Diese Logik erschließt sich mir nicht, die erschließt sich mir überhaupt nicht. Dass an dieser Stelle sozusagen ein Ersatz erbracht werden soll, das macht überhaupt keinen Sinn. Stattdessen - jetzt habe ich Ihre drei Argumente hier widerlegt - kommt es auf drei Dinge an. Drei Dinge sind wichtig in der Debatte zur Frage, wie Betreuung gut funktioniert und wie Familien das Miteinander erleichtert werden kann.
Das Erste ist tatsächlich Zeit, Zeit füreinander, miteinander. Da müssen wir über gute Arbeitsbedingungen reden, darüber, wie Teilzeitmodelle funktionieren und andere Dinge. Zeit miteinander gewährt man aber nicht, indem man 150 € zahlt, weil dafür keine normale Familie einen Arbeitsplatz ersetzen kann. Davon kann keiner leben, das müssten Sie auch wissen. Das haben Sie übrigens auch in Thüringen gesehen.
Das Zweite ist echte Wahlfreiheit. Diese Wahlfreiheit gibt es in den alten Ländern nicht. Die muss geschaffen werden und deswegen sind wir der festen Überzeugung, dass direkter …
Lassen Sie uns doch auch mal solidarisch sein, Herr Dr. Zeh, solidarisch mit den alten Ländern, die waren es jetzt jahrelang mit uns, jetzt sind wir es mal umgekehrt.
Der dritte Punkt ist eine gerechte Verteilung der Mittel. Gerechte Verteilung heißt eben auch, dass man über althergebrachte Gesetze auch mal nachdenken muss. Moderne und nachhaltige Familienpolitik geht anders, das Betreuungsgeld geht in die falsche Richtung und im Übrigen haben die skandinavischen Länder, u.a. Norwegen, Finnland und Schweden, das auch erkannt. Es gibt eine Studie im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung, in den drei Ländern plant man, weil man sieht, dass das Modell nicht wirklich funktioniert, zumindest in Norwegen, relativ zügig das Betreuungsgeld sogar wieder abzuschaffen. Da rede ich nicht von der nicht repräsentativen Studie der Universität Mannheim, sondern von der Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung, die repräsentative Daten erhoben hat.
Priorität muss - und das ist unsere feste Überzeugung - der Ausbau guter Kita-Strukturen haben. Wenn ich mir dann anhöre und lese, dass man so
gar plant, ungelernte Hilfskräfte in Krippen und Kitas arbeiten zu lassen, muss ich sagen, dann wird mir wirklich Himmelangst um die Kinderbetreuungsstruktur in den alten Ländern. Deswegen unterstütze ich noch einmal das Argument, Solidarität heißt an der Stelle auch gute Infrastruktur in den alten Ländern und fehlende Kita-Plätze lassen sich, das müssen Sie inzwischen auch gelernt haben, nicht durch 150 € Almosen ersetzen. Diesen Lernvorsprung haben wir an der Stelle vor den alten Ländern.
Die OECD im Übrigen bezeichnet deswegen das geplante Betreuungsgeld als kontraproduktiv und fordert stattdessen, genau wie wir auch, eine bessere institutionelle frühkindliche Bildung, also den Ausbau der Kita-Struktur. Das wäre im Übrigen auch der beste Beitrag zur Reduzierung von Kinderarmut, die nach der UNICEF-Studie von gestern, wie Sie vielleicht gelesen haben, wieder gestiegen ist. Deutschland belegt nach wie vor auf einer Liste mit 29 Ländern im Bereich Kinderarmut den 15. Platz. Tragisch und schlimm genug, dass wir da nicht vorankommen.
Das Betreuungsgeld wird daran aber überhaupt nichts verbessern. Im Gegenteil. Sie sind da auf dem Holzweg. Deswegen ist unser Plädoyer, dass Sie dieses unsinnige Instrument stoppen. Deswegen unser Antrag und ich freue mich auf die weitere Debatte.
