertet werden können.

(Beifall DIE LINKE)

Da haben Leute Mausefallen im ganzen Biosphärenreservat abgesammelt und haben daraus Untersuchungen gemacht und, und, und. Es ist wirklich die gesamte Bandbreite der Arten erfasst worden – und das von Hunderten Menschen, die das ehrenamtlich gemacht haben, die dafür von ihren Betrieben freigestellt worden sind, die sich aber gleichzeitig auch ein hohes Wissen über ihre Natur angeeignet haben. Das ist ein Punkt, bei dem ich ein bisschen die Befürchtung habe, dass uns solches Wissen, solche enge Verbundenheit heute verlorengeht in Zeiten, in denen wir uns eben mehr in der digitalen Welt und weniger draußen aufhalten – was auch dazu führt, dass die eine oder andere Einschätzung, die heute getroffen wurde, vielleicht doch nicht ganz so richtig ist.

Meine Damen und Herren, wir haben in Thüringen eine sehr reiche Naturlandschaft, eine sehr reiche Kulturlandschaft, die eben auch dazu führen, dass wir eine hohe Artenvielfalt haben. Das äußert sich in vielen Naturschutzgebieten, die zum Teil zu den ältesten Deutschlands zählen, zum Teil noch aus den 1930er-Jahren stammend. Das äußert sich in acht Nationalen Naturlandschaften, in den FFH-Gebieten; all das ist heute schon angesprochen worden.

Wenn ich wieder zum Bild vom Anfang zurückkomme – zu der großen Umweltzerstörung, die man sicherlich auch nach der Wende vorgefunden hat –, ist es inzwischen so, dass sich viele Lebensräume erholt haben. Das hatte damit zu tun, dass es zu einer Deindustrialisierung kam, das hat aber auch mit vielen Kraftanstrengungen zu tun, die dazu führten, Industrie sauberer zu machen. In der Folge konnten sich viele Arten von diesen Reliktgebieten – wo sie überlebt hatten, vom Grünen Band, was Frau Ministerin Siegesmund angesprochen hat –, von den Naturschutzgebieten wieder ausbreiten. Viele Menschen haben sich dafür engagiert und man kann ihnen nur ganz herzlich danken, dass wir heute den Eisvogel wieder häufiger erleben, dass der Kormoran nicht mehr bloß Tausend Tiere in Deutschland beinhaltet, sondern dass es mehr geworden sind, dass der Wolf in Deutschland auch wieder unterwegs ist – auch das gehört mit dazu –, dass wir den Biber, dass wir den Fischotter haben. Aber Sie merken schon an der Auflistung der Arten, die ich jetzt gebracht habe – ich hätte auch andere nehmen können: Es sind alles Arten, die in der Kulturlandschaft Wirkungen hervorrufen. Und wenn ich Menschen beim Naturschutz mitnehmen will – vor allem die Menschen, die in der Naturlandschaft arbeiten, die dort ihren täglichen Lebensunterhalt verdienen müssen –, dann muss ich für einen gerechten Aus

gleich sorgen. Ich kann es eben dem Schäfer nicht allein überlassen, mit dem Wolf fertigzuwerden.

(Beifall AfD)

Da bin ich Frau Ministerin dankbar, dass sie gesagt hat: Das, was schon von unserer Landesregierung vorgelegt wurde, reicht nicht, wir müssen hier noch nachbessern, auch in Anbetracht der aktuellen Entwicklung. Wir haben auch die Kormoranverordnung verlängert, weil wir gesagt haben: Hier muss weiterhin was getan werden. Und ich bin mir sicher, wir werden auch beim Biber was tun, um den betroffenen Landwirten zu helfen. Denn man muss auch eins sehen – es sind vorhin die Agrarumweltprogramme angesprochen worden: Ein Landwirt, der eine Fläche im Agrarumweltprogramm bewirtschaftet und da zum Beispiel Artenreiches Grünland angemeldet hat, der bekommt für fünf Jahre die Förderung, wenn er denn das Artenreiche Grünland erhält. Wenn ein Biber einen Damm baut und diese Fläche unter Wasser setzt, muss sich dieser Landwirt heute selbst anzeigen wegen Verstoßes gegen die entsprechenden Vorgaben aus der Förderung und muss dann die Mittel für die gesamte Förderperiode zurückzahlen. Und das geht nicht. Wir wollen, dass der Biber auch wieder in unserer Kulturlandschaft heimisch ist – aber dann muss die Gesellschaft auch den Landwirt davor schützen, dass er in wirtschaftliche Schwierigkeiten kommt, weil der Biber auftritt. Diese Dinge sind sicherlich in Zukunft von uns zu managen. Ich glaube, wir sind auf einem guten Weg: Wir sehen die Probleme und wir arbeiten an ihrer Behebung.

