Protocol of the Session on October 14, 2011

Der Uranabbau in der DDR und seine Folgen - Sanierung der Wismut-Altlasten in Thüringen - Beratung der Großen Anfrage

der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Antwort der Landesregierung - Drucksachen 5/1850/2821 - auf Verlangen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dazu: Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 5/3161

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat jetzt nicht noch einmal beantragt ihre Vorlage hier einzubringen? Ich kann also gleich die Beratung eröffnen und rufe als Ersten auf für die CDU-Fraktion den Abgeordneten Krauße.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Sanierung des Uranbergbaus speziell in Ostthüringen ist eine Geschichte, die sehr langwierig ist und auch noch sehr langwierig sein wird. Der Umweltausschuss hat sich vor Ort erkundigt, wie und in welcher Weise die Wismutsanierung vorangeht. Ich denke, dass die Fragen zur Sanierung dort von den Verantwortlichen umfassend beantwortet worden sind. Wer die Broschüre des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie zumindest einigermaßen studiert hat, weiß auch, welche Leistungen dort vollbracht worden sind. Klar ist für mich eines: Für die Leute vor Ort ist es eine unheimliche Verbesserung der Umwelt. Wenn man sich überlegt - und ich bin in der Region ja aufgewachsen -, wie das noch vor zwanzig Jahren, also zum Ende der DDR, ausgesehen hat, konnte man sich einfach nicht vorstellen, wie man diese Altlasten sanieren soll, wie dort wieder eine vernünftige Landschaft entstehen soll. Vor allem die Idee, dort eine Bundesgartenschau zu veranstalten, ist im Vorhinein von vielen belächelt worden. Da standen die Spitzkegelhalden noch, da waren andere Halden und Haldenaufstandsflächen noch nicht saniert. Es ist alles geschafft worden. Wer heute in das Gessental geht und wer sich heute anschaut, wie die neue Landschaft Ronneburg aussieht mit der Schmirchauer Höhe, der kann sich nicht vorstellen, wie das noch vor 10 oder 20 Jahren ausgesehen hat.

(Beifall FDP)

Man muss hier an dieser Stelle auch dem Bund und dem Sanierungsbetrieb vor Ort wirklich danken. Dort wird Großartiges geleistet. Ich verschweige nicht, mit allen Fehlern und Schwierigkeiten, die passieren, mit all den Unwägbarkeiten, die passieren, mit allen Nacharbeiten, die noch gemacht werden müssen, ist es natürlich verständlich, wenn man sich vor Augen führt; eine solche Sanierungsaufgabe in einem so dicht besiedelten Gebiet ist weltweit noch nie in Angriff genommen worden. Das ist bis jetzt eine einmalige Geschichte und es

(Vizepräsidentin Dr. Klaubert)

haben zahllose Experten und Wissenschaftler mitgearbeitet, um dieses Ergebnis überhaupt zu erzielen. Klar ist natürlich auch, dass man sich damit international und weltweit ein Standbein geschaffen hat. Die Firma WISUTEC, eine Ausgründung der Wismut, arbeitet mittlerweile in anderen Uranabbaugebieten oder ehemaligen Uranabbaugebieten teils selbst und in weiten Teilen als Berater mit, weil das in 20 Jahren erworbene Wissen und die Fähigkeiten, die diese Firma entwickelt hat, die bei Wismut entwickelt worden sind, natürlich auch international genutzt und vermarktet werden sollen. Ich für meinen Teil kann nur sagen: Auch wenn der Gessenbach durch das Eisenoxyd gelegentlich braun gefärbt ist, aber von der Gefährdungslage her und vor allem von der Strahlungsintensität, wie es sie damals vor Ort gegeben hat, ist heute überhaupt keine Rede mehr. Natürlich sieht man beim Austreten der Flutungswässer, dass es dort Schwierigkeiten gerade mit dem Gessenbach, mit der Wipse oder der Sprotte gibt. Andererseits muss man natürlich auch sehen, es sind hier Vorgänge speziell bei den untertägigen Verwahrungen und bei der Flutung der Gruben, die man so nicht ohne Weiteres vorausberechnen konnte, bei denen man nicht auf Punkt und Komma genau sagen konnte: Wo kommt welches Wasser raus und in welcher Weise ist das Wasser dort belastet? Man hat uns das vor Ort alles erklärt. Ich will dieses Referat auch hier nicht wiederholen, ich könnte es natürlich machen und auch die Zahlen vorlesen, aber ich denke, das wäre nicht zielführend. Wer sich dafür interessiert, die Wismut bietet genügend Material und genügend Möglichkeiten, sich dort im Detail zu informieren.

