Protocol of the Session on September 13, 2019

und sagen, das in Hessen hat mit uns gar nichts zu tun. Noch mal zum Zuhören, nur damit wir über Fakten reden: In Bayern sind zum Dezember 2016

632 MW Windkraft im Wald, also rund 210 Anlagen plus die 100, von denen ich gerade sprach. Das sind Windkraftanlagen konkret im Wald, gegen die Sie kämpfen. Und Sie legen jetzt einen Antrag vor und sagen: Ist uns doch egal, was in den CDU-regierten oder unionsregierten Nachbarbundesländern los ist.

(Zwischenruf Abg. Prof. Dr. Voigt, CDU: Es geht um Thüringen!)

Was ich erbärmlich finde, ist, dass sich zum Beispiel ein Kollege von Ihnen darüber erregt, dass in der Nähe der Burg Hanstein jetzt Windkraftanlagen auf der hessischen Seite errichtet werden.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Unmöglich!)

Genau, unmöglich.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Eine Saue- rei ist das!)

Was ich erbärmlich finde, ist, dass auf der Sichtachse der Heldburg auf der bayerischen Seite Windkraftanlagen errichtet werden sollen. Bei der Heldburg haben wir Einspruch eingelegt, weil wir, meine Damen und Herren, nach einem längeren Diskussionsprozess aller Beteiligten gemeinsam festgelegt haben, in der Sichtachse der Wartburg darf keine Windkraftanlage stehen. Deswegen steht im Thüringer Kriterienkatalog, Herr König: Kultureinrichtungen sind zu berücksichtigen und sind mögliche Ausschlusskriterien. Deswegen sage ich: Empfehlen Sie das doch bitte mal den Kollegen auf der hessischen Seite, aber richten Sie nicht den Finger auf uns, denn wir haben das Ausschlusskriterium kulturbedeutende Einrichtung mit in den Katalog hineingenommen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was ich auch interessant finde, will ich nur mal sagen: Das scheint Sie alles nicht zu interessieren, weil Sie offensichtlich nur noch mit diesen Windkraftspezialakteuren in Verbindung sind.

(Unruhe CDU)

Ja, ja, meine Damen und Herren, ich muss es Ihnen so sagen, denn ich habe die Windkraftgegner eingeladen. Ich habe sie eingeladen, ich habe fachlich den Dialog mit ihnen geführt, ich habe die Fachabteilungen dazu gehört und am Ende dieser Besprechung, und dazu würde ich gern ihre Meinung zu wissen, auf meine Frage, wie denn das mit der Energieproduktion werden soll, ist mir vorgeschlagen worden, man solle doch wieder zur Atomkraft zurückkehren.

(Beifall AfD)

(Ministerpräsident Ramelow)

Das ist der Vorschlag, der mir aus Ostthüringen gemacht wurde, und die AfD findet das toll. Vielen Dank, Sie können gern noch einen Castor haben. Wir hätten gerade eine Aufsuchungsaktion, die Bundesrepublik sucht nämlich ein Endlager. Wenn Sie es haben möchten! Aber bitte belästigen Sie Ihre Nachbarn nicht damit.

(Zwischenruf Abg. Kalich, DIE LINKE: Bei Herrn Henke vor der Haustür!)

Keiner will wissen, wo der Rest des Atommülls bleibt.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Diese Haltung geht mir echt auf die Nerven! So zu tun, als sei man nicht dabei, als hätte man mit dem Rest der Union in der Republik nichts zu tun und als wären all Ihre Argumente offenkundig von Ihren bayerischen und Ihren hessischen Kollegen als nicht gewichtig angesehen worden. Aber uns halten Sie diese Argumente vor und dann höre ich das einzige Argument: Ja, wir sind nicht Bayern. Ja, tolle Geschichte, das weiß ich auch, dass wir nicht Bayern sind.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber war es nicht Bernhard Vogel, der immer gesagt hat: Von Bayern lernen heißt …

(Heiterkeit DIE LINKE)

