Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Siegesmund, Sie haben vorhin gesagt, dass mir das richtig wehtun würde. Da muss ich Sie jetzt enttäuschen, Ihr Redebeitrag hat mir wirklich nicht wehgetan – nein, in keiner Weise. Ich muss ganz ehrlich sagen: Die rot-rot-grüne Landesregierung schwimmt zurzeit im Geld, sie kann sich viele Dinge leisten – aber das ist nicht ihr Verdienst. In der Umweltpolitik ist auch nicht alles super, was ein grünes Umweltministerium macht, deswegen hat mir das in keiner Weise wehgetan. Da müssen hier schon andere Sachen aufgefahren werden, damit ich sage, dass mir das wehtut. Es wäre ja sträflich, wenn Sie jetzt, wo die Steuereinnahmen so brummen, dieses Thema nicht angehen würden.
Vielleicht noch mal ein Satz: Herr Kummer, wenn ich Sie immer höre, dass wir als Parlament das machen müssen, und dann wird das eine oder andere
Beispiel angeführt, wo sicher auch Dinge im Argen liegen, das ist gar keine Frage, aber wenn ich mir Sie dann immer anhöre, denke ich, das ist wie im Sozialismus, dass hier vorn die Mitglieder des Landtags oder die Landesregierung in jeder kleinen Kommune jeden Fall lösen wollen, weil wir das hier besser können als die Menschen vor Ort. So kommt mir das manchmal vor.
Genau. – Das ist ein Thema, das nicht in Ordnung ist, aber solche Dinge können wir mit keinem Gesetz dieser Erde regeln. Es gibt klare Zuständigkeiten, es gibt Verbände, es gibt Verbandsräte. Diese müssen auch für solche Fälle eine Lösung finden, das können wir hier nicht machen. Aber indem wir das hier so thematisieren und so suggerieren, als wenn wir in jede kleine Gemeinde reinregieren können, erzeugen wir eine Erwartungshaltung, die wir gar nicht erfüllen können. Davor will ich einfach warnen.
Herr Kobelt, wenn ich Sie immer höre; darüber müsste ich jetzt zu lange reden, Ihre grünen Träumereien – na ja, gut.
Also die Koalitionsfraktionen und auch die AfD und auch die Ministerin selbst haben ja gesagt, es hat sehr, sehr lange gedauert, fast drei Jahre sind ins Land gegangen, bis dem Landtag das Wassergesetz zugeleitet worden ist. Das zeigt uns, dass sich die Koalition an vielen Punkten nicht einig war, sonst wäre es nämlich schneller gegangen.
(Zwischenruf Siegesmund, Ministerin für Um- welt, Energie und Naturschutz: Es ist ein komplexes Gesetz!)
Es ist ein komplexes Gesetz, aber es stand ja ganz oben auf der Agenda. Wie gesagt, wenn ihr euch einig gewesen wärt, dann wäre das sicher auch schon früher gekommen.
Die Kommunen und die Bürger in Thüringen brauchen ein Wassergesetz, das Rechts- und Planungssicherheit schafft und damit auch die drängenden Probleme, die es gibt, angeht. Wir haben mehrmals den Anschlussgrad hier in Thüringen benannt, damit auch in den nächsten Jahren die Verbesserung der Abwasserentsorgung in Thüringen erfolgen kann. Ob es nun über eine zentrale oder mittels Kleinkläranlage effektiv gelingen kann, das ist ja Aufgabe der Zweckverbände.
Nach vielen Verhandlungen lösen Sie nun das Problem, indem Sie die boomenden Steuereinnahmen nehmen können, um hier das Problem mit Geld zu lösen. Dass heute die Wirtschaft so gut dasteht, ist
auch das Verdienst der Landesregierung davor, die ja natürlich nach 1990 auch den Grundstein für den wirtschaftlichen Erfolg gelegt hat.
(Zwischenruf Siegesmund, Ministerin für Um- welt, Energie und Naturschutz: Nicht nur mit Geld! Bei den Zweckverbänden ist es auch Verantwortung!)