Was ich noch ansprechen möchte, ist eine Frage, die mich am Anfang gerade im Umgang mit der damaligen SDAG Wismut natürlich schwer irritiert hat. Die Wismut war sozusagen ein Geheimunternehmen und man ist dort kaum reingekommen. Die Wismut-Leute waren auch nicht sonderlich auskunftsfreudig. Dieses hat sich völlig geändert. Man kann heute in Chemnitz anrufen, man kann mit den Leuten vor Ort in Ronneburg reden, am Sitz der Firma, und man bekommt die Auskünfte so, wie man sie haben möchte. Das würde ich mir bei manch anderer Firma - ich nenne sie jetzt hier nicht, aber dies ist auch häufig Diskussionsgegenstand im Umweltausschuss - wünschen.

Eines lassen Sie mich bitte zum Schluss noch sagen: Diejenigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in der Wismut Jahre, teilweise Jahrzehnte gearbeitet haben, sagen mir immer wieder und nicht nur mir, ich bin ja oft bei solchen Treffen in Ronneburg: Das, was wir geleistet haben, war Schwerstarbeit

(Beifall CDU)

und wir sind als Bergleute stolz auf unsere Arbeit. Nicht stolz sind wir auf das, was wir damals, ge

schuldet der Zeit, geschuldet auch den finanziellen Mitteln und vor allem geschuldet dem Umweltbewusstsein in der DDR, hinterlassen haben. Viele dieser ehemaligen Kumpel hatten die Gelegenheit, an der Sanierung mitzuarbeiten; es sind heute am Standort Ronneburg noch über 700 Leute beschäftigt, die in der Sanierung arbeiten, es werden Lehrlinge ausgebildet. Es ist also nicht so, dass das eine Firma ist, die sozusagen auf null fährt und sagt, wir brauchen das alles nicht mehr. Man ist sich in der Wismut auch durchaus bewusst, dass man gerade die Wasserfassung, das Monitoring, die Wasserreinigung noch über Jahrzehnte weiterführen muss. Insofern kann man sagen aus meiner Sicht, die Wismutsanierung war mit allen Belastungen und die soll man auch nicht verschweigen - auch für die Bevölkerung vor Ort, die es heute immer noch gibt, Belastungen vor allen Dingen durch Verkehr, durch Transportaufgaben, die erledigt werden müssen, Abdeckung der Tailings, Millionen von Kubikmetern müssen dort an Erde transportiert werden. Die Belastungen für die Bevölkerung vor Ort sind noch da, aber angesichts dessen, was am Ende dabei steht, und ich denke hier gerade an die industrielle Absatzanlage Grünzig, wie es dort heute aussieht und wie man dort heute Fortschritte sehen kann, dass kann einen schon ein bisschen stolz und zufrieden machen.

Herr Abgeordneter Krauße, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Siegesmund?

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Ich teile in weiten Teilen Ihre Argumentation, möchte aber gern eine Zwischenfrage stellen zu dem Punkt 4.10 in der Beantwortung der Großen Anfrage. Da geht es um die Frage, ob die Landesregierung vor dem Hintergrund steigender Weltmarktpreise für Uran ausschließen kann, dass es zukünftig zu einem erneuten Abbau von Uran in Ostthüringen kommt. Die Landesregierung antwortet, dass es zwar derzeit keine Pläne dafür gibt, aber zu einem späteren Zeitpunkt gegebenenfalls vorliegende Anträge geprüft werden. Mich würde Ihre Meinung dazu interessieren.

Ja, Frau Siegesmund, kann ich Ihnen ganz klar antworten. Ich habe diese Frage, speziell diese Frage auch an Dr. Mann gestellt, als wir in Ronneburg waren. Es ist, wenn man sich den Umfang, vor allen