Meine Damen und Herren, wir haben heute schon viel zu den Flora-Fauna-Habitat-Gebieten gehört. Das Grüne Band ist sicherlich ein Beispiel davon. Die Europäische Union wollte einen europaweiten Biotopverbund. Und leider – das muss man dazu sagen – ist der Biotopverbund bei der Ausweisung der FFH-Gebiete ein bisschen zu kurz gekommen. Es sind oft Lebensräume geschützt worden, aber der Verbund zwischen den Lebensräumen ist nur mangelhaft. Deshalb ist es wichtig, das Grüne Band als Biotopverbund zu erhalten und zum Teil auch wiederherzustellen, weil uns an manchen Stellen die Verbundfunktion verloren gegangen ist.

Fakt ist eins: Die Lebensräume, die so wertvoll waren, dass die Europäische Union gesagt hat, das sind die, die wir schützen wollen – auch in Thüringen – sind durch das Wirtschaften von Menschen in unserer Landschaft entstanden. Die Politik hat damals das Versprechen gegeben, dass diese Form der Bewirtschaftung, die zum wertvollen Lebensraum geführt hat, nicht infrage gestellt, sondern weitergeführt werden darf. Das ist eine Geschichte, wo ich sage: Wir müssen dieses Versprechen gegenüber denen einhalten, die diese wertvolle Kulturlandschaft geschaffen haben, weil sie das ver

dient haben. Das muss auch Inhalt der Managementpläne sein.

Ich sage zu den Managementplänen: Es ist wichtig, dass sie kommen, sie müssen aber auch für den Nutzer lesbar sein. Die Natura-2000-Stationen werden sicherlich dabei helfen, dieses zum Teil doch ziemlich bürokratische Deutsch in ihre Sprache zu übersetzen und deutlich zu machen, wie der Bewirtschafter die Wünsche erfüllen kann, ohne dass er selbst dadurch Probleme bekommt – eine ganz wichtige Aufgabe. Genauso wichtig ist es für die Natura-2000-Stationen, dort Hilfe zu finden, wo uns Bewirtschaftung in der Vergangenheit verlorenging. Denn wenn die Bewirtschaftung, die ursprünglich den Artenreichtum ausmachte, nicht mehr da ist, dann gehen auch die Arten verloren, die wir schützen wollten. Dann braucht man einen Ersatz.

Ich bin dankbar dafür, dass das NALAP aufgestockt wird – das Naturlandschaftsprogramm –, weil das den Nicht-Landwirten zur Verfügung steht. Das Kulturlandschaftsprogramm ist ja ein Programm, was nur die Landwirtschaft nutzen kann. Dementsprechend brauchen wir den Ausgleich dort, wo Landwirtschaft nicht mehr ist. Aber ich sage auch ganz ehrlich: Ich wünsche mir, dass Landwirtschaft wieder mehr Flächen bewirtschaftet, sodass das erhalten bleibt, was wir schützen wollen. Dazu muss man etwas tun. Ich mache mir große Sorgen um den Zustand des Berggrünlandes. Wenn man sich ansieht – es ist ja heute viel von Tierhaltung gesprochen worden –, wie sich die Tierbestände im Thüringer Wald entwickelt haben, muss man feststellen: sie sind drastisch zurückgegangen. Das hat verschiedene Gründe. Auf der einen Seite – es ist heute schon über die problematische wirtschaftliche Situation der Schäfer gesprochen worden –, wenn ich kein Geld damit verdiene, finde ich keinen Nachwuchs, höre ich irgendwann auf. Ich verliere auch in der Konkurrenz um Flächen an andere Betriebe und muss mich dann nicht wundern, wenn dann vielleicht in Zukunft eher die Biogasanlage das Grünland nutzt, weil ich dort einen höheren Gewinn mache. Auf der anderen Seite muss man aber auch feststellen, dass die Erträge vom Berggrünland weniger geworden sind. Mir hat neulich ein Betriebsleiter gesagt: Wir haben nur noch ein Drittel des Aufwuchses im Vergleich zu 1990 – und das auf den Höhenlagen des Thüringer Waldes. Das hat Ursachen und diese Ursachen müssen wir angehen. Ich kann nicht immer weiter extensivieren, wenn mir dadurch die wertvollen Arten verloren gehen, die ich schützen will. Das ist ein Punkt, worüber man dringend nachdenken muss, weil sonst nur noch die Arten da sind, die auf so extrem ausgehagerten Böden noch vorkommen können. Das ist aber auch wieder eine Einengung der Artenvielfalt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich hoffe, dass für all diese wichtigen Aufgaben in den Natu