Aber die Frage ist: Was tun wir, wenn die finanziellen Mittel in der Größenordnung in den nächsten Jahren nicht zur Verfügung stehen? Wie wollen wir damit umgehen und was wird dann aus dem Abwasserpakt? Unsere Fraktion hat 2011 eine Abwasserkonzeption entwickelt; wir sind auch mit den Abwasserverbänden im Gespräch. Aber ich muss sagen, wir hatten 2011 eben auch kein Geld zur Realisierung. Das ist einfach so, die Kassen waren damals nicht so voll. Heute ist eine andere Finanzlage da, und das können Sie glücklicherweise nutzen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Ziel der Novelle des Thüringer Wassergesetzes muss es sein, für die Bürger – das haben hier auch alle angesprochen – perspektivisch kostengünstigere und sozialverträgliche Varianten der Abwasserentsorgung nach dem Stand der Technik zu erreichen. Eine vorsorgende Wasserpolitik muss aber auch im Einklang mit der Leistungsfähigkeit der Hauseigentümer, der Grundstückseigentümer, der Mieter und Steuerzahler ausgestaltet sein. Das ist ganz klar. Jemand hat eben auch schon – ich glaube, Herr Kobelt war es – angesprochen, dass zahlreiche Petitionen betroffener Bürger im Petitionsausschuss aus den letzten Jahren zeigen, dass Handlungsbedarf besteht. Aber wir fragen auch – das müssen wir auch im Ausschuss diskutieren –: Was wird mit den Bürgern, die unter Androhung von Sanktionen die Sanierungsanordnung der Wasserbehörden befolgt und bereits hohe Summen für ihre neue Kleinkläranlage aufgewendet haben?
Plant die Landesregierung dafür einen Lastenausgleich? Das sind Fragen, die wir fortberaten müssen. Hier möchte ich auch die Ministerin zitieren. Sie hat gesagt: Wir wollen, dass mehr Grundstücke in Thüringen an die öffentliche Abwasserentsorgung angeschlossen und die Kosten dafür fair verteilt sind. – Aber hier kann die Fairness natürlich auch ein Problem werden. Einerseits wollen Sie eine Gerechtigkeitslücke schließen, reißen aber gegenüber den Bürgern, die bereits – der Herr Fiedler hat es gerade dazwischengerufen – eine moderne Kleinkläranlage gebaut haben, eine neue Gerechtigkeitslücke auf. Da müssen wir Antworten in der Beratung in den Ausschüssen finden.
Von allen technischen und rechtlich zulässigen Entsorgungsvarianten darf zukünftig nur noch die wirtschaftlichste umgesetzt werden. Dies betrifft auch
die Entscheidung zwischen zentralen und dezentralen Lösungen. Da nur ein Teil der Gesamtkosten gefördert wird, werden von dem Zweckverband durch Mehraufwand für die größeren zentralen Lösungen die Gebühren und Beiträge angehoben. Damit müssen zukünftig auch alle Anschlussnehmer das bezahlen. Zudem dürfen die Bürger nicht mehr zu teuren Kleinkläranlagen gezwungen werden, wenn ein späterer Anschluss an die zentrale Abwasserentsorgung vorgesehen ist. Das ist ja schon länger unsere Meinung. Dafür ist die schnelle Überarbeitung der regionalen Abwasserbeseitigungskonzepte notwendig, damit den Bürgern nicht noch weitere Nachteile durch säumige Abwasserzweckverbände entstehen.
Man muss hier mal wirklich der Fairness halber sagen: Die Mehrzahl der Abwasserzweckverbände leistet eine sehr gute Arbeit. Durch Herrn Kobelt wurde gesagt, ja, die kleinen Dörfer sind noch nicht angeschlossen, sondern nur die Städte. – Aber das war eben so. 1990 gab es keine moderne Abwasserentsorgung. Erst wurden die großen angeschlossen und jetzt geht es auch in das kleinteilige Thüringen, in die kleinen Gemeinden rein.
