Protocol of the Session on May 2, 2012

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, der Hintergrund ist hier im Wesentlichen dargestellt worden. Es geht darum, dass 1 Liter Diesel einen höheren Energiegehalt hat als 1 Liter Benzin und dass er die Umwelt und das Klima stärker belastet. Dem will die Europäische Kommission Rechnung tragen mit ihrem Richtlinienentwurf zur Energiebesteuerung. Aufgrund dieser Basis soll die empfohlene Dieselbesteuerung von heute 33 Cent pro Liter auf etwa 41 Cent pro Liter im Jahr 2023 steigen. Wir haben aber schon heute - das ist ja schon gesagt worden in Deutschland pro Liter Diesel 47 Cent Steuern zu zahlen, so dass sich, wenn der EU-Richtlinienentwurf greifen würde, in den nächsten 10 Jahren bei uns sich überhaupt nichts am Preis von Diesel verändern würde. Hier sieht man eben, wie der Populismus in die Diskussion eingreift, das gilt für die CDU genauso wie für die FDP, die auf Bundesebene die Desinformationskampagne starten, jetzt würde Diesel wesentlich verteuert durch diesen Entwurf. Das ist mitnichten der Fall.

Meine Damen und Herren, am Donnerstag vor einer Woche hat das Europäische Parlament eine Stellungnahme zu dem besagten Richtlinienentwurf verabschiedet. Die Sozialdemokraten haben im Ausschuss für Wirtschaft und Währung - wie er dort heißt - und im Plenum dafür gesorgt, dass das Parlament in seiner Stellungnahme eine Abänderung des Richtlinienentwurfs fordert. Angenommen wurde der Vorschlag der EU-Kommission für eine EUweite einheitliche Grundlage für die Besteuerung von Energie. Abgelehnt wurde allerdings der Vorschlag, Regularien zu beschließen, die in ferner Zukunft zu einer obligatorischen EU-weiten Erhöhung der Dieselbesteuerung geführt hätte.

Meine Damen und Herren, die Dieselbesteuerung wird weiter Thema der Diskussion bleiben. Herr Dudenhöffer - anerkannter Autoexperte - ist heute hier schon zitiert worden. Er spricht sich für eine höhere Dieselbesteuerung aus, um zu erreichen - wie er sagt -, dass langfristig die effizientesten Kraftstoffarten auch die größten Chancen am Markt haben.

Der Klimawandel und die zunehmende Ressourcenknappheit werden dieses Thema, das Thema Dieselbesteuerung, auch weiter auf der politischen Tagesordnung halten. Vielen Dank.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Finanzminister hat sich für die Landesregierung zu Wort gemeldet. Es gibt - einen kleinen Moment bitte, Herr Dr. Voß - noch eine Rede aus der Mitte des Hauses. Würden Sie die noch vorlassen? Wenn die Landesregierung sich meldet, ist sie jederzeit berechtigt, an das Pult zu gehen. Dann Herr Abgeordneter Bärwolff für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, es geht heute um die Frage der Energiepreise. Vorhin ging die Diskussion um die 380-kV-Leitung. Wer zu Ostern tanken war, hat festgestellt, dass Benzin sehr, sehr teuer ist. Herr Untermann, ich glaube, da hätte uns selbst der Minolpirol nicht mehr geholfen. Das Erdöl wird einfach alle, das wissen wir. Seit 40 Jahren wissen wir, dass immer weniger Erdöl entdeckt wird, wie durch Zufall, es gibt keine Erdölbäume. Die gigantischen Elefantenfelder, die in Sibirien entdeckt werden - in den letzten zehn Jahren wurden gerade mal vier Elefantenfelder noch in Sibirien entdeckt. Also, es ist absehbar, das Öl wird knapp. Sie als profunder Kenner der Marktwirtschaft müssten wissen, dass bei einem knappen Gut - das Erdöl ist ja quasi ein knappes Gut - bei einer stetig wachsenden Nachfrage die Konsequenz, Herr Untermann, natürlich der steigende Preis ist. Da bringt es auch nichts, wenn man hier die EU in die Stellung bringt. Das heißt, wir müssen uns darauf einstellen, dass das Erdöl zu Ende geht - eines Tages wird es mal nicht mehr da sein, davon gehe ich mal aus. Das habe ich in meinen zwei Semestern Geostudium gelernt. Es braucht nämlich ungefähr 80 Mio. Jahre, bis so ein Erdöl dann tatsächlich fertig ist.

