und zu sagen: „Guckt doch dahin“, wenn ein Verfassungsschutz-V-Mann geführt von einem Verfassungsschutz-Beamten ein Handy hat, das zugelassen ist auf ein Innenministerium. Und auf diesem Handy erfasst man dann: „Wo bleibt der Bums?“ – also die Anfrage, wann kommen die Waffen und was ist mit den Waffen. Und das alles ist aktenkundig. Oder wenn in MAD-Protokollen steht – es wird ja immer gesagt, der MAD hätte nichts gesehen, der MAD hat sich ziemlich geärgert, also Militärischer Abschirmdienst, der andere Geheimdienst – und der MAD sagt: „In den Akten ist klar festzustellen, da kommen junge Bundeswehrangehörige aus Südafrika zurück von einer bestimmten Farm, wo sie immer wieder schießen trainieren konnten“, und sie kommen wieder und der MAD-Beamte notiert: „Wir konnten alles schießen, nur Handgranaten werfen konnten wir nicht, dafür müssen wir noch mal nach Polen fahren.“ Ich zitiere aus den Akten des MAD – im Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestags thematisiert. Deswegen bleibt die Frage und die uns begleitende Frage nach dem darunter liegenden Netz und nach der Einbindung: Wie weit zieht sich der Faden? Und ist der wirklich beendet, der Faden? Ist wirklich der Komplex NSU abgeschlossen?
Ich danke Christine Lieberknecht. In ihrer Amtszeit als Ministerpräsidentin, als in Stregda der Camper stand, haben wir sofort telefoniert. Ich war noch Opposition, ihr wart Regierung und die Überlegung war, was der richtige Weg ist, um die Akten zu öffnen. Und es war nicht ganz banal, als Jörg Geibert die Akten als Innenminister auf den Tisch des Untersuchungsausschusses gelegt hat. Er ist der Sonderermittler und es ist umso bemerkenswerter: Als diese Akten von Thüringen ungeschwärzt nach Berlin fahren sollten, gab es eine Übereinkunft anderer Innenminister, ob man nicht diesen Transport unterwegs stoppt – eine Kuriosität sondergleichen in Deutschland! –, weil man die Akten ungeschwärzt in Berlin den Bundestagsabgeordneten nicht zugänglich machen wollte. Alles das gehört zu dem Komplex, über den wir reden. Offenkundig haben da sehr viele ein schlechtes Gewissen. Und offenkundig ist es deshalb richtig, dass man sagen kann, in den Tagen liefen die Schreddermaschinen auf vollen Touren. Und diesen Teil der Akten werden wir nicht mehr erschließen können. Wir können nur
hoffen, dass wir irgendwann mal wieder Zeugen finden, die etwas mehr erzählen und vorher nicht das Zeitliche segnen. Deswegen sage ich, da ist noch einiges zu machen und wir sind nicht am Endpunkt. Wir sind am Endpunkt dieser Legislatur. Wir sind am Endpunkt der Arbeit, die der Untersuchungsausschuss geleistet hat. Ich danke ausdrücklich dem Untersuchungsausschuss, selbst wenn wir uns an einer Stelle mal ein bisschen verhakt haben. Diese Stelle ist, glaube ich, aber nicht die entscheidende Stelle, um damit die Aufklärung zu verhindern, sondern – und ich will es einfach sagen – Vertrauensleute der Polizei, die in der organisierten Kriminalität tätig sind, sind natürlich hochgradig gefährdet in dem Moment, wenn ihre Namen auch nur publik werden. Ich bin aber Madeleine Henfling dankbar für den Hinweis, es darf keine kontrollfreien Zonen geben. Birgit Pelke hat es auch thematisiert.
Also muss man da nur den richtigen Punkt finden, wo die Kontrolle denn stattfindet. Denn um die VLeute des Verfassungsschutzes muss sich unter anderem die Parlamentarische Kontrollkommission kümmern. Die Frage der polizeilichen Kontrolle ist eine, die nicht eine Frage des Untersuchungsausschusses NSU ist, sondern ein prinzipielle Frage. Damit bin ich sehr einverstanden, die prinzipielle Frage auf die Tagesordnung zu setzen.
Aber worum wir uns in der Tat noch weitere Aufgaben vereinbart haben, das ist die Frage: Was ist ein angemessenes Erinnern? Wir möchten an die Toten, die ermordeten Angehörigen von Ihnen, erinnern. Wir möchten einen Platz finden, wie wir zeigen, dass die Täter aus Thüringen kamen, aber dass die Taten für uns wach sind und dass wir die Taten verbinden mit dem „Nie wieder!“ und der Anerkennung Ihren ermordeten Angehörigen gegenüber. Ich bin sehr einverstanden, dass die Akten zusammengefasst und zugänglich gemacht werden, damit man sie wissenschaftlich aufarbeiten kann.