Dingen der Verwahrung - also Tagebau ist ja ohnehin kein Thema mehr -, das, was an Erz noch vorhanden ist, und da ist noch Erz vorhanden, das ist unbestritten, das liegt aber in sehr großen Tiefen. Z.B. der Schacht Drosen, Bärwalde und Drosen gingen die Teufungen bis auf 1.000 m Tiefe. Wer bei der Flutung, die sind ja mittlerweile geflutet die Bergwerke, sonst würde ja das Flutungswasser nicht oben austreten, wenn man die verwahrt und geflutet hat und wollte jetzt beginnen, dort einen neuen Erzbergbau aufzuschließen, speziell Uran, andere Erze gibt es ja, die jetzt gerade wieder im Erzgebirge abgebaut werden, wo neue Schächte aufgefahren werden, aber speziell Uran ist rein von der Technik und vom finanziellen Aufwand, das haben ja die Wismutfachleute auch bestätigt, absolut utopisch. Man würde in einer so dicht besiedelten Gegend - ich meine, Ostthüringen ist natürlich keine Großstadt, das sehen wir auch, aber es gibt ja viele kleine Dörfer und es gibt mittlere Städte, auch die Stadt Gera wäre mit betroffen - also, die Fachleute haben mir klipp und klar gesagt, kein Gedanke daran. Die ganzen Sanierungsmilliarden wären schlicht und ergreifend verschwendet, würde man jetzt anfangen, denn ein untertägiger Abbau bedeutet, dass ich obertägig wieder Halden aufbauen muss, also die schließen das aus. Ich für meinen Teil sehe das ganz genauso. Ich halte es wirklich für Unsinn, daran zu denken, dort einen neuen Uranerzbergbau zu betreiben. Da gibt es andere Möglichkeiten und andere Länder bauen ab. Wohl wissend, ich weiß, dass wir damals in Seelingstädt viele, viele Tonnen von den Yellowcake liegen hatten und froh waren, dass irgendwo in der Welt das noch jemand abgenommen hat, weil man nicht mehr wusste wohin; die Russen wollten es auch nicht haben, denen war es zu teuer. Wenn man überlegt, für welchen Spottpreis das damals weggegangen ist und heute reden wir über Preise 500 g, die rechnen ja in Pfund, von 45/50 Dollar. Aber die Frage wird natürlich am Ende sein, käme man auf die Idee, einen solchen Aufschluss zu machen, was muss ich investieren, wie bekomme ich die Umwelt dort in den Griff, die gerade erst saniert worden ist, und zum anderen, wie viel Uran wird letztlich noch gebraucht. Sie wissen ja, wir wollen in Deutschland aussteigen aus der Technologie und ich gehe mal davon aus, dass über kurz oder lang auch andere Länder sich entscheiden werden, diese Technologie zurückzufahren. Insofern, ich glaube nicht daran und die Fachleute in der Wismut, die ich danach gefragt habe, haben mir auch ganz klar bestätigt, kein Gedanke, weil a) technisch und b) finanziell überhaupt nicht machbar. Es müsste ein privater Investor sein, der nun sagt, ich fahre das alles wieder auf. Die Leute, die vom Bergbau was verstehen, die sind sich hundertprozentig sicher, verwahrte und geflutete Schächte und daneben einen neuen Schacht zu teufen und einen neuen Bergbau aufzufahren, das ist quasi unmöglich. Also

ich glaube nicht daran, das ist meine ehrliche Überzeugung. Genauso wenig glauben der Standortleiter und seine Kollegen daran, dass das in Ronneburg und der Gegend jemals wieder geschehen wird. Danke schön.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Krauße. Das Wort hat jetzt für die Fraktion DIE LINKE der Abgeordnete Tilo Kummer.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Die heutige Diskussion zum Uranabbau in der DDR und seinen Folgen, Sanierung der Wismut, passt eigentlich ganz gut in die aktuelle Energiediskussion. Denn Atomkraftwerke sollten nicht nur verurteilt werden wegen der Unfälle in Tschernobyl und Fukushima, sie müssen auch stillgelegt werden wegen der Endlagerproblematik und - wie hier im Raum Ronneburg beispielhaft darzustellen - wegen der Umweltschäden, die allein bei der Gewinnung des Urans hervorgerufen werden.

