Protocol of the Session on January 28, 2010

Frau Lehmann hatte gebeten, noch mal darzulegen, wie wir auf unsere Zahlen kommen. Jetzt bekomme ich natürlich ein Problem, Frau Präsidentin, ob das in der Zeit zu schaffen ist. Aber ich muss es machen, mehr Redezeit haben wir nicht. Also Frau Lehmann, Konjunkturpaket II hat nicht nur die Säule einmaliger Investitionszuschüsse, sondern die zweite Säule Steuerrechtsänderung. Im Übrigen, das wissen auch Sie, Herr Innenminister, wirken die Konjunkturmittel nur einmal, die Steuerrechtsänderungen wirken dauerhaft. Das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung hat ermittelt, dass spätestens 2011 die einmaligen Effekte des Konjunkturpakets durch die Steuerrechtsänderungen schon kompensiert sind. Bei den Steuerrechtsänderungen, Frau Lehmann, ist der Steuerfreibetrag bei der Einkommensteuer auf jetzt 8.004 € erhöht worden. Der Eingangssteuersatz ist von 15 auf 14 Prozent reduziert worden. Sie wissen, die Kommunen sind mit 15 Prozent an der Einkommensteuer beteiligt. Damit schlägt das voll auf den kommunalen Anteil durch. Bei der Unternehmensteuer wurde die degressive Abschreibung für Unternehmen für zwei Jahre ermöglicht. Das reduziert den Gewinn der Unternehmen, die Gewerbesteuer ist in großen Teilen gewinnorientiert. Das führt natürlich zu dramatischen Einbrüchen bei der Gewerbesteuer. Das sind die Probleme. In diesem Jahr können die Arbeitnehmeranteile an der Sozialversicherung bei der Einkommensteuer noch geltend gemacht werden. Das führt zu einer weiteren Reduzierung der Einkommensteuer, auch des kommunalen Anteils. Die Gewerbesteuer ist im vergangenen Jahr nach dem vorläufigen Kassenabschluss um 40 Prozent in Thüringen eingebrochen. 400 Mio. hat sie betragen, 40 Prozent von 400 Mio. sind schon 160 Mio. Wir haben nicht mit 40 Prozent gerechnet, sondern nur mit 30 Prozent und sind so auf unsere Zahlen gekommen. Wir werden sicherlich im Laufe des April, dort müssen die endgültigen Jahresabrechnungen vorgelegt werden, sichere Zahlen haben. Was aber noch zu ergänzen ist, ist das Wachstumsbeschleunigungsgesetz. Dort wirken insbesondere die 20 € Kindergelderhöhung auch auf die Kommunen durch, weil das Kindergeld aus dem Aufkommen

der Einkommensteuer entnommen und reduziert damit die Einkommensteuer grundsätzlich und damit auch die 15 Prozent Anteil. Ich finde es unanständig, wenn der Bund und die Länder das beschließen; die Kommunen sitzen nicht mit im Bund und können da mitentscheiden. Da muss einfach der Ausgleich dafür her und da ist uns die bisherige Ausgleichsformel der Landesregierung zu gering. Der Innenminister hat dort Nachbesserung versprochen und wir werden ihn einfach beim Wort nehmen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, noch mal zur Verschuldung: In der Verschuldungsstatistik von Frau Lehmann fehlt die Verschuldung der Wohnungswirtschaft, der kommunalen Wohnungsunternehmen und es fehlt die Verschuldung der Stadtwerke. Da gab es übrigens mal eine Anfrage in der 4. Legislaturperiode von mir an die Landesregierung, da habe ich mir alles aufschlüsseln lassen. Wenn ich die Tilgung einbeziehe, dann ist die pro-Kopf-Verschuldung bei den Kommunen bei 5.800 € und des Landes bei inzwischen 6.700/6.800 €. Also fast identisch. Deswegen es bringt nichts, Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Das bringt wirklich nichts Frau Lehmann.

Das nächste Problem - positives Finanzierungssaldo: Da werde ich wirklich immer ganz böse. Das positive Finanzierungssaldo ist die Quelle für zwei Dinge, für die Tilgung, die haben wir den Kommunen pflichtig vorgeschrieben, und zweitens, das haben Sie gemacht, Sie haben die Investitionspauschale abgeschafft, so dass die Investitionspauschale, das sind 90 Mio., jetzt in den Verwaltungshaushalten der Kommunen erwirtschaftet werden müssen, um sie als Eigenmittel im Vermögenshaushalt für Investitionen darzustellen. Dadurch muss der Überschuss steigen, sonst haben die Kommunen überhaupt keine Eigenmittel mehr für Investitionen. Das jetzt den Kommunen anzulasten, das finde ich einfach unanständig. Ich bin überzeugt, Sie wissen es, zumindest derjenige, der Ihnen das aufgeschrieben hat weiß es. Sie erzählen hier etwas völlig anderes, um somit die Situation in den Thüringer Kommunen schönzuzeichnen. Das geht nicht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Anpassungshilfe, Frau Lehmann, war der Ersatz für die Vorwegschlüsselzuweisung und ist das Ergebnis Ihres gescheiterten zentralen Ortekonzeptes. Jetzt wollen Sie die Anpassungshilfe streichen. Jetzt müssen Sie sich mal einig werden, Frau Doht muss sich jetzt dafür einsetzen. Eisenach hat 13,50 € pro Einwohner noch bekommen als Anpassungshilfe. Da kann man sich ausrechnen, 1,3/1,4 Mio. gehen Eisenach verloren. Der Oberbürgermeister von Eisenach - der heißt auch Doht - fordert einen Rettungsschirm für seine Stadt. Er geht nämlich zum Land und sagt, ich brauche Bedarfszuweisungen und er verhandelt mit dem Innenminister über Bedarfszuweisun

