Also, wenn ich mal als Präsident dazwischenreden kann. Ein Thüringer Landtagsabgeordneter hat nie Angst.
Davon bin ich auch nicht ausgegangen. Deshalb ist ja auch die Regelung ohne Sinn, wie sie da drinsteht, weil die Abgeordneten keine Angst haben,
lassen sie sich auch nicht beeinflussen und dann kann die Landesregierung doch ruhig dabeisitzen. Dann haben wir den Kreis jetzt wieder geschlossen.
Zu § 13: Das ist ein wichtiger Paragraph im Untersuchungsausschussgesetz, weil er die Zulässigkeit von Beweisanträgen regelt. Die Strafprozessordnung sieht da bestimmte Ablehnungsgründe vor und so stehen sie bisher auch im Untersuchungsausschussgesetz drin. Das heißt, dort steht drin, ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die zu beweisende Tatsache offenkundig ist, wenn die Tatsache ohne Bedeutung für die Entscheidung ist oder wenn sie schon erwiesen ist oder wenn die Behauptung so behandelt werden kann, als wäre sie wahr. Das wird jetzt rausgestrichen. Diese Ablehnungsgründe sollen gestrichen werden, und zwar steht in der Begründung drin, es handele sich um eine Blockierung des Beweiserzwingungsrechts der Ausschussminderheit. Also wenn es sich um Tatsachen handelt, die z.B. offenkundig sind, wo ist da jetzt eine Blockierung des Beweiserzwingungsrechts der Ausschussminderheit? Das kann ich einfach nicht sehen. Diese ganze Streichung und auch die Begründung dazu, dass das eine Blockierung wäre, das ist ohne Sinn. Hier steht ein anderes Wort, aber ich sage jetzt ohne Sinn. Dafür sollen jetzt Regeln eingeführt werden, die aus meiner Sicht nicht durchdacht, handwerklich fehlerhaft und letztlich verfassungswidrig sind.
Ich nehme einmal Ihren § 13 Abs 3. In § 13 Abs. 3 schreiben Sie ganz richtig, die Verpflichtung nach Abs. 1 besteht nicht, also die Verpflichtung, die Akten vorzulegen … Halt, Entschuldigung, ich bin in den § 14 gerutscht.
Das glaube ich, dass Sie Verständnis haben, Herr Kuschel. Ich habe für Sie manchmal auch Verständnis.
(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Sie haben sich jetzt beinahe versprochen. Da hätten Sie sich wieder vor Ihrer Fraktion rechtfertigen müssen.)
Sie haben so einen umfangreichen Gesetzestext, dass ich darin einfach blättern muss. In Abs. 3 des § 13 steht: „Unzulässig sind Beweiserhebungen, wenn: 1. sie gegen verfassungsrechtliche oder andere gesetzlich zwingende Regelungen verstoßen.“ Das ist schön und gut. Dann kommt jetzt im Absatz 4: „Bei Vorliegen der im Absatz 3 genannten Gründe“ - also wenn Sie zum Beispiel verfassungsrechtliche Regeln verletzen oder gegen andere zwingende gesetzliche Regelungen verstoßen - „ist eine Beweiserhebung dennoch zulässig, wenn der Untersuchungsausschuss … Vorkehrungen gegen das Bekanntwerden geheimhaltungsbedürftiger Tatsachen trifft …“ Wenn die Beweiserhebung gegen Verfassungsrecht verstößt, darf man trotzdem Beweis erheben, wenn man geheimhaltungsbedürftige Tatsachen verheimlichen kann; das kann ich nicht nachvollziehen. Entweder ist es verfassungsrechtlich unzulässig, dann kann ich auch nicht durch besondere Schutzmaßnahmen den Eingriff verfassungsmäßig machen, oder es ist nicht so. Diese Regelung widerspricht sich.