Wichtig ist, dass sichergestellt wird, dass auch für einen gewissen Zeitraum für den Abwasserpakt die Fördermittel vom Land bereitgestellt werden, damit es einen Planungsvorlauf geben kann. Da will ich mal ein Beispiel aus dem Jahr 2018 bringen, wo das nicht der Fall ist. Wir haben Januar den Haushalt verabschiedet und, liebe Frau Ministerin Keller, heute ist der 24. Mai. Bis heute hat noch keine Gemeinde in Thüringen, die in der Dorferneuerung ist, einen Bewilligungsbescheid bekommen.
Sie wissen, dass gerade die Gemeinden – da geht es ja um die Gemeinden, die noch keinen hohen Anschlussgrad haben – oftmals auch Gemeinschaftsmaßnahmen realisieren. Bis heute ist noch kein Bewilligungsbescheid da. Ich weiß es zufällig hundertprozentig, weil die Gemeinde Küllstedt, wir sind auch in der Dorferneuerung, auf die Bescheide wartet.
Wie will ich denn von heute bis Jahresende ausschreiben, vergeben und bauen? Also, wie gesagt, wenn wir den Abwasserpakt umsetzen wollen, da muss auch der Verwaltungsvollzug sichergestellt werden. Wenn wir jedes Jahr so lange warten, haben wir von den Millionen vielleicht ein Drittel verbaut. Alles andere ist dann auf der Verwaltungsebene verloren gegangen. Das kann es nicht sein.
Zum anderen sind wir der Meinung, dass die Betreiber von Kleinkläranlagen auch ausreichend Zeit haben sollen und müssen, um die Standards zu erfüllen.
Dann möchte ich noch auf ein weiteres Konfliktfeld eingehen – ich will mich nicht zu allen Themen äußern –, das ist etwas, was uns am Herzen liegt und da haben wir eine ganz andere Meinung, das wird Sie jetzt überhaupt nicht verwundern, und zwar sind das die Gewässerrandstreifen, die unserer Auffassung nach zu weitreichend der Restriktion unterworfen werden sollen. Es gibt Modellrechnungen; denen zufolge betrifft das 23.000 Hektar, die von einem 10 Meter breiten Randstreifen betroffen werden. Das entspricht einem Anteil von 2,6 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche. Ihre Forderung stellt einen massiven Eingriff in die Verfügungsposition der Grundstückseigner dar. Diese verlieren die Gestaltungsmöglichkeit über Teile ihrer am Gewässer liegenden Flurstücke und erleiden einen dauerhaften Wertverlust. Das ist einfach Fakt.
Völlig unklar bleibt, welche Auswirkungen das Ganze auf die Fördermittel für diese Flächen hat. Damit ist die Ausgleichszahlung im benachteiligten Gebiet gefährdet und es sind KULAP-Zahlungen für Streifenprogramme bedroht, da nicht mehr freiwillig auf Pflanzenschutz und Dünger verzichtet werden kann. Die Landesregierung schafft es also, zum Schaden für die Landwirtschaft zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Auf der einen Seite sorgen bundesweit einmalige Restriktionen dafür, dass auf den betroffenen Flächen keine oder geminderte Wertschöpfung stattfindet und auf der anderen Seite sorgt die gleiche Regelung dafür, dass den Landwirten auch noch die finanzielle Unterstützung verloren geht. Wir erleben bei der Regelung zu den Gewässerrandstreifen ein herausragendes Beispiel, wie die Landwirtschaft kaputt gemacht werden soll.
Frau Ministerin, Sie haben eben und auch in Ihrer Pressemitteilung gesagt: Unsere Bäche und Flüsse brauchen mehr Luft zum Atmen. – Ist das nur eine Floskel oder wie meinen Sie das im Einzelnen? Es scheint an Ihnen vorbeigegangen zu sein – so sehen wir das –, dass seit Juni 2017 ein bundesweit gültiges neues Düngerecht in Kraft ist, ein Düngerecht mit zahlreichen Restriktionen und Auflagen mit dem Ziel eines verbesserten Gewässerschutzes. Die neue Regelung des Düngerechts hat viel Kraft gekostet und es wurde ein Kompromiss erzielt. Die Landwirte stellen sich den neuen Auflagen aus dem Fachrecht heraus. Aber was Sie jetzt vorhaben, ist eine deutliche Verschärfung. In anderen Ländern werden Gewässerrandstreifen auf einen Meter verkleinert, weil moderne Technik ermöglicht, Dünger und Pflanzenschutzschutzmittel gewässerschonend einzubringen, weil kein Landwirt mehr Dünger und Pflanzenschutzmittel verwendet, als er
unbedingt braucht. Das ist ein Thema, das wir unbedingt im Umwelt- und auch im Landwirtschaftsausschuss fortberaten müssen.
