Protocol of the Session on September 26, 2019

(Beifall AfD)

Es hat zu mehr Klagen über Mängel bei Handwerkerleistungen geführt und zu zu wenig ausgebildeten Fachkräften. Gründungen in den zulassungsfreien Gewerken verschwinden oftmals durch den erhöhten Wettbewerbsdruck schon nach wenigen Jahren wieder vom Markt. Hier möchte ich gern den ZDH-Präsidenten Hans Peter Wollseifer zitieren: „Wir wollen nachhaltige und beständige Betriebe, die Menschen beschäftigen und anständig bezahlen, und keine Betriebe, die sich selbst ausbeuten, schnell wieder aus dem Markt verschwinden und die Gewährleistungspflicht nicht einhalten.“

(Beifall AfD)

Wir von der AfD sind der gleichen Meinung. Der Meisterbrief muss aufgewertet werden. Die Meisterprüfung muss kostenfrei sein. Der Landtag sollte sich für die Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Ausbildung einsetzen. Wir unterstützen auch die stärkere Regulierung des Meisterzwangs und daher auch den Antrag der CDU-Fraktion. Danke schön.

(Beifall AfD)

Für die CDU-Fraktion hat Abgeordneter Wirkner das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, das deutsche Handwerk braucht Hilfe,

(Beifall CDU)

die Wirtschaftsmacht von nebenan – so wird sie von den Handwerkskammern bezeichnet. Wer heute einen Handwerker braucht – und ich glaube, viele von Ihnen haben das in den letzten Monaten und Jahren schon versucht –, muss feststellen, dass er längere Wartezeiten in Kauf nehmen muss, weil die Kapazitäten zu gering sind, die Auftragslage ist gut. Das deutsche Handwerk war es, das gerade nach der friedlichen Revolution 1990 in Ostdeutschland dafür gesorgt hat, dass die Arbeitslosigkeit in weiten Teilen des Landes abgefedert worden ist, weil viele Industriebetriebe aufgelöst worden sind. Und das Handwerk war es, das viele Unternehmen gegründet hat, mitunter 10 bis 20 Angestellte, Lehrlinge ausgebildet hat. Ich möchte hier noch einmal grundsätzlich erklären: Seit 1993 gibt es in vielen Handwerksbetrieben tarifliche Regelungen.

(Beifall CDU)

Das Gemeinschaftswerk Aufbau Ost ist maßgeblich dem deutschen Handwerk mit zu verdanken. Wenn wir die Situation in den Städten und auch im ländlichen Raum von 1990 mit heute vergleichen, müssen wir feststellen: Das Handwerk hat große Leistungen erbracht. Unsere Städte sind wieder in einem ordentlichen Zustand. Da können wir uns freuen, dass das vor allen Dingen maßgeblich in den 90er-Jahren gelungen ist. Im Jahr 2004 war infolge der Agenda 2010 die Novellierung der bestehenden Handwerksordnung vorgenommen worden. In 53 Handwerksberufen wurde die Meisterpflicht abgeschafft. Das hatte sicherlich den Hintergrund, dass wir noch mehr Menschen die Möglichkeit geben wollten, sich selbstständig zu machen und die Arbeitslosigkeit abzubauen, die auch im Jahr 2004 immer noch grassierend war. Aber was ist passiert? 53 Handwerksberufe, das heißt, in 53 Handwerksberufen gibt es keinen Meisterzwang und damit auch keine Ausbildungsberechtigung mehr. Wir diskutieren jetzt seit Jahren darüber, dass überall Arbeitskräfte fehlen, auch im Handwerk, dass sich junge Leute nicht für den Handwerksberuf entscheiden können, und die, die sich vielleicht entscheiden wollen, keinen Ausbildungsbetrieb finden, weil es viel zu wenige ausbildungsberechtigte Handwerksbetriebe gibt.