Vielen herzlichen Dank, Frau Abgeordnete Siegesmund. Das Wort hat jetzt Abgeordnete Pelke für die SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kollegin Siegesmund, ich bin Ihnen sehr dankbar für das, was Sie hier zum Thema Betreuungsgeld ausgeführt haben, bin Ihnen auch dankbar für die Pressemitteilung, die Sie veröffentlicht haben nach dem Motto Anja Siegesmund: SPD muss sich entscheiden. Die BÜNDNISGRÜNE-Fraktion hat einen Antrag ins Plenum eingebracht, der die Landesregierung auffordert, das Betreuungsgeld auf Bundesebene zu stoppen - sage ich, dass wir das gar nicht können, aber das ist noch eine andere Variante - und die SPD in Thüringen muss nun Farbe bekennen, das wäre auch der beste Beitrag zur Reduktion von Kinderarmut.
Herzlichen Dank, des Hinweises hätte es nicht bedurft, das müssen Sie uns nicht sagen. Ich glaube, die SPD hat sich immer sehr deutlich distanziert, sowohl vom Landeserziehungsgeld auf Thüringer Ebene als auch vom Betreuungsgeld auf Bundesebene. Aber im ersten Beitrag hat Herr Gumprecht
so ein bisschen in die Historie geschaut und hat deutlich gemacht, so ist das nun mal, da gab es eine Große Koalition auf Bundesebene, da hatten wir das vereinbart, und jetzt gibt es eine Koalition auf Landesebene, da hat man das vereinbart. Da gibt es unterschiedliche Positionen, die wir, glaube ich, so schnell nicht regeln können, aber über die wir durchaus diskutieren können. Aus der Position der SPD, dass wir weder das Landeserziehungsgeld als Herdprämie - so haben wir es bezeichnet - hier in Thüringen brauchen, genauso wenig wie wir das Betreuungsgeld auf Bundesebene brauchen, weil das der falsche Ansatz im Rahmen einer vernünftigen Familiepolitik ist. So viel erst einmal dazu.
Sie haben uns gebeten, dass wir uns auf Bundesebene dafür einsetzen. Wenn Sie das jetzt direkt an die SPD richten, dann kann ich davon ausgehen, dass meine Fraktion das auf Bundesebene schon tun wird und wie das hier in der Landesregierung diskutiert werden wird, das werden wir dann sehen, wenn ein wirklicher Gesetzentwurf auf dem Tisch liegt. Denn das, was im Moment auf dem Tisch liegt, ist eine Formulierungshilfe für einen Entwurf eines Gesetzes der Fraktionen der CDU/CSU und FDP.
Ich sage mal an der Stelle ganz deutlich, ob sich die CDU/CSU an dem Punkt einigen wird, das sehe ich noch nicht so, weil viele Frauen aus der CDU auch gesagt haben, dass sie noch große Probleme damit haben.
Ja. Da müssen wir mal sehen, ob die sich noch einigen und in welche Richtung das geht und ob man denn auch bereit ist, in dieser Größenordnung, wie man hier zumindest in der Formulierungshilfe festgeschrieben hat, finanzielle Mittel auszugeben. Es ist nämlich hier unter dem Punkt D finanzielle Auswirkung, wie gesagt, Formulierungshilfe. Unter dem Punkt 1 Haushaltsausgabe ohne Vollzugsaufwand für das Betreuungsgeld ist von Kosten für den Bund in Höhe von 0,4 Mrd. € im Jahr 2013 und in Höhe von 1,2 Mrd. € für das Jahr ab 2014 auszugehen. Da muss man erst einmal sehen, ob man sich darauf einigt, ob man das tun will, gerade im Hinblick darauf - das war in den letzten Tagen ja auch in Film, Funk und Fernsehen zu sehen -, dass gerade in den Altbundesländern jetzt aus kommunaler Sicht Angst besteht, dass, wenn der Gesetzesanspruch auf einen Kita- und auf einen Krippenplatz tatsächlich wird, die Kommunen sagen, wir haben nicht ausreichend Plätze vorhanden, wir brauchen Unterstützung an dieser Stelle und das nicht über die Ebene Betreuungsgeld. Dann bin ich mal gespannt, wie die Familienministerin Schröder, die da aus meiner Sicht in der Pressekonferenz herumgeeiert hat, denn dem Problem abhelfen will. Ich glaube schon, man muss auch mal deutlich sagen im
