Protocol of the Session on October 1, 2019

(Beifall SPD)

Besonderes Augenmerk wird dem Aufdecken von Gefahren gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, von Stereotypen und Vorurteilen sowie Rassismus und auch Alltagsrassismus in der Ausbildung gewidmet. Es ist die gelebte Praxis, dass in die Gestaltung der Aus- und Fortbildung externe Akteure einbezogen werden, zum Beispiel der Zentralrat der Sinti und Roma in Deutschland, der Zentralrat der Juden, und an der Erstellung des Seminarprogramms mitwirken. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU, SPD)

Es gibt eine weitere Wortmeldung der Landesregierung: Minister Hoff.

(Zwischenruf Abg. Geibert, CDU: Das hätte ich mir für die Justiz auch gewünscht!)

Der Fraktionsvorsitzende der CDU hat mich in seinem Redebeitrag mehrmals als Begründung seiner

Rede angeführt und das hat mich motiviert, mich hier noch mal zu Wort zu melden.

Sehr geehrter Herr Mohring, Sie haben hier eine Wahlkampfrede gehalten und die Arbeit der Enquetekommission genutzt, um Ihr neues politisches Mantra vorzustellen, dass der Freistaat Thüringen an den Rändern von extrem links und extrem rechts auseinanderfallen würde. Dieses mangelnde Vertrauen von Ihnen in die Stärke unseres demokratischen Gemeinwesens teile ich explizit nicht.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich teile auch nicht die in Ihrer Aussage enthaltene Neuauflage der Totalitarismustheorie, in der die Extreme von links und rechts sich quasi wie in einem Hufeisen einander annähern würden. Ich weiß, dass diese Fehlannahme in der politischen Auseinandersetzung weit verbreitet ist. Nur wissen wir, dass die weitere Verbreiterung einer Fehlannahme nichts an dem Umstand ändert, dass es sich um eine Fehlannahme handelt.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben in Ihrem Redebeitrag zutreffend wiederum darauf hingewiesen, dass nach einem Urteil des Landgerichts Meiningen der AfD-Politiker Bernd Höcke als das bezeichnet werden darf, was er ideologisch ist – ein Faschist.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nach dieser Aussage zur AfD haben Sie zwei Drittel bis drei Viertel Ihrer Rede dazu genutzt, die Arbeit der rot-rot-grünen Landesregierung verächtlich zu machen und die Koalition als linksextrem zu beschreiben. Das sind übrigens drei Parteien, von denen Sie sich zwei Parteien als Koalitionspartner wünschen, um die aus Ihrer Sicht notwendige Regierung der Mitte zu bilden. Den Widerspruch zwischen Ihren Aussagen heute und den Beschimpfungen gegenüber der Thüringer Sozialdemokratie und Bündnis 90/Die Grünen müssen Sie den Wählerinnen und Wählern erklären.

(Beifall SPD)

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Nur die Linke!)

An zwei Stellen Ihrer Rede haben Sie mich namentlich genannt. Zu der von Ihnen hier vorgetragenen Aussage meinerseits zur Bewertung der Rolle und Funktion der Band „Feine Sahne Fischfilet“ in Mecklenburg-Vorpommern stehe ich. Ich habe sie in einem Zusammenhang veröffentlicht, als es darum ging, dass die Band „Feine Sahne Fischfilet“ in Dessau ausgeladen wurde, wo sie zu einem Kon

zert im Rahmen des Bauhausjubiläums eingeladen war. Ich denke, dass es sinnvoll ist, diese Kontexte auch noch mal aufzurufen, weil Sie auch in Ihrer zweiten Aussage den Kontext vernachlässigen.

Gleichwohl würde ich Ihnen empfehlen, sich das Buch „Deutschland ganz rechts“, das Matthias Quendt veröffentlicht hat, zu Gemüte zu führen. Matthias Quendt ist übrigens der Leiter des Instituts für Demokratie und Zivilgesellschaft – IDZ – in Jena, das die Thüringer CDU-Fraktion in Tateinheit mit der AfD-Fraktion stets abgelehnt hat und zu verhindern suchte und das aber wie die Band „Feine Sahne Fischfilet“ unschätzbare Arbeit leistete.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Es war jedoch eine weitere Aussage von mir, die Sie hier zitiert haben und die mich zu dieser Wortmeldung bewegt hat: Der ehemalige Landtagsabgeordnete der AfD, Herr Brandner, der inzwischen im Deutschen Bundestag sitzt, leistete sich in seiner Zeit als Landtagsabgeordneter hier in Thüringen viele suspekte und, sagen wir, verstörende Auftritte. Unter anderem verglich er mich mit Kim Jongun, dem nordkoreanischen Diktator. In einer Replik auf seine ständigen Beiträge, in denen er alle Demokratinnen und Demokraten, darunter viele Christdemokratinnen und Christdemokraten, die sich für Flüchtlinge eingesetzt haben oder Flüchtlinge bei sich selbst aufgenommen haben – wie zum Beispiel die Thüringer Bundestagsabgeordnete Antje Tillmann, die Mitglied der Thüringer CDU ist –, als notorische Linksextremisten bezeichnet hat, habe ich – in diesem Zusammenhang und nur in diesem Zusammenhang – einmal gesagt: Wenn alle Demokratinnen und Demokraten bis weit in die Mitte hinein als linksextrem gelten, dann kann die Bezeichnung „Linksextremist“ kein Schimpfwort sein, sondern dann und nur dann kann man diesen Titel durchaus mit Stolz tragen. In der politischen Polemik der AfD, in den sozialen Netzwerken, im Internet ist von Herrn Brandner und anderen stets nur diese Aussage zitiert worden, der Hoff ist stolz, Linksextremist zu sein. Dass Sie, sehr geehrter Herr Mohring, hier in Ihrer letzten Rede in dieser Wahlperiode exakt das gleiche Geschäft machen

