Als weitere Begründung für die angeblich äußerst angespannte Finanzsituation unserer Kommunen werden Mängel bei der Bedarfsermittlung für den Kommunalen Finanzausgleich 2010 angeführt, wobei letztlich auf die Korridorbereinigung im Rahmen der Ermittlung der angemessenen Finanzausstattung angespielt wird. Ich hatte heute Vormittag vier Stunden Gelegenheit, mich vor dem Verfassungsgerichtshof mit dieser Frage auseinanderzusetzen. Mein Eindruck ist, dass das Gericht diese Ermittlung vermutlich nicht beanstanden werden wird, auch wenn Prognosen hinsichtlich des Ausgangs von Prozessen gefährlich und nie sicher sind.
Nein, das habe ich nie anders gesehen, das liegt in der Kontinuität dessen, was ich auch früher gesagt habe.
Meine Vorgänger im Amt haben Ihnen den Mechanismus und die Gründe für die Korridorbereinigung, die auch dem Gesetzentwurf der Landesregierung entnommen werden können, mehrfach erläutert. Ich will es nur noch einmal auf den Punkt bringen. Im Rahmen der Abfrage bei den Kommunen im Zuge der Vorbereitung des letzten Kommunalen Finanzausgleichs wurden - aus welchen Gründen auch immer - von den Kommunen in der Summe deutlich mehr Ausgaben angemeldet als sie nach Zahlen der Statistik tatsächlich hatten. Es ist also gerade nicht so, dass den Kommunen durch die Korridorbereinigung 350 Mio. € vorenthalten werden. Es ist lediglich so, dass Ausgaben, die nicht getätigt wurden, auch nicht in die Berechnung des Kommunalen Finanzausgleichs einfließen konnten und einfließen können.
Weiter beklagt der Antrag der Fraktion DIE LINKE am Beispiel des SGB II die Übertragung von neuen Aufgaben auf die Kommunen, ohne dass die notwendigen Finanzmittel zur Verfügung gestellt würden. Durch die neue Systematik der Berechnung der angemessenen Finanzausstattung der Thüringer Kommunen - das, lieber Herr Ramelow, ist genau das, was ich damals auch so gesehen habe - ist nämlich sichergestellt, dass die Kommunen abhängig von ihrem Aufgabenbestand, unabhängig davon, was der Bund zahlt, angemessene Mittel für die Aufgabenerfüllung sowohl im eigenen als auch im übertragenen Wirkungskreis erhalten werden. Ich stimme Ihnen zu, dass die Beteiligung des Bundes an den Kosten der Unterkunft viel zu niedrig ist. Die Thüringer Landesregierung hat sich bereits in der Vergangenheit um eine gerechte Verteilung der Kosten der Unterkunft nach dem SGB II bemüht und setzt sich auch weiterhin dafür ein. Die zu geringe Finanzierungsbeteiligung des Bundes führt jedoch - das ist der Gewinn der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs von 2005 - nach dieser Systematik nicht zu einer Belastung der Kommunen. Sie führt vielmehr zu einer Belastung des Landeshaushalts, da bei der Ermittlung der angemessenen Finanzausstattung die nach Abzug der Bundesbeteiligung bei den Kommunen verbleibenden Nettoausgaben in voller Höhe berücksichtigt werden müssen. Mit einfachen Worten: Nicht die Kommunen, der Freistaat Thüringen wird durch die zu geringe Bundesbeteiligung an den Kosten der Unterkunft belastet.
