Noch mal, Herr Mohring, damit Sie es noch mal nachvollziehen können: Ende letzten Jahres waren 200.000 Flüchtlinge gemeldet.
Das nehmen Sie nur nicht zur Kenntnis. Sie blenden die Realität einfach aus, dass 800.000 eine Vervielfachung der Herausforderung ist. Schon bei 200.000 im vergangenen Jahr lag der Haushaltsansatz der letzten Landesregierung bei 25 Millionen Euro. Den haben wir dann am Anfang, als wir ins Amt gekommen sind, auf 45 Millionen erhöht. Da hat Dieter Lauinger in der Kabinettssitzung gesagt, das wird alles nicht reichen, aber da hat er noch gedacht, das geht bei 75 Millionen aus. Da haben wir schon geschluckt im Kabinett. Jetzt wissen wir, die 75 Millionen, die wir in den Haushalt geschrieben haben, reichen nicht hinten und nicht vorne, es wird sich in Richtung 100 Millionen steigern. Wir werden durch die 100-Millionen-Grenze durchgehen und, um es klar zu sagen, wir werden wahrscheinlich auch in Richtung 160 Millionen kommen, wenn wir keine Verteilung der Geldmittel und der Kofinanzierung durch den Bund bekommen. In diesem Zusammenhang sind die unbegleiteten Jugendlichen noch gar nicht dabei. Die werden sich mit bis zu 60 Millionen noch dazu auswirken, weil wir, Entschuldigung, meine Damen und Herren, Bundesrecht einzuhalten haben. Es ist nicht die freie Entscheidung der zuständigen Ministerin, ob sie es so oder so macht. Es ist die Vorgabe des Bundesgesetzgebers.
Wenn Sie also möchten, dass sich an diesen Verfahrenswegen etwas ändert, dann müssen wir die bürokratischen Verfahrenswege ändern. Dann müssen wir auch die Zuständigkeiten ändern.
Um es klar zu sagen, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben, als wir ins Amt gekommen sind, 450 reguläre Plätze in der Erstaufnahme vorgefunden. Wir reden nämlich tatsächlich von der Erstaufnahme und ich bedauere, dass wir zurzeit immer die Vermischung haben zwischen Erstaufnahme und dezentraler Unterbringung. Wir hatten, lieber Herr Geibert, offiziell 450 Plätze in Eisenberg.
Aber ausgelegt ist Eisenberg nur auf 450, war längst überfordert, längst überlastet. Sehen Sie, das ist die Haltung! Als wir als Opposition gesagt haben, dass Eisenberg überlastet ist, haben Sie gesagt, nein, Eisenberg ist nicht überlastet. Ich referiere einfach nur. Ich referiere einfach nur den offiziellen gesetzlichen Teil, den wir vorgefunden haben. Suhl war nur als Ausnahme geregelt und sollte nur vorübergehend sein. Ihr Staatssekretär Rieder ist dann hingefahren und ich habe dann noch einmal angerufen und habe gesagt, das geht so nicht, wir müssen andere Maßnahmen ergreifen, um Suhl ordentlich zu begleiten. Aber da sind wir immer noch nach Ihrer Information von einer vorübergehenden Belegung ausgegangen. Wenn ich mir ansehe – und da stimme ich Herrn Mohring zu – im Haus 19
in der vierten Etage, dass da keine einzige Tür mehr vor den Zimmern und in den Duschräumen keinerlei Duschabtrennung ist, da kann ich nur sagen, das ist ein unerträglicher Zustand. Das habe ich am Freitag vor drei Wochen gesagt, und ich habe angeordnet, dass diese Etage geschlossen wird. Sie war am nächsten Tag geräumt und ist seitdem in der Umbaumaßnahme. Offenkundig, lieber Herr Mohring, haben Sie gehört, was ich gesagt habe. Sie haben aber nicht zur Kenntnis genommen, dass die Etage 4 im Haus 19 längst geräumt ist.
(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Nein, die Etage, die ich meine, ist nicht geräumt! Da wohnen Menschen! Vielleicht fahren Sie mal hin und schauen sich das an!)
