Protocol of the Session on September 26, 2019

Und ja, ich denke und hoffe, wir sind uns da alle einig – auch wenn jetzt ein Wechsel auf den Tribünen stattfindet –, dass jede ausgefallene Stunde in der Schule eine ausgefallene Stunde zu viel ist. Das

sind wir angegangen, indem wir zum ersten Mal – hören Sie gut zu, insbesondere in der CDU! – überhaupt eine Vertretungsreserve eingeführt haben.

(Beifall DIE LINKE)

So etwas gab es überhaupt gar nicht unter Ihrer Regentschaft.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Und weil Sie darauf hingewiesen haben, wir hätten eine völlig verfehlte Personalplanung betrieben – meine sehr geehrten Damen und Herren, jetzt seien wir doch mal ehrlich: Sie haben 25 Jahre lang regiert, 25 Jahre ohne jedes Konzept, nahezu ohne neue Einstellungen – und dann beschimpfen Sie uns, die wir 3.900 neue Lehrerinnen und Lehrer eingestellt haben, so viele wie noch in keiner Legislatur zuvor.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Hört, hört!)

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Das bringt uns aber nicht weiter!)

(Unruhe CDU, AfD)

Überlegen Sie einfach mal, wo hier Dichtung und Wahrheit tatsächlich verankert liegen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und da können Sie jetzt schimpfen und meckern, Fakt ist, die Bilanz beim Schulgesetz zeigt: Sie haben keinen einzigen Änderungsantrag eingebracht. Und wenn Sie, Herr Tischner, hier noch so hektisch vorgetragen haben, was Sie jetzt alles ändern und wieder umschmeißen wollen: Reden kann man viel, lassen Sie sich bitte das nächste Mal an Ihren Taten messen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Eine konstruktive Opposition wäre in den letzten fünf Jahren sehr schön gewesen.

Jetzt ist schon viel gesagt worden, was wir getan haben. Ich sage aber auch: Es gibt noch viel zu tun. Jetzt seien wir doch mal ehrlich, wir haben mehr als 1.100 neue Erzieherinnenstellen in unseren Kindergärten geschaffen. Natürlich wissen wir, dass auch die Erzieherinnen – ich benutze noch mal dieses Bild – nicht auf den Bäumen wachsen. Wir müssen sehr viel mehr ausbilden und dann werden wir auch darüber nachdenken müssen, dass nicht nur der Einstieg in die praxisintegrierte Ausbildung, wie wir ihn jetzt haben, ausreicht – völlig klar –, sondern dass wir beispielsweise auch über Schulgelder in diesem Bereich reden müssen, die es aus unserer

(Abg. Dr. Hartung)

Sicht jedenfalls abzuschaffen gilt, weil wir wissen, wir brauchen Erzieherinnen und Erzieher und wir brauchen hier eine Lösung. Wir brauchen hier sehr viel mehr Personal, und dieses Personal verdient aber auch Anerkennung, Wertschätzung, Respekt und eine vernünftige Finanzierung, die ihm leider bisher verwehrt ist. Allerdings sind wir nicht für Tarifverträge zuständig, das will ich an dieser Stelle auch noch einmal klar sagen.

Zu den Lehrerinnen und Lehrern sei gesagt: Wer hat denn endlich dafür gesorgt, dass die Regelschullehrerinnen und Regelschullehrer besser bezahlt werden? Es war Rot-Rot-Grün.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wir waren es!)

Wir haben dafür gesorgt und wir werden auch weitere Schritte gehen. Wir sind der Meinung, dass auch die Grundschullehrerinnen, die bei unseren Kleinsten die Grundlagen schaffen, selbstverständlich besser bezahlt werden müssen. Wir sind für die gleiche Bezahlung aller Lehrerinnen und Lehrer, und das ist nicht der Einheitslehrer – wie dann gern die ideologische Keule von rechts um die Ecke kommt –, sondern das ist die Wertschätzung aller Lehrerinnen und Lehrer von Anfang an,

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

die Anerkennung deren Leistung und natürlich auch der Binsenweisheit: „Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr.“ Aber da hört es ja nicht auf. Wenn ich dann noch höre, dass Sie sich jetzt für mehr Schulsozialarbeit stark machen wollen – das mag Sie ehren in der Praxis. Aber wir haben mit R2G im Haushalt 2020 180 neue Stellen in der Schulsozialarbeit geschaffen. Wer hat dagegen gestimmt?

(Zwischenruf Abg. Wolf, DIE LINKE: Die CDU!)

Die CDU, kann ich nur sagen.

(Zwischenruf Abg. Wolf, DIE LINKE: Und die AfD!)

Sich dann hier vorn hinzustellen wie Herr Tischner, das ist wohlfeil, meine sehr geehrten Damen und Herren, und das ist schlichtweg unehrlich.

Wir haben aber auch dafür gesorgt, dass mit dem inklusiven Schulgesetz Schul- und Förderschulgesetz endlich zusammengeführt wurden, damit ein Rechtsanspruch und die UN-Konvention, die wir umzusetzen haben, endlich Wirklichkeit werden.

Wir haben mehr Ganztag und längeres gemeinsames Lernen gestärkt. Wir haben übrigens auch die Horte endlich wieder in die Landesträgerschaft gebracht. Erinnern Sie sich bitte, was das für eine Debatte war. Und wir haben den Weg zu teil- und vollgebundenen Ganztagsschulen definiert.

