Über die FDP waren wir bereits in der Diskussion und haben festgestellt, dass Herr Koppe eine vollkommen andere Meinung hat. Da verwundert es mich schon, dass Sie keinen Handlungsbedarf sehen, wie Sie uns das letzte Woche bereits in einer
Pressemitteilung zur Kenntnis gegeben haben. Denn, Herr Koppe, wer wie Sie vor allen Dingen unter den Reichen dieser Gesellschaft sein Klientel ausmacht, sieht natürlich kein Handlungspotenzial für diejenigen Frauen oder Paare, die es sich nicht leisten können. Dies verwundert mich nun wiederum auch nicht, denn Ihr designierter FDP-Vorsitzender auf Bundesebene ist ja zeitgleich der Bundesgesundheitsminister und von dem habe ich in den letzten Jahren auch nicht erlebt, dass er sich um sozial Schwache besonders kümmert.
Sehr geehrte Damen und Herren, aber uns liegt ja kein Antrag von der FDP vor, darin würde vielleicht die ganze Abschaffung formuliert, sondern uns liegt ein Antrag in erster Linie von der Regierungskoalition vor und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, aber auf die Thematik von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN würde ich zu einem späteren Zeitpunkt noch mal kommen. Ich sage ausdrücklich an die Koalitionsfraktionen: Sie sind mit dem Antrag auf dem halben Wege stehen geblieben, denn genau das, was Sie hier alles auch argumentiert haben, steht in unserem Antrag. Man muss einfach allen, die es wünschen, auch ermöglichen, dass eine künstliche Befruchtung nicht vom Geldbeutel einer Person oder einer Familie abhängt. Wir haben bereits in Erfahrung gebracht und die Kollegen von der CDU haben es auch gesagt, dass eine künstliche Befruchtung eine sehr hohe finanzielle Belastung für eine Familie darstellt. Im Durchschnitt kostet sie zwischen 3.000 und 3.600 €, manche sprechen sogar von 4.500 €. Gehen wir davon aus, dass ein Anteil von den Eltern zu bezahlen ist, so kommt immer noch eine Summe zwischen 750 und 900 € auf die betreffenden Personen zu. Bei vier Versuchen wäre das sogar ein selbst zu zahlender finanzieller Beitrag von 5.000 bis weit über 6.500 €. Das ist einfach zu viel und man sollte das Thema Kinderwunsch wirklich nicht am Geldbeutel festmachen. Aber - das sage ich auch im Hinblick auf CDU und SPD - es ist nicht nur ein Thema des Geldbeutels. Auch ein Thema in Ihrem Antrag ist der restriktive Umgang mit den Bestimmungen, dass zukünftig nämlich nur Ehepaare die Möglichkeit zur künstlichen Befruchtung haben sollen. Darin kommt in unseren Augen wieder Ihr konservatives Familienbild zum Ausdruck, das leider diesmal von der SPD mitgetragen wird. Wir LINKE sagen ganz deutlich: Jeder Mensch hat unabhängig vom Geldbeutel, der sexuellen Orientierung und seines Familienstandes das Recht, ein Kind zu bekommen.
Es gibt nicht gute Kinder, die in einer Ehe geboren werden oder nicht so gute Kinder, die in unehelichen oder in Lebensgemeinschaften zur Welt kommen. Es gibt den Fakt Kind und jedes Kind ist uns
An der Stelle bin ich ganz zufrieden, dass wir über manche antiquierte Familienbilder in den letzten Jahren etwas hinweggekommen sind. Ich möchte noch einmal an das Europaparlament erinnern, das vor wenigen Wochen gemeinsam, die Liberalen und die LINKEN übrigens, einen Antrag in den für Soziales zuständigen Ausschuss eingebracht haben, in dem die Landesregierungen der EU-Mitgliedstaaten aufgefordert werden, den Zugang zur künstlichen Befruchtung ohne jegliche Begrenzung zu gewähren und die Diskriminierung von Frauen zu beseitigen.