Vor 60 Jahren begann in Sachsen und Thüringen der Uranabbau für die atomare Rüstungsindustrie der Sowjetunion und hat massive Schäden in der Landschaft dort hinterlassen. Herr Krauße ist eben darauf eingegangen. Er ist jetzt beendet, der weltweite Run auf Uran indes noch nicht, reichlich 400 AKWs sind weltweit noch in Betrieb, weitere sind in Planung. Frau Siegesmund hat ja eben die Frage schon angesprochen, sie ist auch aus unserer Sicht von der Landesregierung unbefriedigend beantwortet. Hier hätten wir uns eine klare politische Aussage gewünscht. Dass es in Thüringen keinen Uranbergbau mehr geben soll, das hätte in diese Antwort gehört. Das ist leider nicht erfolgt, meine Damen und Herren.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben genauso begrüßt, welche Fortschritte die Uranbergbausanierung gemacht hat. Herr Krauße ist auch schon auf die BUGA eingegangen. Das war sicherlich das vorzeigbare Bild, obwohl natürlich im gleichen Moment Probleme auftraten. Die Austritte im Gessental kamen ja schon zu Zeiten der BUGA zustande, die durch die Flutung der Grubenbaue entstanden sind. Diese Pannen, die man der Wismut nicht vorwerfen kann, zeigen, wie kompliziert eine solche gigantische Sanierung von Altlasten ist. Und, meine Damen und Herren, gerade mit Blick auf die aktuelle Diskussion über das Sondervermögen ökologische Altlasten in Thüringen, sage ich hier ganz deutlich, bin ich froh und dankbar, dass die Wismut ein Bundesbetrieb ist, dass die Bundesrepublik Deutschland hier voll zu dieser Verantwortung steht und, wie uns auf der Aus

(Abg. Krauße)

schuss-Sitzung deutlich gemacht wurde, auch klar gesagt hat, wir brauchen mindestens bis 2040, um hier die Lage im Griff zu behalten, und auch danach wird es die Wismut wahrscheinlich noch sehr, sehr lange geben und sei es nur als ein Aktenordner in irgendeiner Anwaltskanzlei, weil sie für bestimmte Dinge immer noch haften wird. Es braucht ein dauerhaftes Monitoring in dem Bereich. Das sind alles Aspekte der Nachsorge, die man im Vorfeld berücksichtigen muss. Und wir müssen uns bei privaten Bergwerksbetreibern natürlich auch am Wismutbeispiel orientieren, was die Einforderung von Sicherheitsrücklagen angeht für Bergbaudinge, die solche ökologischen Schäden mit sich bringen und die eine solche lange Nachsorge brauchen, meine Damen und Herren.

Ich möchte noch ein paar Worte zu dem sagen, was aktuell in der Diskussion ist. Das hat auch in unserer Ausschuss-Sitzung in Ronneburg, wo wir uns vor Ort die aktuelle Situation angesehen haben, eine Rolle gespielt. Es wird noch einiges anstehen und da brauchen Thüringer Kommunen z.B. Hilfe, wenn es darum geht, rechtzeitig vor Ende der Wismut-Sanierung Schäden anzumelden, die durch die Wismut z.B. in Gewässerauen hervorgerufen worden sind. Das muss erfasst werden, das muss angemeldet werden, das muss klar dargestellt werden, warum es auf Wismut-Altlasten basiert, damit hier eine Sanierung stattfindet, bevor die Wismut aufhört zu existieren. Das ist eine ganz wichtige Geschichte. Ich denke auch an die aktuelle Diskussion, die Grenzwerte in der Weißen Elster anzuheben. Hier ist das Gleiche zu verzeichnen wie bei der Grenzwertdiskussion im Bereich der Werra durch die Kali-Industrie. Wir diskutieren eigentlich falsche Grenzwerte, denn der Härtegrenzwert ist auch in der Weißen Elster nicht das hauptsächliche Problem. Der spielt vielleicht eine Rolle für Kraftwerke, die darunter liegen und dann irgendwo ein relativ weiches Wasser brauchen, weil sie ansonsten zu viel Kesselstein haben, das mag sein, aber für das Ökosystem ist die Härte nicht der belastende Faktor. Da spielen Fragen wie Eisen, da spielen Fragen wie Cadmium und Ähnliches, Nickel, was ja auch eine besondere Bedeutung hat bei den Wismut-Abwässern, eine viel, viel größere Rolle. Deshalb bitte ich einfach darum, wenn ein neuer Grenzwert festgesetzt werden soll, dass er sich an solchen Parametern festmacht, dass auch betrachtet wird, wie das Kalzium-Magnesium-Verhältnis festgeschrieben wird, weil das für ein Gewässer auch sehr, sehr wichtig ist und eben durch den Härtegrenzwert an sich, der beides einschließt, nicht wiedergegeben wird.

