Protocol of the Session on October 8, 2010

(Beifall CDU)

In diesem Sinne bin ich froh darüber, dass es diese Klausel im Gesetz jetzt so nicht mehr gibt. Ich möchte trotzdem auch noch mal ein paar grundlegende Ausführungen machen und dann zu unseren Kritikpunkten kommen, die wir am Gesetz, aber auch am Verfahren insgesamt haben, denn das ist hier noch nicht gesagt worden, jedenfalls noch nicht in der Deutlichkeit. Die Schwierigkeit ist ja, dass uns die zum Gesetz gehörigen Verordnungen bisher nicht vorliegen. Das heißt, dass wir gar keine Ausführungen darüber machen können, wir jedenfalls nicht. Sie kennen sie sicherlich, was denn dann dort genau geregelt wird, aber auch dazu komme ich noch. In Thüringen gibt es derzeit nach Angaben des Thüringer Landesamtes für Statistik 80 allgemeinbildende und 65 berufsbildende Schulen in freier Trägerschaft. Und während die Anzahl der berufsbildenden Schulen in freier Trägerschaft in den letzten zehn Jahren nahezu stabil geblieben ist, ist die Zahl der allgemeinbildenden Schulen in freier Trägerschaft von 46 auf 80 gestiegen, was einen Anstieg um 73 Prozent bedeutet. Das ist ja hier auch schon gesagt worden. Wer aber jetzt denkt, und das hat Frau Hitzing vorhin auch schon ausgeführt, dass wir uns vor einem Überangebot an freien Schulen kaum retten können, ist allerdings - gestatten Sie mir den Ausdruck - auf dem Holzweg, da der Anteil von allgemeinbildenden Schulen in freier Trägerschaft nach wie vor weniger als 10 Prozent beträgt und wir durchaus der Meinung sind, was ja auch immer ausgeführt wurde, dass freie Schulen die Thüringer Schullandschaft nicht nur bereichern, sondern gemäß Grundgesetz freien Schulen ja auch das Recht und somit auch die Übernahme der Schulpflicht aufgetragen wird, wenn sie sich hier gründen. In diesem Sinne glaube ich - das wissen wir auch alle, gab es einen gewissen Nachholbedarf nach 1989 - sind wir auf einem gesunden Weg. Die freien Schulen sind offenkundig attraktiv und erleben zunehmenden Zuspruch. Ich glaube, genau an dieser Stelle - und der demographische Wandel ist ja schon ausgeführt worden, auch die zurückgehenden Schülerinnen- und Schülerzahlen - müssen wir uns fragen, warum das so ist. Schulen in freier Trägerschaft, das ist ausgeführt worden, bereichern die Schullandschaft, das sehen wir auch so. Sie machen deutlich, dass wir eine ganz plurale Schullandschaft haben. Sie bieten oftmals alternative reformpädagogische Lernmodelle, setzen sie in die Praxis um und gewährleisten ein qualitativ anspruchsvolles Bildungsangebot, was - wie ich meine - in Thüringen, dem Land oder der Wiege der Reformpädagogik - wie es ja auch schon bezeichnet wurde - auch gut und richtig ist. Schulen in freier Trägerschaft tragen damit auch sehr viel zur Entwicklung und zur Erprobung neuer Antworten und Lösungen für eine innovative Bildungslandschaft bei. Sie nutzen auch ihre erweiterten Gestaltungsspielräume. Da nehme ich nur einmal Bezug auf die Forderungen nach mehr Selbst

ständigkeit oder Autonomie von Schulen. Da haben freie Schule den staatlichen Schulen etwas voraus. An der Stelle muss ich sagen, wenn dann auch der Minister und der Staatssekretär immer wieder davon sprechen, dass die freien Schulen als Wegbereiter - es hieß auch schon einmal Experimentierküche - für die staatlichen Schulen dienen, aus denen sehr gute Anregungen gern aufgenommen wurden, darauf dürfen wir sie aber nicht reduzieren. Denn die freien Schulen sind Schulen, die „Schule machen“, im wahrsten Sinne des Wortes, die Reformpädagogik ernst meinen. Wenn sich auch die staatlichen Schulen davon viele Anregungen holen, ist das sehr schön, aber sie dienen nicht nur dafür, den staatlichen Schulen „auf die Sprünge zu helfen“. Das tun sie im Übrigen ja auch von sich aus. Sie haben auch „an sich“ ihre Existenzberechtigung, das will ich ganz deutlich sagen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Schulen in freier Trägerschaft setzen 100 Prozent des Bildungsauftrags um und setzen ganz wichtige Impulse für die Vielfalt der gesamten Schullandschaft.