ra-2000-Gebieten, den Natura-2000-Stationen – für deren Schaffung ich sehr dankbar bin, vor allem auch für die Art der Schaffung ich sehr dankbar bin, wodurch die vielen Vorbehalte zerstreut worden sind, die es vorher gab – auf der einen Seite von der Landwirtschaft, auf der anderen Seite auch von den unteren Naturschutzbehörden, die gesagt haben, entschuldigt, das ist doch unsere Aufgabe, warum nehmt ihr uns die weg –, weil man die unteren Behörden eingebunden hat, weil man Landschaftspflegeverbände und Naturschutzverbände zusammengeführt hat, um diese Natura-2000-Stationen mit sinnvollen Aufgaben auszustatten und mit gutem Personal zu versehen. Aber sie müssen auch das Geld bekommen, um die Pflege, den Erhalt der wertvollen Arten, der wertvollen Lebensräume in den Natura-2000-Stationen, in den Natura2000-Gebieten zu finanzieren. Sie brauchen diese finanzielle Ausstattung. Ich bin dankbar, dass wir den Fonds „Entwicklung, Natur und Landschaft“ jährlich um 1 Million Euro aufstocken. Es muss aber dort ankommen und das ist eine ganz wichtige Aufgabe, die vor unserer Regierung steht.

Meine Damen und Herren, ich will aber noch etwas anderes zu den FFH-Gebieten sagen, weil mir der Eindruck entsteht, dass die eine oder andere Ausweisung nicht ganz korrekt war. Es musste damals ziemlich schnell gehen, Thüringen war ins Hintertreffen geraten, hatte zu wenig gemeldet, es gab eine Nachmeldephase. Wir haben manche Lebensräume gemeldet, manche Arten als prioritäre Arten, als prioritäre Lebensräume gemeldet, die nicht von Natur her an die entsprechenden Standorte gehören. Wenn man so etwas feststellt, dann hat man die Wahl: Entweder man kann dauerhaft gegen die Natur wirtschaften oder aber man muss Schutzziele ändern. Ich glaube, das ist eine Aufgabe, die vor uns steht.

Ich will das an einem Beispiel benennen. Wir haben zum Beispiel sehr viel Engagement in den Schutz des Auerhuhns gesteckt. Die Talsperre Leibis, die aus meiner Sicht so unsinnig war wie ein Kropf, hat den letzten Auerhuhnbalz- und Vermehrungsort Thüringens zerstört. Man hat das kompensieren wollen durch eine Auerhuhnaufzuchtstation, durch die Auswilderung von Auerhühnern in Thüringen – einerseits aus dem historischen eigenen Bestand, auf der anderen Seite auch aus russischen Beständen, jetzt aus schwedischen Beständen –, weil wir natürlich auch eine Verantwortung für den Erhalt des Auerhuhns haben. ThüringenForst bewirtschaftet Tausende Hektar Wald auerhuhngerecht. Das heißt, da steht nicht die klassische Forstwirtschaft mit dem Ertrag aus Holz im Vordergrund, sondern es muss ein lichter Kiefernwald sein, wo die Blaubeere als Lieblingsspeise des Auerhuhns im Mittelpunkt steht. Ich habe jetzt gehört, dass die schwedischen Experten bei der Auswilderung der schwedischen Auerhühner putzigerweise fündig

wurden und eine vorhandene Auerhenne mit Nachwuchs entdeckt haben. Es gibt also gute Anzeichen, dass es gefruchtet hat. Wir haben trotzdem zu verzeichnen, dass die Umweltverwaltung zum Ergebnis kam, dass die Flächen, die wir insgesamt für das Auerhuhn zur Verfügung stellen, zu gering sind, um eine dauerhaft vorhandene Population zu erhalten. Ein EU-LIFE-Projekt, das entsprechend für dieses Auerhuhn beantragt wurde, ist abgelehnt worden.