Meine Damen und Herren, ich möchte noch auf einen anderen Punkt eingehen, der in der Großen Anfrage nur gestreift wurde - die Altstandorte des Uranbergbaus in Thüringen außerhalb der WismutSanierung. Sicherlich ist klar, dass sie nicht die Rol

le in Thüringen spielen wie in Sachsen. In Sachsen ist da viel mehr an Problemen, deshalb gibt es dort den Staatsvertrag. Trotzdem wünschte ich mir, dass die Landesregierung sich dieses Problems verstärkt annimmt, auch gerade mit dem Hinweis darauf, wie uns andere Altlastensanierungsprobleme einholen. Es ist nicht so, dass dort nichts passiert wäre. Und nur, weil Flächen rechtzeitig aus der Wismut herausgenommen wurden und den Räten der Kreise, Gemeinden oder Ähnlichen übertragen worden sind, kann man doch nicht sagen, dass auf diesen Flächen ein anderer Sanierungsstandard gelten soll als bei der Wismut. Wir wissen gar nicht, welche Gemeinde irgendwann mal ein Problem hat, weil sie irgendwo ein Gebiet anfasst und dann plötzlich feststellt, sie hat es dort mit einer Altlast des Uranbergbaus zu tun. Ich selbst habe die Erfahrung gemacht, als ich im Landkreis Hildburghausen - dort bin ich Kreistagsmitglied - angefragt habe, wie denn die Altlastensanierung des Uranbergbaus bei uns im Landkreis stattgefunden hat. Der Landrat schaute mich an und sagte, er wisse von nichts. Er hat mir zugesichert, das zu prüfen. Die Landesregierung hat gesagt, wir haben denen doch alle Unterlagen zugeschickt. Wenn die das nicht richtig bekannt machen, ist das nicht zu ändern. Aber Fakt ist eines: Es hat Uranbergbau im Landkreis Hildburghausen gegeben. Ich habe ein paar Zahlen aus der Wismut-Chronik - die ist wirklich sehr interessant zu lesen für alle, die sich mit solchen Fragen mal beschäftigen wollen und schauen wollen, ob bei ihnen um die Ecke vielleicht nicht auch gebohrt wurde. Im Bergwerk Hirschbach, das ist also gleich bei Suhl, sind 11 km Vortrieb geleistet worden, es sind 145.000 m³ Bergemasse dort gewonnen worden, Erz davon 154.000 t - Erz im Bergwerk Hirschbach 154.000 t. Das hat allerdings nur einen Urangehalt von 0,01 Prozent gehabt - 14 t Uran, die dort gewonnen wurden. Da gibt es natürlich Halden, da gibt es auch einen Tagebau und wenn man sich dann in der WismutChronik durchliest, wie dort die Verwahrung lief, steht: Nach Einstellung der bergmännischen Tätigkeit ab 01.01.1954 wurde das Revier kaum verwahrt und ungenügend gesichert verlassen. Schaftingen, Tagesbrüche, verbrochene Stollen, Mundlöcher und Halden zeugten vom ehemaligen Bergbau. Gravierende Versäumnisse bei und nach der Stilllegung des Bergwerks sind unumstritten. Erst 1962 erfolgten erste größere Verwahrungs- und Sicherungsmaßnahmen durch das Bergsicherungsrevier der Grubenverwaltung Zobis. Deren Ergebnisse entsprachen jedoch nicht den Erfordernissen. Später hat man einzelne Kleinigkeiten, z.B. im Bereich der Schießsportanlage Suhl-Friedberg saniert, aber das Große und Ganze hat man einfach liegenlassen. Das ist der Punkt, wo ich sage, hier müssen wir einfach noch mal hinschauen. Wir können Gemeinden mit solchen Altlasten - meistens sind es gemeindliche Flächen - nicht allein lassen. Solange

