Protocol of the Session on February 24, 2012

(Beifall DIE LINKE)

Aber wie gesagt, einige Betroffene haben sich gewehrt in dem konkreten Fall. Frau Leukefeld hat das ja auch schon erwähnt und wir sind ja hier, das Thema hatten wir heute schon logischerweise, die gewählten Vertreter der Thüringer Bevölkerung. Ich muss sagen, wenn die Frage jetzt heute so debattiert werden kann, wenn das Landesarbeitsgericht eine solche Entscheidung getroffen hat, dann ist es eben nicht die Gesetzgebung an sich, die dafür sich das auf ihre Fahnen schreiben kann, sondern das ist dem Engagement der betreffenden Arbeitnehmer zu verdanken und in diesem Fall möchte ich ganz deutlich sagen, vor allem dem Herrn Trautmann, ehemals Mitarbeiter der Firma Patrol, möchte ich für sein beherztes und konsequentes und andauerndes, über viele Jahre in der Angelegenheit zu Tage getretenes Engagement recht herzlich danken,

(Beifall DIE LINKE)

weil er und seine Kollegen haben die Möglichkeit ergriffen. Hätte - und das bleibt für uns Tatsache die Insolvenzordnung an dieser Stelle das Regelungsmodell - insofern differenziere ich etwas zu Ihren Ausführungen, Herr Minister - der früheren Konkursordnung übernommen, wäre es wohl kaum zu einem solchen Prozess gekommen. Denn in der Konkursordnung waren noch ausstehende - und das im Rahmen des Gleichberechtigungsprinzips, denke ich - Arbeitnehmergehälter bevorrechtigte und damit geschützte Forderungen, die vollständig erfüllt werden mussten.

Meine Fraktion, meine Damen und Herren, ist der Auffassung, dass wir zu dieser Situation wieder kommen müssen. Denn dieser Schutz ist mehr als berechtigt. Zum einen sind die betroffenen Beschäftigten in Vorleistung gegangen mit ihrer Arbeitsleistung und sie und ihre Familien sind in der Regel vor existenzielle Situationen gestellt, die Ihnen nicht erlauben, einfach auf ausstehendes Arbeitsgeld zu verzichten oder dieses zurückzuzahlen. Die Praxis, die wir erkennen und die wir am Fall Patrol ganz deutlich konstatieren müssen, ist, wenn sich Insolvenzverwalter auf der jetzigen Rechtsgrundlage so verhalten, wie dies bei Patrol, aber auch bei mehreren anderen Firmen geschehen ist - auch in Sachsen im Übrigen -, dann muss ich ganz deutlich sagen, dann gibt es eine Unterprivilegierung der Arbeitnehmer in einem solchen Insolvenzverfahren zu deren Lasten. Das muss aus unserer Sicht geändert werden.

(Beifall DIE LINKE)

Recht wird natürlich in unserer Gesellschaft auch durch Politik und sogar hauptsächlich durch Politik,

durch Gesetzgebung in den Parlamenten, letztendlich gesetzt. Deshalb sind wir schon der Auffassung und deshalb unser Ansinnen an die Landesregierung, dass in einem sozialen und demokratischen Rechtsstaat wie der Bundesrepublik Deutschland in dieser Hinsicht klar werden muss, dass Arbeitnehmerrechte wieder deutlicher zu schützen sind und dass wir die Veränderungen, die im Insolvenzrecht in den letzten Jahren eingetreten sind, hier faktisch korrigieren. Es ist doch klar, wir haben eine Krisensituation hinter uns. In vieler Hinsicht haben wir sie noch zu verzeichnen, zum Teil wird befürchtet, dass sie sich wieder verschärft. In dieser Situation haben natürlich einerseits Unternehmen eine verschärfte Konkurrenz und wirtschaftliche Problemsituation, aber in dieser Situation ist es leider auch so, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer stärker unter Druck gesetzt werden können. Und wenn sie dann unter dem Gesichtspunkt, dass sie praktisch hätten wissen müssen, wie die finanzielle Situation ihres Unternehmens ist, wenn sie dann zum Teil sogar Lohnverzicht und andere Dinge auch im Interesse des Unternehmens zur Kenntnis nehmen, dann können sie nicht, meinen Damen und Herren, hinterher durch ein solches Verfahren entsprechend solcher Insolvenzverwaltung noch zusätzlich bestraft werden. Das ist nach unserer Sicht nicht angebracht.