(Abg. Rudy)

Deswegen haben wir 2018 diesen Antrag eingebracht, um die Landesregierung aufzufordern, über eine Bundesratsinitiative zu klären, ob es aufgrund europarechtlicher Regelungen die Möglichkeit gibt, die Handwerksordnung wieder neu zu novellieren, und zu prüfen, ob es nicht möglich ist, in vielen Bereichen des Handwerks wieder den Meisterzwang einzuführen, damit wir Ausbildungsvoraussetzungen schaffen und damit wir vor allen Dingen auch wieder ein Qualitätssiegel erreichen. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks beklagt schon seit Langem, dass es zum Beispiel im Fliesenlegerhandwerk große Probleme auch in fachlicher Qualität gibt, und fordert daher, den Meisterzwang im deutschen Handwerk a) als Qualitätsabsicherung und b) auch als Ausbildungsberechtigung wieder einzuführen.

Nun hat das Kabinett der Bundesregierung vor Kurzem beschlossen, dass zumindest nach allen rechtlichen Prüfungen in zwölf Handwerksberufen wieder die Meisterpflicht eingeführt werden soll, zum Beispiel im Parketthandwerk, Raumausstatterhandwerk und natürlich auch im Fliesenlegerhandwerk. Das bedeutet nicht, dass die bestehenden EinMann-Betriebe, die sich maßgeblich nach 2004 gegründet haben, ihre Existenz aufgeben müssen. Der Bestandsschutz dieser Betriebe wird auf jeden Fall gewährt – und das ist auch richtig so. Das ist der richtige Schritt, wenn wir wirklich wollen, dass wieder Leute ausgebildet werden und dass es Ausbildungsbetriebe gibt, die bereit sind, auch Leute auszubilden. Parallel zu all diesen Bemühungen bemühen wir uns jetzt schon seit Jahren – und Sie werden sich sicherlich an die vielen Debatten erinnern können –, zum Beispiel als Motivation den Meisterbonus einzuführen, damit zumindest die, die ausgebildet sind und vielleicht doch Interesse hätten, eine Meisterausbildung zu machen, mehr motiviert werden, das zu tun, auch wenn in diesen Fachrichtungen eventuell kein Meisterzwang besteht.

Dann setzen wir uns seit längerer Zeit dafür ein, dass die Meisterausbildung generell in Deutschland wieder kostenfrei erfolgen muss.

(Beifall CDU)

Auch da gibt es Bundesratsinitiativen und die Bundesregierung ist auf dem besten Weg, die Meisterausbildung kostenfrei zu gestalten. Also es tut sich doch etwas. Es tut sich vor allen Dingen auch etwas bei der Bundesregierung und ich kann nur hoffen, dass das Gesetz in diesem Jahr noch wirksam wird, dass wirklich mit zwölf Handwerksberufen beginnend der Meisterzwang wieder eingeführt wird.

Unser Antrag heute – zum Abschluss – soll nichts anderes sein, als symbolisch zu zeigen, dass wir dahinterstehen und wir nach wie vor die Meinung vertreten, dass es wieder mehr ausbildungspflichtige Betriebe und dadurch mehr Meisterzwang im Handwerk geben muss. Jetzt freue ich mich, vor allen Dingen erleben zu können, dass nach langen Diskussionen im Ausschuss für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft – übrigens sucht die digitale Welt auch Arbeitskräfte, wir haben ja kaum noch Tiefbaubetriebe, die diese Aufgaben erledigen können – die Mehrheit zu unserem Antrag erreicht worden ist.

(Beifall CDU)

Ich würde mich freuen, wenn Sie heute mehrheitlich diesem Antrag zustimmen würden. Danke.

(Beifall CDU)

Aus den Reihen der Abgeordneten liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Für die Landesregierung hat Frau Staatssekretärin Kerst jetzt das Wort.

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin, sehr geehrte Abgeordnete, wie bereits mehrfach auch im Thüringer Landtag von mir betont, wird der vorliegende Antrag grundsätzlich hinsichtlich seiner Zielstellung unterstützt. Dennoch möchte ich zu den einzelnen Punkten ganz kurz Stellung nehmen.

