Protocol of the Session on September 30, 2016

Nicht viel.

Zweitens – Investitionsrückstand: Die Bäder und die technischen Ausstattungen in den Zimmern sind häufig noch auf dem Stand der 90er-Jahre. Damals haben viele Betriebe investiert, seitdem ist nicht mehr viel passiert.

Drittens – der Altersdurchschnitt der Betreiber: Ich schätze, der liegt zwischen 50 und 60. Es stellt sich also die Frage der Unternehmensnachfolge.

Viertens: Das gastronomische Angebot ist teilweise nicht mehr zeitgemäß. Ein Obstsalat aus der Konserve zum Frühstück entspricht nicht mehr dem heutigen Standard.

Wir haben es also mit einer komplexen und vielschichtigen Problemlage zu tun. Wie manche von Ihnen wissen, präferiere ich in solchen Situationen einen ganzheitlichen Ansatz. Dazu ist es erforderlich, dass man die einzelnen Probleme zunächst tiefer analysiert.

Zunächst zur Preisgestaltung: Der durchschnittliche Umsatz – und ich weise darauf hin, Umsatz ist nicht gleich Gewinn, Herr Dr. Voigt –

(Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Das ist ja völlig neu!)

im Thüringer Gastgewerbe beträgt 182.418 Euro pro Betrieb. Damit sind wir in Deutschland Schlusslicht. Zum Vergleich: Im Durchschnitt beträgt der Umsatz in Deutschland 336.000 Euro. Auch regional gibt es große Unterschiede. So verzeichnen die gastgewerblichen Unternehmen in der Landeshauptstadt Erfurt einen Durchschnittsumsatz in Höhe von 350.000 Euro. Demgegenüber kommen die Betriebe im Unstrut-Hainich-Kreis auf einen durchschnittlichen Umsatz von 125.000 Euro. Im Jahr 2015 waren unter den 200 umsatzstärksten Betrieben im Gastgewerbe der Bundesrepublik nur zwei Thüringer Betriebe. Diese stehen auf Rang 177 und 196. Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass viele Betriebe inzwischen aufgegeben haben. Nach Erhebung des DEHOGA Thüringen e.V. beträgt der Rückgang seit 2009 fast 25 Prozent.

Zum Thema „Investitionsrückstand“: Investieren kann nur, wer genug Gewinn erwirtschaftet. Der durchschnittliche Cashflow im Thüringer Gastgewerbe betrug im Jahr 2014

(Zwischenruf Abg. Dr. Voigt, Abg. Bühl, CDU: Cashflow?)

(Abg. Mühlbauer)

Cashflow – 29.800 Euro. Davon – von 29.800 Euro – muss der Unternehmer seinen Lebensunterhalt bestreiten und Rücklagen für Investitionen bilden. Man muss natürlich in Betracht ziehen, dass viele Betriebe im Nebenerwerb geführt werden, trotzdem macht diese Zahl deutlich, dass wir ein strukturelles Problem haben. Der bundesdeutsche Durchschnitt im Gastgewerbe, was Cashflow anbelangt, liegt bei 48.000 Euro, das ist fast das Doppelte. In der Folge kommt es zu einem Teufelskreis: Wer nicht investieren kann, muss die Preise reduzieren, um weiter Kunden anzulocken. Wie gravierend dieses Problem ist, verdeutlichen folgende Zahlen. Während deutschlandweit die Zimmerpreise und die Auslastungen in den letzten Jahren leicht angestiegen sind, sind wir in Thüringen inzwischen bei Zimmerpreisen angekommen, die 40 Prozent unter dem Bundesdurchschnitt liegen. Hinzu kommt, dass es in den Beherbergungsbetrieben in den auslastungsschwachen Monaten nicht hinreichend gelingt, die Auslastung durch entsprechende Angebote und Vermarktungsaktivitäten zu steigern. Diese Gemengelage hat zur Folge, dass den Unternehmen das Geld für Investitionen fehlt.

Zum Thema „Fachkräfte und Nachfolger“: Zunächst einmal brauchen wir mehr Anerkennung für die Branche insgesamt und für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, auch für die Unternehmer.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD)

Unsere Gastronomen und Hoteliers und ihre Mitarbeiter sind diejenigen, die sich oft mit hohem persönlichen Einsatz für unser Wohlergehen im Urlaub einsetzen. Dafür gebührt ihnen unser ausdrücklicher Dank und unsere Wertschätzung.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Leider mangelt es an Nachwuchs. Die Branche hat in Thüringen sehr viele offene Stellen. Vor allen Dingen Kleinstunternehmen und Kleinunternehmen stehen hier vor wachsenden Problemen. Häufig passen die örtlichen und zeitlichen Anforderungen nicht zu den verfügbaren Arbeitnehmern. Aufgrund des extrem schwankenden Geschäfts ergeben sich sehr inhomogene Anforderungen an die Arbeitszeiten. Auch die aktuell die Schule verlassenden geburtenschwachen Jahrgänge tun ihr Übriges. Auszubildende sind nur sehr schwer zu finden. Dies liegt auch an dem zunehmenden Wettbewerb zwischen den Branchen.