(Beifall DIE LINKE)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Landesarbeitsgericht hat in seinem Urteil, wie gesagt, zugunsten der Beschäftigten eine Schieflage korrigiert, aber erst nach langem Rechtsstreit. Bei dieser langen Odyssee musste sogar ein so exotisches Gremium wie der gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes entscheiden. Grund: Der Bundesgerichtshof und das Bundesarbeitsgericht waren unterschiedlicher Meinung, ob diese Lohnanfechtungsklagen vor die Zivil- oder vor die Arbeitsgerichte gehören. Schon das macht deutlich, letztendlich haben sich die Arbeitsgerichte durchgesetzt. Aber gerade auch, weil es erst dazu kommen musste, sagen wir, es braucht hier eine deutliche gesetzliche Klarstellung, meine Damen und Herren, und in diese Richtung zu wirken, dazu fordern wir die Landesregierung auf.

Das Urteil des Landesarbeitsgerichts ist natürlich zu begrüßen, aber leider muss man immer wieder feststellen, dass es manchmal auch etwas Glück ist, wenn Gerichte so entscheiden, vor allem, ich habe das schon gesagt, wenn die Auslegungsspielräume bei den Regelungen zum Teil sogar völlig Gegenteiliges erlauben und vor allem dann, wenn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer - und das war übrigens in dem Geraer Fall so - plötzlich in die Beweisnot kommen. Für sie ist es natürlich vielfach schwerer, diese Beweislage aus ihrer Sicht durchzusetzen und praktisch darzulegen, da sie von den grundsätzlichen unternehmerischen Entscheidun

gen, von der Art und Weise, wie das Unternehmen geführt wird, ausgeschlossen sind oder zumindest darauf keinen direkten Einfluss haben. Auch deshalb sagen wir, wir brauchen hier eine Klarstellung im Insolvenzrecht, weil nämlich nur so das wirtschaftliche und soziale Einflussgefälle, was es nun mal zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gibt, ausgeglichen werden kann.

Meine Damen und Herren, wir möchten gern, dass die Landesregierung initiativ wird, vor allem eine Gesetzesinitiative in den Bundesrat einbringt, die Arbeitnehmerrechte, insbesondere die Entgeltansprüche der Beschäftigten, wieder umfassend vor den Insolvenzrisiken schützt. Dabei dürfte das Modell aus der früheren Konkursordnung eine geeignete Vorlage sein, sollte aber dennoch auch entsprechend nach Anpassungsbedarf überprüft werden, dass die Landesregierung in den Fachministerkonferenzen für Justiz, Wirtschaft sowie Arbeit und Soziales die geltende Insolvenzordnung und andere Insolvenzfragen und damit zusammenhängende Regelungen auf Nachbesserung geprüft werden. Kernpunkt der Prüfung ist die Ausgewogenheit der Risiko- und Lastenverteilung zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite, aber auch zwischen der Schuldner- und der Gläubigerseite im Sinne des sozialen Ausgleichs und der Konfliktlösungsfunktion. Da diese Themen vermehrt einen europäischen Bezug haben, sollte Thüringen auch seine Handlungsmöglichkeiten auf EU-Ebene nutzen, um etwaige Hürden beim Gegensteuern gegen diese Schieflage, wie sie jetzt aus unserer Sicht herrscht, zu erreichen. Soweit möglich, sollte die Thüringer Landesregierung in Fällen der Insolvenz in Thüringen mit fachlicher, soweit möglich auch mit finanzieller Unterstützung, zum Beispiel auch zur Förderung alternativer Unternehmenstätigkeiten, zur Seite stehen. Dies vor allem dann, wenn statt einer Liquidation eine Sanierung des Unternehmens möglich ist, zum Beispiel auch in Eigenregie von Beschäftigten.

Meine Damen und Herren, wir gehen natürlich davon aus, das zeigt ja auch die heutige Debatte, dass es einen doch umfänglicheren Diskussionsbedarf zu diesen Fragen gibt, deshalb lautet auch unser Antrag, eine Überweisung an den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit und an den Justiz- und Verfassungsausschuss, um dort diese Fragen gemeinsam beraten zu können. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank. Herr Abgeordneter Hausold, Sie hatten noch die Beantwortung einer Frage zugesagt.

(Abg. Hausold)

Bitte schön, Herr Kemmerich.

Bitte schön, Herr Abgeordneter Kemmerich.