wie der Bund am Beispiel Sachsen belegt, dass er bereit ist, noch mal Geld in die Hand zu nehmen, um solche Altlasten zu sanieren, möchte ich dem Freistaat Thüringen empfehlen, sich hier zu bewerben, um nach Prüfung dessen, was notwendig ist, wenigstens diese Maßnahmen einzuleiten und rechtzeitig Geld vom Bund zu beantragen und es nicht zu verschlafen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Meine Damen und Herren, zum Fazit: Ich bin froh und dankbar - noch einmal möchte ich das hier ausdrücklich betonen -, dass wir es hier mit einer öffentlich-rechtlichen Sanierung des Bergbaus zu tun haben, dass wir klar davon ausgehen können, es gibt den wirklichen Willen und es gibt auch das Geld, um diese ökologischen Altlasten so zu beseitigen, dass keine Gefährdung für die Menschen mehr ausgeht. Ich wünsche mir ganz dringend, dass wir daraus die nötigen Schlussfolgerungen ziehen, gleiche Maßstäbe an die Sicherheit im privaten Bergbau zu legen. Was ich mir auch wünsche - und daran können wir vielleicht alle gemeinsam mitwirken -, die Flächen, wo sich heute noch Altlasten darunter befinden, auch die Halden im Bereich der Wismut-Sanierung sind nicht ungefährlich, nur weil sie abgedeckt sind. Wenn man so etwas wieder aufmacht, holt man die Altlast wieder hervor. Diese Flächen müssen als Altlasten in der Erinnerung bleiben. Es darf nicht passieren wie im Landkreis Hildburghausen, dass eine Baubehörde dann davon nicht mehr weiß. Deshalb rate ich dringend, dass Änderungen auf Bundesebene im Bereich des Grundbuchrechts durchgeführt werden, damit Altlasten im Grundbuch festgehalten werden können und mit jeder Veräußerung der Fläche im Gedächtnis bleiben und dem Käufer, dem neuen Eigentümer, von vornherein bekannt gegeben werden. Das ist aus meiner Sicht die einzige Möglichkeit, wie wir zumindest über die nächsten Jahrhunderte sicherstellen können, dass diese Flächen nicht in Vergessenheit geraten. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen herzlichen Dank, Herr Abgeordneter Kummer. Das Wort hat jetzt als Nächster Abgeordneter Barth für die FDP-Fraktion.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, als der Uran-Bergbau Ende 1990 relativ plötzlich und abrupt eingestellt wurde, hat er in der Tat Umweltschädigungen/Umweltauswirkungen hinterlassen in einem Maß, wie man sich das bis dahin kaum vorstellen konnte. Es gab keinen Bereich, der unbeeinflusst geblieben wäre, das Lebensumfeld

der Menschen, die Natur, alles, was man sich vorstellen kann. Die Wirtschaft war auf diese Monowirtschaft völlig ausgerichtet. Allein im Bereich der Umwelt waren es 1.400 km offener Grubenbau, über 300 Mio. m³ Haldenmaterial, 160 Mio. m³ radioaktiv belastete Schlämme in den Absetzanlagen in Grömitz und in Trünzig und im Tagebaurestloch, was am Ende dann noch 190 m tief war, während des Betriebes sogar mal über 230 m tief gewesen und mit - das muss man sich vorstellen - Flugzeugtriebwerken am Rand Frischluft reingeblasen. Um die 250 m lang ist es noch gewesen. Unglaubliche Bilder, die sich einem dort geboten haben, wenn man dort unterwegs gewesen ist.

Bei allem, was auch in den Jahren danach war - es kam eben, ich meine, Kollege Krauße sei es gewesen oder war es Herr Kummer, ich weiß es nicht mehr, der gesagt hat, dass die Menschen dort nicht besonders auskunftsfreudig gewesen seien -, darf man natürlich eins nicht vergessen, diese Hinterlassenschaften des Bergbaus in Sachsen und auch in Thüringen sind nicht Schuld der Menschen, die dort gearbeitet haben. Die haben ihren Job gemacht, die haben einen Knochenjob gehabt. Bergbau ist eine der lebensgefährlichsten Tätigkeiten, die wir in unserer Zivilisation haben. Es gilt für die Uran-Erzbergleute genauso wie für die in der Steinkohle in Zwickau oder im Ruhrgebiet, es ist überall gefährlich. Die haben daran keine Schuld, sondern die haben ihre tägliche Arbeit gemacht. Die Hinterlassenschaften waren eine Zeit- und natürlich auch eine Systemfolge. Die etwas eingeschränkte Auskunftsgemeinschaft hat im Wesentlichen zwei Gründe. Die war zum einen natürlich ein bisschen Gewohnheit. Es war eine relativ geheime Veranstaltung, es war nicht für jedermann zugänglich, es gab legitimierte Waffenträger auch in der Belegschaft der Wismut, so dass von daher schon eine gewisse Geheimhaltung an der Tagesordnung war. Und natürlich - das ist, glaube ich, ein Punkt, den man 20 Jahre nach der deutschen Einheit ansprechen kann - gab es in der Vermittlung nach der Wende dieses Missverständnis. Da wurde aus dem Schrei, was ist denn das für eine Sauerei, die hier hinterlassen worden ist, eben nicht differenziert, dass das nicht die Schuld der Menschen ist. So haben das viele auch auf sich selbst bezogen und sich selbst angegriffen gefühlt, haben ihre eigene Biographie angegriffen gefühlt - völlig zu Unrecht. Das erklärt ein Stück weit diese Vermittlungsschwierigkeiten und auch diese eingeschränkte Kommunikation und diese eingeschränkte Auskunftsfreudigkeit, die am Anfang geherrscht haben. Aber das war am Anfang.