Herr Koppe, das ist ein Ansatz, den Sie sich noch einmal anschauen sollten, dann haben Sie vielleicht auch die Möglichkeit, anders zu argumentieren.
Es gibt also auch für mich die Frage, warum sollen sich Frauen unter 25 oder jenseits der 40 zukünftig nicht weiter mit einer künstlichen Befruchtung befassen dürfen. Das sollten wir wirklich noch einmal ausdrücklich in den Ausschüssen bereden. Auch Frauen sollten die Möglichkeit haben, sich weit über das 40. Lebensjahr und Männer auch über das 50. Lebensjahr hinaus diesen Behandlungen zu unterziehen. Wir haben also unseren eigenen Alternativantrag gestellt. Ich habe es bereits begründet, was die Fraktion DIE LINKE möchte: die vollständige Übernahme der Kosten für vier Versuche, die Aufhebung der strikten Altersbegrenzung, den Zugang zur künstlichen Befruchtung für alle Frauen unabhängig vom Familienstand. Das ist uns ganz wichtig.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, ich war schon etwas erschrocken, als ich Ihren Alternativantrag gelesen habe. Ich habe auch lange gebraucht, um ihn zu verstehen. Vielleicht wollten Sie mit dem Antrag verschleiern, was Ihre Fraktion im Bundestag 2003 auf den Weg gebracht hat - die Schlechterstellung. Mag ja sein, dass Sie somit ablenken wollten und sind auf die ganze Thematik um Ehegattensplitting, Kindergrundsicherung, Transferleistungen, Ausbau der Kitas etc. gekommen. Aber das ist natürlich etwas, was die Elterngeneration, diejenigen, die schon Kinder haben, betrifft. Da sind wir ganz dicht beieinander. Wir reden aber im Moment über Eltern, die einen Kinderwunsch haben und die erst später einmal diese anderen Dinge in Anspruch nehmen würden. Wir wären gern bei Ihnen gewesen, aber so kann man den Antrag, den Sie wollen, leider in den Punkten nur ablehnen, und das ausdrücklich; er bedeutet eine Verschärfung der Kosten. Sie wollen die finanzielle Unterstützung nicht übernehmen,
sondern Sie wollen es einkommensabhängig gestalten, ohne hier eine Differenzierung vorzulegen. Es ist zu vermuten, dass sich dann zukünftig vielleicht nur noch Millionärsfrauen dieses leisten können. Alle anderen haben vielleicht gar nicht die Möglichkeit, diese künstliche Befruchtung durchführen zu lassen, weil es nicht bezahlt wird. An der Stelle also ein ausdrückliches Nein zu Ihren Vorschlägen, weil sie eine Schlechterstellung von Personen herbeiführen würde. Wir würden gern unseren Antrag auch mit überweisen. Danke.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Stange, ich habe ja gehofft, dass Sie irgendwann verstehen und irgendwann auch akzeptieren, dass Sie nicht die einzige Person sind, die sich in Thüringen um soziale Belange kümmert.
Ich habe auch gehofft, wenn man mal andere Lösungsansätze hat, wenn man vielleicht das eine oder andere auch mal unter dem fiskalischen Gesichtspunkt sieht, dass Sie es zumindest schaffen, das zu verstehen und zumindest bereit sind, darüber zu reden und
aufhören, polemisch Sachen zu beurteilen, von denen Sie der Meinung sind, dass sie nicht richtig sind. Aber ich gebe die Hoffnung nicht auf. Von daher würde ich trotzdem gern noch ein paar Punkte loswerden, die aus unserer Sicht zu dem Thema wichtig und zu sagen sind. Es ist richtig, die Gesellschaft trägt Verantwortung für die Ausgestaltung von Rahmenbedingungen, zum Beispiel, da ist Thüringen mittlerweile sehr weit vorn, zu einer guten Infrastruktur der Kinderbetreuung.