Genauso ist es in § 14, der regelt die Aktenvorlage und die Aussagegenehmigungen. Da haben wir genau dasselbe. In § 14 Abs. 3 Nummer 3 steht: „Die Verpflichtung zur Aktenvorlage nach Absatz 1 besteht nicht“, - also weder Aktenvorlage noch Aussagegenehmigung nach Absatz 1 - „wenn durch deren Erfüllung“ 3. in Grundrechte eingegriffen würde. Diese Regelung ist gut. Aber es kommt gleich im nächsten Satz wieder so eine Ausnahme und die ist eigentlich noch schlimmer, wenn man sich allein den Text anhört: „Für Grundrechtseingriffe im Sinne des Satzes 1 Nummer 3“ - das war der Verfassungsrechtsverstoß - „gilt Satz 2 entsprechend,“ das sind wieder Vorkehrungen gegen das Bekanntwerden - „soweit... eine Verletzung von Grundrechten ausgeschlossen … ist.“ Für Grundrechtseingriffe gilt, soweit die Verletzung von Grundrechten ausgeschlossen ist. Das widerspricht sich in sich: Grundrechtseingriffe - wenn die Verletzung von Grundrechten ausgeschlossen ist, indem ich einen Grundrechtseingriff mache, verletze ich das Grundrecht, sonst wäre es kein Grundrechtseingriff. Da ist handwerklich vieles im Argen und widerspricht sich.
Noch ein wichtiger Punkt, den ich hier noch auf meinem Zettel stehen habe, ist der § 24 Abs. 7. Der ist Ihnen sicher auch sehr wichtig, weil da nämlich drinsteht, dass Akten des Untersuchungsausschusses auch Dritten, insbesondere zu Zwecken der Berichterstattung, zur Verfügung stehen. Da steht in § 24 Abs. 7 - „stehen... auch Dritten, insbesondere zu Zwecken … der Berichterstattung, zur Verfügung.“ Dann kommt aber, dass diese Akteneinsicht von Dritten nur dann abgelehnt werden kann, wenn bestimmte Gründe vorliegen - Paragrafen sind da genannt, die alle letztlich nicht einschlägig sind, das ist die einzige Einschränkung - „oder andernfalls
der Untersuchungszweck gefährdet wäre.“ Das heißt, Akten des Untersuchungsausschusses sind auch die vorhin erwähnten über nicht öffentliche und vertrauliche Sitzungen. Es kann also nach dieser Vorschrift jeder Dritte aus Interessen der Berichterstattung während des laufenden Untersuchungsausschussverfahrens Einblick in alle Akten des Untersuchungsausschusses, auch über die vertraulichen Protokolle, nehmen. Die einzige Möglichkeit, dies zu verhindern, ist, wenn der Ausschuss beschließt, dass andernfalls der Untersuchungszweck gefährdet wäre. Das geht sehr, sehr weit. Da kann also ein Berichterstatter wirklich so gut wie alle Protokolle während des Ausschusses auch die vertraulichen - in Augenschein nehmen, und die stehen am nächsten Tag dann genau dort, wo wir alle wissen, wo wir es nachlesen können.
Das ist ein weiterer Punkt, der dafür spricht, dass dieser ganze Entwurf, so wie er da steht, keine Verbesserung ist, sondern zum einen handwerkliche Ungereimtheiten enthält und letztlich auch gegen parlamentarische und verfassungsrechtliche Grundsätze verstößt. Jetzt kommt ein Satz, der Sie dann am Schluss vielleicht noch verwundert, aber ich spreche ihn aus: Dem Wunsch, trotzdem im Justizausschuss darüber zu diskutieren, will ich mich nicht verschließen. Danke schön.
Danke, Herr Abgeordneter. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Blechschmidt von der Fraktion DIE LINKE.
Meine Damen und Herren! Vielen Dank, Herr Scherer, für Ihren Vortrag und die damit verbundenen, auch zum Teil nachvollziehbaren Ausführungen. Ich möchte jetzt gleich am Anfang auf ein Argument Ihrerseits eingehen, auf Grundrechtseingriff und Grundrechtsverletzung. Ich bin nun kein Jurist
- ob das ein Lob ist, weiß ich nun nicht, Juristen mögen auch ihre Vorteile haben -, aber ein Eingriffsrecht und ein Verletzungsrecht sind zwei verschiedene Sachen. Wenn ich im Grunde genommen einen Eingriff vornehme und zulasse entsprechend des Untersuchungsausschussgesetzes und das dann durch Vertraulichkeit abdecke, dann nehme ich nach außen keine Verletzung der Grundrechte vor. Demzufolge ist da schon ein himmelweiter Unterschied. Da - ich nehme mal die Sache vorweg - bin ich Ihnen natürlich in gewisser Weise dankbar, dass wir das noch mal im Ausschuss etwas weiter vertiefen können.