Entschuldigung, ich war gerade erst wieder dort. Im Gegensatz zu Ihnen bin ich jetzt mehrfach dort gewesen. Ich rede vom Haus 19, vierte Etage. Dort waren die Zustände, die Sie gerade wiederholt haben. Daraufhin ist angeordnet worden, diese Etage sofort zu räumen.
Wissen Sie, Herr Mohring, wenn ich denn das Objekt übernommen hätte mit einer zukunftsgerichteten Strategie und mit einer Betreibungsstrategie und mit Genehmigung und der Baugenehmigung und der feuerpolizeilichen Abnahme, wenn ich das Objekt so von Herrn Geibert übernommen hätte, würde ich sagen, dann verstehe ich die Kritik, dann hätten wir es nämlich runtergewirtschaftet. So war es nicht. Bis heute hat es keine feuerpolizeiliche Endabnahme gegeben, bis jetzt hat es nur eine Duldung …
Lieber Herr Geibert, ich referiere nur. Offenkundig möchten Sie den Teil Ihrer Realitäten gar nicht mit in der Debatte hören, sondern Sie möchten einfach sagen,
in den sieben, acht Monaten ist das alles erst passiert. Nein! Es war alles vorhanden. Und die Umstände – und deswegen versuche ich doch auch ausdrücklich, auf Sie einzugehen und zu sagen, ich halte es Ihnen nicht vor, aber ich würde darum bitten, dass Sie es uns auch nicht vorhalten, sondern dass wir gemeinsam sagen, wie wir es Stück für Stück lösen, wie wir die Problemfälle auflösen. Wir haben mit 450 regulären Plätzen angefangen, wir haben auf 1.500 im Januar gesteigert. Wir haben auf 3.000 jetzt zum ersten Halbjahr hochfahren wollen und wir hatten dann von Dieter Lauinger schon die Ankündigung, eine Reserve von 1.000 aufzu
bauen. Und da haben wir immer noch gedacht, dass wir damit ausreichend Kapazität haben, um den Landkreisen den Druck an den Wochenenden zu nehmen. Das ist die Verzehnfachung der Plätze. Im Moment sind wir in einer Situation wie bei dem Hase-und-Igel-Spiel: Immer wenn wir glauben, wir sind kurz davor, wieder die nächste Station zu haben, kommt der nächste Bus oder die nächste Situation – wenn Windpocken ausbrechen, darf aus diesem Zentrum niemand mehr rausgetan werden, weil die deutschen Hygienevorschriften so sind. Und das Ergebnis ist, dass die weitere Verteilung, wie sie vorgesehen war, schon wieder blockiert ist. Das ist die Realität, mit der wir uns auseinanderzusetzen haben, wenn wir über die Erstaufnahme sprechen.
Aber ich würde auch noch mal ganz gern auf die Frage eingehen, warum ich jedes Mal davon spreche, dass der Bund in der Verantwortung steht. Sie nennen das dann, ich würde mich aus der Verantwortung stehlen, ich würde immer nach dem Bund schreien. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das gesamte Asylverfahren ist ausschließlich Bundesangelegenheit. Ich wundere mich, dass das für Sie eine Neuigkeit ist. Die Entscheidung über einen Asylantrag hat keine Landesbehörde zu treffen, das ist ausschließlich eine Bundesangelegenheit. Und, meine Damen und Herren, wir könnten es uns viel einfacher machen und wir könnten uns viel besser auf Integrationsarbeit konzentrieren, wenn alle Erstaufnahmeplätze vom Bund übernommen werden würden.
Das ist die einzige Konsequenz, die man richtigerweise treffen kann, weil der Bund auch in der Lage ist, mit allen anderen administrativen Konsequenzen daraus zu verfahren. Wenn dann Herr Mohring davon redet, dass wir innerhalb dieses Jahres und nächsten Jahres 26 Millionen vom Bund bekommen, die wir den Kommunen böswilligerweise nicht geben, darf ich nur sagen, dass das ein Märchen ist, das ist eine Legende. Es ist der Fluthilfefonds, es ist kein einziger Cent neues Geld, den der Bund zur Verfügung stellt. Es ist der Fluthilfefonds 2015.