Aber, meine Damen und Herren, Christine Lieberknecht und ich waren am Sonntag in Kassel in der St. Martinskirche, der Bischofwechsel stand an, und in dieser Kirche war wenige Wochen vorher der Trauergottesdienst für Walter Lübcke, den Regierungspräsidenten von Kassel. Der Regierungsdirektor Lübcke, der von einem Täter ermordet wurde, wo man schon wieder in der Struktur des Täters nachschauen kann, das Auto des Täters ist zugelassen im Wartburgkreis. Und die Angehörigen um den Täter herum sind im gleichen Milieu, bei dem die Menschen sich befinden, über die wir hier im
Untersuchungsausschuss reden. Das heißt, wenn wir die Ermordnung von Walter Lübcke in Kassel thematisieren, dann kommen wir um Halit Yozgat gar nicht herum, denn die innere Verbindung ist dieselbe politisch-geistige Struktur, bei der sich Menschen ermächtigen, andere einfach zu ermorden. Und dann geht es um unsere Demokratie, dann geht es um die Fundamente unserer Demokratie, wenn wir zulassen, dass Menschen sich selbst ermächtigen und meinen, andere, die ihnen politisch nicht gefallen, nicht nur niederzubrüllen, sondern sie am Ende auch zu töten.
Deswegen ist es auch erbärmlich – und das muss ich ausdrücklich sagen, meine Solidarität gilt dem Fraktionsvorsitzenden, Herrn Mohring –: Die Postkarte, die da geschrieben worden ist, ist genau in dem geistigen Konstrukt dessen, was an Ermordungen stattgefunden hat. Alle, die solche Briefe bekommen – Herr Mohring ist ja leider nicht der Einzige –, das hat ja veranlasst, dass Herr Innenminister Maier gesagt hat: Wir wollen diese Hotline für all diejenigen machen, und zwar unabhängig davon, welche Funktion sie im Staat haben. Das ging schon los mit den Reichsbürgern, die angefangen haben, ganz normale Richterinnen oder Justizbedienstete anzugreifen und unter Druck zu setzen, aber auch dort haben wir schon den ersten Mord nicht erst seitdem die Polizisten ermordet worden sind. Auch das ist eine Geschichte, in Nordhausen hat sich das vor fast 30 Jahren abgespielt, wo selbst ermächtigte Bauamtsmenschen von den Reichsbürgern der Meinung waren, sie können sich einfach mit Waffengewalt durchsetzen. An all diesen Stellen ist der Staat gefordert, sind wir gefordert, sind wir als staatliche Institutionen gefordert. Deswegen sage ich, vor den Appell an die Anständigen gehört zuallererst der Respekt der Zuständigen und das Handeln der Zuständigen, damit sich die Anständigen und die Zuständigen miteinander aufmachen und sagen, wir wollen den Rechtsstaat verteidigen. Und dafür, meine sehr verehrten Damen und Herren, haben wir nur einen kleinen Beitrag geleistet, indem wir den Angehörigen einen Entschädigungsfonds zur Verfügung gestellt haben, mit dem wir ein wenig das Leid mindern wollten von all den erlittenen Geschichten. Wir wollten ihnen damit juristische Auseinandersetzungen ersparen und wir wollten sie begleiten auf dem Weg, damit sie das Gefühl haben, der Freistaat Thüringen lässt sie nicht alleine und wir fühlen uns in der Verantwortung. Die Taten sind außerhalb Thüringens geschehen, aber die Täter kamen aus Thüringen. Das Umfeld ist in ganz Deutschland und dieses Umfeld dürfen wir alle nicht aus dem Blick verlieren. Deswegen, meine Damen und Herren: Wir sind es Ihnen schuldig, dass wir wachsam bleiben, wir sind
Wir kommen deshalb zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktionen Die Linke, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen in Drucksache 6/7795. Wer dem Entschließungsantrag die Zustimmung gibt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Koalitionsfraktionen, die AfDFraktion und die fraktionslosen Abgeordneten Gentele und Rietschel. Gegenstimmen? Kann ich keine erkennen. Stimmenthaltungen? Das ist die CDU-Fraktion. Damit ist der Entschließungsantrag angenommen.
Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt und damit auch die erste Sondersitzung des Landtags am heutigen Tag.
Zugleich weise ich Sie darauf hin, dass die zweite Sondersitzung um 12.00 Uhr hier im Plenarsaal beginnt. Ich bedanke mich noch mal vom Präsidium aus für das Erscheinen der Angehörigen und Hinterbliebenen.
Ich möchte noch darauf hinweisen, dass sich der Ausschuss für Umwelt, Energie und Naturschutz 5 Minuten nach Ende der jetzigen Plenarsitzung im Raum F 202 trifft.