Zu Punkt I des Antrags, dort ist das Thema „Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Ausbildung“: Hinsichtlich der dualen Ausbildung mit ihrem Aufbau und Zusatzqualifikationen sage ich auch hier an dieser Stelle ganz deutlich: Gut ausgebildete Fachkräfte bilden das Rückgrat des Thüringer Handwerks und der Thüringer Wirtschaft insgesamt. Aus diesem Grunde setzt sich die Landesregierung seit vielen Jahren für eine Stärkung der dualen Ausbildung ein. Gemeinsam mit den Kammern und auch mit den Gewerkschaften arbeitet sie im Rahmen der Thüringer Allianz für Berufsbildung und Fachkräfteentwicklung an der Verbesserung der Ausbildungsbedingungen und auch der Steigerung der Attraktivität der dualen Ausbildung, um damit den Ausbildungsstandort Thüringen nachhaltig zu stärken. Die Forderung nach der Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Ausbildung war dabei für uns immer essenziell. Sie wurde bereits mit dem Dritten Gesetz zur Änderung des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes, kurz AFBG, Mitte 2016 wesentlich verbessert. Dadurch können

(Abg. Wirkner)

auch Teilnehmer ohne abgeschlossene Berufsausbildung – so zum Beispiel Studienabbrecher – Zugänge zur Aufstiegsprüfung in Fortbildungsordnungen nutzen.

Auf der Bundesebene – und das wurde eben auch schon erwähnt – haben sich CDU, CSU und SPD im Koalitionsvertrag nun nochmals auf bessere Leistungen durch eine weitere Novelle des Aufstiegs-BAföG verständigt. Mitte Juli 2019 hat die Bundesregierung den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes vorgelegt. Mit diesem Entwurf sind weitere substanzielle Leistungsverbesserungen vorgesehen, was die Handwerkskammern im Übrigen genauso begrüßen und auch so sehen.

Gern kann ich ganz kurz einige Punkte nennen, die dort verankert worden sind. Hier ist zum Beispiel der Zuschussanteil zum Unterhaltsbeitrag für Vollzeitgeförderte von bisher 50 Prozent zu einem Vollzuschuss geplant oder auch der Zuschussanteil zum Maßnahmenbeitrag wird von 40 auf 50 Prozent erhöht, auch für die Erstellung der fachpraktischen Arbeit in der Meisterprüfung des Handwerks. Thüringen – das ist klar – wird diese Novelle im Bundesrat natürlich unterstützen. Dabei teilen wir die Zielsetzung, dass Bildung für alle kostenfrei sein soll.

(Beifall DIE LINKE)

Gleichzeitig erkennen wird die nicht von der Hand zu weisenden Bedenken an, dass dies nicht zu einer Kostenspirale auf dem Markt der Bildungsanbieter führen darf.

Zu Punkt II.2 des Antrags der Handwerksordnungsnovelle: Den Status der deutschen Meisterqualifikation in Europa zu sichern, zu stärken und natürlich auch zu verteidigen sowie gegenüber der Europäischen Union darauf zu drängen, den Meisterbrief für einzelne Berufsbilder EU-konform einzuführen, ist auch mir ein großes Anliegen. Der Meisterbrief ist ein Garant für die duale Ausbildung und auch für die Qualität im Handwerk. Die Änderung der Handwerksordnung im Jahr 2004 im Bereich der Anlage A von vorher 94 zulassungspflichtigen auf 41 Gewerke wurde aufgrund von EU-Recht vorgenommen, wie wir auch eben schon gehört haben. Wir setzen uns gemeinsam für eine verfassungskonforme Novelle der Handwerksordnung unter Berücksichtigung EU-rechtlicher Vorgaben ein. Für die Wiedereinführung der Meisterpflicht bestehen allerdings erhebliche verfassungsrechtliche Hürden. Als Regelung des Berufszugangs muss die Meisterpflicht insbesondere mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit nach Artikel 12 Grundgesetz vereinbar sein. Das Bundesverfassungsgericht lässt in dem

Fall im Grundsatz nur noch den Schutz von Leib, Leben und Gesundheit bei einer besonderen Gefahrenneigung der handwerklichen Tätigkeit als Rechtfertigung für die Meisterpflicht zu. Eine solche besondere Gefahrenneigung muss aber bei den 53 zulassungsfreien Gewerken erst einmal begründet werden.

Im Übrigen begegnet eine Ausweitung der Meisterpflicht auch erheblichen europarechtlichen Hürden. Es ist damit zu rechnen, dass eine Wiedereinführung der Meisterpflicht im zulassungsfreien Handwerk als unverhältnismäßig und als wettbewerbshinderlich eingestuft wird. Der Bundesrat hat sich bereits im Februar 2019 grundsätzlich positiv zur europarechtskonformen Erhöhung einzelner zulassungspflichtiger Gewerke positioniert, natürlich auch hier vorbehaltlich europarechtskonformer rechtlicher Möglichkeiten und unter Berücksichtigung der Belange des Handwerks. In diesem Zusammenhang hatte die Landesregierung bereits deutlich Position bezogen, wie wir auch im Ausschuss mehrfach schon besprochen haben.

