Protocol of the Session on December 15, 2011

Danke, Herr Minister. Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache zum Komplex des Innenministeriums beendet.

Ich eröffne die Aussprache zum Einzelplan 04 Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur - einschließlich der Rahmenvereinbarung III. Die verabredete Redezeit für die Fraktionen beträgt im Einzelnen für die CDU-Fraktion 19 Minuten, DIE LINKE 18 Minuten, die SPD 16 Minuten, die FDP 12 Minuten und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ebenfalls 12 Minuten. Die Redezeit der Landesregierung beträgt 19 Minuten. Redet die Landesregierung länger, verlängert sich auch die Redezeit der einzelnen Fraktionen.

Ich rufe als Ersten den Abgeordneten Metz von der SPD-Fraktion auf.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, gute Bildungspolitik hat für die SPD Priorität. Unser Ziel ist es, Thüringen zum Bildungsland Nummer 1 in Deutschland zu machen. Das schlägt seit unserem Regierungsantritt nicht nur im ganz konkreten Handeln, sondern auch in den nüchternen Zahlen, die Ihnen vorliegen, zu Buche. Im aktuellen Haushaltsjahr stehen in Thüringen 145 Mio. € mehr für Bildung zur Verfügung als noch 2009, und das wohlgemerkt trotz einer sehr schwierigen allgemeinen Finanzlage des Landes Thüringen. Allein für die frühkindliche Bildung, für ein deutliches Plus an Kita-Erzieherinnen, setzen wir in diesem Jahr 130 Mio. € mehr ein als 2009. Das kann sich im Bundesvergleich durchaus sehen lassen. Wir wer

den diesen Kurs mit dem Landeshaushalt 2012 fortsetzen.

Im Schulbereich gibt es zwei zentrale Dinge. Genau wie im aktuellen Haushaltsjahr wird es keine Stellenkürzung bei Lehrpersonal geben. Die Zeiten, in denen die Pädagogenstellen massiv und völlig undifferenziert weggestrichen wurden, wie im vergangenen Jahrzehnt über 9.000 Lehrerstellen, sind dank des von Christoph Matschie geführten Ministeriums vorbei. Wir wissen, dass eine Weiterentwicklung des Thüringer Schulwesens ohne vernünftige personelle Rahmenbedingungen nicht machbar ist. Deshalb senden wir mit dem Bildungsetat 2012 auch eine zweite Botschaft, nämlich die, dass wir den Thüringer Nachwuchspädagoginnen und Nachwuchspädagogen verstärkt Zukunftschancen im eigenen Land bieten wollen, dafür haben wir den Einstellungskorridor des aktuellen Haushaltsjahres noch einmal deutlich verbreitert um 300 VZE. Wer unseren Finanzminister und dessen ursprüngliche Planung beim Lehrpersonal kennt, der weiß, dass es immense Kraft gekostet hat, das gemeinsam auszudiskutieren, aber wir haben das in einem vernünftigen Dialog getan. Die SPD ist daher mit dem vom Ministerium aufgestellten Bildungsetat in seinen Grundzügen sehr zufrieden.

Nichtsdestotrotz gibt es nichts, was man nicht noch besser machen kann. Wir haben im Bereich der Erwachsenenbildung noch einmal Mittelaufstockungen vorgesehen - also für die Volkshochschularbeit und für die freien Träger. Wir haben aber auch noch einmal im Bereich der Kinder mit Migrationshintergrund in der schulischen Bildung aufgestockt, da bin ich Frau Kanis für das Engagement sehr dankbar. Wenn ich dagegen die vor allem von der FDP-Opposition vorgelegten Maßzahlenänderungsanträge zum Bildungsetat durchschaue, dann findet sich dort leider die übliche Mischung: nicht ganz seriös gegenfinanzierte aber umso umfangreichere Aufstockung. Da bildet sich dann doch an der einen oder anderen Stelle bildungspolitisches Wolkenkuckucksheim, aber wir werden nicht mehr so hart miteinander reden, Frau Hitzing, heute nicht.