Gleiches gilt letztlich auch für die Steuerausfälle der Kommunen, die nach der Systematik des Kommunalen Finanzausgleichs auszugleichen sind. Anders als die Fraktion DIE LINKE mit ihrem Antrag glauben machen will, ist daher die Finanzausstattung und die Haushaltslage in den Kommunen Thüringens ins
gesamt durchaus erträglich, nicht besorgniserregend. Dies zeigt schon ein Blick auf einige wesentliche Kennzahlen. So konnten die Kommunen ihre Verschuldung zwischen den Jahren 2004 und 2008 von 2,9 auf rund 2,45 Mrd. € reduzieren, wodurch trotz der Bevölkerungsverluste auch eine Reduzierung der Pro-Kopf-Verschuldung von 1.226 auf 1.078 € erzielt wurde. Auch verfügen die Kommunen in Thüringen insgesamt über recht stattliche Rücklagen, Ende 2008 über 778 Mio. €. Die ordentliche Finanzausstattung vonseiten des Landes erlaubt es den Kommunen in Thüringen schließlich auch, nach wie vor im Vergleich zum Durchschnitt der östlichen Bundesländer deutlich niedrigere Hebesätze bei der Grund- und Gewerbesteuer festzusetzen. Insgesamt betrachtet kann die Finanzsituation der Thüringer Kommunen daher als durchaus solide bezeichnet werden. Selbst in dem für alle öffentlichen Haushalte schwierigen Jahr 2009 konnten die Kommunen in Thüringen in den ersten drei Quartalen noch einen Finanzierungsüberschuss in Höhe von 114 Mio. € ausweisen. Auch das Jahr 2010 wird nicht mit einem Kollaps der Kommunalfinanzen einhergehen. Vielmehr wird die Landesregierung dafür sorgen, dass die Kommunen über eine angemessene Finanzausstattung verfügen, die ihnen eine sachgerechte Aufgabenerfüllung einschließlich der Wahrnehmung freiwilliger Leistungen ermöglicht. Dazu ist die Landesregierung und natürlich auch das Parlament von Verfassungs wegen verpflichtet.
Angesichts der allgemeinen Lage der öffentlichen Haushalte wachsen die Bäume auch für unsere Kommunen natürlich nicht in den Himmel und es ist auch klar, dass eine Reihe von Kommunen, die in den letzten Jahren vielleicht etwas großzügig gewirtschaftet hat, an der einen oder anderen Stelle Ausgaben verringern bzw. ihre Einnahmen erhöhen muss. Dies bitte ich aber im Kontext zur Lage der öffentlichen Haushalte insgesamt zu sehen. Die Landesregierung hat den schmerzhaften Prozess der Güterabwägung und Schwerpunktbildung im Rahmen der Haushaltsaufstellung gerade hinter sich. Die Kommunen, über deren Schwierigkeiten bei der Haushaltsaufstellung zurzeit in der Presse berichtet wird, stecken noch mitten in diesem Prozess. Aus kontroversen Haushaltsaufstellungsverfahren kann aber nicht gleichzeitig und unmittelbar auf eine strukturelle Finanzierungsschwäche der Kommunen geschlossen werden. Es ist auch nicht so, dass die durch die Wahl bedingte verspätete Verabschiedung des Landeshaushalts den Kommunen die Aufstellung ihrer Haushalte unmöglich macht. Hierzu habe ich im Rahmen der Plenarsitzung im November des Jahres 2009 einiges im Detail ausgeführt. Selbstverständlich wurde den Kommunen auch die erste Rate der Schlüsselzuweisung zum 15. Januar 2010 ausgezahlt, so dass in den Kommunen durch die verspätete Verabschiedung des Landeshaushalts keine
Liquiditätsprobleme entstehen. Die Kommunen sind gehalten und auch in der Lage, zeitnah ihre Haushalte zu beschließen.