Hinblick auf die Situation in den Altbundesländern, dass hier geregelt werden muss, dass ein tatsächliches Betreuungsangebot vorhanden sein muss, dass dort eine tatsächliche Wahlfreiheit geschaffen werden muss und das ist nichts Neues. Es hat jeder gewusst, dass in den Altbundesländern weniger Kindertagesstätten vorhanden sind und dass es weniger Plätze gibt und dass da Nachholbedarf besteht. Ich glaube, im Interesse der Kinder in dieser Bundesrepublik sollten wir auch dafür Sorge tragen, dass dieses in den Altländern nachgeholt werden kann und dass es dafür Finanzierungen gibt. Insofern bitte ich darum, dass wir hier ehrlich miteinander umgehen und da will ich noch einmal auf die Frage zurückkommen, die auch Frau Siegesmund dankenswerterweise angesprochen hat, die Frage der tatsächlichen Wahlfreiheit. Ich bin es mittlerweile leid, dass es von Teilen des Koalitionspartners, dass es von Teilen der Kirche, dass es von verschiedensten Ebenen immer wieder so dargestellt wird, als wollten wir mit der Abschaffung von Erziehungs- oder Betreuungsgeld Wahlfreiheit einschränken. Das ist ein dermaßen großer Schnulli, das gibt es überhaupt nicht.
Die Wahlfreiheit war, ist vorhanden und sie wird auch vorhanden bleiben. Jede Mutter, jeder Vater, jede Familie kann entscheiden: Gebe ich mein Kind in eine Kindertagesstätte oder erziehe ich mein Kind zu Hause? Nur, was niemandem erklärbar ist, dass der Staat Geld bezahlt für die Nichtinanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung. Das ist unlogisch. Das gibt es an keiner Stelle. Wer daheim einen Swimmingpool im Garten hat und geht nicht in die öffentliche Schwimmbadanlage, der kriegt auch kein Geld zurückgezahlt
und wer nicht in die Kirche geht und die Kirche nicht in Anspruch nimmt, kriegt auch kein Geld zurückgezahlt.
und Sie tun immer so, als ob wir die Erziehungsleistungen der Eltern infrage stellen und das ist eine Unverschämtheit. Dass Eltern das Wesentliche sind für Kinder, stellt keiner in Abrede, aber was Eltern mit ihrem Kind machen, das ist dann ihre Entscheidung und diese Entscheidung muss ich nicht noch unterstützen, indem ich Geld ausgebe, was an dieser Stelle nicht notwendig ist.
Es verletzt einen einfach, weil das eine Unterstellung ist, die keiner von uns will und das will ich an diesen Punkten noch einmal klargestellt haben. Deswegen wollen wir, dass die Kindertageseinrichtungen gut ausgestattet sind, dass die Erzieherinnen gut ausgebildet sind,
um Erziehung und Bildung in den Einrichtungen ableisten zu können. Dass es auch Tagesmütter gibt, da habe ich mich mit Herrn Panse schon längst geeinigt, als er noch im Landtag war. Aber auch Tagesmütter müssen eine entsprechende Qualifikation und Ausbildung haben. Wenn man sich da die eine oder andere Diskussion anschaut, dann ist das ein Problem und das Problem liegt immer auf zwei Seiten, nämlich die Familie, die ihr Kind dort zur Betreuung abgibt und auch die Verantwortung, die eine Tagesmutter hat. Es gehört einfach schon etwas dazu, wenn man Kinder in andere Hände gibt und deswegen sind Qualität, Einrichtung und Finanzierung an dem Punkt ganz wichtig. Insofern