Im Thüringer Landtag, meine Damen und Herren, haben wir in der Vergangenheit - und das haben wir ja jetzt auch schon zum Teil gehört - zahlreiche Un
tersuchungsausschüsse mit unterschiedlichen Themenstellungen gehabt. Nun will ich hier nicht alle aufzählen, ich mache das nur mal stichwortartig, damit wir auch die Bedeutung von Untersuchungsausschüssen damit verknüpfen können, wie gesagt, stichwortartig: Geschäftsführung der TSI und die Aufsicht des Landes darüber; Untersuchungsausschuss Einsatz des Landesamts für Verfassungsschutz zur Informationsbeschaffung über Kandidaten im Kommunalwahlkampf durch den Thüringer Innenminister; Untersuchungsausschuss Bewusste Fehlinformation des Innenausschusses durch den Innenminister in Sachen Kennzeichenüberwachung am bzw. im Rennsteigtunnel; Untersuchungsausschuss Missbrauch öffentlicher Mittel bei der Subvention der Einrichtung des Kongresszentrums Suhl und des Domhotels in Erfurt; Landesverantwortung bei Unternehmensbeteiligung im Zusammenhang mit der Stiftung Thüringen oder Mögliches Fehlverhalten des Landes Thüringen als Mehrheitsgesellschafter der Flughafen Erfurt GmbH und letztlich in der letzten Legislaturperiode Fehlverwendung öffentlicher Mittel bei der Roh- bzw. Fernwasserversorgung in Thüringen. Das ist, wie gesagt, keine vollständige Aufzählung, aber ein Überblick über das, was zumindest in den letzten Jahren hier eine Rolle gespielt hat an Untersuchungsausschüssen. In all diesen Untersuchungsausschüssen, meine Damen und Herren Kollegen, wurde im Prinzip eines deutlich: Das Thüringer Untersuchungsausschussgesetz ist bis jetzt ziemlich mehrheits- und regierungsfreundlich ausgestaltet.
Das wird meistens auf recht subtile Art und Weise sichtbar, vor allem durch die sogenannten - Kollege Scherer hat das ja auch schon angedeutet - unbestimmten Rechtsbegriffe oder - man könnte auch formulieren - eine Begriffswahl, die weitere Auslegungs- und Interpretationsspielräume zulassen. Ein Beispiel möchte ich geben und das ist, wie gesagt, auch schon angedeutet worden. Im geltenden Untersuchungsausschussgesetz heißt es in § 3, der Untersuchungsgegenstand muss hinreichend bestimmt sein. Da lässt sich im Zweifelsfall zwischen Mehrheit und Minderheit bzw. Opposition trefflich streiten, was das nun für eine konkrete Wortwahl im Antrag auf Einsetzung dann bedeutet. Ein anderes Beispiel aus § 3: Der Untersuchungsgegenstand eines Minderheitenantrags darf nur geändert werden, wenn der Kernbereich des Untersuchungsgegenstandes gewahrt bleibt. Was ist der Kernbereich? Darüber, was den Kernbereich in einem Untersuchungsgegenstand ausmacht, kann es durchaus unterschiedliche Auffassungen geben, insbesondere zwischen Mehrheitsfraktion und Opposition. DIE LINKE schlägt nun vor, das „hinreichend“ zu streichen und die Möglichkeit der Veränderung des Untersuchungsgegenstands bei Minderheitenuntersuchungsausschüssen an das Zustimmungserforder
nis des Antragstellers zu binden. Warum diesen starken Minderheitenschutz? Weil es in der Parlamentspraxis, meine Damen und Herren, meist so ist, dass Untersuchungsausschüsse der Opposition durch die Opposition beantragt werden. In der Parlamentswirklichkeit ist es die Opposition, die die parlamentarischen Kontrollrechte gegenüber der Regierung und den sie tragenden Behörden ausübt. Die Mehrheit verhält sich in der politischen Wirklichkeit in den berühmten 99 Fällen regierungstragend. Heute, ich gestehe es, haben wir vorerst eine Ausnahme verabschiedet. Deshalb, meine Damen und Herren, und auch für die Stärkung der Minderheitenrechte an dieser Stelle war unser Gesetzentwurf gedacht. Die Schaffung von Untersuchungsausschüssen ist ein bedeutendes Minderheitenrecht. Es gibt das Minderheitenrecht auf eigenständige Sondervoten zum Abschlussbericht, damit auch die kritische Sichtweise und Bewertung der Minderheit bzw. Opposition sich in Arbeitsergebnissen des Ausschusses möglichst unverfälscht und somit für die Öffentlichkeit erkennbar machen, denn letztlich geht es um die Transparenz und die möglichst öffentliche Aufarbeitung der Problemfelder und Versäumnisse staatlichen Handelns und darum, aus den Ergebnissen die entsprechende Schlussfolgerung für das weitere Handeln zu ziehen.