Der Bedarf an Beschäftigten liegt nach Einschätzung des DEHOGA Thüringen aktuell bei 1.000 bis 2.000 Mitarbeitern. Dieser wird in den nächsten Jahren aufgrund von Renteneintritten und der zu erwartenden Fluktuation in der Branche weiter zunehmen. Die Zahl der Auszubildenden wird nicht im

Ansatz ausreichen, um die Zahl der ausscheidenden Arbeitskräfte zu kompensieren.

Zum Thema „Unternehmensnachfolge“: Die Thüringer Unternehmenslandschaft im Hotel- und Gaststättenbereich ist sehr kleinteilig strukturiert und viele werden als Familienbetriebe geführt. Immer seltener ist die nachfolgende Generation bereit, vor dem Hintergrund der bereits geschilderten finanziellen Situation die Betriebe zu übernehmen. Die Situation verschärft sich zunehmend, da die Gründergeneration immer näher an das Rentenalter heranrückt. Gleichzeitig liegt aber darin auch eine Chance, dass mit jüngeren Unternehmern frischer Wind in die Branche einkehrt.

Sehr geehrte Damen und Herren, um das Gastgewerbe dabei zu unterstützen, die hier genannten gravierenden Herausforderungen zu meistern, haben wir zum diesjährigen Landestourismustag das Maßnahmenpaket „Fördern. Investieren. Modernisieren“ vorgestellt.

Wie gesagt, unser Ansatz ist ein ganzheitlicher. Damit unterscheidet sich diese Landesregierung von der bisherigen Vorgehensweise.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir wollen günstige Rahmenbedingungen und Fördermöglichkeiten schaffen, damit sich das Thüringer Gastgewerbe wieder nach vorne arbeiten kann. Ich möchte Ihnen die wichtigsten Bausteine kurz vorstellen: Allen voran steht aus meiner Sicht das Thema „Qualität“. Wir brauchen eine höhere Qualität im Gastgewerbe. Nur dadurch lassen sich mehr Gäste nach Thüringen locken, höhere Erträge erzielen, mehr Fachkräfte gewinnen und binden. Wir forcieren die Initiative „ServiceQualität Deutschland“. Sie hat zum Ziel, die Unternehmen und Regionen im Dienstleistungsbereich in die Lage zu versetzen, selbst einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess durchzuführen und somit die Qualität kontinuierlich zu steigern. Neben den harten Faktoren, wie Hotelausstattung, soll der weiche Faktor Dienstleistung in allen Elementen der touristischen Leistungskette verbessert werden. Das kostet oft kein oder nur wenig Geld. Es ist eher eine Frage der Einstellung.

Ich möchte an dieser Stelle aber auch auf sehr erfreuliche Ergebnisse von ServiceQ hinweisen. Im Juni ist die Stadt Mühlhausen als „Erste ServiceQualitätsstadt Thüringen“ und die Welterberegion Wartburg-Hainich als „Erste ServiceQualitätsregion Deutschland“ ausgezeichnet worden.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das sind zwei, wie ich finde, ermutigende Beispiele, die hoffentlich so etwas wie eine Initialzündung für

(Staatssekretär Maier)

andere Städte und Regionen sind, die sich ebenfalls auf den Weg gemacht haben.

Sehr geehrte Damen und Herren, damit die Qualität auch in der Breite ankommt, werden wir das Kompetenzzentrum „Qualität“ bei der TTG weiter stärken.

(Beifall DIE LINKE)

Das Kompetenzzentrum hat bereits über 500 Leistungserbringer vor Ort aufgesucht und beraten. In Thüringen geht es vor allem darum, deutlich mehr Unternehmen zu gewinnen, sich diesem Prozess zu stellen. Dies kann zum einen durch direkte Ansprache geschehen, aber auch im Rahmen von Vorgaben für den Erhalt von Fördermitteln. Nur, wer sich in seinem Betrieb dem Einsatz eines Qualitätsmanagementsystems stellt und kontinuierlich an der Optimierung seiner betrieblichen Abläufe und der Qualität seiner Dienstleistungen arbeitet, kann auch staatliche Unterstützung erwarten.

Wir wollen uns darüber hinaus verstärkt um Investitionen und Investoren in hochwertige Gastronomieund Hotellerie kümmern, um so auch das touristische Angebot für Gäste, die zu uns kommen wollen, attraktiver zu gestalten. Es gibt Orte und Regionen, denen ein oder zwei Vier-Sterne-Hotels oder hochwertige Themenhotels helfen würden, als attraktiver Urlaubsstandort, respektive attraktive Urlaubsregion, ins Blickfeld zu rücken. Deshalb werden wir gezielt Neuansiedlungen in diesem Bereich fördern, indem wir den Service für potenzielle Investoren verbessern. Sie bekommen Unterstützung aus einer Hand, indem wir projektbezogene Teams, bestehend aus dem Wirtschaftsministerium, der TTG, der LEG, der TAB und dem DEHOGA, etablieren. Der Investor bekommt damit alles, was er braucht: ein Grundstücksangebot, Förderung und Beratung.