Mir ist bewusst, dass eine Reihe von ihnen ihr Haushaltsaufstellungsverfahren im Hinblick auf den noch nicht beschlossenen Landeshaushalt zunächst etwas zurückhaltend betrieben hat und noch nicht über eine Haushaltssatzung verfügt. Daraus leitet die Fraktion DIE LINKE ab, dass nun eine akute Gefahr für Einrichtungen der kulturellen und sozialen Infrastruktur bestünde. Zu diesem Kernanliegen des Antrags, welches zwischen all dem politischen Theaterdonner ein wenig verschwimmt, nehme ich wie folgt Stellung:
Wichtig ist, dass die Handlungsfähigkeit der Kommunen im Rahmen der vorläufigen Haushaltsführung deutlich eingeschränkt ist wie die des Landes auch. Es liegt daher, wie ich im November ausgeführt habe, im Interesse der Kommunen, so schnell wie möglich ihre Haushalte zu beschließen. Auch in den Kommunen, die sich in der vorläufigen Haushaltsführung befinden, droht jedoch nicht gleich das Aus für alle freiwilligen Leistungen. Der Antrag der Fraktion DIE LINKE geht richtigerweise davon aus, dass auch unter den Bedingungen der vorläufigen Haushaltsführung, dann, wenn rechtlich verbindliche Vereinbarungen bestehen, weiterhin Zahlungen geleistet werden können. Es besteht auch unter den Bedingungen der vorläufigen Haushaltsführung keine Verpflichtung, von Kündigungsmöglichkeiten Gebrauch zu machen. Ob Kündigungen oder andere vertragsbeendende Maßnahmen erfolgen, liegt im politischen Ermessen der Kommunen. Außerhalb bestehender rechtlicher Verpflichtungen ist eine Zahlung an die Träger der Einrichtungen nur unter den eingeschränkten Voraussetzungen des § 61 Abs. 1 Nr. 2 ThürKO möglich. Die Ausgaben müssen für die Weiterführung notwendiger Aufgaben unaufschiebbar sein. Die Notwendigkeit wird durch die gesetzliche Zuweisung der Aufgabe bzw. Verpflichtung gemäß dem Sozialgesetzbuch VIII sowie dem Thüringer Kinder- und Jugendhilfe-Ausführungsgesetz begründet. Eine Notwendigkeit freiwilliger Leistungen wird dann anerkannt, wenn die Erfüllung dieser Aufgabe zum Kernbereich der politischen Gestaltungsentscheidungen der Kommune gehört. Die Zuordnung zu diesem Kernbereich setzt voraus, dass ein Konsens im Gemeinderat darüber besteht. Hierzu kann auch ein gesonderter Ratsbeschluss herbeigeführt werden. Eine zeitliche Unaufschiebbarkeit ergibt sich dann, wenn ein Abwarten bis zur rechtskräftigen Haushaltssatzung nicht zumutbar ist, weil ohne sofortige Zahlung irreparable politische oder wirtschaftliche Schäden entstehen würden, wie zum Beispiel durch den gänzlichen Wegfall der Aufgabenerfüllung, die Schließung einer Institution oder Einrichtung. Wenn die Träger zum Beispiel als Zuwendungsempfänger aufgrund kurzfristig nicht abbau
barer Kosten in die Gefahr der Zahlungsunfähigkeit geraten, dürfte auch in diesen Fällen eine entsprechende Ausgabe zumindest dann zulässig sein, wenn die allgemeine Haushaltslage die Aufrechterhaltung des entsprechenden Zuschusses zulässt. Diese Rechtslage ist den Thüringer Kommunen bekannt, da es nach der Landtagswahl im Jahr 2004 ebenfalls zu einer verzögerten Beschlussfassung über den Landeshaushalt kam, so dass das Innenministerium schon damals über die Möglichkeiten der Kommunen im Rahmen der vorläufigen Haushaltsführung informierte. Die Kommunen haben daher ausreichend Möglichkeiten, ihre kulturelle und soziale Infrastruktur auch unter den Bedingungen der vorläufigen Haushaltsführung aufrechtzuerhalten. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die kommunalen Entscheidungsträger im Rahmen ihres politischen Abwägungsprozesses über die zukünftige Prioritätensetzung in den Kommunalhaushalten zu dem Schluss kommen, dass z.B. die fraglichen Maßnahmen in der Jugendhilfe und sonstige freiwillige Leistungen im bisherigen Umfang fortgeführt werden können und sollen. Eine wie auch immer geartete Zwischenfinanzierung aus dem Landesausgleichsstock ist daher weder erforderlich noch sachgerecht. Vielen Dank.
Vielen herzlichen Dank. Ich frage: Wer wünscht die Beratung zum Sofortbericht zu Nummer 1 des Antrags? Die Fraktion DIE LINKE, auch die Fraktionen der SPD und CDU, ein breites Einvernehmen. Dann eröffne ich hiermit die Aussprache. Das Wort hat jetzt Abgeordneter Kuschel, Fraktion DIE LINKE.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, zunächst, Herr Innenminister, meine Anerkennung. Das war eine Berichterstattung, die sich wohltuend von denen Ihrer Vorgänger verabschiedet hat bzw. unterscheidet. Was ich damit sagen wollte, Sie haben sich von diesem Konzept Ihrer Vorgänger verabschiedet, die Dinge, die DIE LINKE hier thematisiert hat, zu bagatellisieren. Sie nehmen uns ernst und das findet erst einmal Anerkennung.