glaube ich, werden wir an dem Punkt - das kann ich Ihnen auch gleich sagen, Frau Siegesmund und allen, die dem Antrag hier zustimmen wollen - aus Koalitionsgründen diesem Antrag nicht zustimmen, aber auch deshalb, weil im Moment noch kein Gesetzentwurf vorliegt. Ich bin der festen Auffassung, dass, wenn tatsächlich endlich in Worte und in Zahlen gefasst ist, was diese Bundesregierung überhaupt will - da fällt mir ein, die Anerkennung von Erziehungsleistungen auch im Hinblick von Rentenzahlungen für Frauen oder auch für Väter, ist eine Diskussion, die durchaus noch weitergeführt werden muss, die ist auch noch nicht zu Ende -, wir dann noch die eine oder andere Überraschung bekommen werden. Aber wenn wir uns einig sind, und das will ich an diesem Punkt sagen, sollten wir endlich mit dieser Unterstellung aufhören. Wer sagt, ein Betreuungsgeld für die Nichtinanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung ist nicht nötig, der will nicht irgendwo Elternverantwortung in Abrede stellen, der will keine Wahlfreiheit in Abrede stellen, der will einfach, dass eine Mutter, die Kinder und Beruf ableisten will, ein Vater, der Kinder und Beruf ableisten will, eine Familie, die Kinder und Beruf ableisten will, unterstützen. Dazu braucht es eine solide Finanzierung nicht, das haben wir immer sehr deutlich gemacht. Aber zum jetzigen Zeitpunkt müssen wir erst einmal warten, bis die Koalition sich auf Bundesebene dahin gehend geeinigt hat, dass wir tatsächlich etwas vorliegen haben, worüber wir diskutieren können. Insofern werden wir zum heutigen Zeitpunkt diesem Antrag nicht zustimmen. Sie alle haben aber hier erlebt, dass wir auch eine Studie vorgestellt haben, wo einmal aufgelistet worden ist, was hat es eigentlich für Folgen, wenn Kinder nicht in Einrichtungen gegeben wer
den bzw. aus welchen Gründen wird welche Entscheidung getroffen. Seien Sie mir nicht böse, es ist natürlich auch klar, dass Menschen, die finanziell in einer Situation sind, wo sie jeden Pfennig oder jeden Cent umdrehen müssen, natürlich eher finanziell orientiert entscheiden. Das will ich keinem übel nehmen, aber das ist eine Situation, die wir nicht noch verstärken müssen, sondern da müssen wir andere familienpolitische Anreize haben.
Ein letzter Punkt: Wenn man bösartig wäre, könnte man sagen, wir hoffen darauf, dass auf Bundesebene das Betreuungsgeld eingeführt wird, dann gibt es die Situation der Doppelfinanzierung, dann können wir hier rund 30 Mio. € auf Landesebene einsparen. Das ist eine Variante, aber ich habe es an diesem Pult schon einmal gesagt, dann soll aber keiner glauben, dass mit Unterstützung der SPDFraktion dieses zu irgendwelchen Sanierungszwecken genommen wird, sondern wenn das Geld, sollte das Erziehungsgeld abgeschafft werden, was politisch sinnvoll wäre, oder aber wenn es wegen Doppelfinanzierung nicht mehr bezahlt werden müsste, und das sage ich jetzt hier mit Fragezeichen, dann können Sie sicher sein, dass die SPDFraktion darauf drängt, dass dieses Geld notwendigerweise für familienpolitische Leistungen anderer Art eingesetzt wird und keine Verfügungs- und Einsparmasse des Finanzministers wird. Danke schön.
Vielen herzlichen Dank, Frau Abgeordnete Pelke. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Matthias Bärwolff für die Fraktion DIE LINKE.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, was soll man denn jetzt noch sagen, Frau Pelke? Wie heißt es so schön: „Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.“ Ich finde es natürlich positiv, wenn Sie hier noch einmal auch politisch klarstellen, dass das Landeserziehungsgeld eher abzulehnen ist und dass die SPD da auch ganz kräftig kämpft, aber ich habe nicht so den Eindruck, dass da so viel in Bewegung ist. Es würde mich sehr wundern, es würde mich gleichwohl auch erfreuen, wenn wir das Landeserziehungsgeld endlich dahin befördern, wo es hingehört, nämlich in den guten Ausbau der Kindertageseinrichtungen in Thüringen.