(Zwischenruf Abg. Dr. Voigt, CDU: Wie viele sind denn schon gekommen?)

Die ersten liegen bereits vor.

(Zwischenruf Abg. Dr. Voigt, CDU: An Ihren Taten werden wir Sie messen!)

Es gibt ganz konkrete Projekte, Herr Dr. Voigt. Wir können uns gern auch einmal darüber austauschen. Insofern kann ich Ihnen das auch am lebenden Objekt vorstellen, sehr geehrter …

(Zwischenruf Abg. Dr. Voigt, CDU: In Eisen- berg?)

In Eisenberg, vielleicht.

Um Investitionen in die Ausstattung der Hotels zu beschleunigen, haben wir die Förderkriterien der einzelbetrieblichen GRW-Förderung erleichtert sowie das Förderspektrum erweitert. Weitere Erleichterungen sind in Vorbereitung. In vielen Gesprächen mit Hoteliers und Gastronomen habe ich er

fahren, dass oftmals die Fördermöglichkeiten gar nicht bekannt sind. Deshalb werden wir unsere Aktivitäten zur Förderberatung nochmals gezielt für das Gastgewerbe verstärken.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, zur Attraktivitätssteigerung gehört weiterhin auch die berufliche Perspektive in einem Betrieb bzw. in der Branche. Der DEHOGA Thüringen hat bezüglich der Weiterbildung einen Sozialpartnertarifvertrag mit der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten geschlossen. Diesen gilt es umzusetzen, um das Qualifikationsniveau der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Gastgewerbe weiterzuentwickeln. Derzeit wird seitens der Landesregierung und in Abstimmung mit den Wirtschafts- und Sozialpartnern und der Bundesagentur für Arbeit eine neue Thüringer Allianz für Berufsbildung und Fachkräfteentwicklung erarbeitet, die entsprechende flankierende Maßnahmen vorsieht, um die Fachkräftesicherung in den Unternehmen und damit auch dem Gastgewerbe zu unterstützen. Dazu gehört zum Beispiel die weitere Verbesserung der Berufsorientierung, die Gewinnung ausländischer Fachkräfte, verbunden mit der Verbesserung der Willkommenskultur, sowie eine stärkere Fokussierung auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Wenn es um das Thema „Bürokratie“ geht, wird oftmals nur von Hürden gesprochen, so auch in dem vorliegenden Antrag der CDU. Fakt ist aber, die Arbeit im HoGa-Bereich hat sehr viel mit Tätigkeiten zu tun, die die Gesundheit der Beschäftigten sowie die der Gäste betreffen. Daher ist es sehr wichtig, dass im Zusammenhang mit Lebensmitteln und Hygiene regelmäßig Schulungen und Belehrungen sowie externe Kontrollen durchgeführt werden, um ein Höchstmaß an Sicherheit für alle zu gewährleisten. Zudem muss nach Vorschriften des Bundes, des Landes und der Kommunen unterschieden werden. Selbstverständlich gibt es hier auf Seiten des Gesetzgebers und der Verwaltung die Notwendigkeit, die erlassenen Vorschriften regelmäßig auf deren Tauglichkeit zur Zielerreichung zu überprüfen – sprich, auf Vereinfachung oder gar Abschaffung.

Der Landesregierung sind keine konkreten negativen Auswirkungen der Dokumentationspflichten des Mindestlohngesetzes bekannt. Die Dokumentation der Arbeitszeit benötigt der Arbeitgeber ohnehin zur tatsächlichen Lohnberechnung. Zudem gilt die Dokumentationspflicht generell nur für geringfügig Beschäftigte, mit Ausnahme der Minijobber im privaten Bereich und die im Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz genannten Wirtschaftsbereiche, in denen eine besondere Missbrauchsgefahr besteht. Dazu zählen auch Gaststätten und Herbergen.

(Staatssekretär Maier)

Soweit die CDU-Fraktion zu wissen begehrt, wie sich die Einführung des Thüringer Bildungsfreistellungsgesetzes unter anderem auf die Personalplanung und -kosten im Hotel- und Gaststättengewerbe auswirkt, kann ich nur sagen, dass hierzu aktuell noch keine Erkenntnisse vorliegen, sodass auch noch keine Bewertung erfolgen kann.

Sehr geehrte Damen und Herren, die Spirale „Geringe Umsätze – niedrige Investitionen – schlechte Qualität“ muss durchbrochen werden.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Auflistung der Herausforderungen ist lang. Wir befinden uns mitten in einem Strukturwandel, den wir mit unserem Maßnahmenpaket für das Gastgewerbe begleiten und gestalten wollen. Die Landesregierung packt dieses Thema mit Energie an, bis hin zum persönlichen Einsatz des Staatssekretärs

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)