Ich möchte jetzt konkret auf den vorliegenden Gesetzentwurf eingehen. Was ist aus unserer Sicht bedenklich an diesem Gesetzentwurf? Freie Schulen gehören neben den staatlichen Schulen zum öffentlichen Schulwesen des Freistaats, das will ich noch einmal ganz deutlich sagen. Und deswegen meinen wir, dass die öffentliche Verantwortung für alle Schulen von den Grundsätzen der Gleichbehandlung, der Transparenz und der Berechenbarkeit gekennzeichnet sein muss. Die Kritik der Betroffenen in dieser Frage ist im Übrigen eindeutig. Wenn wir uns den Gesetzentwurf anschauen, sind genau diese Kriterien leider nicht gegeben. Ich muss auch sagen, dass ich leider eine ideologische Perspektive immer wieder erlebe mit Blick auf die freien Schulen. Wenn suggeriert wird, „ihr bekommt zu viel“ - das ist ja eben auch schon deutlich geworden, wir würden im Schnitt zu viel an die freien Schulen zahlen -, dann muss ich ganz deutlich sagen: Wir haben es ja vorhin auch gesehen, das Transparent ist gerade nicht mehr da, 85 Prozent waren schon zu wenig, wie ich meine, 80 Prozent sind noch weniger. Wenn man dann immer noch meint, „ihr bekommt zu viel“, und mit dem Durchschnitt argumentiert, dann sage ich: Der Durchschnitt darf uns tatsächlich nicht gut genug sein. Das hat Frau Hitzing in ihrem Redebeitrag auch schon ausgeführt.

Wir sehen im vorliegenden Gesetzentwurf noch einige wesentliche Kritikpunkte, nachdem bereits die Landeskinderklausel und auch die Regelung zu den Schulleiterinnen und Schulleitern glücklicherweise gestrichen worden sind. Das sind vier Punkte, auf die ich jetzt im Einzelnen noch einmal eingehen werde: Das ist zum Ersten die staatliche Finanzhilfe

für die freien Schulen. Das sind zum Zweiten die Regelungen, die Rechtsverordnungen, ein bekannter Begriff, nicht nur aus der gestrigen Debatte, die am Parlament vorbei verordnet werden sollen und auch entsprechend schnell geändert werden können, auch wenn man hier von Einvernehmen spricht. Das ist zum Dritten die verstärkte Bürokratisierung der Arbeit der freien Schulen. Da finde ich im Übrigen interessant, dass davon gesprochen wird, dass jetzt entbürokratisiert werden würde. Und es ist zum Vierten die Frage der bewährten Trägerregelung mit den Anerkennungszeiten.

Zu meinem ersten Kritikpunkt: Das Land will ab dem kommenden Schuljahr seine Zuschüsse für die freien Schulen um 2 Mio. € kürzen. Die Berechnung der Förderung soll sich zukünftig nicht mehr an den tatsächlichen Ausgaben der staatlichen Schulen orientieren, sondern an dem, was sie hätten ausgeben dürfen. Dazu wird der Anteil gesenkt, den die freien Schulen von diesem Anteil bekommen. Bei allgemeinbildenden Schulen, das ist auch schon Thema gewesen, soll der Anteil von 85 auf 80 Prozent gesenkt werden. Lieber Herr Matschie, wenn Sie dann sagen, wir räumen ja mehr Freiheit ein, weil wir jetzt nicht mehr vorgeben, welcher Anteil von dieser Gesamtsumme für Personal und welcher Anteil für die Sachkosten verwandt werden darf, dann ist das schon - verzeihen Sie mir den Ausdruck - ein wenig zynisch. Denn wo weniger Geld ist, was dann frei verteilt werden darf, ist keine Luft nach oben und ist schon gar nicht die Möglichkeit gegeben, dem gerecht zu werden, was wir eigentlich wollen, dass nämlich auch die Lehrerinnen und Lehrer an den Schulen beispielsweise selbstverständlich gut bezahlt werden, analog zu den staatlichen Schulen. Die freien Schulträger erwarten zu Recht eine Fortschreibung des KienbaumGutachtens aus dem Jahr 2006. Das war auch lange Ihre Politik, zumindest haben Sie das lange so verlautbart, dass das so erfolgen soll. Das Kienbaum-Gutachten gewährleistet eine transparente und fortschreibbare Berechnung der Kosten der Schülerinnen und Schüler an einer staatlichen Schule der jeweiligen Schulart bzw. des jeweiligen Bildungsgangs. Den Plänen der Landesregierung steht die Förderung der freien Träger gegenüber, dass die nach dem Kienbaum-Gutachten-Modell, also die tatsächlichen Schülerkosten, die Grundlage für die Schülerkostensätze sein sollen.

Was sehr interessant ist, ist, dass auch die GEW die ja nun nicht dafür bekannt ist, die freien Schulen bevorzugen zu wollen - angesichts dieser Kürzungen vor der Veränderung des Berechnungsmodells der Schülerkostensätze ausdrücklich warnt. Denn die Sorge ist, und die sehe ich durchaus auch begründet, dass sich die Arbeits- und Lernbedingungen dadurch verschlechtern. Die GEW gibt klar zu verstehen, dass es nicht darauf ankommt, ob die Schulen in freier oder öffentlicher Trägerschaft sind.

An der Bildung generell und an unseren Schulen darf nicht gespart werden, das teile ich ausdrücklich.