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

wie Stephan Brandner und seine Gesinnungsgenossen der AfD, das zeigt mehr und sagt mehr über Sie aus, sehr geehrter Herr Mohring, als das, was ich über Demokratinnen und Demokraten in der Mitte gesagt habe. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Minister Prof. Dr. Hoff)

Es gibt eine weitere Wortmeldung. Frau Abgeordnete Berninger, Sie haben 1 Minute.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, ich muss noch mal auf den Innenminister reagieren und das, was er hier gesagt hat. Georg Maier, das klang alles so, wie ich das schon häufiger gehört habe: Was nicht sein darf, das kann nicht sein, wir haben keine rassistischen Einstellungen in der Thüringer Polizei, zumindest sind mir keine bekannt.

Ich habe vorhin in Bezug auf die CDU die drei Affen bemüht oder gesagt: Was ich nicht selbst erlebt habe, das gibt es auch nicht. Herr Maier, vielleicht müssen Sie sich auch mal mit Betroffenengruppen unterhalten und zur Kenntnis nehmen, welche Erfahrungen Betroffene von rassistischer Diskriminierung unter anderem auch hinsichtlich der Thüringer Polizei machen, welche Erfahrungen Leute in Thüringen auch mit Racial Profiling gemacht haben, und dann können wir gern noch mal darüber reden, ob das falsch ist, was die Kommission aufgeschrieben hat oder nicht. Aber was Sie jetzt eben gemacht haben, das ist genau die epistemische Gewalt, die ich vorhin schon mal beschrieben habe. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen mehr vor.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Doch, jetzt muss ich mich noch mal melden!)

Sie haben keine Redezeit mehr! Herr Fiedler, da müssen Sie sich bei Ihrem Fraktionsvorsitzenden beschweren, der hat die ausgeschöpft.

Es liegen jetzt keine Wortmeldungen mehr vor. Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.

Bevor ich die heutige Plenarsitzung schließe, gestatten Sie auch mir ein paar letzte Worte. Es ist nach 15 Jahren meine letzte Sitzung hier und es ist ein Abschied von Aufgaben, die ich mit viel Leidenschaft und voller Idealismus wahrgenommen habe. Politik – und das wissen Sie alle – kann man nicht wie eine Agenda abarbeiten, Politik verlangt den ganzen Menschen, ist auch irgendwie unglaublich lebensraubend, weil alle Zeit plötzlich belegt ist, weil alles, was getan wird, auch öffentlich ist und öffentlich getan wird. Im Alltag der Politik spielt eine

Rolle, dass ganz viele darauf schauen, was ich tue. Auch das schränkt natürlich in dieser Zeit die Selbstbestimmung ein, die Öffentlichkeit, die immer dabei ist, die sehr genau beobachtet. In vielen anderen Berufen braucht es genauso viel Leidenschaft, gibt es Macht, gibt es viel Arbeit, aber eben nicht diese Öffentlichkeit, die alles anschaut und die deshalb auch verlangt, dass über alles Rechenschaft abgelegt wird. Dann gibt es natürlich noch den ständig zu überwindenden inneren Widerspruch zwischen verfassungsmäßigem Unabhängigkeitsanspruch und der von Parteieninteressen geprägten politischen Praxis. Wie Sie wissen, kann das extrem anstrengend sein. Wir sollten uns immer vor Augen führen: Der Landtag ist das Hohe Haus und nicht die Staatskanzlei.

(Beifall im Hause)

Seit fünf Jahren bin ich Vizepräsidentin. Eine schönere und anspruchsvollere Aufgabe hätte es für mich wirklich nicht geben können. Deswegen möchte ich mich an dieser Stelle bei allen bedanken, die mich in diesen Jahren begleitet und unterstützt haben, bei Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete, bei den Fraktionen, bei den Parteien, bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landtagsverwaltung, aber auch den vielen Unsichtbaren, ohne die dieses Parlament nicht so leistungsfähig sein könnte, wie es glücklicherweise ist, und auch bei den Medien für mal diese und auch mal die andere Berichterstattung. Aber ich möchte mich auch bei den Wählerinnen und Wählern bedanken, die immerhin das Recht haben, diese Demokratie zu gestalten und zu bestimmen, von wem sie regiert werden.

Und ich habe eine Bitte an die Mitglieder des nächsten Landtags: Bewahren Sie bitte den Konsens der Demokraten gegen Fanatiker und Fundamentalisten!

(Beifall DIE LINKE)

Seien Sie sich Ihrer Vorbildrolle dieses Hohen Hauses für Sprache und Verhalten bewusst, auch den nächsten Generationen gegenüber!

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN; Abg. Gentele, fraktionslos)

Und allen Jungen möchte ich am Welttag der Senioren, der heute ist, eine Lebensweisheit mitgeben, die mir als junger Mensch mal mitgegeben wurde: Behandle ältere Menschen immer so, wie du im Alter auch selbst behandelt werden möchtest.

(Beifall CDU; Abg. Rietschel, fraktionslos)

Damit schließe ich die heutige zweite Plenardebatte und möchte noch mal an den Empfang der Präsidentin erinnern. Danke schön.

(Beifall im Hause)

Ende: 14.02 Uhr