Ich habe sie mir mit Mühe und Not merken können. Herr Hausold, wie beurteilen Sie die Schützenswertheit der Forderungen oder Rückforderungsleistungen eines Handwerkers, der kurz vor Eintreten des Insolvenzfalles eine Leistung erbracht hat für das dann insolvente Unternehmen, diese wurde zu spät erbracht und er muss diese Leistung zurückgewähren.

Ich erachte auch diese Forderung als eine wichtige. Ich habe ja dazu Stellung genommen, auch das können wir gern, wenn wir über diese Fragen des Insolvenzrechts sprechen, mit verhandeln, Herr Kemmerich. Was ich nur nicht möchte, ist, dass dieses Argument als das Gegenargument zur Frage der Arbeitnehmerforderungen gemacht wird. Beide sind gleichberechtigt, die des Handwerkers selbstverständlich genauso, dazu haben wir nie eine andere Position eingenommen.

(Beifall DIE LINKE)

Danke, Herr Abgeordneter Hausold. Es hat jetzt das Wort Abgeordneter Lemb für die SPD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen Abgeordneten, der Antrag hat ja im Kern drei Teile, die Vorredner sind auch schon darauf eingegangen und der Justizminister hat einen umfänglichen Sofortbericht zu Punkt I erbracht. In Punkt II des Antrags geht es im Kern um die Frage, ob die Landesregierung eine Bundesratsinitiative startet, um die heutigen Regelungen der Insolvenzordnung, ich sage zunächst einmal, ohne eine genauere Bewertung vorzunehmen, zu überprüfen. Und zum III. geht es um weitere aus Thüringen heraus zu entwickelnde Unterstützungsmaßnahmen, wie Herr Hausold zum Schluss seiner Rede deutlich gemacht hat. Ich will zunächst mal darauf hinweisen, dass solche Überlegungen zu III. möglicherweise diskutiert werden können, durchaus auch im Ausschuss, was allerdings natürlich zu der Frage des Insolvenzrechts und den Folgen des Insolvenzrechts nicht im unmittelbaren Zusammenhang steht und insofern aus meiner Sicht auch als Länderregelungsebene in der Länderkompetenz, glaube ich, so nicht umsetzbar ist, weil - da hat der

Justizminister natürlich völlig recht - Insolvenzrecht zunächst einmal Bundesgesetzgebung ist. Insofern bin ich sehr dankbar für den Sofortbericht des Justizministers, den ich weitgehend teile, aber auch nicht vollumfänglich. Insofern will ich zunächst einmal sagen, dass ich auch der Auffassung bin und meine Fraktion der Auffassung ist, dass wir diesen Antrag im Wirtschaftsausschuss diskutieren sollten.

Ich finde, die Debatte, die wir hier dazu geführt haben, war weitestgehend von hoher Sachkenntnis geprägt. Weitestgehend heißt natürlich auch hier leider nicht vollumfänglich, weil Herr Kemmerich jetzt in der Debatte schon wieder die staatlichen Regulierungsbehörden als Monster an die Wand gemalt hat. Darum geht es überhaupt nicht. Wenn man sich sachlich mit dem Thema beschäftigt, dann geht es im Kern um die Rechtsfolgen der §§ 129 ff. in der Insolvenzordnung und es geht nicht um einen Antrag zur Verstaatlichung der Schlüsselindustrien in Deutschland, so wie man den Eindruck haben könnte aus dem, was Herr Kemmerich ausgeführt hat. Insofern würde ich vielleicht mal empfehlen, sich mit der Insolvenzordnung näher zu beschäftigen, weil man ja nicht weiß, ob die FDP demnächst davon betroffen ist.

(Beifall DIE LINKE)

Insofern, liebe Kolleginnen und Kollegen, nochmals zurück zu den Sachthemen. Es geht ja in der politischen Bewertung zunächst einmal überhaupt nicht darum, dass irgendjemand infrage stellen würde, dass die Insolvenzordnung, wie sie in den letzten Jahren entwickelt worden ist aus der Konkursordnung - aus der alten bzw. im Osten ja aus der Gesamtvollstreckungsordnung -, den Sanierungstatbestand in den Mittelpunkt rückt und damit auch die Fortführung der Unternehmen in den Mittelpunkt rückt. Darum geht es überhaupt nicht. Das soll auch weiterhin und muss natürlich Kernpunkt jeder Sanierungsbemühung aus der Insolvenz bleiben, weil sich damit natürlich das politische Ziel verbindet, möglichst viele Betriebe und möglichst viele Arbeitsplätze - nicht nur in Thüringen, sondern insgesamt - zu erhalten. Das ist also überhaupt nicht Gegenstand der Diskussion, die man in diesem Zusammenhang führen muss oder zumindest führen kann und die auch nicht Gegenstand der gerichtlichen Auseinandersetzung in dem erwähnten Patrol-Verfahren und des Geraer Kollegen im Rahmen dieses Insolvenzverfahrens war.