gen. Sie haben recht, das Haushaltsdefizit in Eisenach ist nicht die Schuld der dort verantwortlichen Kommunalpolitiker, sondern ist ein strukturelles Problem, weil eine unsinnige Entscheidung in einer Großen Koalition getroffen wurde, die bestand aus SPD und CDU, die erste Große Koalition, nämlich Eisenach Kreisfreiheit zuzuordnen. Das war der Fehler.

(Zwischenruf Abg. Doht, SPD: Das stimmt auch nicht.)

Herr Innenminister und Frau Lehmann, es nützt nichts, wenn Sie hier jammern und sagen, das Land hat kein Geld. Sie haben 1 Mrd. € verschenkt jedes Jahr durch Ihre Steuerrechtsänderung. Wenn Sie das Geld dem Bund und den Unternehmen überlassen, ist das Ihre Sache, aber nehmen Sie nicht die Kommunen in Mithaftung. Also jammern auf hohem Niveau gibt es da nicht, wird nicht akzeptiert.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Nun ist es aber gut.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Meyer, zwei Dinge: Wir wollen ja nicht mit Irritationen raus und ich nehme Ihr Angebot dankend an, was gemeinsame Anträge Verstetigung der Gewerbesteuer angeht, das ist alles in Ordnung. Aber damit Sie mit unserem Antrag nicht mit einer falschen Vorstellung rausgehen. Die Mittel, die wir aus dem Landesausgleichsstock jetzt zur Verfügung stellen wollen, sollen nicht die Projekte bekommen, sondern die Kommunen, und die Kommune entscheidet, welches Projekt das Geld bekommt. Das als Erstes, und das Zweite: Der Zugriff ist unabhängig, ob ein Haushalt vorliegt oder nicht. Auch die Kommunen, die einen Haushalt haben, stehen vor der Misere, weil sie ja nicht wissen, ob die geplanten Landeszuweisungen tatsächlich kommen, dass sie eben an die Projekte und Vereine nicht auszahlen, weil sie sagen, wir müssen erst mal warten, ob wir das Geld vom Land bekommen. Deswegen, beide haben Zugriff, sowohl die, die noch keinen Haushalt haben als auch die, die einen Haushalt haben.

Da habe ja gesagt, Herr Innenminister, die Argumentation stimmt, aber die Rechtsaufsichtsbehörden sagen ja: Stopp, so lange wir die Zahlen nicht vom Land haben, zahlen wir nicht aus. Das müssen wir klären. Und wenn hier der Innenminister zu seinem Wort steht, ist das in Ordnung. 5 Minuten habe ich noch nicht ausgeschöpft. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Es gibt eine weitere Wortmeldung der Abgeordneten Doht von der SPD-Fraktion.

Also, liebe Kolleginnen und Kollegen, es tut mir leid, dass ich jetzt hier noch mal 2 Minuten Zeit in Anspruch nehmen muss, aber diese Geschichtsklitterung von Herrn Kuschel kann man nicht so stehen lassen. Sie wissen genau, wer damals die Kreisgebietsreform beschlossen hat, das war 1994 eine CDU/FDP-Koalition.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Aber Sie haben doch damals eine Koali- tion gehabt.)

Nein, wir waren damals nicht in der Koalition zu dieser Zeit, sondern es ist vorher beschlossen worden und dann fragen Sie die Kollegen. In Kraft getreten ist die Kreisfreiheit Eisenach dann zum 01.01.1998.

Frau Doht, ich fürchte, es gibt eine Frage an Sie. Gestatten Sie eine Frage des Abgeordneten Kuschel?

Nein, ich erkläre ihm doch gerade, wie es gewesen ist.

(Beifall SPD)

Dann sage ich auch noch dazu, dass auch die SPD damals vor Ort die einzige Partei war, die sich gegen diese Kreisfreiheit ausgesprochen hat, nämlich aufgrund der Kosten, die auf die Stadt zukamen. Aber ich sage Ihnen auch, Herr Kuschel, eine Lex Eisenach, so wie Sie sie in der Vergangenheit immer gefordert haben, dass die Stadt letztendlich wieder kreisangehörig wird und ansonsten nichts passiert, das hilft uns auch nicht.