Ich will nur beispielhaft zwei Änderungsanträge von Ihnen aufgreifen, die mir sehr symptomatisch für Ihre bildungspolitische Einstellung zu sein scheinen. Wie wir alle wissen, geriert sich die FDP gern als prinzipielle Gegnerin der Thüringer Gemeinschaftsschule und des längeren gemeinsamen Lernens. Das wird im Änderungsantrag deutlich, mit dem die Liberalen den Kommunen 300.000 € für die Entwicklung und Sicherung frühkindlicher und schulischer Bildungsqualität wegnehmen wollen, weil Sie bei diesem Ansatz offenbar eine verkappte Förderung der Gemeinschaftsschule vermuten - wohlgemerkt ein Weg, den die Bürgerinnen und Bürger nach freiem Willen treffen. Skurrilerweise ist es dann aber die gleiche FDP, die in ihrem Bestreben, die Landesförderung für Schulen in freier Träger

schaft deutlich zu erhöhen, ohne mit der Wimper zu zucken beantragt, den freien Gemeinschaftsschulen 39.000 € mehr zukommen zu lassen. Wie das ideologisch und von der Idee und der Linie zusammenpassen soll, erschließt sich mir an der Stelle nicht. Vielleicht brauchen die einen oder anderen noch einmal individuelle Förderung zur Verbesserung des eigenen Kompetenzniveaus, um mehr Linie in die Bildungspolitik zu bekommen. Vielen Dank.

(Beifall SPD)

Danke, Herr Abgeordneter. Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Hitzing von der FDP-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, ja, Herr Metz, wir machen das heute so, wie Sie es eben angesagt haben, und das mit den Gemeinschaftsschulen erkläre ich Ihnen auch gern.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Gesamtumfang des Einzelplans 04 ist im Vergleich zum Entwurf 2011 um 44 Mio. € angestiegen und damit gibt das Thüringer Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur mehr Geld aus als im laufenden Jahr. Es wird aber auch deutlich, dass die Personalausgaben für Bildung insgesamt im gleichen Zeitraum um fast 46 Mio. € gestiegen sind. Das heißt auch, der finanzielle Gestaltungsspielraum ist natürlich entsprechend geringer. Die FDPFraktion hat zum Einzelplan 04 insgesamt 115 Anträge eingebracht und Wege aufgezeigt, Mittel im Umfang von 2,4 Mio. € allein an Verwaltungskosten einzusparen. Solche Gestaltungsspielräume sind in der Bildungs-, Kultur- und Hochschulpolitik nach unserer Auffassung auch dringend notwendig.

(Beifall FDP)

Denn im Entwurf der Landesregierung kommen nun zwei Dinge zueinander: einerseits natürlich der ungebrochene Wille des Herrn Ministers, dem Thüringer Schulwesen, den Kultureinrichtungen und den Hochschulen des Landes auch ohne Bedarf seinen Stempel aufzudrücken, und andererseits die immer stärker drückenden Haushaltszwänge, von denen uns der aktuelle Haushaltsentwurf auch nicht befreit. Ich möchte daher auf einige Punkte eingehen, die insbesondere im Bildungsbereich alles andere als eine Verbesserung bedeuten. Der Minister kündigt schließlich auch gern an, Thüringen zum Bildungsland Nummer 1 machen zu wollen - das soll es sein -, und dass wir ohne die Reformen bereits jetzt in der Spitzengruppe der Bundesländer liegen, das möchte ich nur noch einmal am Rande erwähnt haben.

(Beifall FDP)

Ich möchte mich auf drei Punkte konzentrieren, natürlich auf die freien Träger: Eine Kürzung bei den Schulen in freier Trägerschaft in Höhe von etwa 5 Mio. € erscheint der Landesregierung anscheinend als genau der richtige Weg. Das sehen wir nicht so.

(Beifall FDP)

Diese Kürzung bedeutet für die Eltern der Schüler auf nichtstaatlichen Schulen eine massive Erhöhung des Schulgelds, das ist nicht in Abrede zu stellen,

(Zwischenruf Prof. Dr. Merten, Staatssekre- tär: Doch.)

und über die 70 €, die in Baden-Württemberg per Gerichtsbeschluss bzw. Urteil einmal als Sonderungsgrenze gesetzt worden sind, sind wir schon lange hinweg.

(Beifall FDP)

Wir haben zum Teil Schulgeld in Höhe von über 100 €. Die Kürzungen werden also zwangsläufig dazu führen, dass viele Eltern gar keine echte Wahlmöglichkeit mehr haben werden, welche Schule ihre Kinder besuchen sollen, weil sie es sich eventuell nicht leisten können. Diese Kürzungen sind nach unserer Auffassung sozial unausgewogen und betreffen gerade diejenigen, die am heftigsten unserer Unterstützung bedürfen.