Von daher, glaube ich, sind wir da politisch durchaus auf einer Linie. Die Frage ist, ob man in der Tat die Rechtsfolgen, die aus § 129 ff. Insolvenzordnung - und das sage ich ausdrücklich dazu - zum einen bezogen auf die Arbeitnehmerinnenforderung, aber auch bezogen auf die Frage - da hat Herr Kemmerich ja recht - bezogen auf die Folgen für kleine Handwerker oder sonstige Gläubiger im Rahmen des Insolvenzverfahrens.

Juristisch muss man natürlich sehen, wie sich die Dinge mittlerweile entwickelt haben. Einen Ansatzpunkt hat die Kollegin Holzapfel schon genannt. Zunächst einmal ist festzustellen, dass bezüglich der Rechtsfolgen der §§ 129, 130 ff. im bestehenden Insolvenzrecht unklar war, wer eigentlich für die Ansprüche, die ein Insolvenzverwalter gegenüber dem Arbeitnehmer geltend macht, zuständig ist. Ist es die Zivilgerichtsbarkeit oder die Arbeitsgerichtsbarkeit? In einer gemeinsamen Beratung der obersten Gerichtshöfe des Bundes hat man nun definiert, es ist Sache der Arbeitsgerichtsbarkeit. Insofern ist das BAG zuständig. Das BAG hat damit auch in der Entscheidung des Jahres 2011 sozusagen einen Fahrplan für den materiell-rechtlichen Umgang mit diesen Ansprüchen im Rahmen der sogenannten Lohn- oder Entgeltanfechtung aufgestellt. Da ist es völlig richtig, dass das Thema Bargeschäft - wenn man so will - eine Renaissance in der Rechtsprechung vollzieht, weil das BAG sagt, entsprechend angefochtene Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmeransprüche müssen zumindest überprüft werden, ob sie dem Fall des § 130 Insolvenzordnung oder dem Fall des § 142 der Insolvenzordnung unterliegen. Der Unterschied ist, nach § 130 wäre es anfechtbar, nach § 142 Insolvenzordnung nicht anfechtbar, weil ein Bargeschäft.

Das BAG sagt aber, es ist zu prüfen. Damit haben wir wiederum eine Einzelfallauseinandersetzung und wiederum die Situation, dass möglicherweise einzelne Arbeitnehmer die Gerichtsbarkeit in Anspruch nehmen müssen, wenn entsprechende Forderungen des Insolvenzverwalters geltend gemacht werden.

Insofern kann man dieser Sichtweise des BAG durchaus folgen, weil das in der Konsequenz völlig richtigerweise zunächst einmal den Tatbestand deutlich macht, dass für die Kenntnis von Lohnrückständen bezüglich der bestehenden Liquiditätslage zunächst einmal der Insolvenzverwalter die Beweislast hat. Allerdings sind die Folgen, so wie in dem Patrol-Urteil dargestellt, durchaus auch negativ oder können negativ für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sein.

Insofern finde ich, muss man sich diesem Rechtsproblem völlig nüchtern nähern. Man muss politisch bewerten, wie die Insolvenzordnung bestehende Insolvenzverfahren bearbeitet hat in den letzten Jahren, aber man sollte die Frage auch ergebnisoffen diskutieren. Insofern wäre ich auch dafür und beantrage für meine Fraktion die Beratung dieses Sachverhalts, also die Beratung der Ziffern II und III des Antrags der Fraktion DIE LINKE, im Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Technologie und beantrage damit die Überweisung dieses Antrags an den genannten Ausschuss. Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Lemb. Zu Wort gemeldet hat sich jetzt Abgeordneter Ramelow für die Fraktion DIE LINKE.