(Unruhe DIE LINKE)

Da werden wir auch nicht zustimmen, sondern wir brauchen eine umfassende Kreis- und Gebietsreform, so wie es zum Beispiel die Thüringer Wirtschaft gefordert hat mit ihrem Modell eines großen Westthüringer Kreises. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Eisenacher Oberbürgermeister um einen Rettungsschirm gebettelt hat und Sie hat er mit Sicherheit nicht um Hilfe gebeten.

Vielen Dank, Frau Doht, es gibt eine weitere Wortmeldung des Abgeordneten Kuschel von der Fraktion DIE LINKE. Sie haben noch 5 Minuten Redezeit, Herr Kuschel.

(Unruhe CDU)

Entschuldigen Sie bitte, ich walte hier nur meines Amtes. Es gibt eine Vorgabe, natürlich. Die Linksfraktion hat 47 Minuten Redezeit

(Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Das gab es noch nie in diesem Haus, Redezeit vorgeben.)

und es sind fünf Minuten übrig, die muss ich gewähren.

Ruhig, ruhig.

(Unruhe CDU)

Ich kann die Aufregung gar nicht verstehen, wenn Frau Doht die Anfrage zugelassen hätte, dann müssten Sie mich jetzt nicht mehr hier ertragen.

(Beifall DIE LINKE)

Es ist doch auch immer lehrreich, wenn ich hier etwas erzähle,

(Heiterkeit im Hause)

da gibt es doch einen Bildungseffekt. Es ist doch so - Sie werden nicht dümmer.

(Unruhe im Hause)

Herr Kuschel, könnten Sie jetzt bitte mit Ihrem Redebeitrag beginnen?

Danke, Frau Präsidentin, ich wollte nur warten, bis die Unruhe sich gelegt hat. FDP und CDU haben tatsächlich diese Reform beschlossen mit Eisenach, aber seit 1994 gab es doch hier eine Große Koalition und der Vollzug war 1998. Sie hatten vier Jahre Zeit, diesen Unsinn von CDU und FDP mit Blick auf Eisenach zu korrigieren - vier Jahre hatten Sie Zeit und haben es nicht gemacht. Also meckern Sie doch jetzt hier nicht. Das Konzept ging nicht auf, weil WuthaFarnroda erfolgreich gegen die Eingemeindung ge

klagt hat. Das kam noch hinzu. Aber wenn Sie vier Jahre in Regierungsverantwortung sind und nicht in der Lage sind, eine Fehlentscheidung zu korrigieren: Was soll’s? Und wenn ein Oberbürgermeister einer kreisfreien Stadt zum Innenminister auf Knien rutschen muss, um ihn um Geld anzubetteln aus dem Landesausgleichsstock: Was ist denn das? Das ist der Ruf nach dem Rettungsschirm. Im Übrigen müssen das alle Kommunen bezahlen, weil der Landesausgleichsstock von den übrigen Mitteln im Finanzausgleich gespeist wird.

(Unruhe SPD)

Das geht nicht mehr länger, dass Eisenach oder andere zulasten der anderen Kommunen ihre Probleme lösen. Ich sage noch einmal, das ist kein Vorwurf an die Politiker in Eisenach, keinesfalls. Ob sich dort Herr Doht persönlich an mich wendet, ist mir völlig egal. Mir geht es um die Probleme in dieser Region und da arbeite ich aktiv mit und da sind wir auf gutem Weg. Es gibt einen Umdenkungsprozess. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen herzlichen Dank. Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Kann ich davon ausgehen, dass das Berichtsersuchen zu Nummer 1 des Antrags erfüllt ist oder erhebt sich Widerspruch? Das ist nicht der Fall.

Dann kommen wir jetzt zur Abstimmung zu den Nummern 2 bis 6 des Antrags. Es wurde Ausschussüberweisung beantragt an den Haushalts- und Finanzausschuss und an den Innenausschuss. Zunächst müssen wir abstimmen über die beiden vorgeschlagenen Ausschüsse.

Wer der Überweisung an den Haushalts- und Finanzausschuss zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Vielen herzlichen Dank. Gibt es Gegenstimmen? Enthaltungen? Wir müssen zählen.

(Zwischenruf aus dem Hause: Nein.)

Natürlich müssen wir zählen. Ich wiederhole, wer der Überweisung an den Haushalts- und Finanzausschuss zustimmt, den bitten wir jetzt um das Handzeichen.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Das ist eine Minderheit, das sieht man doch.)

31 Stimmen. Die Gegenstimmen bitte. Das ist die Mehrheit.

(Heiterkeit im Hause)

Enthaltungen bitte. Ja, aber wir wollen ja alle ganz korrekt sein.

Jetzt die Überweisung an den Innenausschuss. Wer der Überweisung an den Innenausschuss zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Die Gegenstimmen. Das ist eine Mehrheit.