Das ist eine schwierige Situation. Wer hat in diesem Fall recht? Was sind die naturschutzfachlichen Ziele? Das sind Debatten, die wir führen müssen, denn wenn man zu dem Ergebnis kommt, das Auerhuhn hat in Thüringen keine Chance, dann braucht ThüringenForst nicht mehr Hunderttausende Euro jährlich an Kraft aufzubringen, um das Auerhuhn zu erhalten. Dann muss aber das Ziel für das FFH-Gebiet, das sich den Raufußhühnern verschrieben hat, entsprechend geändert werden. Oder aber wir sagen: Wir schaffen es und dann müssen wir alle Kraft reinstecken. In solchen Abwägungen ist man im Naturschutz immer.

Ich will noch zwei andere Beispiele bringen. Wir haben ein Naturschutzgebiet zum Schutz von Orchideen bei Ebenau-Buchenau, wunderschön an der Werra gelegen. Warum wuchsen dort bisher mit die schönsten Orchideen Thüringens? Weil eine Sodafabrik ihre Abwässer in die Landschaft hineingeleitet hat, diese sich dort absedimentiert haben, da giftiges Salz lag und auf diesem giftigen Salz nichts anderes wuchs als die Erstbesiedler: Orchideen. Im Laufe der Jahrzehnte, die das her ist, ist der Boden so ausgelaugt worden, dass inzwischen die Schwarzkiefer auch dort wachsen kann. Die verdunkelt die Fläche und die Orchideen gehen kaputt. Was mache ich dann vom Naturschutz her? Nehme ich dann über die folgenden Jahrhunderte die Schwarzkiefer weg, um den Orchideen weiterhin ihre Zukunft dort zu ermöglichen oder ändere ich Schutzziele? Auch das sind Fragen. Die Naturschutzverwaltung hat sich in der Vergangenheit geholfen und hat dem Steinbruchbetreiber gesagt: Nimm mal bei einem Stückchen von dem Steinbruch noch ein bisschen Kalk weg, dann hat die Orchidee wieder einen Erstbesiedlungsstandort. Das kann man machen, das ist aber auf Dauer auch kein Erfolgsrezept. Deshalb sage ich: Wir haben im Naturschutz wirklich wichtige Fragen zu klären.

Die Gelbbauchunke ist von Frau Ministerin angesprochen worden. Wo hat sich die Gelbbauchunke in der Vergangenheit so gut vermehrt? Es waren die Panzerspuren auf den Truppenübungsplätzen, die temporären Gewässer, die sich da gebildet haben, wo sie ihre Habitate hatte. Ich will deshalb trotzdem nicht, dass wieder Panzer auf Truppenübungsplätzen fahren, die wir nicht mehr brauchen.

(Beifall DIE LINKE)

All diese Fragen, meine Damen und Herren, sind im Naturschutz täglich zu klären und wir müssen darüber diskutieren.

Frau Ministerin, ich bin Ihnen und auch dem für Tourismus zuständigen Minister, der jetzt gerade leider nicht da ist, sehr dankbar, dass wir es geschafft haben, im letzten Jahr unter dem Motto „Das ist meine Natur“ die Nationalen Naturlandschaften in den Mittelpunkt der touristischen Bewerbung Thüringens zu heben. Da fanden viele gute Veranstaltungen statt, die Nationalen Naturlandschaften haben wirklich auf gute Art und Weise eine Bewerbung erfahren, und ich denke, es ist wichtig, das zu tun. Wir werden auch in Zukunft diese Familie der Nationalen Naturlandschaften – die hoffentlich auch noch weitere Mitglieder kriegt – entsprechend bewerben müssen und uns um sie kümmern müssen. Ich will in dem Zusammenhang auch noch sagen: Da tut sich einiges. Wenn man sich ansieht, dass wir in Thüringen wahrscheinlich den ersten UNESCO-Geopark Deutschlands bekommen, dann ist das eine Sache, auf die ich sehr stolz bin. Und dieser Geopark „Inselsberg – Drei Gleichen“ ist wirklich einzigartig: Er ist die weltweit wahrscheinlich einzigartige Fundstätte von Ursaurierfossilien, wo man die Fährtenabdrücke im gleichen Boden findet wie die Knochen – das heißt, innerhalb von weniger Jahrhunderten hat es da zwei massive Ereignisse gegeben, die uns die Bewahrung dieser Relikte dort beschert haben. Aber wir müssen dafür sorgen, dass dieser Geopark auch einen Status erhält. Das ist für mich ein Problem.