Der Umfang - das habe ich gesagt - war beträchtlich. Es waren 13 Mrd. DM, die damals bewilligt worden sind vom Bundeskabinett, vom Deutschen Bundestag, dann nach der Umstellung 6,4 Mrd. €, die in die Sanierung insgesamt fließen. Das ist,

(Abg. Kummer)

wenn man sich das vorstellt, schon eine wirklich gewaltige Summe, die da in die Hand genommen worden ist. Deswegen bleibt das Fazit auf jeden Fall stehen. Die Mitglieder des Landwirtschaftsausschusses haben sich das persönlich angeschaut. Ich bin selbst auch sehr oft in der Region gewesen.

Die Wismutsanierung ist eine Erfolgsgeschichte. Die Wismutsanierung ist zu einem international bedeutsamen Referenzobjekt für vergleichbare Vorhaben geworden, die es überall auf der Welt gibt - in Nordamerika, in Afrika gibt es große Uran-Bergbaugebiete. Die Wismutsanierung ist zu einem international bedeutenden Referenzobjekt für all diese Gebiete, für all diese Vorhaben geworden. Es ist ohne Beispiel - das ist schon gesagt worden -, was da passiert ist. Wenn man sich überlegt, dass auch sämtliche Sanierungstechnologien völlig neu, teilweise erfunden werden mussten im Tagebau mit dem verdichteten Einbau und der Kalkbeimischung, die ganzen Diskussionen um die Frage, wie legt man diese Wasserflächen, diese Schlammseen tatsächlich trocken, mit Einbau von Geogittern und vielen anderen Dingen, Einbringen von Drains, um die Feuchtigkeit zumindest aus den oberen Schichten herauszuholen. Das war unglaublich anspruchsvoll, was die Entwicklung der Technologie betrifft. Und es war auch unglaublich anspruchsvoll, was ihre Umsetzung betrifft, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Jetzt nach der Sanierung, das kann man auch sagen, sind die Flächen zum großen Teil wieder nutzbar gemacht worden und die Lebensqualität der Menschen, die dort wohnen, hat sich deutlich erhöht. Die Sanierungsgesellschaft Wismut hat für die Menschen in der Region wieder eine Grundlage für die Zukunft geschaffen, indem sie nämlich eine lebenswerte Umgebung geschaffen hat. Mit den 1.500 Beschäftigten der Wismut und einer Auftragsvergabe, die sich im Wesentlichen auch an kleine und mittelständische Unternehmen in der Region gerichtet hat, ist es daneben auch gelungen, dass ein Großteil des Geldes, das ausgegeben worden ist, tatsächlich in der Region verblieben ist. Damit war die Sanierung letztlich ein erheblicher Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung an den einzelnen Sanierungsstandorten.

Dass Schlema heute wieder Kurort ist, war vor 20 Jahren genauso wenig vorstellbar wie die Idee, dass in Ronneburg im Jahr 2007 eine Bundesgartenschau würde stattfinden können. Wer das Anfang der 90er-Jahre geäußert oder vorausgesagt hätte, dem wäre das Angebot, in eine psychiatrische Klinik eingewiesen zu werden, wahrscheinlich eher in Aussicht gestellt worden als das Angebot für irgendeinen Zukunftspreis. Wenn man es sich dann anschaut, dann ist auch die Nachnutzung der einzelnen Flächen ein Hinweis darauf, wie gut die Sanierung am Ende tatsächlich funktioniert hat. Da sind Wohnflächen dabei, da sind Flächen für Land

wirtschaft und Forstwirtschaft dabei. Da sind Flächen dabei, die öffentlich genutzt werden mit Sportanlagen oder die genannte Bundesgartenschau. Das sind alles Flächen, die auch uneingeschränkt zugänglich sein müssen ganz grundsätzlich und damit natürlich auch Umweltstandards, auch gerade was den Bereich des Strahlenschutzes betrifft, erfüllen müssen, die ein weit in den Bereich der Vorsorge hineingehendes Ergebnis und Werte dann auch erreichen. Diese Zahlen, dass das fast 450 ha sind, die für solche Dinge genutzt werden können, zeigen letztlich auch die Qualität der durchgeführten Maßnahmen und natürlich auch, dass es nicht nur Grenzwerte sind, sondern dass die Werte, die erreicht worden sind, häufig weit unter dem als Grenzwert zu bezeichnenden Parametern sind. Man kann sich natürlich, lieber Kollege Kummer, immer viel mehr vorstellen. Aber was man in so einem Fall auch konstatieren muss, ist, dass es keinen Sinn macht, die Natur noch natürlicher sanieren zu wollen, als sie natürlicherweise ist.