Meine Damen und Herren, mit unserem Gesetzentwurf wird auch das Instrument des Ermittlungsbeauftragten in das Thüringer Untersuchungsausschussgesetz eingeführt. Damit kann, ich betone, damit kann der Untersuchungsausschuss externe Sach- und Fachkompetenz zu effektiver Bearbeitung und Aufklärung heranziehen. Auch die Einsetzung des Ermittlungsbeauftragten wird zu einem Minderheitenrecht. Das in Artikel 64 der Thüringer Verfassung genannte Fünftel-Quorum ist dazu notwendig. Nun ist dies keine Neuerfindung von uns, sondern das Instrument des Ermittlungsbeauftragten gibt es übrigens in ähnlicher Form schon, Kollege Scherer, wieder anknüpfend, auch im Untersuchungsausschussgesetz des Bundestages und ich kann mir schlecht vorstellen, um auf den Begriff der Rechtsförmlichkeit zu kommen, dass das Bundesgesetz hier nicht rechtsförmlich arbeitet und dass hier gegebenenfalls Lücken, ich will das große Wort in den Mund nehmen, verfassungsrechtliche Bedenken wären. Das kann ich mir ganz schlecht vorstellen, weil dann sicherlich an erster Stelle die CDU für Ordnung sorgen würde.
Damit, meine Damen und Herren, ist es in Zukunft, was den Ermittlungsbeauftragten angeht, auch in Untersuchungsausschüssen möglich, sozusagen in eigener Sache, mit eigener „Schäfer-Kommission“ zu arbeiten. Somit stehen die Untersuchungen ausdrücklich unter dem Primat des Parlaments und finden im Rahmen der parlamentarischen Kontrolle statt. Die Unbestimmtheit und die weite Auslegbar
keit von Wortlaut und Rechtsbegriffen werden noch an anderen wichtigen Regelungspunkten und Stellen des geltenden Untersuchungsausschussgesetzes zum Problem. Dort, wo es um das Kernstück des Untersuchungsausschusses geht, um Instrumente für die Aufklärungsarbeit, um Auskunftsverlangen und Akteneinsicht, um die Frage des Ausschusses und seiner Öffentlichkeit geht, um die Beweisaufnahme, wird es in Zukunft nach unserem Gesetzentwurf zu Veränderungen kommen, denn wirksame demokratische und parlamentarische Kontrolle nach unserer Ansicht braucht schlichtweg die Öffentlichkeit. Ohne Öffentlichkeit wird diese Kontrolle schlecht möglich sein.
Meine Damen und Herren, die geltenden Vorschriften zur Verweigerung von Auskunft und Aktenherausgabe durch die Landesregierung und Behörden lassen durch ihre unbestimmte und abstrakte Wortwahl einen sehr weiten Spielraum zu einer „Deckeldrauf-oder-Rollladen-runter-Politik“ der Exekutive. Daher sieht der Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE möglichst konkrete Formulierungen, konkrete Ablehnungsgründe vor, die inhaltlich sehr schwerwiegend sind, wie zum Beispiel den Verstoß gegen Verfassungsrecht oder eine schwerwiegende Beeinträchtigung von Sicherheitsinteressen. Auch der in der Vergangenheit beliebte Ablehnungsgrund „Funktionsfähigkeit der Regierung“ wird jetzt konkreter beschrieben. Nur interne Unterlagen zu nicht abgeschlossenen Entscheidungsprozessen der Regierung sind nach unserem Gesetzentwurf für kommende Ausschüsse tabu. Alle anderen Handlungsbereiche der Exekutive sind dem Untersuchungsausschuss zugänglich, denn es darf nicht sein, dass ein Begriff wie die Funktionsfähigkeit der Regierung dazu benutzt wird, um Beweise, Zeugnisaussagen, Unterlagen, Auskünfte zurückzuerhalten bzw. sie zu verweigern, mit der Begründung, die Aufdeckung von Pannen und Fehlern gefährdet die Funktionsfähigkeit. Das wäre ein unzulässiger Zirkelschluss oder man könnte sagen auch ein Paradoxon, denn gerade das ist ja die Aufgabe des Untersuchungsausschusses, diese Fehler und Mängel aufzuzeigen, um Schlussfolgerungen für eine verbesserte Arbeit vorzunehmen und das kann nicht zur Begründung führen, um eine entsprechende Verhinderungspolitik durchzuführen.