Die Bundesministerin Schröder ist ja bislang eher durch Pleiten, Pech und Pannen aufgefallen und die Debatte um den Kita-Ausbau bzw. um die Einführung des Betreuungsgeldes scheint ja Ähnliches zu versprechen. Sie verspricht allen etwas, und ob am Ende genau das rauskommt, steht durchaus infrage. Die Frage ist so ein bisschen, was will man
eigentlich mit dem Betreuungsgeld erreichen? Will man die Vereinbarkeit von Familie und Beruf fördern, möchte man Wahlfreiheit garantieren, möchte man Familien generell unterstützen, möchte man den demographischen Wandel bekämpfen - auch das spielt immer wieder eine Rolle - oder möchte man die Erziehungsleistung der Eltern anerkennen? So richtig deutlich wird es nicht. Das Einzige, was deutlich wird, ist, dass man junge Familien, Eltern, die öffentliche Einrichtungen nicht in Anspruch nehmen wollen, dabei auch noch unterstützt. Ich will für DIE LINKE sagen, wir wollen natürlich auch, dass das Betreuungsgeld gestoppt wird, wir wollen, dass diese Mittel investiert werden, um die Kitas auszubauen. Ich will das auch ganz konkret machen. Ich meine, wir sind ja hier im Thüringer Landtag, da muss man vielleicht auch noch einmal den einen oder anderen Rückgriff auf die Landespolitik machen. Wir haben zwar in Thüringen relativ gute Quoten, was die Teilnahme an Kindertagesstätten angeht, gerade auch in dem entsprechenden Alter von zwei bis drei Jahren, und wir haben auch eine relativ gute Kita-Landschaft. Aber wenn ich mal berichten darf aus meiner Tätigkeit im Jugendhilfeausschuss Erfurt. Wir haben allein in Erfurt rund 8.500 Kita-Plätze, die versucht die Bürgermeisterin Tamara Thierbach wirklich mit Biegen und Brechen irgendwie aufzustocken, so dass wir das ganz große Problem, das wir haben, nämlich dass nicht ausreichend Kita-Plätze vorhanden sind, irgendwie auf die Reihe bekommen. Wir haben auf der einen Seite als Stadt Erfurt mit Bürgermeisterin Thierbach versucht, das Kita-Sanierungsprogramm voranzubringen, so dass wir ordentliche Kitas haben, wo der Kitt nicht aus den Fenstern bröselt und es nicht hineinregnet. Das ist ein ganz wichtiger Punkt, den haben wir bald erledigt. Aber wir haben auch noch die zweite Frage, und das ist die: Wie bekommen wir neue Kita-Plätze? Auch in Erfurt, auch hier im Osten, müssen wir sagen, dass wir teilweise einen Mangel an Kita-Plätzen haben. Das Geld, das für das Betreuungsgeld ausgegeben werden soll - man redet da von 1,5 Mrd. €, das sind die Summen, die im Raum stehen -, das ist Geld, das für die Kindertagesbetreuung an allen Ecken und Enden fehlt. Erst wenn wir alle Kitas in so einem Zustand haben, wie wir ihn brauchen, erst wenn alle Eltern, die ihre Kinder in die Kitas bringen möchten, das auch ohne Probleme tun können, weil die Plätze vorhanden sind, erst dann und frühestens dann sind wir bereit, über andere monetäre Leistungen für die Erziehung zu Hause nachzudenken, wenn überhaupt.
Wir wollen als LINKE auch noch mal die Frage stellen - Herr Zeh ist jetzt leider nicht mehr da, aber Herr Gumprecht, Sie sind auch Familienpolitiker, ach da, Entschuldigung, ich habe doch einen Knick in der Pupille. Sie hatten gesagt, dass Sie die Erziehungsleistung von den Eltern anerkennen wollen, das hatten Sie hereingerufen und in Ihrer Zeit als Sozialminister haben Sie das hier auch immer
als Argument vorgetragen. Ich erinnere mich noch gut an die Debatten um die Familienoffensive. Diese Debatte ist erstens falsch und sie ist zweitens zynisch, weil Sie diejenigen, die gezwungen sind, zu Hause zu bleiben und ihre Kinder dort auch zu betreuen, noch doppelt und dreifach bestrafen. Sie haben beim Bundeserziehungsgeld für arbeitslose Menschen erst die Bezugszeiten gekürzt und dann haben Sie es ihnen komplett gestrichen und jetzt heißt das Ganze Bundeselterngeld und diejenigen, die SGB II - Ihre Partei, ich meine die CDU, war doch damals in der Bundesregierung, wenn ich mich nicht irre.