Der dritte Punkt, den ich ansprechen will – wundert Sie sicher auch nicht, dass die CDU-Fraktion da eine andere Auffassung hat –, das sind die geplanten zwangsweisen Einführungen der Gewässerunterhaltungsverbände – zwangsweise. Erst sollten es 13 sein, jetzt 20. Wer per Gesetz Zwangsverbände einführen will, zeigt – und ich muss das so deutlich sagen –, dass er von kommunaler Selbstverwaltung nichts, aber auch rein gar nichts hält.
Damit stellt sich Rot-Rot-Grün erneut gegen den ländlichen Raum und tritt die Rechte der Gemeinden mit Füßen. Die Nichtachtung der kommunalen Selbstverwaltung zieht sich wie ein roter Faden durch die Arbeit der rot-rot-grünen Landesregierung. Das haben wir doch mit dem unsäglichen Versuch gesehen, hier eine Zwangsgebietsreform durchzudrücken. Damit vernachlässigen Sie den ländlichen Raum. Bei einigen Grünen – ich will es nicht für alle sagen – habe ich manchmal das Gefühl – ich habe das schon öfter gesagt: alles Städter – und die haben einen Besserwisserzeigefinger und sagen uns im ländlichen Raum, wie es zu gehen hat und wohnen hier in der Stadt und können mit der Straßenbahn überall hinfahren,
können Abwasserkanäle bauen, wo soundso viele Anwohner angeschlossen sind. All das, was wir im ländlichen Raum gar nicht können, aber uns erzählen, wo der Hase lang läuft.
Zwar ist es richtig, dass die Fließgewässer nach ihren Einzugsbereichen und den dort befindlichen Kommunen betrachtet werden müssen, aber bringen nicht die Zwangsverbände auch mehr Bürokratie und eine teure Bürokratie? Sie haben gerade gesagt: Es ist ausfinanziert. – Aber ein Verband braucht auch Beschäftigte, der muss Beschäftigte einführen, der muss einen Geschäftsführer haben, er muss Technik haben, er muss Personal haben. Diese Kosten habe ich erst mal und damit hat noch nicht ein Gewässer profitiert. Aber diese Kosten habe ich, die sind erst mal ausgegeben. Unsere Meinung ist, diese Aufgaben können die Gemeinden und Städte besser machen. Sicher können Sie mir jetzt auch Beispiele sagen, wo Sie gesagt haben, die Gemeinde A, die Gemeinde B hat es nicht gut gemacht.
also Ihrer Meinung nach 95 Prozent. – 95 Prozent haben keine Ahnung. Herr Fiedler und ich gehören da auch zu den beiden Bürgermeistern, die keine
Ahnung haben. Also unsere Meinung ist: Dieses Geld, wenn Sie die Verbände vollfinanzieren wollen, dann schaffen Sie doch ein Förderprogramm, wo ich als Gemeinde auch eine Gewässerunterhaltungsmaßnahme mit Landesmitteln machen kann. Damit wäre auch den Gemeinden geholfen. Der Bürgermeister, der Gemeinderat, die Einwohner kennen ihre Gewässer und wissen auch, wo was nötig ist.
Das beanstanden wir und sagen, das ist ein Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung, der nicht tragbar ist.
Wir möchten das Gesetz gern fortberaten im zuständigen Umweltausschuss, der federführend sein soll, im Ausschuss für Innen und Kommunales, weil es auch um die kommunale Selbstverwaltung geht, und natürlich auch im Landwirtschafts- und Infrastrukturausschuss, weil es hier auch um die Landwirtschaft geht. Ich denke, es werden Beratungen folgen und sicher auch noch Änderungen vorgenommen. Ich freue mich auf eine Weiterberatung im Ausschuss. Vielen Dank.