(Beifall FDP)

In Thüringen sind nämlich insbesondere die Förderschulen von den Kürzungen betroffen, sehr geehrter Herr Kollege Metz. Von denen sind die meisten in freier Trägerschaft. Diese Schulen können und wollen keine Elternbeiträge erheben. Kinder mit beträchtlichen Behinderungen werden dort individuell sehr speziell gefördert, weil nicht nur das sonderpädagogische Fachpersonal vor Ort ist, sondern auch die Ausstattung entsprechend ist. Demzufolge ist es nach unserer Auffassung ein Affront, genau hier zu kürzen, weil hier gegenüber Menschen mit Behinderungen ein Schritt gegangen wird, der nicht der richtige ist.

(Beifall FDP)

2,15 Mio. € werden dort im Vergleich zum Ansatz 2011 herausgestrichen. Bei den Förderberufsschulen ist es eine knappe Million. Damit spart die Landesregierung auch wieder bei den Schwächsten und missachtet u.a. auch die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen in Artikel 7, denn dort ist das vertiefte Wohl des Kindes verankert und die individuelle Förderung der Kinder mit Behinderungen wird hier ganz einfach durch finanzielle Nöte in Gefahr gebracht.

(Zwischenruf Prof. Dr. Merten, Staatssekre- tär: Erwähnen Sie auch den Artikel 24.)

(Abg. Metz)

Den kenne ich auch. Der Elternwille steht dem Haushaltsansatz an dieser Stelle diametral gegenüber. Wir sind jetzt wieder bei einer Umfrage - darüber haben wir gestern schon ein paar Mal gesprochen -, aber laut einer aktuellen Forsa-Umfrage ist es so, dass 34 Prozent aller Eltern bundesweit gern ihre Kinder in eine Schule freier Trägerschaft schicken würden. Das Angebot wird dem bei Weitem nicht gerecht.

(Beifall FDP)

Eine Mittelkürzung ist hier ganz klar der falsche Weg. Von der verfassungsrechtlichen Bedenklichkeit des Ansatzes der Landesregierung brauchen wir hier an dieser Stelle gar nicht zu reden; das ist gerade in der Prüfung. Wir werden sehen, ich bin auch sehr gespannt darauf, was sich dort ergeben wird. Wir haben daher beantragt, die Mittel gegenüber dem Haushaltsentwurf der Landesregierung um etwa 5 Mio. € für die freien Schulen zu erhöhen. Damit würde die massive Erhöhung der Elternbeiträge verhindert und auch das Angebot der Förderschulen in gleicher Qualität aufrechterhalten werden.

(Beifall FDP)

Staatliche Schulen und Schulen in freier Trägerschaft müssen hochwertige Bildungsangebote und hervorragende Ausstattung anbieten können. Nur damit ist eine echte Wahlfreiheit für Eltern und Schüler unserer Meinung nach gegeben und nur so ist eine individuelle und am Kindeswohl orientierte Schulbildung zu garantieren.

(Beifall FDP)

Punkt zwei, zu den Schulgebäuden: Dass nachhaltige Investitionen in die Bildung ebenso wichtig sind wie ein konsequenter Abbau der Schulden, zeigt auch unser Antrag auf die Erhöhung der Zuweisungen an die Landkreise zur Sanierung von Schulgebäuden, und zwar in Höhe von 15 Mio. €. Der Gemeinde- und Städtebund hat an den Thüringer Schulgebäuden einen enormen Sanierungsbedarf festgestellt, und zwar in einer Höhe von 400 Mio. €. Wir müssen daher endlich beginnen, ein Programm auf den Weg zu bringen, das langfristig diesen Sanierungsstau behebt und den jetzigen sowie zukünftigen Schülern in Thüringen hervorragende, auch gebäudetechnisch hervorragende Bedingungen liefert. Insbesondere bei der geplanten Umsetzung der inklusiven Bildung wird baurechtlich einiges erheblich zu verändern sein an den Schulgebäuden, denn alle Regelschulen und Gymnasien müssen hierzu schließlich behindertengerecht umgebaut und eingerichtet werden.

(Beifall FDP)

Die FDP-Fraktion fordert mit der Gesamtinvestition von zusätzlichen 20 Mio. € für die Bildung Investitionen in die Köpfe, in die Lerninfrastruktur und in ein

sozial gerechtes Bildungssystem. Wir wollen auch nicht, dass hier nur einmal verfügbare Mittel aus Steuermehreinnahmen verteilt werden, sondern wir haben mit unseren Änderungsanträgen auch Wege aufgezeigt, wie man durch Einsparung im Haushalt diese Mittel auch langfristig und kontinuierlich zur Verfügung stellen kann.