Werte Kolleginnen und Kollegen, ja es ist Bundesrecht, ja es ist ein neu entwickeltes Verfahren, das Insolvenzrecht als Maßnahme, um mehr Arbeitsplätze zu retten und Betriebe zu sanieren und im Prinzip eine vernünftige Geschäftsfortführung organisieren zu können. Wenn man das also rechtstheoretisch betrachtet, könnte man die Diskussion damit beenden und dann die Frage stellen, ist das neu geschaffene Recht in der Praxis, wie es angewandt wird, diesem Anspruch gerecht geworden. Da gibt es eben den Ausgangspunkt des Falls, es ist darauf hingewiesen worden, dass darüber berichtet wurde, aber, werter Herr Justizminister, wenn man sich diesen Fall anschaut und die Kombination, die damit als Muster erkennbar ist - ich muss es vorsichtig formulieren -, wenn ein Insolvenzverwalter, der in Sachsen und Thüringen tätig ist, eine Anhäufung von ähnlichen Fällen nach sich zieht, die aber leider nie einen Arbeitnehmer dazu gebracht haben, so konsequent zu bleiben wie der, der hier jetzt geklagt hat, der Herr Trautmann, bei dem ich mich auch ausdrücklich bedanken möchte, dass er über Jahre, also wir reden von einem Verfahren, das mittlerweile einige Jahre in Anspruch nimmt und ich habe im Verlauf dieses Verfahrens mehrfach erlebt, dass sich Arbeitnehmer haben einschüchtern lassen und haben einfach gegenüber dem Insolvenzverwalter unterschrieben und haben in Ratenzahlungen zurückgezahlt.

Wenn ich dann feststelle, dass dieses Insolvenzbüro ähnliche Verfahren in ähnlicher Anwendung auch in anderen Bundesländern praktiziert hat und sogar in der Fachpresse darüber berichtet hat als besonderes Beispiel, dann habe ich so ein bisschen das Gefühl, dass hier ein neues Geschäftsmodell entwickelt wurde, das jenseits der Fragestellung steht, die wir gerade rechtstheoretisch beredet haben, nämlich das Zusammenwirken eines Insolvenzbüros mit einer verbundenen Anwaltskanzlei. In diesem vorliegenden Fall ist es so, und da hat Kollege Hausold darauf hingewiesen, und da wäre meine Bitte, Herr Minister, noch andere Prüfungsmomente reinzunehmen. In diesem Fall ist staatliche Prozesskostenhilfe eingesetzt worden, obwohl die Prüfung der Masse, ob das Verfahren überhaupt eröffnet wird, also das Amtsgericht prüft, der Antrag wird gestellt, dann muss ein vorläufiges Gutachten eingereicht werden und es muss ein ausreichender Ansatz auf Sanierungsfähigkeit gegeben werden, bevor überhaupt eröffnet wird. Verschwiegen wurde in dem Antrag, dass es überhaupt keine Masse gab, die in der Lage gewesen wäre, die Prozesskosten zu bezahlen. Das hat man dem Richter, der

(Abg. Lemb)

das geprüft hat, einfach nicht vorgelegt, findet auch in den ganzen Unterlagen überhaupt nicht statt. Aber anschließend, nachdem das Verfahren eröffnet wurde, geht der gleiche Insolvenzverwalter zum Gericht und sagt, ich brauche Prozesskostenhilfe, um die Rückforderung gegen die Arbeitnehmer zu machen. Das ist eine Akzentverschiebung bei der staatliche Hilfe gegen Arbeitnehmer auf einmal zur Akzentverschiebung wird und es führt nicht zur Sanierung. Im vorliegenden Fall gab es nicht einmal den Hauch des Ansatzes einer Sanierung, es gab nur die Sicherung der Masse und in dem praktizierten Fall gilt die Devise: „Wir saßen einst in einem Boot, der Käpten lebt, die Mannschaft tot.“ Das Problem ist nur, dass in diesem Fall nicht der Firmeninhaber die Mannschaft war, sondern der Insolvenzverwalter. Und das, glaube ich, ist eine Verschiebung, eine Akzentverschiebung. Deswegen reicht es mir nicht nur, die Arbeitnehmerprüfung mit in die Debatte zu stellen, sondern auch die Masseprüfung. Die Insolvenzprüfung, die Verfahrenseröffnung zu prüfen, das ist eine andere Abteilung in der Justiz, das ist eben nicht der Bereich Arbeitsrecht. Wäre das eine mit dem anderen rechtzeitiger abgestimmt worden, wäre wahrscheinlich schon im Verfahrensgang feststellbar gewesen, dass das Verfahren nicht hätte eröffnet werden dürfen. Deswegen meine Bitte auch in die Prüfung und noch mal die Frage der Eröffnung von Verfahren und der Prüfung der Eröffnung von Verfahren mit reinzunehmen und die Frage, ob staatliche Prozesskostenhilfe eingesetzt werden kann, wo dann der wirtschaftlich Schwächere auf einmal der Insolvenzverwalter ist. Wir reden von Arbeitnehmern, die auf Niedriglohnbasis entlohnt worden sind. Wir reden von Stundenlöhnern, die mit einem extrem niedrigen Stundenlohn ausstaffiert waren, und denen hat der Insolvenzverwalter sogar noch vorgeworfen, sie hätten ja wissen müssen, dass ihre Firma in Insolvenz geht, weil sie zweimal unregelmäßig Lohn bekommen haben. Da, meine werten Kolleginnen und Kollegen, stellen wir uns einmal vor, welcher Frieden in einem Betrieb entsteht, wenn zweimal unpünktlich Lohn gezahlt wird und dann gesagt wird, wenn ihr jetzt nicht den Insolvenzantrag als Arbeitnehmer stellt, dann müsst ihr gegen euch gelten lassen, dass der Lohn, den ihr bekommen habt wir reden von Niedriglohn, wir reden von nicht einmal existenzsichernden Löhnen, um die es hier geht -, und wenn zweimal nicht pünktlich gezahlt wird, müssen sie selber zum Insolvenzverwalter gehen und die Insolvenz beantragen. Das heißt, wir tragen mit dieser Maßnahme den Unfrieden, den Rechtsunfrieden in den Betrieb und belasten die Arbeitnehmer mit den Folgen noch obendrauf.