(Zwischenruf Abg. Korschewsky, DIE LINKE: Das schaffen wir nicht mehr.)

(Zwischenruf Abg. Schubert, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Bedingt erneuerbar.)

Und wir brauchen dafür natürlich Urwälder, damit Erdöl produziert werden kann. Aber alles das machen wir gerade fertig.

Die Frage ist, wie gehen wir eigentlich mit Mobilität um. Mobilität ist teuer. Sie sagen, Sie wollen dafür sorgen, dass sich alle Menschen Mobilität leisten können. Das wollen wir auch als LINKE, aber wir haben dafür andere Ansätze. Unser Ansatz ist, im Bewusstsein dessen, dass wir den Klimawandel haben, der ist nämlich sehr real, der ist schon da

(Abg. Dr. Pidde)

draußen, im Bewusstsein dessen, dass das Erdöl zu Ende geht, und im Bewusstsein dessen, dass die Menschen weniger Geld haben, müssen wir uns Gedanken darum machen, wie wir Mobilität anders organisieren. Denn der Preis für Mobilität ist doch nicht nur einer, den die Leute bezahlen müssen, sondern der Preis für Mobilität ist auch ein Kriterium der Ausgrenzung. Viele Leute fahren heute nicht mehr mit dem Auto, viele Leute können sich Mobilität nicht leisten, weil sie einfach das Geld nicht haben, weder um vollzutanken noch um sich ein Bahnticket zu kaufen, weil auch die Bahnpreise immer teurer werden.

Hinzu kommt - und da geht mein Appell ein bisschen an die GRÜNEN -, da war ich neulich bei einer sehr spannenden Veranstaltung, die Fachhochschule Erfurt und die Universität Erfurt machen eine Ringvorlesung zum Thema „Nachhaltigkeit und Wachstum“. Wie können wir die Wachstumsgesellschaft überwinden? Am letzten Dienstag war ein Kollege von der Heinrich-Böll-Stiftung da, der Kollege Thumfart, der leitet das an. Es war sehr spannend, denn da ging es noch einmal um die Frage, die GRÜNEN haben ja immer dieses Effizienzmantra. Also wir müssen alles effizienter machen und dann wird das schon was. Aber der nette Herr von der Heinrich-Böll-Stiftung, die nachweislich den GRÜNEN auch nahesteht, hat noch mal darauf hingewiesen, dass es so eine Art ökologischen Effizienz-Rebound-Effekt gibt.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Vor allen Dingen sparen.)

Das heißt, alles, was wir an Effizienzmaßnahmen hier versuchen umzusetzen, führt nicht dazu, dass wir weniger Energie ausgeben, sondern einfach nur dazu, dass die Dinge, die weniger effizient sind, irgendwo nach Afrika verschifft werden - sprich zum Beispiel alte Autos, alte Schiffe usw. -,

(Beifall DIE LINKE)

dann kein weniger an Energie stattfindet, kein weniger an Emissionsausstoß stattfindet, sondern eigentlich unterm Strich ein Mehr, was Ihre Effizienzmantra ein Stück weit infrage stellt, denn die Frage ist eigentlich: Brauchen wir nicht alternative Konzepte? Da möchte ich auch noch mal an die GRÜNEN appellieren. Sie hatten damals, 1998, als Sie in der rot-grünen Bundesregierung waren, die Ökosteuer eingeführt. Die Ökosteuer ist vom Prinzip her eine ganz dufte Nummer, hat gar keiner etwas dagegen, aber das Ärgerliche ist eigentlich, dass die Ökosteuer für alles Mögliche eingesetzt wurde, nur nicht für alternative Verkehrskonzepte und nur nicht für Ökologie.

(Beifall DIE LINKE)

Das muss man schon mal sagen, das ist doch ein bisschen fahrlässig.

An die Landesregierung geht ebenfalls ein Vorwurf. Ich meine, Sie haben in den letzten Jahren seit der Wende 500 km Gleise stillgelegt allein in Thüringen, 500 km Bahnstrecken, die für alternative Verkehrskonzepte zur Verfügung stehen könnten, die aber nicht zur Verfügung stehen.

(Beifall DIE LINKE)

Allein wenn Sie sich den Tourismus anschauen, neu, eine ganz große Nummer. Wir haben eine modernisierte Eisenbahnstrecke über den Rennsteig, Schleusingen da unten die Ecke, mit einem tollen Bahnhof „Rennsteig“, aber da fährt kein Zug hin. Es ist doch schwierig.