Nein, es ist der ganze Fluthilfefonds. Wissen Sie, Herr Mohring, die Erde ist keine Scheibe und das angekündigte Geld ist der Fluthilfefonds. Der Fluthilfefonds beträgt 1 Milliarde und der sollte in zwei Tranchen à 500 Millionen Euro ausgezahlt werden, dieses Jahr die ersten 500 Millionen, nächstes Jahr die zweiten 500 Millionen Euro. Das sind pro Jahr für uns nach Königsteiner Schlüssel 13 Millionen Euro. Das ist das ganze Geld, das der Bund zur Verfügung stellen wollte. Dann gehört zur Wahrheit dazu, da es keine Neuetatisierung war, dass der Fluthilfefonds zur Hälfte vom Land selbst
bezahlt werden muss. Insoweit sind es einfach nicht zweimal 26 Millionen, wie Sie behaupten, sondern es sind tatsächlich einmal 26 Millionen, weil die zweite Rate von 2016 auf 2015 generös vorgezogen und es verschwiegen worden ist, dass wir die Hälfte, also 13 Millionen, selbst zu bezahlen haben. Insoweit geben wir die 13 Millionen eins zu eins und ohne jede Einschränkung weiter. Das Lauinger-Ministerium hat letzte Woche darauf hingewiesen, dass 18 Millionen zusätzliches Geld zur Verfügung gestellt werden on top auf die Pauschalierungswerte, die wir zurzeit finanzieren. Und da, meine Damen und Herren, auch die Pauschalisierungswerte, ja, wir werden sie uns angucken. Wir werden mit den Landkreisen und mit den Gemeinden und Städten darüber reden. Aber zur Wahrheit gehört auch dazu, dass das die Beschlusslage und die Rechtslage ist, die Sie geschaffen haben. Wir wenden sie immer noch an. Sie ist nicht verändert worden. Jetzt zu sagen, wir hätten dort an den Stellen einfach die Gelder eingespart oder – wie es behauptet wurde – wir hätten klebrige Finger auf dem Rücken der Kommunen, da kann ich nur sagen, so ist es nicht. Ich würde mir wünschen, der Bund würde tatsächlich mal kraftvoller nicht einfach Fluthilfegelder zur Verfügung stellen, es wäre schon total entspannend, wenn er wenigstens die Hälfte aller Kosten übernehmen würde.
Deswegen, meine Damen und Herren, habe ich nicht von der Überforderung der Landesregierung gesprochen, sondern der Überforderung des Systems, was uns permanent unter Sonderstress hält. Das führt dazu, dass wir miteinander leider zu wenig an Lösungen arbeiten. Ich bleibe dabei, Astrid Rothe-Beinlich hat das in ihrem Beitrag gesagt und die Frage aufgeworfen, wenn wir 2.160.000 Einwohner in Thüringen haben und wenn wir dann die statistischen Werte der leeren Wohnungen dazurechnen – 80.000 Wohnungen, Herr Kobelt hat es gesagt –, dann müsste es doch möglich sein, dass wir 20.000 Menschen in vernünftiger Art und Weise unterbringen und auch vor allem integrieren, also vor allem als Teil unserer Bürgergesellschaft aufnehmen und ihnen die Möglichkeit geben, dass sie ihr Lohn und Brot selbst verdienen. Deswegen, meine Damen und Herren, ist es so ein Stück weit unredlich zu sagen, die rot-rot-grüne Landesregierung macht eine Asylpolitik, bei der Abschiebungen zum politischen Kampffeld geworden sind. Ich kann Ihnen nur sagen, ich habe versucht herauszufinden, wie die Rechtslage bei Abschiebungen ist. Deswegen würde ich das ganz gern noch mal betrachten. Wenn wir das Bundesrecht der Abschie
bung anwenden, bleibt es dabei: Die Hoheit über das Asylverfahren hat das BAMF, also die Bundesbehörde. Die muss erst einmal den Bescheid erstellen. Ohne den Bescheid, der dann an das Ausländeramt geht – und das Ausländeramt ist in der Kreisverwaltung, damit sind die Kreise in der Pflicht zu handeln, die, die uns jetzt gerade die Vorwürfe machen. Das ist so eine – wie ich finde – sehr schwierige Situation, wenn wir uns wechselseitig vorhalten, wir seien jetzt daran schuld und wir würden jetzt nicht eingreifen. Deswegen hat der Innenminister angeordnet, dass die Zentrale Abschiebestelle – so heißt die –, ZAS, den Personalbestand verdoppelt gekriegt hat. Herr Mohring, um Ihnen die Antwort darauf zu geben, die Verdopplung ist am Montag eingetreten, sie ist vorhanden. Das heißt, dort sitzen jetzt ausreichend personelle Kräfte, die dort handeln können.