Wie Sie wissen, hatte sich auf der Bundesebene zwischenzeitlich eine Koalitionsgruppe unter Einbeziehung des Zentralverbands des Deutschen Handwerks gegründet, die sich mit der Wiedereinführung der Meisterpflicht für bestimmte Gewerke beschäftigt hat. Die Gründung dieser Koalitionsarbeitsgruppe haben wir ebenfalls sehr begrüßt. Im Ergebnis wurden zwei Gutachten vorgelegt und es wurden ebenfalls Anhörungen durchgeführt.

Nun hat die Bundesebene auch endlich erste Ergebnisse geliefert. Am 9. September 2019 haben sich Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier und die zuständigen Koalitionsfraktionen, aber auch Carsten Lindenmann und Sören Bartol über zwölf Gewerke geeinigt, in denen die Kriterien für eine Meisterpflicht erfüllt werden. Diese will ich an dieser Stelle auch noch mal in Ergänzung zu Herrn Wirkner vervollständigen. Es handelt sich hier um die Fliesen-, Platten- und Mosaikleger, die Betonsteinund Terrakottahersteller, Estrichleger, Behälter- und Apparatebauer, Parkettleger, Rollladen- und Sonnenschutztechniker, Drechsler und Holzspielzeugmacher, Böttcher, Glasveredler, Schilder- und Lichtreklamehersteller, Raumausstatter und auch die Orgel- und Harmoniumbauer. Damit sollen zwölf von 53 Gewerken aus der Anlage B1 wieder in die Anlage A der Handwerksordnung aufgenommen werden. Die erneute Meisterpflicht soll zum 1. Januar 2020 kommen, aber nur für gegründete Betriebe gelten. Bestehende Betriebe genießen auch hier weiterhin Bestandsschutz, was auch wir sehr begrüßen.

(Staatssekretärin Kerst)

Eine Meisterpflicht kann verfassungs- und EUrechtskonform eingeführt werden, wenn es sich um gefahrgeneigte Handwerke handelt, bei denen eine unsachgemäße Ausübung eine Gefahr für Leben und Gesundheit bedeutet. Auch Kulturschutzgüter sind ein Kriterium, das eine Meisterpflicht rechtfertigt.

An den Ländern – und das möchte ich an dieser Stelle ganz klar sagen – wird die Wiedereinführung im Ergebnis des langen Verständigungsprozesses sicher nicht scheitern.

Sehr geehrte Abgeordnete, weite Teile des vorliegenden Antrags haben sich eigentlich bereits durch die Entwürfe der Bundesregierung erledigt. Auch hat die Landesregierung im Februar 2019 bereits den Bundesratsantrag für eine verfassungskonforme Novelle der Handwerksordnung unterstützt. Dennoch möchte ich auch an dieser Stelle ganz klar und deutlich sagen: Wir unterstützen die grundsätzlichen Ziele des Ihnen vorliegenden Antrags und wir werden uns in den anstehenden Bundesratsverfahren dafür einsetzen, dass die Bedingungen für das Thüringer Handwerk mit seinen rund 30.000 Betrieben mit über 150.000 Beschäftigten verbessert werden. Ich danke Ihnen.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich schließe die Aussprache und wir kommen zur Abstimmung. Wir stimmen direkt über den Antrag der Fraktion der CDU in Drucksache 6/6147 ab. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der Fraktion der CDU, der AfD und der fraktionslosen Abgeordneten. Gegenstimmen? Sehe ich keine. Stimmenthaltungen? Das sind die Stimmen der Koalitionsfraktionen. Damit ist der CDU-Antrag angenommen und ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.

(Beifall CDU)

Die Parlamentarischen Geschäftsführer sind übereingekommen, dass wir an dieser Stelle die heutige Plenarsitzung beenden.

(Beifall DIE LINKE)

Ich wünsche allen noch einen angenehmen Abend und wir sehen uns morgen 9.00 Uhr.

Ende: 18.47 Uhr