(Beifall DIE LINKE)

Er steht nicht im Naturschutzgesetz. Wir haben also eigentlich keine Möglichkeit, ihn entsprechend zu fördern. Die UNESCO sagt: So ein Geopark – wenn er ausgewiesen werden soll – braucht auch eine Verwaltung, also eine eigenständige Organisationsstruktur, und dementsprechend müssen Grundlagen dafür geschaffen werden. Auch das Nationale Naturmonument braucht einen Status – es ist heute angesprochen worden. Das wird mit dem Gesetz geklärt, das ist sicherlich ein richtiger Weg. Aber es ist auch gut, wenn wir im Naturschutzgesetz das Nationale Naturmonument verankern und wenn wir klären, wie hier Synergien von Vorhandenem genutzt werden können, denn wir haben dort zwei Naturschutzgroßprojekte mit entsprechender Trägerschaft, mit entsprechenden Geschäftsstellen. Wir haben die Stiftung Naturschutz, der große Teile des Grünen Bands gehören, die auch Mitarbeiter hat. All das muss zusammenwirken, damit es ein sinnvolles Ganzes gibt. Ich denke, auch da werden wir in Zukunft noch viele gute Gespräche führen dürfen.

Meine Damen und Herren, die Ministerin ging auf die Aufgabe von Nationalen Naturlandschaften für die Wertschöpfung in der Region ein – auch das ist

ein ganz wichtiges Thema, was mir in der Vergangenheit immer wieder zu kurz kam. Frau Ministerin, Sie hatten gesagt, man kann sich das in der Rhön und im Thüringer Wald gut anschauen. Wenn ich mir die Produkte ansehe, für die die Rhön bekannt ist, gerade was den Bereich Nahrungsmittelindustrie angeht, dann kommen die im Regelfall leider nicht aus Thüringen. Wir haben eine hervorragende Landschaft in der Rhön, wir stellen touristische Highlights dorthin. Die Gäste übernachten in Bayern und in Hessen, dort bleibt die Wertschöpfung und bei uns wird sich erholt. Und das ist für mich der Punkt, wo ich sage: Wir brauchen eigentlich ein Förderinstrumentarium, wo wir dieses Inwertsetzen von nationaler Naturlandschaft, das Inwertsetzen von nachhaltiger Entwicklung in unseren besten Landschaften sicherstellen. Und das wird die zentrale Frage sein, wenn wir im Südharz das Biosphärenreservat ausweisen wollen, wenn wir die Bevölkerung dort mitnehmen wollen. Das hat auch die Anhörung in der letzten Legislatur ergeben. Wir hatten hier im Landtag – das ist schon lange her, Elke Blanke ist vorhin von Dagmar Becker gedankt worden – eine grandiose Anhörung zum Gipskarst. Ich weiß nicht mehr, wann das war, irgendwie um 2000 oder so.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: 2003!)

Da ist herausgearbeitet worden, warum die Gipsindustrie im Südharz keinen REA-Gips mehr einsetzt – also Gips aus der Kohleentschwefelung: weil nämlich der Transport von den Kohlekraftwerken hin zu ihren Werken im Südharz einen Euro pro Tonne teurer war als der Abbau von Naturgips. Und da muss ich sagen: Es muss doch möglich sein, dass wir ein Mittel finden, dass es sich für die Wirtschaft lohnt, Naturgips dort im Südharz einzusetzen und damit die Langlebigkeit unserer Gipskarst-Lagerstätten so zu erhöhen, dass wir keinen Neuaufriss im Gipskarst brauchen, meine Damen und Herren.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: REA-Gips einsetzen!)