Das hilft uns nur überhaupt nicht, weil die entsprechenden Kapazitäten von Flugzeugen und Sitzen in den Flugzeugen überhaupt nicht vorhanden sind, die man einleiten müsste.
Dann noch mal, meine Damen und Herren, auch da wieder die Bundesrechtslage: Es muss den abzuschiebenden Familien oder Personen mitgeteilt werden, dass sie abgeschoben werden. Es sei denn, sie hätten Gründe geliefert, dass man sie in Abschiebehaft nehmen dürfte. Die dürfen wir aber nicht in eine Thüringer Haftanstalt packen, weil das Bundesverfassungsgericht entschieden hat, dass in einem normalen Gefängnis keine Abschiebehäftlinge aufgenommen werden dürfen – alles Rechtslage.
Deswegen habe ich in den letzten Tagen mehrfach gesagt, ich habe so das Gefühl, der eine oder andere wünscht sich mehr Polizeistaat. Wir leben aber in einem Rechtsstaat. Wenn wir in einem Rechtsstaat leben, sollten wir gemeinsam darauf achten, dass Rechte eingehalten werden, weil diese Rechte auch als Grundlage für unser gemeinsames Agieren gelten. Damit sind wir auch bei Pflichten.
Lieber Herr Mohring, ich habe nicht von der Blasphemie nach dem Vorgang Mittwochnacht allein geredet. Ich habe im gleichen Satz gesagt, wir akzeptieren weder Blasphemie noch Lynchjustiz. Weil es für mich nicht zu akzeptieren ist, dass man mit dem Knüppel in der Hand wen auch immer, einen anderen Flüchtling, einen Nachbarn, einen Polizisten im Einsatz, einen Rot-Kreuz-Sanitäter oder das MDR-Fernsehteam angreifen darf und wir dürfen dazu nicht schweigen, dürfen dazu nicht weggucken. Selbstjustiz ist nicht zu akzeptieren. Dann
Aber wir müssen darüber reden und deswegen habe ich das so deutlich gesagt: Wenn wir erkennen, dass bei den Flüchtlingsströmen und bei der Zusammensetzung der Busse, wie sie nach Thüringen kommen, teilweise Menschen zusammen-, aufeinandertreffen, die in ihren Heimatregionen wechselseitig in Frontstellung gebracht sind und sich selbst nicht über den Weg trauen, dann müssen wir sie auch nicht am Ende noch im gleichen Objekt, im gleichen Flur oder gar im gleichen Zimmer haben. Deswegen will ich auch mal darauf hinweisen, ein Blick in unsere Nachbarregion: Das, was gerade passiert in Kobane, dass die türkische Republik, der türkische Präsident Kobane und die YPGKämpfer bombardieren lässt, führt dazu, dass die Flüchtlingsströme aus der Region noch stärker hierherkommen. Ein überwiegender Teil davon sind Jesiden. Das sind die friedlichsten Menschen, die ich kennengelernt habe. Diese Jesiden möchten in ihrer Heimat bleiben, die möchten ihre Heimat nicht weggenommen kriegen. Die Einzigen, die die Jesiden im Moment verteidigen, sind die YPG-Kämpfer, die dort Rojava und in...