Das habe ich gern gemacht, Herr Prof. Dr. Merten. Aber der Staat ist aus unserer Sicht nicht als aktiver Akteur für die Erhöhung einer Geburtenquote zuständig. Bei allem Respekt vor den Antragstellern, das kann nicht Ihr Ernst sein. Dem Vorschlag der Regierungsfraktion, den Bund an den Kosten für künstliche Befruchtung zu beteiligen, kann ich daher nichts abgewinnen. Wie uns bekannt ist, fördern die Krankenkassen heute bereits 50 Prozent der Kosten an einer künstlichen Befruchtung. Ich weiß - und das weiß ich aus eigener Erfahrung aus
der Familie -, wie belastend die Situation für Betroffene sein kann. Aber es muss auch Gründe gegeben haben, warum diese heutige Regelung getroffen worden ist.
Damit bin ich bereits bei den beiden Alternativanträgen. Zunächst möchte ich ganz kurz auf den Alternativantrag der Fraktion DIE LINKE eingehen. Ich glaube, es muss Sie schon sehr geschmerzt haben, wenn Sie jetzt noch von Schwarz-Rot links überholt werden wollen. Was ist Ihre Reaktion? Sie packen auf die Forderungen, die Ihnen vorliegen, einfach noch mal was drauf, Frau Stange. Es ist da auch völlig egal, um welches gesellschaftliche Problem es sich gerade handelt. Sie packen einfach noch etwas drauf.
Auf die Forderung des Antrags von CDU und SPD, künstliche Befruchtung mit zusätzlich 25 Prozent Bundesmitteln zu fördern, also insgesamt eine 75-Prozent-Gesamtförderung, legen Sie in Ihrem Alternativantrag einfach die fehlenden 25 Prozent oben drauf. Ergebnis wäre eine 100-prozentige Förderung, aber nicht, wie bisher immer gewesen, durch die Krankenkassen, sondern jetzt soll der Bund die restlichen 50 Prozent zahlen. Was hätten Sie denn eigentlich gemacht, wenn der Ursprungsentwurf schon eine 100-prozentige Förderung gehabt hätte?
Nun möchte ich mich dem Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zuwenden. Ich möchte es noch mal sagen, Frau Siegesmund: Dieser Antrag ist aus meiner Sicht der beste und inhaltlich ansprechendste, den Ihre Fraktion bisher vorgelegt hat.
Ich gehe sogar so weit: Ihr Antrag hätte es verdient, als alleiniger von den drei vorliegenden weiter im Ausschuss behandelt zu werden. Doch! Ich sage Ihnen auch gleich, warum. Es ist der einzige der hier vorliegenden Anträge, der sich den tatsächlichen gesellschaftlichen Problemen zuwendet und das, das muss man auch mal sagen, umfassend. Wir liegen zwar naturgemäß bei den Lösungsansätzen für die genannten Rahmenbedingungen auseinander, das will ich nicht verhehlen, allerdings
Erlauben Sie mir, hier kurz, nicht auf alle, aber exemplarisch auf ein paar einzelne Punkte Ihres Alternativantrags einzugehen. Im Punkt d stellen Sie beispielsweise richtig fest, dass die Frage nach neuen Arbeitszeitmodellen jedenfalls für zwei Punkte entscheidend ist. Erstens für die Möglichkeit, sich bei gleichzeitiger Berufstätigkeit einen Kinderwunsch zu erfüllen, als eben auch für die Absicherung finanzieller Unabhängigkeit bei Müttern und Vätern nach der Geburt eines Kindes. Aber auch hier sind wir zwar bei der Fokussierung des Problembereichs einig, stehen uns aber diametral bei der Lösungssuche gegenüber. Auch bei der Forderung nach Teilzeit und flexiblen Arbeitszeitmodellen vertrauen Sie nicht grundsätzlich den gesellschaftlichen Akteuren, sondern fordern staatliches Eingreifen und Regulierung. Ich will es für das Protokoll noch einmal festhalten: Gerade an so zentralen Punkten werden die Unterschiede in der Staatsund Gesellschaftsauffassung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP deutlich.