Sie werden Verständnis haben, dass wir mit einigen Ihrer Aussagen so nicht zufrieden sind, weil sie aus unserer Wahrnehmung heraus das Leben in den Kommunen nicht so widerspiegeln. Das ist sicherlich rechtstheoretisch alles richtig, was Sie gesagt haben, und damit will ich vielleicht anfangen, ich würde Sie bitten, Ihre sehr überzeugende Argumentation zur
vorläufigen Haushaltsführung, was dort möglich ist, nicht nur den Kommunen zur Verfügung zu stellen, sondern den Rechtsaufsichtsbehörden,
weil die es nicht wissen und zu Ihnen gehören. Die gehören in Ihren Verantwortungsbereich. Ich fand das sehr überzeugend. Viele Kommunen, Bürgermeister, Stadträte, Gemeinde- und Kreistagsmitglieder argumentieren genauso wie Sie, stoßen aber bei den Rechtsaufsichtsbehörden auf völliges Unverständnis. Die sind nach unserer Wahrnehmung die Blockierer in dieser Phase. Wenn wir das hinbekommen, dann kommen wir wirklich einen Schritt weiter und dann wäre vielleicht auch unser Antrag gar nicht erforderlich gewesen. Aber unser Antrag resultiert aus einer Vielzahl von Hilferufen der kommunalen Ebenen, die gesagt haben, wir kommen jetzt nicht weiter, weil es sicherlich auch vereinzelt Bürgermeister und Landräte gibt, die sehr froh sind über die vorläufige Haushaltsführung, weil man in dieser Phase sich sehr leicht von Projekten verabschieden kann, wo man politisch vielleicht nicht so dahintersteht - man kann da so eine Bereinigung durchführen. Das ist aber zum Glück nur der Einzelfall, aber das gibt es auch. Aber das Hauptproblem sind die Rechtsaufsichtsbehörden. Ich würde Ihnen auch empfehlen, sich mit unseren Vorschlägen zur vorläufigen Haushaltsführung, die wir in der 4. Legislaturperiode hier als Gesetzentwurf eingebracht haben unter dem Stichwort „Flexibilisierung des kommunalen Haushaltsrechts“, noch mal zu beschäftigen, das greift nämlich Ihre Argumentation genau auf. Vielleicht können Sie in Ihrer Fraktion dafür werben, dass Ihre Fraktion das vielleicht aufgreift und hier einbringt, denn das würde auch viele Dinge entspannen.
Wir sind der Überzeugung, eines der Hauptprobleme im kommunalen Haushaltsrecht ist die Jährlichkeit. Wir wissen noch nicht mal, ob das zeitgemäß ist, das hat der Herr von Stein vor 200 Jahren mal entwickelt. Wir leben jetzt im 21. Jahrhundert und halten noch starr an diesem Jährlichkeitsgrundsatz fest, da müssten wir flexibler sein. Wir hatten dort Vorschläge unterbreitet, wie auch im Rahmen der vorläufigen Haushaltsführung zusätzliche Investitionen auf den Weg gebracht werden können. Das ist ein weiteres Problem, wie Zuschüsse an Dritte, die meist Aufgaben im kommunalen Interesse erfüllen, dort besser realisiert werden können. Wir bieten Ihnen das an, diese Vorschläge aufzugreifen. Sollten Sie in Ihrer Fraktion kein Gehör finden, würden wir natürlich auch unsere Vorschläge noch mal selbst einbringen, um so die Diskussion hier in Gang zu bringen.
meinen Zuweisungen, die Schlüsselzuweisungen, da haben Sie richtigerweise gesagt, da gibt es Abschläge, das läuft da, es geht um die besonderen Finanzzuweisungen, also die mit einer Zweckbindung versehen sind. Das sind gerade im kulturellen Bereich, im sozialen Bereich, im Jugendbereich die Kofinanzierungsmittel. Da geht jetzt so ein Prozess vor sich, ich nenne den immer den Prozess der organisierten Verantwortungslosigkeit, denn die Kommune sagt, das Land äußert sich nicht, das Land sagt, die Kommunen sind schuld und die Betroffenen sind völlig hilflos und wissen nicht wie weiter.