Ich erinnere mich noch gut an die Zeiten. Und deswegen noch mal ein kleiner fachlicher Hinweis: Kollege Müller, Sie haben eine Falschinformation gesagt, das muss ich einfach korrigieren, es sei denn, Sie weisen mir die eine noch nach. Es sind nur zwei Windkraftanlagen in Thüringen, die auf Waldboden stehen, die sind in Gefell. Ich habe nämlich alle Windkraftanlagen aufgesucht, die in der letzten Zeit gebaut worden sind, und ich habe mir die Gefeller extra angesehen. Die stehen, meine Damen und Herren, auf Kyrill-Flächen, also nicht die Thüringer Landesregierung, wie es Ihre komische Fraktionszeitung behauptet: Da wird ein Lkw abgebildet, in dem ich vorn drinsitze und gerade mit einer riesigen Windkraftanlage in den Wald fahre. Wunderbar! Sie haben mich, zumindest mein Gesicht, gut getroffen. Aber was Sie den Bürgern dort einreden, dass es Rot-Rot-Grün war, die die Windkraftanlagen in den Wald fahren, um dann den Wald abzusägen, und Sie verschweigen, wer die Windkraftvorranggebiete ausgewiesen hat und wie viel Beteiligung Sie selbst daran haben, das finde ich einfach unredlich.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und noch mal: Es sind zwei Anlagen, zwei, in Worten: zwei, in Zahlen: zwei, auch in arabischen Zahlen, liebe AfD.

(Heiterkeit DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es sind zwei und es bleiben zwei. Und deswegen haben wir in den Waldplan reingeschrieben: Kalamitätsflächen. Ich will noch mal daran erinnern, weil es von der SPD kam, die das noch mal thematisiert hat: Was können wir tun, damit es nicht heißt, es wird Naturwald abgesägt, um damit eine Windkraftanlage aufzubauen, wenn gleichzeitig 40.000 Hektar toter Wald abgesägt werden müssen? Deswegen habe ich gesagt: Ich komme gut damit klar, wenn man Kalamitätsflächen als Priorisierung nimmt und dann sagt – und das steht in der Verordnung drin und das lassen Sie auch weg und das nehme ich Ihnen übel: Erstens sind es 0,86 Hektar pro WKA, die gebraucht werden, inklusive der Wegezuführung und aller Infrastrukturmaßnahmen. Und zweitens muss 1 : 1,5 Mischwald aufgeforstet werden. Das sind dann am Ende 1,29 Hektar neuer Wald – und bezahlt von dem Windkraftbetreiber.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und da sage ich, bin ich froh, weil von Ihren Straßenausbaubeiträgen, die Sie an die Bürger zurückgeben, können wir es ja nicht mehr bezahlen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Also werden wir ja nicht umhinkommen, dort eine klare Regelung treffen zu müssen.

Und lieber Herr Gruhner, ich habe mich noch mal erkundigt, weil Sie hier gesagt haben: Die Schutzvorschriften werden jetzt abgeschafft, Thüringer Schiefergebirge. Herr Gruhner, ja, das ist untersucht worden, das ist auch gut so. Es ist untersucht worden und verworfen worden, Herr Gruhner. Nehmen Sie es doch einfach zur Kenntnis. Es ist nicht umgesetzt worden! Jetzt schüttelt er den Kopf, er weiß es besser als der Staatssekretär, das finde ich erstaunlich. Das ist auch, wenn ich mit Ihnen draußen bin und Waldleute sich aufregen und sagen: Anja Siegesmund sei schuld, dass die Fichten auf dem Rennsteig vom Borkenkäfer kaputtgefressen werden und die Bilder vom Harz auf einmal überall bei uns zur Normalität werden. Und dann stehen Sie dabei und schweigen, dass es um einen Wald geht, der dem Bund gehört.

(Zwischenruf Abg. Kalich, DIE LINKE: Pein- lich!)

Das ist der BVVG-Wald in Wurzbach. Und ich habe den Brief gelesen, den Anja Siegesmund an den

(Ministerpräsident Ramelow)