REA-Gips – Entschuldigung, da habe ich mich versprochen.

Also wie gesagt, den REA-Gips müssen wir dorthin bringen. Das sind Dinge, wo ich denke, dass wir, wenn wir Menschen mitnehmen wollen, genau solche Instrumente brauchen und da eigentlich ein Förderinstrument speziell für Biosphärenreservate brauchen, speziell für Nationale Naturlandschaften, um diese Nachhaltigkeit im wirtschaftlichen Handeln, wofür diese Naturlandschaften beispielhaft stehen, entsprechend zu unterstützen.

(Beifall AfD)

Ich finde es gut, dass die Nationalen Naturlandschaften in Zukunft für nachhaltige Entwicklung auch stärker im Bereich Bildung tätig werden sollen. Ich will dazusagen, dass ich mir auch noch wünsche, dass wir wieder insgesamt mehr Nachhaltigkeitsprojekte haben – also nicht nur die Bildung für nachhaltige Entwicklung als Aufgabe, sondern auch die Umsetzung von nachhaltigen Projekten, um wieder greifbar zu machen, was wir mit Nachhaltigkeit wollen und was es für den Bürger bringt. Wenn das zusammengeht und es überall erlebbar ist, dann werden wir dort, glaube ich, am besten vorankommen.

Ich finde es auch gut, wenn wir die Jugend in dem Zusammenhang besser einbinden wollen. Frau Ministerin, Sie haben das Pilotprojekt mit BUNDjugend und NABU-Jugend angekündigt. Ich sage dazu: Ich freue mich, wenn dann die jungen Angler in Zukunft bei der Säuberung von Gewässern auch die entsprechenden Unterstützungen erhalten werden. Ich denke, das wird sich dann noch aus dem Pilotprojekt ergeben. Denn wir haben noch eine ganze Reihe von anerkannten Umweltverbänden, denen ich für ihre hervorragende Arbeit zum Erhalt unserer Naturlandschaft danken möchte.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich komme kurz zum Thema „Wasser“. In der Regierungserklärung hat die Frage „Nitratbelastung“ eine nicht unwesentliche Rolle gespielt. Da gibt es ein Vertragsverletzungsverfahren, was deutlich macht, dass wir hier Schwierigkeiten haben. Ich denke, wir müssen sehr genau hinsehen, bevor wir einseitig Verursacher festlegen. Wenn ich mir ansehe – Frau Ministerin Keller stellt hier regelmäßig den Waldzustandsbericht vor –, dass im Thüringer Wald, wo Viehhaltung massiv zurückgegangen ist – ich habe das vorhin schon erklärt –, wo Extensivierung durchgeführt wurde, die Stickstoffwerte in den Waldböden höher sind als zu den Zeiten, wo wir eine deutlich größere Viehhaltung hatten. Dafür muss es andere Ursachen geben. Wenn wir uns aktuell die Debatte über Dieselfahrzeuge ansehen und die Autoindustrie feststellt, es ist zu wenig Harnstoff eingesetzt worden, um das NOX aus den Abgasen herauszunehmen, dann macht das deutlich, was dort passiert. Man setzt Harnstoff ein, einen Dünger mit Stickstoffanteil, um andere Stickstoffverbindungen zu binden, die bei der Verbrennung entstehen. Das heißt, jedes Auto ist ein Düngerstreuer – und das muss man einfach mal zur Kenntnis nehmen. Da muss man überlegen, was das für Auswirkungen hat. So was muss in die Hoftorbilanzen in der Landwirtschaft mit einfließen. Die Landwirte müssen das wissen, wie viel es wirklich ist. Dafür muss man erst mal Daten ermitteln, die offensichtlich zum Schutz der Autoindustrie in der Vergangenheit nicht ermittelt wurden. Aber im Wald habe ich damit wirklich ein Problem, denn da wird sonst nicht gedüngt.

Wir haben Zuwächse, die sind 20 Prozent über dem, was wir noch vor 20 Jahren im Wald hatten. Das liegt an dieser Stickstoffdüngung. Mit diesen Fragen müssen wir uns beschäftigen. Deshalb sage ich: Bevor es einseitige Schuldzuweisungen gibt, müssen wir die Ursachen klären. Wir müssen rangehen, uns mit diesen Ursachen beschäftigen. Es ist auch gut, wenn wir über eine Verkehrswende nachdenken und darüber reden, dass dort entsprechende Anforderungen kommen. Denn so, meine Damen und Herren, geht es nicht weiter!