(Beifall DIE LINKE)

Mittlerweile haben wir 65 davon in ganz Thüringen. Und – ich muss es zuletzt erwähnen – wir haben die Finanzierung der freien Schulen verbessert. 60 Millionen Euro mehr sind in das System geflossen, nachdem wir Grüne in der letzten Legislatur gegen die Vorgängerregierung geklagt hatten

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

und das Verfassungsgericht uns aufgegeben hat, ein neues Gesetz zu schaffen.

Ich glaube, die Bilanz kann sich durchaus sehen lassen. Wir sagen ehrlich: Es gibt noch viel zu tun. Wir packen es gern an. Machen Sie doch mit! Das ist mal etwas anderes, als nur zu meckern.

Danke schön. Für die Landesregierung erhält nun Minister Holter das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer, ja, Bildungspolitik stand im Fokus dieser Legislaturperiode, wird auch im Fokus der zukünftigen Legislaturperiode stehen.

Das Erste, Frau Muhsal, was Rot-Rot-Grün gemacht hat, war: Wir haben uns ehrlich gemacht.

(Beifall DIE LINKE)

Wir haben ganz klar gesagt, wie die Situation an den Schulen ist. Deshalb habe insbesondere ich, seitdem ich seit 17. August 2017 hier dieses Amt innehabe, mit Lehrerinnen und Lehrern, mit Eltern, mit Schülerinnen und Schülern diskutiert. Dazu gehört, dass Unterricht ausfällt. Dazu gehört, dass wir Lehrermangel haben. Dazu gehört, dass an so mancher Schule auf Zeugnissen auch eine Zensur fehlt. Das ist das, was hier zu Recht gesagt wurde. Das ist klar, und das zu bekennen, gehört einfach zumindest zu meinem Handwerk und das gehört auch zu dem Handwerk von Rot-Rot-Grün zu sagen, was ist. Das ist das Erste.

Dabei darf man aber nicht stehen bleiben, meine Damen und Herren der Opposition. Das Zweite ist, dass man dann entsprechende Lösungswege aufzeigt und diese auch konsequent umsetzt. Genau

(Abg. Rothe-Beinlich)

das haben wir gemacht. Wir haben mit den Lehrerinnen und Lehrern, mit den Gewerkschaften, mit den Elternvertretungen, mit den Schülerinnen und Schülern darüber geredet, welches die besten Wege sind, um aus dieser problematischen Situation herauszukommen. Das hat sich widergespiegelt in den vielen Entscheidungen, die innerhalb der letzten zwei Jahre getroffen wurden. Die Kolleginnen und Kollegen der Koalition haben schon einige aufgezählt. Mir aber war wichtig, dass wir uns nach dem Ehrlichmachen in einem Dialog befinden und dieser Dialog nicht im Sande verläuft, sondern tatsächlich zu Entscheidungen führt. Ich habe immer auf Schwarmintelligenz gesetzt. Mir war wichtig, was die Praktikerinnen und Praktiker vor Ort sagen, damit es zu guten Entscheidungen kommt.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen, ja, das Schuljahr hat begonnen, vollkommen richtig. Das Schuljahr hat auch unter schwierigen Bedingungen wieder begonnen. Aber was mir Lehrerinnen und Lehrer sagen, ist: Ja, bei uns an der Schule ist alles mit heißer Nadel gestrickt, und wenn jemand durch Krankheit oder etwas anderes ausfällt, dann haben wir ein Problem, dann kann möglicherweise Unterricht ausfallen oder wir müssen ganz konkrete Maßnahmen an unserer Schule ergreifen, um den Unterricht abzusichern.

Das ist aber eine andere Situation, als sie noch vor zwei, drei Jahren war. In dem Zusammenhang will ich sagen, dass wir in dieser Legislaturperiode so viele Lehrerinnen und Lehrer eingestellt haben wie noch nie. Ich will Ihnen sagen, dass im Jahr 2008 5, im Jahr 2009 86, 2010 177, 2011 187 und 2012 280 Lehrerinnen und Lehrer eingestellt wurden, und ich könnte das fortsetzen.

Ja, es stimmt, dass zu Beginn der Koalition von Rot-Rot-Grün hier in Thüringen 2015 und 2016 jeweils 500 Lehrerinnen und Lehrer eingestellt wurden. Aber ab 2017 haben wir den Deckel gehoben und wir haben in der Tat 2017 640 eingestellt, 2018 870. Dieses Jahr wollen wir mindestens 1.200 Lehrerinnen und Lehrer einstellen, und zwar im Kalenderjahr 2019. Was die CDU und die AfD verbreiten, dass zum Schuljahresbeginn noch 350 bzw. etwas später 250 Stellen nicht besetzt waren, das ist ja richtig, aber ich habe nie gesagt, auch Frau Taubert hat nie gesagt, dass das alles zum 1. August 2019 passiert sein soll. Im Kalenderjahr 2019 soll das passieren.

(Beifall DIE LINKE)

Das Problem besteht in zweierlei: Die Bewerberinnen-/Bewerberlage ist katastrophal. Wir haben zu wenig Bewerberinnen und Bewerber. Trotzdem hat

Thüringen, Herr Tischner, mehr eingestellt, als wir selbst ausbilden. Das heißt, Thüringen ist attraktiv.

Aber, Frau Muhsal, da will ich mal sagen, was mir außerhalb von Thüringen erzählt wird. Menschen, die ich außerhalb von Thüringen treffe, sagen mir: Ich überlege, ob ich nach Thüringen gehe, um dort Lehrer zu werden, aber ich warte den 27. Oktober ab; wenn die AfD an Stärke gewinnt, dann gehe ich nicht nach Thüringen. – Sie schrecken Lehrerinnen und Lehrer mit Blick auf Thüringen ab.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)