Herstellung von Transparenz und Aufklärung von Fehlverhalten stärkt das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Regierung mehr als eine allzu durchsichtige Politik des unter den Teppich kehrens.
Meine Damen und Herren, in einem modernen demokratischen Rechtsstaat darf es grundsätzlich keine von parlamentarischer Kontrolle freien Handlungsräume der Regierung geben. In der Begründung des Gesetzentwurfs ist mit Verweis auf die Rechtsprechung dies auch ausführlich begründet. Insbesondere mit dem Blick auf den aktuell anste
henden Untersuchungsausschuss zur Zwickauer Terrorzelle ist dies eine wichtige, für den Erfolg des Untersuchungsausschusses vielleicht entscheidende Thematik.
Die vorgeschlagene Regelung ist aber auch auf die Erleichterung der Aufklärungsarbeit von Untersuchungsausschüssen generell gerichtet. Eine ärgerliche Hürde in der Vergangenheit war gerade in den Untersuchungsausschüssen mit Bezug in den privatwirtschaftlichen Bereich, der sogenannte Betroffenenstatus. Die Fraktion DIE LINKE greift mit ihrer Regelung auf schon existierende Modelle in anderen Bundesländern zurück; zum Beispiel die Tatsache, dass dort juristische Personen als solche zum Beispiel Unternehmen - keinen Betroffenenstatus erlangen können. Dies findet sich im Vergleich zur Thüringer Begrifflichkeit und der engen Definition des Betroffenenstatus zum Beispiel in dem Untersuchungsausschussgesetz der Freien und Hansestadt Hamburg, des Freistaates Sachsen und des Landes Baden-Württemberg. Daran wollen wir anknüpfen. In allen drei Fällen kommt noch hinzu, dass diese Personen auch nur dann den Betroffenheitsstatus in Anspruch nehmen dürfen, wenn im Abschlussbericht des Ausschusses über sie Feststellungen - ich betone Feststellungen - getroffen werden.
In Thüringen hat die weite Auslegung des Betroffenenstatus in der Vergangenheit gerade in Untersuchungsausschüssen, in denen das Handeln von Privatfirmen bzw. privatwirtschaftlichen Aktivitäten tangiert waren, die Aufklärung sehr schwierig gemacht - hier nur das Stichwort Baumhögger. Denn der Betroffenenstatus in Thüringen bietet derzeit weitreichende Zeugnis- bzw. Auskunftsverweigerungsrechte. Im Untersuchungsausschuss zur TSI hat sich diese Problematik dann auch besonders bemerkbar gemacht. Mit der neuen, engen Vorschrift des Gesetzentwurfs der Fraktion DIE LINKE wäre hiermit Aufklärung möglich.
Meine Damen und Herren, der Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE schafft auch eine Spezialität des Thüringer Gesetzes bei der rechtlichen Klärung von Streitfällen aus den Untersuchungsausschüssen: die Gerichtspräsidentenkommission. Kollege Scherer hat es angesprochen, in der Vergangenheit wurde sie nur zweimal in Anwendung gebracht. Dennoch halten wir hier an einer Neuerung fest. Unser Konstrukt wird von Fachleuten nicht als Bruch in der üblichen Justizstruktur betrachtet, denn wir gehen davon aus, dass mit der Zuweisung des entsprechenden Verfahrens an den Ermittlungsrichter beim Thüringer Oberlandesgericht ein wirksamer Rechtsschutz gewährleistet bleibt. Wir können darüber ja noch weiter debattieren, Kollege Scherer.