Ja, aber Sie sind doch jetzt der ideologische Heilsbringer hier, Sie sind doch diejenigen, die sozusagen für das Betreuungsgeld streiten. Ihre politische Verantwortung ist es eben auch, dass Sie das Elterngeld für diejenigen, die im SGB-II-Bezug sind, nicht ausreichen. Wie viel wert ist Ihnen denn die Erziehungsleistung von Hartz-IV-Empfängern für ihre Kinder? Diese Frage steht doch auch im Raum. Das Betreuungsgeld soll doch allem Anschein nach auch für diejenigen, die arbeitslos sind, also auf staatliche Leistungen angewiesen sind, ebenfalls nicht zur Verfügung stehen. Auch da ist doch die Frage, wie ehrlich ist denn eigentlich Ihre Argumentation von der Anerkennung der Erziehungsleistung? Was Frau Pelke gesagt hat, kann ich unterstützen, auch diejenigen Eltern, die ihre Kinder in die Kindertageseinrichtung geben, erziehen sie doch.
Es ist doch nicht so, dass sie das Kind irgendwie mit zwei Jahren in die Kita bringen und mit 18 dann, wenn sie das Abitur haben, das nächste Mal wieder sehen und dazwischen hat man irgendwie keinen Kontakt oder so. Das ist doch nicht die Realität, sondern die Realität ist doch so, dass wir eine ganze Reihe liebevoller Eltern haben, die sich um ihre Kinder kümmern wollen, die dafür sorgen wollen, dass ihre Kinder die besten Startchancen haben, dass ihre Kinder ordentlich an Bildung, Betreuung und Teilhabe partizipieren können und die natürlich auch öffentliche Angebote in Anspruch nehmen und in Anspruch nehmen wollen. Wir wollen doch ein selbstbestimmtes Leben und wir wollen zum Beispiel auch Familien fördern. Das ist doch gar nicht die Frage. Aber so, wie Sie Familienförderung betreiben, da ist die Studie, die die SPD vorgestellt hat, ein guter Baustein dazu, die können Sie sich ruhig auch mal durchlesen, die ist zwar auf Englisch, aber es gibt ja bei Ihnen Leute, die das können. Es gibt gute Studien von der OECD, die sich noch mal ganz dezidiert auch mit der Frage der Sinnhaftigkeit und der Wirkungsweise von Familienförderung beschäftigen. Das, was da herauskommt,
was als Ergebnis am Ende steht, ist: Deutschland bezahlt immense Summen für familienpolitische Leistungen und der größte Teil wird davon an monetären Mitteln ausgegeben. Beispielsweise die Frage des Ehegattensplittings. Ehegattensplitting wird als Familienförderungsleistung verkauft, steht im Bundeshaushalt unter dem Titel „Familienförderung“, Ehegattensplitting hat aber mit Familie und Kindern nichts zu tun. Da wird halt gefördert, dass man einen Eheschein hat. Das kann es eigentlich nicht sein. Es gibt weitere Sachen, Kinderfreibeträge, etc. pp., da wird deutlich, was die monetäre Unterstützung ausmacht. Das, was aber das eigentliche Problem ist, dass wir viel zu wenig in Institutionen hinein investieren, das ist der Punkt - das ist zum Beispiel auch der Erfolgspunkt der skandinavischen Länder -, wenn wir über demographischen Wandel diskutieren, wenn wir um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf diskutieren. Das sind die Länder, die viel Geld in Institutionen geben, wenig Geld als monetäre Leistung an die Menschen direkt geben. Die haben merkwürdigerweise eine wesentlich höhere Geburtenquote, als wir das in Deutschland haben. Was noch dazukommt, je mehr monetäre Mittel wir ausreichen, umso sozial ungerechter werden die auch verteilt. Ich denke, das ist ein Punkt, auf den wir insgesamt noch mal aufmerksam machen müssen. Viele monetäre Mittel heißt nicht, dass diejenigen, die die Mittel eigentlich brauchen, dass diejenigen, die die Unterstützung bräuchten, auch davon partizipieren, beispielsweise die HartzIV-Empfänger, die das Kindergeld angerechnet bekommen, die kein Elterngeld bekommen etc. pp. Das kann eigentlich nicht sein.