(Beifall FDP)

Das Uran war vor uns da und es wird auch nach uns noch da sein. Es gibt nun mal auch geogen ganz unterschiedliche Vorbelastungen. Es gibt geogen und normal geologisch ganz unterschiedliche Regionen in unserem Land, wo ganz unterschiedliche Parameter, die wir als Umweltbelastung oder eben als Messwerte haben, natürlicherweise im ganz unterschiedlichen Umfang da sind. Das ist nun mal im Bereich Ostthüringen und Westsachsen insbesondere der Wert der Strahlenbelastung verursacht durch die Uranvorkommen, die es in der Region gibt.

Die Sanierungsziele waren im Wesentlichen zwei. Zum einen, dass man die Objekte, die verbleiben, nicht nur einfach saniert, sondern in einen möglichst nachsorgearmen Zustand bekommt. Das heißt, da die Belastungen sehr langfristig sind, die sich aus radioaktiver Strahlung ergeben, ist es natürlich sinnvoll zu sagen, wir sanieren das in einen Zustand, dass nicht ständig irgendjemand daneben stehen - bildlich gesprochen - und aufpassen muss, was da so passiert. Das Zweite, das hängt unmittelbar damit zusammen, ist das Ziel, möglichst wenige einzelne Objekte übrig zu haben, an denen man überhaupt noch eine Nachsorge machen muss. Konsequenterweise hat man dann die Schadstoffe an ganz wenigen Orten, wenigen Punkten zusammengefasst. Es gibt im Prinzip nur noch einen Haldenstandort nördlich der Autobahn von ehemals drei, wenn ich mich recht erinnere. Es gibt südlich der Bundesautobahn 4 das verfüllte Tagebaurestloch, in das alles an großen und kleinen Halden am Ende hineingefahren worden ist, was in der ganzen Umgebung gelegen hat. Die Ministerin zeigte es eben, letztlich ist aus dem Loch, was ich eingangs beschrieben habe, ein landschaftlich, wie ich finde, da darf man unterschiedlicher Meinung sein, aber

ich finde durchaus ansprechend gestalteter Hügel geworden, der auch zentraler Punkt der Bundesgartenschau gewesen ist, wo man heute wandern kann und Ähnliches.

Es sind natürlich die Absetzanlagen, die aufgrund der Menge und der Beschaffenheit des dort liegenden Materials schlicht und ergreifend nicht mobil sind. Es sind klassische Immobilien, die muss man dort sanieren, wo sie sind. Aber das sind dann im Wesentlichen zumindest in Thüringen die Flächen, an denen sich die Schadstoffe konzentrieren. Das ist, glaube ich, auch ein weiteres Zeichen dafür, dass diese Sanierung von Anfang an nicht überstürzt - es hat ja auch alles wirklich lange gedauert -, aber mit Sinn, Verstand und klarem Ziel gemacht worden ist. Dass Aufgaben übrig bleiben, das ist zu sehen am Gessenbach, an den Austrittsorten, über die Horst Krauße gesprochen hat. Aber das war von Anfang an klar, dass das Wasser dort irgendwann herauskommen wird. Wenn man die Wasserhaltung in einem Grubengebäude einstellt, steigt Grubenwasser auf, steigt Grundwasser auf, und das kommt natürlich irgendwann ans Tageslicht. Da staunen Sie, was ich alles weiß, liebe Frau Siegesmund. Ich bin mal gespannt, was Sie dann alles wissen. Es ist in der Tat so, dass diese Überwachung natürlich weiter erfolgen muss. Das war von Anfang an bekannt und dass man dort entsprechend mittel- und langfristig weiter Nachsorge betreiben muss, um das austretende Wasser in eine Qualität zu bringen, in der man es dann unbedenklich an die Vorflut abgeben kann.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, unterm Strich ist die Wismutsanierung eine Erfolgsgeschichte. Sie verdient angemessene Würdigung, denn ohne dieses Projekt hätten wir im Bereich Ostthüringen lange nicht den Zustand, den wir erreicht haben. Was offen bleibt, ist vielleicht noch ein Gedanke, liebe Frau Siegesmund, dass Sie noch ein bisschen staunen, was ich alles weiß.