(Zwischenruf Prof. Dr. Hoff, Minister für Kul- tur, Bundes- und Europaangelegenheiten und Chef der Staatskanzlei)
Die CDU in Suhl hat einen Eilantrag zur Teilschließung der Erstaufnahme Suhl gerade beim Gericht in Meiningen eingereicht. Das ist natürlich eine interessante Information, dass dann, wenn wir darüber reden, wie wir den Druck auf Eisenberg durch weitere Kapazitäten abbauen, die örtliche CDU den Eilantrag in Meiningen beim Verwaltungsgericht stellt und wir anschließend wahrscheinlich vorgehalten kriegen, dass wir Zelte aufbauen. Das ist natürlich eine Art des Umgangs miteinander, bei der ich nicht so sicher bin, ob wir wirklich gemeinsam an der Lösung der Probleme arbeiten.
Ich will noch mal den Hinweis geben auf das, was wir im Moment gerade an Fluchtströmen haben. Eins davon ist das, was gerade in den drei Provinzen in Syrien, in Rojava, passiert. Die verteidigen gerade ihre Heimat. Das sind ganz andere Gründe, keine rassistischen Gründe, sondern das sind Menschen, die einfach zu Hause bleiben möchten. Sie werden gerade von der größten Terrororganisation der Welt, dem IS, um ihr Leben gebracht. Die Jesiden werden versklavt, jesidische Frauen werden am internationalen Sklavenmarkt derzeit für
20.000 Dollar gehandelt. Ich weiß das deshalb, weil der Zentralrat der Yeziden vor einigen Wochen bei mir zu Besuch war, ich ihn in der Staatskanzlei empfangen habe und ich mit ihm darüber geredet habe, wie wir ihnen helfen können und wie man Kobane hilft, damit dort diese Menschen bleiben können und nicht weiter auf die Fluchtwege gehen.
Deswegen in dem Zusammenhang: Ja, wir haben es im Moment mit Völkerwanderung zu tun, Völkerwanderung durch Kriege, die religiös überlagert sind. In diesem Zusammenhang sage ich aus meiner Perspektive: Ich bin froh, dass gestern der größte Kongress der Welt, der religionswissenschaftliche Kongress in Erfurt, eröffnet worden ist. 1.500 Religionswissenschaftler sind zurzeit aus der ganzen Welt in Thüringen: Chinesen, Japaner, Koreaner, Hinduisten, Buddhisten, Moslems, Juden, Christen, alle Religionen dieser Welt. Diese Wissenschaftler treffen sich gerade in Erfurt. Sie sind stolz und froh und sind begeistert. Ich habe die Stimmung gestern mitgekriegt. Aber wenn sie manches von dem hören würden, was hier diskutiert worden ist, dann gilt der Satz, den ich gestern gesagt habe: Wir brauchen mehr Wissen, wir brauchen mehr Kenntnis, um diese Dinge, die uns gerade umtreiben, besser lösen zu können. Ich will deswegen sagen, dass das, was in Suhl passiert ist, dass ein junger Afghane, der sein Leben gerettet hat, indem er nach Deutschland gekommen ist, in Thüringen untergebracht wurde. Herr Mohring sagt, er ist schon zum Christentum übergetreten. Mir ist gesagt worden, er will zum Christentum übertreten. Es ist egal, denn allein die Tatsache, dass er Christ werden will, führt in seiner eigenen Heimat dazu, dass er von der Scharia – Herr Mohring, Sie haben ja davon geredet, in Afghanistan ist die Scharia eingeführt worden, und zwar in der Zeit, als die westliche Wertegemeinschaft dort mit Militär das Kommando übernommen hat. Dann frage ich mich, was das für eine westliche Wertegemeinschaft ist, bei der am Ende ein Moslem, wenn er zum Christentum übertritt, mit dem Tod durch den Staat bedroht wird. Dieser junge Mann hat – aus welchen Gründen auch immer – gemeint, er könne den Koran zerreißen und vor den Augen der Muslime in die Toilette spülen. Das hat das ausgelöst, was wir dann alle auf erschreckende Weise sehen mussten. Ich habe