Jetzt haben wir einen Weg aufgezeigt, wie Sie als Innenminister ohne Landeshaushalt schnell helfen können und die jetzt zu leistenden Abschlagszahlungen könnten dann mit den endgültigen Leistungen verrechnet werden. Wir wollen gar nicht, dass die Kommunen dann mehr bekommen sollen, sondern sie sollen jetzt erst mal Geld bekommen - und das ist der Landesausgleichsstock. Der hat den Charme, dass die Finanzministerin - sie ist nicht da - darauf am Jahresende nicht zugreifen kann, denn diese Mittel sind übertragbar. Das hat der Gesetzgeber bewusst so gewollt, dass er sagt, alle Mittel aus der Finanzmasse, die den Kommunen zustehen, sollen bei den Kommunen verbleiben und am Jahresende werden alle nicht verausgabten Mittel dort gesammelt und in das nächste Jahr übertragen. Damit haben Sie dort jetzt schon die Möglichkeit, aus diesem Topf Mittel zu entnehmen als Soforthilfe und auch mit Anrechnung auf künftige besondere Finanzzuweisungen. Das würde den Kommunen helfen und würde dieses Prinzip der organisierten Verantwortungslosigkeit durchbrechen. Das brauchen wir als Signal.
Dass Mittel drin sein müssen, ist unstrittig, allein in dem Bereich „Finanzielle Förderung freiwilliger Gemeindezusammenschlüsse“ ist nur ein Teil der geplanten Gelder abgeflossen, so dass die Gelder auf alle Fälle zur Verfügung stehen. Da bitten wir Sie einfach noch mal, unseren Vorschlag wirklich in Ihrem Hause zu prüfen, ob das nicht ein gangbarer Weg ist.
Jetzt noch zu einigen Dingen, die Sie hier angesprochen haben, und damit wollten Sie ja begründen, dass unser Antrag nicht zielführend ist oder in bestimmten Teilen auch gar nicht notwendig gewesen wäre. Zunächst haben Sie auf die Mängel der Bedarfsermittlungen für den Kommunalen Finanzausgleich und die Korridorbildung verwiesen. Jetzt wird es wieder sehr abstrakt und ich laufe da auch immer Gefahr abzuschweifen, weil ich das mit Begeisterung mache und habe auch Verständnis, wenn nicht jeder in diesem Haus diese Begeisterung nachvollziehen kann. Ich habe festgestellt, Sie machen das auch mit Begeisterung und da treffen wir uns ja.
Ja, schon zwei Irre, ja, ja, das ist schon... Es reicht noch nicht für eine Selbsthilfegruppe, es müssten sich noch zwei melden, ich glaube, ab vier geht das methodisch jetzt. Aber, Herr Fiedler, Sie wollen nicht mitmachen? Nein ich hatte aber gefragt, wer mitmachen will, wenn sich jetzt alle 88 bei mir melden und sagen, sie machen nicht mit, das dauert dann zu lange. Wir drehen das lieber um. Also die, die mitmachen wollen, können sich ja im Nachhinein am Rande des Innenausschusses - wir tagen heute noch - melden.
Zur Korridorbildung: Sie haben recht, das haben auch wir nie infrage gestellt, das System der Korridorbildung ist zulässig. Das respektieren wir auch. Die Frage ist aber, wie Sie den Korridor gewählt haben, nämlich zwischen 50 Prozent und 100 Prozent, das ist unsere Kritik, dass wir sagen, dadurch tritt die Wirkung ein, dass alle Kommunen, die Ausgaben über dem Durchschnitt haben, die nicht angerechnet bekommen. Das kann ja nicht sein, weil sich der Durchschnitt immer aus einer Gruppe von Ausgaben bildet, die entweder darunter- oder darüberliegen. Wenn ich dann den Korridor beim Durchschnitt nehme, das funktioniert mathematisch schon gar nicht. Deswegen haben wir vorgeschlagen, entweder eine Korridorbildung zwischen 50 und 150 Prozent oder wir sind auch bereit, zwischen 50 und 130 Prozent zu nehmen. Dann kann man tatsächlich einen Durchschnitt nehmen und kann die Ausreißer nach oben und nach unten rausnehmen. Das wäre ein solides Berechnungsverfahren und würde immerhin den Kommunen - ich habe es ausgerechnet - 280 Mio. € mehr bringen. Dass Sie das nicht wollen, Sie vielleicht, Sie wollen es ja, aber dass die Finanzministerin das nicht will, das ist mir schon klar.
