Zur Frage, ob ein Flughafen geeignet ist, um dort Charterflüge für Abschiebungen zu nutzen: Die Bundespolizei hat es schon mal geprüft und wir würden hier einen höheren siebenstelligen Betrag benötigen, allein um den Flughafen nur notdürftig herzurichten – von Personal und Infrastruktur noch gar nicht gesprochen. Sehr schön deutlich geworden ist aber, finde ich, bei dieser Debatte, dass wir wohl völlig diametral entgegengesetzte Ansichten zum Sinn und Zweck eines Flughafens vertreten – auch, was ein Rechtsstaat ist und was die wichtigen Themen in Richtung Migration sind. Nach Ihrer Auffassung ist ein Flughafen wohl vor allem ein Ort, von dem man möglichst viele Menschen zwingt, Thüringen wieder zu verlassen. Wir sind da ein bisschen anderer Auffassung. Ich denke, ein Flughafen ist vor allem erst einmal ein Ort des Willkommens,
und zwar für alle Menschen, die nach Thüringen kommen, sei es, dass sie als Touristen kommen, um hier unsere Sehenswürdigkeiten zu genießen und zu betrachten, oder ob sie als Menschen kommen, die hier arbeiten wollen und zu unserem Bruttosozialprodukt beitragen, oder auch die Menschen, die hierher kommen,
weil sie vor Not und Verfolgung und Krieg in ihren Heimatländern flüchten müssen. All diese Menschen sollten uns gleichermaßen willkommen sein.
Noch vielleicht kurz ein paar Ausführungen zum Thema „Rechtsstaat“. Ich denke, die Ausführungen sind schon deswegen veranlasst, weil Sie wieder mal unterstellen, dass in Thüringen kein Rechtsstaat herrschen würde. Wenn ich Ihren Antrag rich
tig verstehe, zeichnet sich ein Rechtsstaat wohl vor allem dadurch aus, dass er Zwang und Gewalt anwendet und möglichst viele Menschen einsperrt. Die moderne Definition des Rechtsstaats ist ein wenig anders. Sie zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass die Verwaltung an Recht und Gesetz gebunden ist, dass die Verwaltung durch unabhängige Gerichte kontrolliert wird, und vor allem, dass bei aller staatlicher Gewalt der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beachtet wird. Und ein weiteres Merkmal des Rechtsstaats ist, dass grundrechtsintensive Eingriffe wie eben die Haft nur durch Gerichte angeordnet werden. Genau das passiert in Thüringen.
Sofern eben ein vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer nach rechtskräftigem Abschluss seines Verfahrens nicht freiwillig ausreist und auch keine Duldungsgründe vorliegen, werden natürlich auch in Thüringen die Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes angewandt.
Aber – und das ist wichtig – Thüringen hält natürlich an dem Prinzip fest, dass ausreisepflichtigen Ausländern grundsätzlich zunächst die freiwillige Ausreise ermöglicht werden soll und die Abschiebung nur als Ultima Ratio in Betracht kommt. Das ist eine Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und der hat Verfassungsrang.
Noch was: Ob die Voraussetzungen für eine Abschiebehaft vorliegen, entscheidet ein Gericht in voller Unabhängigkeit und – auch das ist klar – die in § 62 des Aufenthaltsgesetzes näher beschriebenen Voraussetzungen für eine Abschiebehaft müssen eben vorliegen. Das prüft ein Gericht. Deswegen vielleicht noch ein Wort zu Ihrer Statistik: Natürlich kontrolliere ich nicht die Gerichte, aus welchen Gründen sie den Haftgrund abgelehnt haben. Denn diese Gründe sind vielfältig.
All das, was man noch zum Thema „Vollzug des Aufenthaltsrechts“ sagen kann, finden Sie in der Antwort auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Walk. Die wurde hier schon zitiert, das ist die Drucksache 6/6887. Hier finden Sie neben einer Vielzahl von Zahlen auch, wie wir in Thüringen mit den anderen Bundesländern kooperieren, wie sich die Bundesländer gegenseitig Amtshilfe leisten und wie bundesweit durch das Zentrum zur Unterstützung der Rückkehr diese Maßnahmen koordiniert werden.
Sehr schön deutlich geworden ist auch bei der Debatte, dass wir diametral entgegengesetzte Auffassungen vertreten, wo innerhalb des Themas „Migration“ die Probleme und Herausforderungen liegen. Völlig egal, wie man jetzt im Einzelnen zum Thema „Migration“ steht, ob man sich in die Ecke setzt und
Ängste hat und Ängste schürt oder ob man das Thema „Migration“ auch als Herausforderung versteht: Völlig klar ist doch, dass das Thema „Migration“ ein globales Thema ist, das Millionen von Menschen betrifft, das von existenzieller Bedeutung für diese Menschen ist. Und es dürfte auch völlig klar sein, dass ich ein solches Thema nicht dadurch löse, indem ich 100 oder 500 oder 1.000 Abschiebehaftplätze baue.
Richtig ist dagegen, dass wir auf die Einwanderung von Menschen, die in Deutschland leben und arbeiten wollen, angewiesen sind und – auch das dürfte bekannt sein – der Bedarf an Arbeitskräften wird in den nächsten Jahren weiter steigen.
Allein hier in Thüringen wird bis zum Jahr 2030 ein Arbeitskräftebedarf von bis zu 344.000 Personen erwartet. Für die Gesundheitsberufe werden wir 43.000 Personen benötigen. Schon allein aus diesen Gründen werden wir uns dafür einsetzen, dass die bestehenden Regelungen der Arbeitskräfteeinwanderung weiter erweitert werden.
Völlig klar ist auch, dass wir den Aufenthalt zum Zweck der Erwerbstätigkeit, der dualen und schulischen Ausbildung und zur Arbeitsplatzsuche erleichtern wollen und auch den Wechsel aus dem Asylsystem in das System der Erwerbsmigration ermöglichen wollen.
Vielleicht noch ein Wort zu Thüringen: Wir in Thüringen sind auch ganz besonders auf Zuwanderung angewiesen und wir haben hier einen besonderen Bedarf an Fachkräften. Nur so werden wir unseren Wohlstand weiter nachhaltig sichern können. Denn wir haben deswegen ein großes Interesse, die bei uns lebenden Menschen nachhaltig und bestmöglich zu integrieren. Wir als Land müssen attraktiv für diese Menschen sein, die zu uns kommen. Wir müssen ihnen Angebote machen und wir müssen sie an unserem gesellschaftlichen Leben teilhaben lassen. Das sind alles Aufgaben, denen wir uns stellen müssen. Wir haben jetzt hier keine Diskussion über Abschiebehaftplätze zu führen, sondern wir brauchen ein offenes und tolerantes Land.
Weitere Redemeldungen sehe ich jetzt nicht mehr. Es war keine Ausschussüberweisung beantragt. Wir kommen damit direkt zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der AfD in der Drucksache 6/6958. Wer möchte für den Antrag stimmen, den bitte ich um das Handzeichen. Das ist die Fraktion der AfD. Wer stimmt gegen diesen Antrag? Das sind die anderen Fraktionen des Hauses, also CDU und die Koalitionsfraktionen.
Gibt es Stimmenthaltungen? Das sehe ich nicht, dann ist dieser Antrag abgelehnt und damit schließe ich auch diesen Tagesordnungspunkt und schließe gleichzeitig das Plenum.