(Beifall FDP)

Ein Wort zu den Hochschulen: Die Thüringer Hochschulen und Universitäten wurden im letzten Jahr durch das Ziehen der Notfallklausel finanziell in Schwierigkeiten gebracht, die sie nicht ahnen konnten und die ihnen die Planungsstabilität genommen haben. Eines hat uns das gezeigt, es gibt also auch geschlossene Vereinbarungen, die nicht unbedingt verlässlich sind, so will ich es mal formulieren.

(Beifall FDP)

Doch nun, nach der Planung der Landesregierung, wird es in einer Laufzeit bis 2015 insgesamt 1,56 Mrd. € für die Hochschulen geben. Zum einen muss ich dazu sagen, dass wir zumindest in einer Forderung zu unserem Antrag „Sicherung des Hochschulstandorts Thüringen“ da eine volle Erfüllung sehen, wenn auch viel zu spät. Ich denke, die Hochschulen müssen über ihre finanzielle Ausstattung sehr frühzeitig informiert und nicht im Unklaren gelassen werden. Was aber noch immer fehlt, ist die Hochschulentwicklungsplanung. In § 11 Abs. 4 des Thüringer Hochschulgesetzes ist das geregelt. Hier werden die Mittel verteilt, aber wir haben noch keine Hochschulentwicklungsplanung und, ich denke, es ist auch wichtig zu wissen, wo denn der Weg hingeht, wo denn das Ziel ist.

(Beifall FDP)

Im Jahr 2012 wollen Sie über die kosten- und leistungsuntersetzte Gesamtfinanzierung, also KLUG, 321 Mio. € an die neuen staatlichen Fachhochschulen und Universitäten verteilen. Das ist sehr schön. Wenn wir das Budget im Vergleich zur Humboldt-Universität Berlin ansehen - die bekommen 356 Mio. € -, ist das schon ein gewaltiger Unterschied. Aber wir sind ja auch in Thüringen und hier ist alles ein bisschen kleiner. Es ist naturgemäß schwer, sich im bundesweiten Wettbewerb durchzusetzen. Aber genau hier muss man ansetzen, wenn die Thüringer Hochschulen im bundesweiten Wettbewerb nicht abgehängt werden sollen. Unsere Hochschulen sind in der Exzellenzinitiative nicht erfolgreich gewesen. Wir denken, das liegt daran, dass sie nicht ausreichend finanziert waren, und auch daran, dass weitere Stellen in den kommenden Jahren eingespart werden,

(Beifall FDP)

und das - das ist bei den Hochschulen ganz wichtig und interessant -, obwohl wir jährlich neue Höchstzahlen an Studierenden haben. In Thüringen sind

es so viele wie nie zuvor, nämlich 53.000 Studentinnen und Studenten.

(Beifall FDP)

Ein paar Zahlen aus anderen Ländern, wir schauen immer sehr gern über den Tellerrand hinaus, in Bayern wird es zum Beispiel etwas anders gehandhabt. Dort wird massiv in die Hochschulen investiert. Dort sind 3.000 weitere Personalstellen und 38.000 zusätzliche Studienplätze installiert worden. Das zeigt, dass es um die Schwerpunktsetzung geht. Es geht also ausdrücklich um die Schwerpunktsetzung, die eindeutig pro Wissenschaft und pro Hochschulen ausfällt und ausfallen muss. Eine aktuelle Hochschulentwicklungsplanung, ich möchte es gern noch einmal betonen, ist unserer Meinung nach ganz wichtig, um Klarheit zu schaffen, wo der Weg hingeht. Wie der Gesamtumfang von 1,56 Mrd. € zu bewerten ist, hängt schließlich davon ab, was mit diesem Geld passieren soll, welche Erwartungen die Landesregierung mit der Ausschüttung der Mittel hat und was sie damit verbindet. Das ist einfach noch unklar.

Wir müssen also bei der Vergabe der Mittel in diesem Umfang ganz genau im Blick haben, was in den anderen Ländern passiert, wenn wir unsere Hochschulen zukunftssicher ausfinanzieren wollen und so erfolgreich und wettbewerbsfähig bleiben wollen, wie wir das jetzt sind. Unwillkürliches Ziehen von Notfallklauseln und ein langfristig geplanter Stellenabbau sind aber in diesem Fall der falsche Weg.