mit den Polizisten geredet und gefragt, ob sie das Gefühl hatten, dass sich dort etwas aufgebaut hat. Sie haben Nein gesagt, sie hatten das Gefühl, es war eigentlich wie immer und es kam situativ aus der Situation. Deswegen habe ich davon gesprochen, wir werden weder Blasphemie, weder die Schändung des Korans noch der Bibel, noch der Thora – auch da haben wir einen guten Grund, damit sehr vorsichtig und sehr achtsam zu sein, dass religiöse Zeichen nicht geschändet werden – akzeptieren und wir werden nicht akzeptieren, dass sich Lynchjustiz ungestraft einfach Bahn brechen kann. In dem Zusammenhang wird aber auch „ab
schieben“ gerufen. Wenn es aber Straftäter sind, meine Damen und Herren, dann haben sie erst einmal unser Strafrecht zu erleben. Dann haben sie erst einmal ins Gefängnis gebracht zu werden, wenn sie Straftäter sind und verurteilt worden sind. Das ist unser Rechtsstaat und erst danach wäre die Möglichkeit, eine Abschiebung vorzunehmen. Auch da, meine Damen und Herren, darf ich einfach darauf hinweisen, dass manche auf diesen Demonstrationen, die sich gerade in Deutschland abspielen, die hinten „gida“ heißen und sagen, sie wollen das christliche Abendland verteidigen, dass manche von denen, die da unterwegs sind, vom Christentum keine Ahnung haben. Das ist jedenfalls mein Eindruck. Wer das Christentum in den Mund nimmt und das christliche Abendland verteidigen will, der muss wissen, dass das Christentum auf dem Erlebnis von Paulus in Damaskus basiert. Dieses Erlebnis von Paulus in Damaskus ist die Grundlage unseres Glaubens. Aber in Damaskus ist gerade Krieg. In Damaskus wird gerade alles gemeuchelt. Unsere christlichen Brüder und Schwestern waren die ersten, die Palästinenser, wenn sie Glück haben, werden nur verjagt und vertrieben, und der IS versucht, alles zu zerstören, was man an kulturellem Erbe unserer Weltgeschichte sehen kann. Was in Palmyra in der letzten Woche passiert ist, ist ein unerträglicher Vorgang. Wenn das Menschen, die aus den Regionen kommen, hier in den Nachrichten hören oder über ihr Handy von zu Hause mitkriegen, dass gerade ein derartiger Frevelakt wie in Palmyra passiert ist, dass der 82-jährige Wissenschaftler das Haupt abgeschlagen kriegt und an eine Straßenlaterne gehängt wird, um damit deutlich zu machen, er sei der Vertreter des Götzendienstes, dann wird die Religion missbraucht, um damit Machtansprüche und Ansprüche auf Erdöl, auf regionale, territoriale Macht und die Infragestellung aller Grenzen mit zu organisieren. Auch da muss man unseren Natopartner Türkei mal fragen, wie es eigentlich sein kann, dass immer noch Erdöl vom IS abgekauft wird, in der Türkei in Geld umgewandelt wird und gleichzeitig Krieger des IS auf der türkischen Seite in Krankenhäusern gesundgepflegt werden. Das spielt sich alles an unserer Außengrenze ab. Das ist nicht weit weg. Palmyra ist die Wiege unserer Kultur. Das Zweistromland, Euphrat und Tigris, wer vom Christentum redet, vom christlichen Abendland, der sollte die Bibel mal nehmen und kann dort alle Orte, die uns im Moment Abend für Abend im Fernsehen gezeigt werden und Mord und Totschlag zeigen, sehen, die die Wurzeln unseres Glaubens oder dessen, was wir christliches Abendland nennen, sind. Deswegen sage ich, wir haben gute Gründe, mit diesen Flüchtlingen gemeinsam den Weg zu organisieren, ihnen deutlich zu machen, dass die Wertegemeinschaft in Deutschland das Grundgesetz, unsere Verfassung, ist. Wer sich nach den Regeln des Grundgesetzes benimmt und sich auf die Regeln des Grundge