Sie, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, glauben an einen fürsorgenden Staat, wohl wissend, dass gerade ein Staat, der meint, die Idee des Glücks für seine Bürger gefunden zu haben, in der Geschichte schon oft das genaue Gegenteil bewirkt hat.
Genau dagegen stellt sich die Vorstellung von Liberalität, denn es sind genau die betroffenen gesellschaftlichen Akteure, die eine Lösung auszuhandeln haben. Die Gesellschaft ist dabei bereits viel weiter, Herr Adams, als Sie attestieren. Ich nenne nur ein paar Beispiele: Eröffnung von Betriebskindergärten oder die Möglichkeit, ohne Arbeitsplatzverlust ein halbes oder ein ganzes Jahr auszusetzen, bis hin zu Räumen zur Entspannung während der Arbeitszeit. Auch das hat es nicht immer gegeben. In einem Punkt, das ist der Punkt e, widersprechen Sie sich sogar, Frau Siegesmund. Es ist klar, dass eingetragene Lebenspartnerschaften der Ehe rechtlich gleichgestellt werden sollten. Allerdings halte ich das Kriterium einer stabilen Partnerschaft, egal ob Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft, schon für erhaltenswert, denn wenn jemand die Hilfe der Sozialgemeinschaft einfordert, muss er auch ein paar Kriterien erfüllen. Es steht jedem frei, auch als Einzelperson auf eigene Kosten eine künstliche Befruchtung durchführen zu lassen.
Aber dass wir als Gesellschaft ein Interesse daran haben sollten, die Kinder in stabilen Verhältnissen aufwachsen zu lassen, dürfte ebenso wenig umstritten sein. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, wenn Paare sich ein Kind wünschen, dies jedoch auf natürlichem Weg nicht gelingt, so ist dies mit großen Belastungen und Stress verbunden. Es stellen sich viele Fragen, ob ein körperliches oder psychisches Problem ursächlich ist, bei welchem der beiden Partner die Probleme zu suchen sind oder ob der Grund für die Kinderlosigkeit gar bei beiden Partnern liegt. All dies ist mit großen Anspannungen und allzu oft mit immer wiederkehrenden Enttäuschungen verbunden. Für Paare mit unerfülltem Kinderwunsch gibt es jedoch dankenswerterweise weite Möglichkeiten der künstlichen Befruchtung. Dabei gibt es verschiedene Verfahren. An dieser Stelle muss man jedoch auf die einzelnen Verfahren nicht weiter eingehen, da sie mit dem Antrag als solchem inhaltlich eher weniger zu tun haben.
Was aber für den vorliegenden Antrag von Bedeutung ist, ist, dass seit dem Jahr 2004 die Kosten für Versuche der künstlichen Befruchtung nur noch zur Hälfte von den Krankenkassen übernommen werden. Seitdem müssen 50 Prozent der anfallenden Kosten durch die Patienten selbst getragen werden. Dies sind neben den Medikamentenkosten auch Arzthonorare und Laborkosten. Außerdem werden nur noch drei statt wie bisher vier Behandlungen durch die Kassen mitfinanziert.
Je nach Behandlungsmethode variieren die Kosten zwischen 1.300 und 2.000 € pro Behandlung. Wenn man nun noch bedenkt, dass häufig nicht der erste Versuch einer künstlichen Befruchtung erfolgreich ist, so können Sie sich ausrechnen, welche Behandlungskosten auf ein Paar, das eine oder mehrere Behandlungen benötigt, zukommen. Dass sich dies nicht jedes unfreiwillig kinderlose Paar leisten kann, muss ich hier nicht erklären, das können wir uns selbst leicht ausrechnen.