(Zwischenruf Abg. Korschewsky, DIE LINKE: Schade eigentlich.)

Es ist doch blöd, wenn im Winter die Leute nicht mehr parken können, weil die Autos überall stehen. Wenn die Leute mit dem Zug hinfahren könnten, könnten sie in Leipzig ein- und am Rennsteig aussteigen. Das wäre eine dufte Nummer. Vielleicht hier noch einen Tipp an den Oberhofbeauftragten.

Ich will weitermachen. Wir haben doch wirklich in Erfurt mit dem fahrscheinfreien ÖPNV einen Ansatz geliefert, wie man Verkehrspolitik alternativ denken kann,

(Beifall DIE LINKE)

wie man Mobilität versuchen kann zu garantieren, unabhängig vom demographischen Wandel, unabhängig von Barrieren, unabhängig auch vom finanziellen Hintergrund und auch unabhängig vom Wohnort. Das ist das Tolle. Deshalb kämpft DIE LINKE weiter für die Energierevolution und gegen den grünen Kapitalismus. Wir wollen in Erfurt den Straßenbahn-Kommunismus haben.

(Beifall DIE LINKE)

Für die Landesregierung hat der Finanzminister das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die GRÜNEN haben sich ein aktuelles Thema ausgesucht für die Aktuelle Stunde. Wie sich die Spritpreise entwickeln, sieht jeder an der Zapfsäule jeden Tag. Es geht hoch und runter. Aus diesem Grund hat die Thüringer Landesregierung schon Ende vergangenen Jahres eine Initiative ergriffen und einen Entschließungsantrag eingebracht, der Kostenwahrheit, Transparenz in den Treibstoffmarkt bringen soll. Verkehrsminister Carius hat überzeugend darlegen können, dass eine gesetzliche Benzinpreisbremse sinnvoll sein könnte und auch eine Preisobergrenze, die mindestens 24 Stunden dann auch hält. Interessant ist, der

(Abg. Bärwolff)

Bundesrat hat sich diesem Thüringer Entschließungsantrag angeschlossen und ihn am 30. März dieses Jahres mit breiter Mehrheit beschlossen. Ich denke, das ist ein Erfolg für unser Land auf Bundesebene. Wir werden sehen, wie das Thema weitergeht. Auf jeden Fall verweise ich auch auf die Beschlussfassung der Bundesregierung, von der heute schon mehrmals die Rede war.

Sie sehen, meine Damen und Herren, es ist für die Landesregierung keinesfalls gleichgültig, wie sich der Benzinpreis an der Zapfsäule entwickeln wird. Ein bedeutender Bestandteil dieses Preises ist allerdings die Energiebesteuerung. Insoweit möchte ich Sie informieren, dass der Liter Diesel derzeit mit 47 Cent besteuert wird, Benzin mit 65 Cent. Allerdings kommen noch jeweils auf den Warenpreis und die Energiesteuer 19 Prozent Umsatzsteuer drauf, insofern ist die Steuerbelastung an der Zapfsäule doch ganz schön gerüttelt. Mit diesem Preisbestandteil, mit dieser Besteuerung beschäftigt sich dann auch die Initiative der EU-Kommission, nämlich die Harmonisierung der Energiebesteuerung auf europäischer Ebene voranzutreiben.

Na gut, was beinhaltet denn nun diese Initiative? Sie beinhaltet, dass einmal eine vereinheitlichte Bemessungsgrundlage der Energiebesteuerung in Europa stattfinden soll. Dem ist eigentlich nichts entgegenzuhalten. Die Energiebesteuerung soll in Abhängigkeit der CO2-Emmission und in Abhängigkeit - also doppelt - vom Energiegehalt des Energieträgers abhängig sein. Als Mindeststeuersätze für Brennstoff, Kraftstoff, elektrischen Strom wird die verbrauchte Menge und der CO2-Gehalt herangezogen. Damit sollen erneuerbare Energien dann mit den Mehreinnahmen gefördert werden.

Aber die Bemessungsgrundlage, der einheitliche Steuersatz auf diese Bemessungsgrundlage soll angehoben werden für Diesel von derzeit 33 Cent auf 41 Cent. Also, meine Damen und Herren, über was reden wir? Sie hatten das auch aus der Richtlinie zitiert und erwähnt, wir besteuern schon jetzt hier in Deutschland 6 Cent mehr pro Liter Diesel, wie es hier überhaupt gefordert wird und der steuerliche Vorteil des Dieselkraftstoffs soll bis 2023 gegenüber Benzin abgeschafft werden.