Frau Becker hat die Frage „Kali“ vorhin schon angesprochen. Sie ist auf die Werraversalzung eingegangen. Frau Ministerin, ich danke Ihnen dafür, dass Sie bei der Frage „Auswirkung bei der Versenkung von Kaliabwässern“ am Ball geblieben sind, denn diese versenkten Abwässer kommen überall wieder hoch. Die bleiben nicht im Untergrund. Ich sage mal: Selbst wenn gestimmt hätte, was das Regierungspräsidium Kassel als Basis dafür genommen hat, eine Versenkerlaubnis zu erteilen, hätte die versenkte Menge schon nach dem Bescheid bedeutet – das hat das RP Kassel eingeräumt –, dass wir im Bereich der Ulster massive neue Austritte von Salzabwässern in die Ulster haben. Wer sich ein bisschen mit der Frage „Gewässer in Thüringen“ beschäftigt, weiß, dass die Ulster das erste Gewässer ist, wo Wanderfische, die aus dem Meer kommen, ihre potenziellen Laichgebiete haben. Die Ulster ist ein FFH-Gebiet zum Schutz von Fischen. Trotzdem ist die Versenkung erlaubt worden, obwohl man weiß, dass man dieses FFHGebiet zum Schutz von Fischen opfert. Das ist für mich ein Unding. Das hat auch mit Naturschutz nichts zu tun. Es wird Zeit, dass hier endlich andere Wege gegangen werden. Es gibt Alternativen zur Versenkung. Das wissen wir.

(Beifall AfD)

Putzigerweise – Thüringen hat Bischofferode zur Verbringung von Abwässern angeboten – ist da bisher noch nichts passiert. Ich denke, dass wir hier den Druck wesentlich erhöhen müssen. Auch hier sind wir wieder in einem Spagat mit dem Naturschutz. Die untere Naturschutzbehörde des Wartburgkreises hat Binnensalzstellen ausgewiesen, die durch diese versenkten Abwässer von K+S hervorgerufen wurden. Wenn man sich die Werraaue bei Dankmarshausen ansieht – übrigens auch ein FFHGebiet zum Schutz von Lurchen und Kriechtieren, die ganz gewiss keine Salzwässer brauchen, um ihren Nachwuchs aufzuziehen –, dann sieht man dort seltene Salzpflanzen, den Queller zum Beispiel. Ich frage mich immer, wie er dahin kommt, wie er diese Stellen findet. Wo 1990 noch eine grüne Wiese war, haben wir inzwischen eine braune Wiese, wo Pflanzen wachsen, die man sonst nur an der Nordsee findet – in den Bereichen, wo ständig das Meerwasser drüberschwappt. Das sind Dinge, wo ich sage: Auch hier finde ich es schwierig, auch hier

müssen wir noch mal über die Ansätze im Naturschutz reden, dass solche Fläche per se unter Naturschutz gestellt werden, nur weil es da die drei Arten gibt, auch wenn es eigentlich eine Umweltverschmutzung des Menschen ist, die sie hervorruft.

Meine Damen und Herren, ich will zu einem Punkt kommen, der bisher noch keine Rolle gespielt hat. Für mich ist auch Altlastenbeseitigung Naturschutz. Weil Herr Gruhner vorhin so diskutiert hat, dass diese Regierung nicht liefern würde: Im Bereich Rositz hat diese Regierung geliefert.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich sage mal: Erstens hat geholfen, dass das Landratsamt Altenburger Land nicht mehr für die Altlast Rositz zuständig ist. Und zweitens: Während in der Vergangenheit dort die Vorstellung war, wir lassen mal die entsprechende Abwasserfahne einfach im Untergrund, die wird sich schon von selbst reinigen, hat die neue Regierung die Weichen gestellt, dass das zutage tretende Abwasser durch den Anstieg des Grundwassers aus der Braunkohle in Zukunft gereinigt wird und dass auch den Menschen geholfen wird, die ihre Häuser verlassen müssen.