(Beifall DIE LINKE)

Deswegen sage ich, ja, Sie haben recht, es geht nicht darum, zurück in das alte Konkursrecht zu kommen, aber es geht auch nicht, dass Arbeitneh

mern, die schon ausgeschieden sind, die keine Perspektive auf zukünftige Arbeit im gleichen Betrieb haben, dann der Insolvenzverwalter sagt, und eure Löhne, die ihr schon drei Monate rückwärts bekommen habt, die fordern wir zurück und damit wir sie zurückfordern, wird staatliches Geld dafür eingesetzt - Prozesskostenhilfe. Dieses Ungleichgewicht ist eine der großen Facetten wie bei der Firma Patrol - das ist die eine Firma -, und wenn sie das Insolvenzbüro nehmen und wenn sie die Folgen dieser Firmensanierungsansätze mal sehen - ich muss es vorsichtig formulieren -, finden sie das Geschäftsmodell, von dem ich spreche, an verschiedenen Stellen. Ich glaube, so war das Insolvenzrecht nicht gemeint, dass es einseitig zur Sicherung von Arbeitsplätzen oder Gewinnmargen von Insolvenzverwaltungen und Rechtsanwaltsbüros dient. Es sollte dem Rechtsfrieden, es sollte der Sanierung und es sollte der Zukunft dienen und nicht der Zukunft des Insolvenzverwalters. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Ramelow. Es gibt keine weiteren Redemeldungen. Dann kommen wir jetzt zur Abstimmung. Vorher möchte ich Sie fragen: Kann ich davon ausgehen, dass das Berichtsersuchen erfüllt ist? Ja, keine gegenteiligen Meinungen.

Dann kommen wir zur Abstimmung zu den Nummern II und III des Antrags. Es ist die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit und die Überweisung an den Justiz- und Verfassungsausschuss beantragt worden.

Wir beginnen mit dem Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit. Wer für diese Überweisung stimmt, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Das sind die Stimmen aus den Fraktionen DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, Teile der CDU und der FDP. Vielen Dank. Gibt es Gegenstimmen? Die sehe ich nicht. Gibt es Stimmenthaltungen? Die sehe ich auch nicht. Gut. Dann ist der Antrag auf alle Fälle überwiesen an den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit.

Zweitens kommen wir zur Abstimmung über die Überweisung an den Justiz- und Verfassungsausschuss. Wer sich dem anschließt, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Das sind die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP. Gibt es Gegenstimmen? Die kommen aus den Fraktionen CDU und SPD und 1 Stimme der FDP. Gibt es Stimmenthaltungen? Das ist nicht der Fall. Damit ist die Überweisung der Nummern II und III des Antrags an den Justiz- und Verfassungsausschuss abgelehnt.

(Abg. Ramelow)

Das heißt, wir haben jetzt nur die Abstimmung über die Überweisung der Nummern II und III des Antrags der Fraktion DIE LINKE an den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit, das ist erfolgt. Damit schließe ich diesen Tagesordnungspunkt.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 18