So, und jetzt haben Sie gesagt in dem Zusammenhang, die Kommunen haben Ausgaben gemeldet, die sie gar nicht getätigt haben. Da bitte ich Sie einfach mal, das kommunale Leben noch stärker zu durchdringen. Da können wir mal zusammen durch das Land reisen, ich werde auch oft eingeladen und meist nicht zu Neujahrsempfängen oder Ähnlichem, sondern überall wo es brennt.
Das akzeptiere ich ja, ich bin ja immer für so eine Aufgabenteilung und ich versaue ja bei so einem Neujahrsempfang nur die Stimmung.
einen ehrlichen Umgang. Das braucht man bei mir nicht zu machen, das ist schon in Ordnung. Aber meine Wahrnehmung ist eben eine andere.
Die Kommunen müssen immer ihre Ausgaben der Einnahmesituation anpassen. Das haben wir als Gesetzgeber festgeschrieben, weil in Thüringen - in anderen Bundesländern ist das zum Teil anders, in Nordrhein-Westfalen ist das zum Teil anders - muss der Haushalt immer ausgeglichen sein. Also haben die Kommunen gar keine andere Chance, als ihre Ausgaben immer den Einnahmen anzupassen. Die Ausgaben bilden damit aber nicht mehr die Bedarfe ab, sondern orientieren sich nur an den Einnahmen. Die Kommunen müssen dort kürzen, wo es möglich ist. Da sind wir immer in zwei Bereichen, kurzfristig möglich bei Investitionen oder in diesen - nennen wir es - freiwilligen Bereichen, also in dem Bereich, der gesetzlich nicht normiert ist, wo die Kommunen selbst entscheiden können, ob und wie sie die Aufgabe wahrnehmen. Nur die zwei Bereiche haben Sie de facto als kurzfristige Konsolidierungsmasse. Die Bedarfe, die Sie ermittelt haben, bezogen sich auf den Zeitraum 2003 bis 2005 ursprünglich und das war die Zeit, wo es massive Steuermindereinnahmen gab aufgrund der Steuerrechtsänderung der Jahre 2001/2002, und wo wir 2005, wir nicht als Fraktion, sondern die Mehrheit hier im Haus, also die CDU, den Finanzausgleich um 200 Mio. € gekürzt hat. Da mussten die Kommunen ihre Ausgaben anpassen. Das aber zum Ausgangspunkt zu nehmen und zu sagen, das machen wir zum Bedarf, das wäre genauso, wenn Ihre Frau Sie jedes Wochenende zum Einkaufen schickt, bisher bekommen Sie 50 € und da haben Sie gesagt, es geht gerade so, und dann bekommen Sie nur 40 € und da sagen Sie, na mit 40 € geht es auch, also wir kommen nie wieder an die 50 € ran, was aber eigentlich den Bedarf abbildet. Da müssen Sie eben auf den Kasten Bier verzichten oder müssen umstellen auf Oettinger, das ist zwar kein Bier, aber es soll billig sein. Also, das funktioniert nicht. Entweder bildet man Bedarfe ab und da muss man das auch respektieren, was die Kommunen melden. Im Übrigen habe ich dort nicht das Gefühl, dass das ausufernd ist, sondern da sorgen auch wieder die Rechtsaufsichtsbehörden dafür, und dann kann so eine Korridorbildung, wie gesagt, verhindern, dass sehr fahrlässig damit umgegangen wird.