Kraft treten, denn sie sind schon für den Ablauf der laufenden Untersuchungsausschüsse anwendbar. Das heißt, alle einzelnen und konkreten Verfahrensschritte, die im Untersuchungsausschuss nach diesem Tag vorgenommen werden sollen, zum Beispiel die Vernehmung neuer Zeugen, Auskunftsverlangen an die Landesregierung zu bestimmten Fragen, die Anforderung von Akten zu einem bestimmten Sachverhalt, das Verfahren zur Erstellung eines Abschlussberichtes einschließlich des Rechts auf ein eigenständiges Sondervotum der Minderheit. Alles dies kann der Neuregelung unterliegen. Nun war in den Medienberichten zu lesen, das Gesetz gelte erst für kommende Untersuchungsausschüsse oder könnte erst gelten für kommende Untersuchungsausschüsse. Das trifft nicht zu, denn eine Veränderungssperre wie in einem Strafverfahren gibt es im Verfahren der Untersuchungsausschüsse nicht. Diese Veränderungssperre für Strafverfahren ergibt sich aus der Tatsache, dass am Ende des Strafverfahrens eine staatlich hoheitliche Strafsanktion steht bzw. für den Betroffenen stehen kann. Deshalb müssen nach dem Verfassungsgrundsatz „Keine Strafe ohne Gesetz“ von Beginn des Gerichtsverfahrens der Inhalt der Regelungen mit den Straftatbeständen und der damit verbundenen Strafandrohung feststehen und auch die Verfahrensregeln, wie man zur Feststellung von Sachverhalten strafrechtlicher Verantwortung und Strafzumessung kommt, sollten vorab bestimmt sein. Das Verfahren vor dem Untersuchungsausschuss ist ein Verfahren der politischen Aufarbeitung und Bewertung von Sachverhalten. Es geht um die Feststellung von politischer Verantwortlichkeit, nicht um Schuld im strafrechtlichen Sinne. Der Untersuchungsausschuss findet seinen Abschluss in einem politischen Bericht des Parlamentsgremiums. Es ergeht keine hoheitliche Strafverurteilung, an die sich eine Strafsanktion anschließen würde. Diese politische Aufarbeitungsfunktion des Untersuchungsausschusses ohne hoheitliche Sanktionen am Ende stellt den entscheidenden Unterschied zum Strafprozess dar. Dass ein Untersuchungsausschuss für diese politische Aufarbeitung auch eigene, dem Strafprozess ähnliche Instrumente bekommt, ändert an dieser Tatsache nichts. Deshalb ist eine Veränderungssperre hinsichtlich der Verfahrensregelung für laufende Untersuchungsausschüsse ausdrücklich nicht notwendig. Das geänderte Gesetz sollte nach der Vorstellung der Fraktion DIE LINKE am Tag nach seiner Verkündung in Kraft treten und davor natürlich die entsprechende Diskussion im Justizausschuss und eine Entscheidung hier im Parlament geben. Über Details, meine Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen, des Gesetzentwurfs wird sicherlich noch im Ausschuss für Justiz und Verfassung reichlich Zeit und Gelegenheit sein zu diskutieren. Daher beantrage ich die Überweisung unseres Gesetzentwurfs an diesen Ausschuss. Vielen Dank.
Danke, Herr Abgeordneter. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Adams von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, sehr verehrte Gäste hier im Thüringer Landtag, das Recht der Mitglieder des Thüringer Landtags, Untersuchungsausschüsse einzurichten, ergibt sich bereits aus dem Artikel 64 Abs. 1 der Verfassung des Freistaats Thüringen. Weitere Normen finden sich in der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags und natürlich in dem in Thüringen geltenden Untersuchungsausschussgesetz. Da Gegenstand von Untersuchungsausschüssen erfahrungsgemäß auch eine Beurteilung der politischen Verantwortung mit einschließt, erweist sich dieser als wesentliches Kontrollelement der Opposition. Da meist die regierungstragenden - meist, nicht immer, wie wir heute lernen durften und lernen konnten - Fraktionen die Mehrheit bilden, kommt an dieser Stelle den Minderheitenrechten eine besondere Bedeutung zu. Was will DIE LINKE nun? DIE LINKE will den für meine Begriffe bisher schlechten Zustand, dass nach § 3 Abs. 2 des jetzt bestehenden Untersuchungsausschussgesetzes den zum Beispiel durch eine Minderheit eingebrachten Antrag zum Untersuchungsziel durch die Mehrheit der zum Beispiel Koalition oder überhaupt hier durch die Mehrheit verändert werden kann. Das ist natürlich ein Punkt, der so nicht sein kann, weil das Minderheitenrecht am Ende konterkariert ist. DIE LINKE will das ändern und wir GRÜNE sagen ganz klar Ja dazu. Wir haben auch keinen Grund, diese Normen oder diese Änderung der Normen zu rügen oder zu disqualifizieren, weil sie sich nur am bestehenden Maß dessen, was im Untersuchungsausschussrecht des Deutschen Bundestags schon bekannt und eingeführt ist, orientiert, also nicht unbedingt Grenzen sprengt, sondern wir finden das einen erstaunlich richtigen und vernünftigen realpolitischen Ansatz, hier etwas abstimmen zu lassen, was im Bundestag schon gang und gäbe ist und hier mit zu lernen.