Na gut, das Europäische Parlament, die EU-Abgeordneten konnten sich dieser Empfehlung der Kommission am 19.04. nicht anschließen. Also, sie haben diese Dinge abgelehnt, eine Besteuerung dürfe nicht dazu führen, dass Dieselkraftstoff seinen Steuervorteil gegenüber Benzin einbüßt. Gleichwohl war man für eine einheitliche Bemessungsgrundlage. Ich denke, das ist auch sinnvoll und wird von der Thüringer Landesregierung auf jeden Fall unterstützt.

Aber zu welchen Widersprüchen führt denn jetzt nun eigentlich diese Richtlinie? Warum wurde Sie denn wirklich dann auch abgelehnt? Der Energie

gehalt von Diesel ist nun mal höher als von Benzin, obwohl die Dieselfahrzeuge einen geringeren CO2Ausstoß verursachen. Insofern würde ein Abbau des Steuervorteils Diesel gegenüber Benzin dazu führen, dass natürlich Dieselkraftfahrzeuge wohl an Bedeutung im Straßenverkehr verlieren würden und damit der Benziner eigentlich bevorteilt würde. Das wäre allerdings wirklich ein tolles Ding, nämlich der CO2-Ausstoß von Benzin ist nun mal höher und wir würden dem Klimaziel mit dieser Lenkungswirkung der Besteuerung wirklich einen Bärendienst erweisen. Dieser grundsätzliche Widerspruch war eben auch Ursache, warum man gesagt hat, diese Richtlinie der Europäischen Kommission ist unwuchtig im Sinn des umweltpolitischen Ziels. Ich denke, das ist ernst zu nehmen und die Ablehnung erfolgte wohl zu Recht.

Außerdem darf man nicht vergessen, dass die KfzSteuer die Dieselfahrzeuge stärker besteuert als Benziner, insofern würde diese Steuererhöhung auf Dieselkraftstoff dazu führen, dass die Dieselfahrzeuge doppelt besteuert würden oder doppelt benachteiligt würden. Insofern erwähne ich noch mal das Klimaschutzziel, aber ich erwähne auch sehr gern, wie das hier schon mehrmals der Fall war, den Autostandort Deutschland und auch Thüringen. Wir dürfen nicht mit diesen Steuern unseren Autostandort benachteiligen. Das muss auf jeden Fall vermieden werden. Wir reden hier auch über Arbeitsplätze, wir reden hier auch über Einkommen von Personen und von Existenzen von Familien. Das Bundesfinanzministerium hat aufgrund dieser Widersprüche, was die Zielverfolgung anbelangt, begrüßt, dass das Europäische Parlament diesen Vorschlag abgelehnt hat. Jetzt ist der Europäische Rat dran. Aber der Europäische Rat kann eben nur einstimmig diese Dinge beschließen. Da auch Luxemburg und Großbritannien neben Deutschland das Veto eingelegt haben, denke ich, wird dieser Vorschlag der Harmonisierung nicht durchkommen. Er muss ausgependelt und wirklich noch einmal auf den Prüfstand gestellt werden. So wird das auf jeden Fall nichts. Es bleibt abzuwarten, wann die Bundesregierung, wann die Gesetzgebungsorgane der Bundesrepublik Deutschland sich damit befassen werden. Dieser Vorschlag ist auf jeden Fall unwuchtig. Die Thüringer Landesregierung wird die Entwicklung weiterhin im Auge behalten. Recht vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU)

Ich sehe keine weiteren Redemeldungen mehr, wir haben auch keine Zeit für die Abgeordneten mehr, der Finanzminister hat seine Redezeit unterschritten. Demzufolge schließe ich diesen letzten Teil der Aktuellen Stunde und die Aktuelle Stunde als Ganzes.

(Minister Dr. Voß)

Wie unsere Vereinbarung besagt, erfolgt nach 18.00 Uhr am Mittwoch kein neuer Aufruf von Tagesordnungspunkten. Demzufolge schließe ich jetzt den Plenarsitzungstag und wir sehen uns sicher dann beim parlamentarischen Abend oder am morgigen Tag mit dem Tagesordnungspunkt 1.

Ende: 18.03 Uhr