Aber einfach zu sagen, wir nehmen die Kassenstatistik und sagen, das sind die Bedarfe, das halten wir für unzulässig. Die Bedarfe müssen sich wirklich am Leben in den Kommunen orientieren. Darum bitte ich Sie einfach.
wir nur den Referentenentwurf der Landesregierung. Aber da stellen wir bestimmte Mängel fest, die nicht zu akzeptieren sind, weil sie die Realität nicht abbilden. Da sind zunächst die Steuermindereinnahmen, die die Kommunen zu verkraften haben. Da haben Sie einen relativ geringen Betrag drin mit 76 Mio. €. Aber die jetzige vorläufige Kassenstatistik sagt aus, 115 Mio. € Steuermindereinnahmen im Jahr 2009 und im Jahr 2010 werden prognostiziert etwa 150 Mio. € Steuermindereinnahmen in den Kommunen.
Nun haben Sie gesagt, Sie erkennen kein strukturelles Problem bei den Steuereinnahmen; ich erkenne das schon seit Jahren. Sie können das sicherlich nachvollziehen, die Thüringer Kommunen haben eine Steuerdeckungsquote von rund 20 Prozent, also nur 20 Prozent der Einnahmen der Thüringer Kommunen resultieren aus eigenen Steuereinnahmen. In den alten Bundesländern liegt bei „gesunden“ Gemeinden diese Steuerdeckungsquote zwischen 30 und 40 Prozent. Bei uns führt die geringe Steuerdeckungsquote dazu, dass eine hohe Abhängigkeit von den Landeszuweisungen da ist, nämlich 56 Prozent. Das erhöht die Verantwortung für uns, weil die Kommunen so abhängig sind. Sie haben mich sofort auf Ihrer Seite, wenn wir diese Abhängigkeit durchbrechen. Dann müssen wir den Kommunen aber ein höheres Steueraufkommen zuweisen. Das ist Bundessache, wir können nur im Bundesrat einwirken. Die bisherige Herangehensweise an das Steuerrecht hat genau das Gegenteil bewirkt. Die kommunale Steuerquote in unserer Finanzverfassung bundesweit liegt inzwischen nur noch bei 11,9 Prozent. Also nur noch 11,9 Prozent des Gesamtsteueraufkommens laufen in die Kommunen, wir waren schon mal bei 18 Prozent. Das war zugegebenerweise Ende der 80er-Jahre in der alten Bundesrepublik. In Dänemark liegt die kommunale Steuerdeckungsquote bei 40 Prozent, dort laufen 40 Prozent aller öffentlichen Einnahmen in die Kommunen. Damit haben die Kommunen in Dänemark eine ganz andere Position
und Sie werden nachvollziehen können, wenn wir Dänemark als Beispiel wählen, hat das noch nichts mit unseren Vorstellungen von einer anderen Gesellschaft zu tun, sondern das ist einfach nur eine andere Stellung der Kommunen im föderalen System. Dänemark ist kein föderales System, das ist klar. Aber nichtsdestotrotz hat Dänemark 40 Prozent der Steuern zur Verfügung, wir nur 11,9 Prozent.
Wenn Sie sagen, das ist kein strukturelles Problem, sehe ich das vollkommen anders. Wir brauchen eine höhere kommunale Steuerquote, um die Abhängigkeit von den Landeszuweisungen zumindest zurückzudrängen. Wenn Sie in dieser Richtung mit uns ge
Jetzt geht es noch einmal um diese Steuerrechtsänderung. Da haben Sie gesagt, nicht jede Steuerrechtsänderung schlägt durch auf die Kommunen. Da ich ab und zu eine Anfrage stelle -
ja, ich habe noch Reserven, das war keine Drohung, das war eine Feststellung. Die Landesregierung hat geantwortet, ich habe einmal nachgefragt, die Steuerrechtsänderung seit 1999 auf die Kommunen runtergebrochen - 250 Mio. € im Jahr fehlen den Thüringer Kommunen nur durch Steuerrechtsänderungen. Das haben Sie schnell gelernt, da war ich wirklich erstaunt, wie Sie mit Statistik umgehen können. Das war bisher immer ein Steckenpferd von den Menschen, die vor 1989 politische Verantwortung hatten, da gehörte ich dazu in der DDR, da haben wir auch mit Statistik viel gemacht.