Meine Damen und Herren, bei der Frage des § 3 a - wenn man das so nennen will, der Kernspaltung haben wir ein bisschen andere Ansichten. Wir halten es für fragwürdig, Sachzusammenhänge aufzutrennen und darauf zu hoffen, dass man sie hinterher wieder vernünftig in Sachzusammenhang stellen kann. Aber das alles sind kleine Details, die man im vorgegebenen Beratungslauf dieses Gesetzes diskutieren, vielleicht noch ändern, sich gegenseitig auch überzeugen kann.
Die Frage, die Herr Kollege Scherer kritisiert hatte mit der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme, erschließt sich mir nicht ganz, weil wir ja nicht eins zu eins die StPO hier übernehmen, sondern sie eigentlich nur sinngemäß anwenden. Insofern glaube ich, dass es natürlich vernünftig ist, wenn die Parlamentarier sachkundige Hilfe bekommen, so wie es ein Verfassungsrichter auch hat. Der nimmt auch nicht jedes Beweisstück selbst in die Hand, sondern hat ein Team von Richterinnen und Richtern, meistens von den Landesgerichten oder anderen Bundesgerichten, das ihm hilft, diese Beweismittel in öffentlicher Verhandlung zu erheben. Genau das, finde ich, sollte ein Ermittler auch in Thüringen machen können. Auch das ist eine vernünftige Forderung hier im Gesetz der LINKEN.
Die Stärkung der Transparenz ist uns auch ein wichtiges Anliegen, DIE LINKE will das verbessern, wir stimmen dem zu. Wir finden auch keinen vernünftigen Kritikpunkt daran, dass DIE LINKE selbst jetzt einen Katalog vorlegt, wann diese Öffentlichkeit nicht vorgestellt ist. Es ist vernünftig, selbst die Grenzen des gewünschten weiten Ausbreitens der Öffentlichkeit zu stecken, um Kritiker auch überzeugen zu können, dass man sagt, natürlich sehen wir dort die Grenzen dessen, was wir uns wünschen würden. Wir würden uns doch alle wünschen, dass wir, solange es keinen beschwert, die Beweiserhebung und das ganze Verfahren so öffentlich wie möglich machen können, weil Transparenz und Öffentlichkeit elementar sind für einen modernen Verfassungsstaat, den wir uns ja alle wünschen.
Eine Nachfrage noch an den Kollegen Scherer: Sie hatten in § 13 Abs. 4 kritisiert, dass DIE LINKE hier so einen komischen Schluss aufmacht, dass sie sozusagen Grundrechtsverletzungen zulassen will, wenn dies keine Grundrechtsverletzungen sind. So ungefähr hatte ich Sie verstanden. Das erschließt sich mir auch nicht ganz, aber mir liegt es natürlich überhaupt nicht nah, einen Volljuristen zu kritisieren, weil ich mit einer Ausbildung an der Universität Erfurt vielleicht maximal ein Vierteljurist bin. Aber ich erinnere mich grob, dort gelernt zu haben, dass man eine Norm immer zu Ende lesen muss. Diese Norm, wenn man sie zu Ende liest, liest man Folgendes, dass - wie Kollege Scherer vorlas -: „...eine Verletzung von Grundrechten ausgeschlossen ist“, aber es geht weiter, „und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt ist.“ Wir haben jeden Tag permanente Grundrechtseingriffe, Verletzungen der Grundrechte, aber sie sind gerechtfertigt durch das Verhältnismäßigkeitsgebot. So, denke ich, können wir auch in diesem Untersuchungsausschuss gute Arbeit leisten. Wir GRÜNEN freuen uns auf die Überweisung an den Ausschuss und hoffen, dass dieses Gesetz dort angenommen wird und bald zur Wirkung in unserem neuen Untersuchungsausschuss gelangen kann. Vielen Dank.