Bürgermeister geschrieben hat – Klammer auf: CDU, Klammer zu – und gesagt hat: Wir bieten an, Sie zu unterstützen, wenn Sie die Fläche übernehmen wollen, wir würden zurückziehen. Ich habe einen Brief für Frau Keller geschrieben, da steht drin: Wir sind bereit, als Anstalt öffentlichen Rechts ThüringenForst die gesamte Fläche – 1.400 Hektar Fichten-Monokultur – zu übernehmen mit folgender Zusage – und die habe ich mehrfach in Ihrem Beisein erklärt, Herr Gruhner, Sie standen dabei, aber ich habe Ihre Kommentare hinterher bei der OTZ gelesen. Da habe ich gedacht: Warum steht der dabei und hört das nicht, was ich sage. Ich habe immer wieder gesagt: Diese Fläche muss umgeförstert werden, die kann so nicht bleiben. Sie muss mindestens 30 Jahre umgeförstert werden, wenn es überhaupt reicht. Aber sie einfach nur weiter als Rohstofflager zu nehmen, während sie stirbt, das macht doch keinen Sinn.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und deswegen ärgere ich mich. Und da, Herr Gruhner, bin ich wieder bei Ihnen: Ich ärgere mich über die BVVG, dass sie in dieser Fläche derzeit das Kalamitätsholz stehen lässt, den Käfer weiter fressen lässt – das sind nämlich die Bilder heute in der OTZ, Lokalausgabe Bad Lobenstein, da kann man es nämlich dann wieder sehen – und dass gleichzeitig in diesem Forst tatsächlich frische Bäume abgesägt werden. Wir machen das nicht! Und ich bestehe auch darauf, dass wir entschieden haben, dass wir derzeit so gut wie keine Waldernte machen, obwohl wir damit wirtschaftlich der Anstalt öffentlichen Rechts einen ökonomischen Schaden zufügen. Wir haben politisch entschieden: Dieser ökonomische Schaden muss von uns getragen werden,

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

denn der Schaden für die Privatwaldbesitzer und für alle anderen wäre viel höher, wenn wir es jetzt nicht so machen würden. Deswegen sage ich: Auch wenn die AöR am Jahresende Verluste gemacht hat, werden wir sie ausgleichen. Wir werden die AöR nicht alleinlassen und wir werden über die AöR da, wo es geht, auch Holz aufkaufen und übernehmen, obwohl wir damit die gesamte Rettung nicht hinbekommen. Wir brauchen am Ende ein Bekenntnis, dass mit Holz gearbeitet wird, meine Damen und Herren. Wenn wir heute die Bauordnung lesen, dann steht darin, dass Holz nicht benutzt werden soll.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das muss man ändern, da muss man sagen: Holz muss ein gefördertes Baustoffelement sein. In der Bundesgartenschau in Neckarsulm steht ein zehnstöckiges Hochhaus aus Holz.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich würde mir wünschen, dass wir bei der IBA vor dem Eiermann-Bau noch ein paar Musterhäuser hinstellen würden, zum Beispiel Schulergänzungsräume. Nicht Container kaufen, sondern Holzmodulbau machen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Kindergärtenerweiterungen – man sollte nicht Container kaufen, sondern Holzmodulbau machen und das Ganze mit der IBA kombinieren. Lasst es uns doch den Bürgern zeigen: Das alles kann man aus Holz machen. Das ist das, was ich auch mit den ganzen Sägewerksbesitzern beredet habe, wo wir die gemeinsame Fachbesprechung Forst hatten. Deswegen gilt meine Zusage. Was Ministerin Keller und Staatssekretär Sühl die gesamte Zeit bearbeitet haben und was jetzt langsam anfängt, die Dynamik zu entwickeln, reden Sie es nicht klein und machen Sie es nicht klein.

Meine Damen und Herren der CDU, machen Sie sich nicht kleiner als Sie sind. Sie sind Teil der Bundesrepublik Deutschland und Thüringen ist nicht außerhalb der Bundesrepublik Deutschland. Lassen Sie uns wenigstens dafür sorgen, dass dieser dumme Satz „Uns ist egal, wo der Strom herkommt, Hauptsache er kommt aus der Steckdose!“ nicht von Ihnen jetzt mit neuer Qualität überformt wird, sodass man sagt: Am Ende lacht sich die AfD kaputt und alle die, die sowieso gegen alles sind.

Eine letzte Bemerkung: Schauen Sie mal, wie viele Glasscheiben hier in diesem Raum sind und wie viele Vögel gegen solche Glasscheiben fliegen. Ich finde, jeder tote Vogel ist einer zu viel. Aber nur über tote Vögel von Windkraftanlagen zu reden und von freilaufenden Katzen kein Wort, von dem Marderhund oder vom Waschbär kein Wort,

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

kein Wort von denen, die überall als invasive Arten dafür sorgen, dass Bodenbrüter ihr Leben schwergemacht kriegen, das ärgert mich. Deswegen sage ich: Ihre Form, mit Windkraft umzugehen, scheint mir der Kampf gegen den Fortschritt zu sein. Das, finde ich, haben Sie nicht verdient.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)