Wir jedenfalls werden alles dafür tun, dass die freien Schulen nicht - wie geplant - beschnitten werden. Der Gesetzentwurf benachteiligt eindeutig freie Schulen gegenüber den staatlichen Schulen, denn es werden auch nicht die tatsächlichen Schülerkosten angenommen - ich sagte es schon -, sondern nur die Sollkosten. Zum anderen ist die Berechnung der Schülerkostenbeiträge anhand des Personalund Sachaufwands von staatlichen Schulen nicht vollständig. Es fehlen in der Berechnung der Finanzmittel für freie Träger die Kosten, die dem Schulträger für die Bewirtschaftung und Erhaltung der Schulgebäude entstehen, wohingegen die staatlichen Schulträger diese aus öffentlicher Hand finanziert bekommen. Es kommen noch dazu: Hausmeisterkosten, Miete für Turnhallen etc., die freie Schulen ja oftmals noch dazumieten müssen.

Wir haben also heute bereits die Situation, dass die Schulen in freier Trägerschaft in mehrfacher Hinsicht finanziell benachteiligt werden. Zusammenfassend werden schon heute nur maximal 80 Prozent der Mittel, die staatliche Schulen erhalten, durch das Land erstattet. Wir meinen aber, dass jemand, der den öffentlichen Bildungsauftrag zu 100 Prozent vollständig erfüllt, auch entsprechend finanziert werden muss. Von etlichen Trägern gibt es nun bereits Signale, dass aufgrund der fehlenden Ausfinanzierung die Eltergeldbeiträge steigen werden. Die Waldorfschulen haben sogar eine Klage angekündigt, wenn ich das richtig wahrgenommen habe. Aus Artikel 7 Abs. 4 ist das Sonderverbot abgeleitet, das eine soziale Selektion ausschließen soll, aber dazu braucht es auch eine entsprechende Mittelausstattung. Ich sage hier ganz deutlich: Das Land muss die Träger erst einmal in die Lage versetzen, das Sonderungsverbot auch durchzuhalten. Da sehe ich uns jedenfalls in der Pflicht. Wir wollen - und das ist für uns Wahlfreiheit, liebe CDU -, dass alle Kinder, deren Eltern sich für eine freie Schule entscheiden, diese auch besuchen können. Deswegen dürfen nicht die Sollkosten zur Anwendung kommen, sondern es müssen die tatsächlichen Kosten in den Blick genommen werden.

Lassen Sie mich noch den zweiten Punkt ansprechen, nämlich die Rechtsverordnungen, die am Parlament vorbei verordnet werden sollen, im Einvernehmen, wie es so schön heißt. Wie da die Mitsprache gewährleistet wird, das werden wir ja hoffentlich erleben. Im vorliegenden Gesetzentwurf ist vorgesehen, dass das federführende Ministerium dazu ermächtigt ist, Rechtsverordnungen zur Ausführung des Thüringer Gesetzes über Schulen in freier Trägerschaft zu erlassen. Das ist eine ganz klare Entmachtung des Parlaments, Frau Hitzing hat es ausgeführt, da kann ich sie nur unterstützen.

In den Rechtsverordnungen soll geregelt werden das Verfahren zur Ermittlung der Schülerzahlen, die Berechnung des Personalkostenanteils, die Ermittlung des Sachkostenanteils, die Festlegung des Vomhundertanteils, die Anrechnungseinzelheiten bei zugewiesenen Lehrkräften, die Einzelheiten zur Auszahlung und Verwendungsnachweisführung. Wir meinen, dass die wesentlichen Festlegungen für freie Schulträger im Gesetz selbst verankert werden sollten. Dazu gehört in besonderer Weise die Höhe der staatlichen Finanzhilfe und wir meinen, dass der Gesetzgeber sich diese Entscheidung, lieber Herr Matschie, über den Weg der Rechtsverordnung nicht aus der Hand nehmen lassen darf. Aus diesem Grund gehört die Höhe der Finanzhilfe Vomhundertanteil in das Gesetz und nicht in eine Rechtsverordnung. Dies werden wir auch beantragen.

Zur Bürokratisierung: Im Fall der Lehrerinnen- und Lehrergenehmigungen sieht der Gesetzentwurf aus unserer Sicht und auch aus der Sicht der freien Träger ganz klar eine zunehmende Bürokratisierung vor. Wir sind der Meinung, dass die Selbstständigkeit von freien Schulen ein hohes schützenswertes Gut ist, das auch in Zukunft erhalten bleiben sollte. Hinzu kommt - und dieser Eindruck verstärkt sich bei uns immer mehr -, dass es „schärfere Anforderungen“ an freie Schulen gibt als Anforderungen an die staatlichen Schulen, die dem Ministerium direkt unterstellt sind. Diese Ungleichbehandlung wiederum bedeutet eine unnötige Erschwerung für den laufenden Schulbetrieb. Hier fordern wir eine Gleichbehandlung und keine Gängelung durch das Ministerium.

Nun zur bewährten Trägerregelung: Bereits seit vielen Jahren ist eine dreijährige Wartefrist im Gesetz verankert, die festlegt, dass eine staatlich anerkannte Ersatzschule nur werden kann, wenn der Schulträger bewiesen hat, diese Ersatzschule in verantwortlicher geeigneter Weise führen zu können und wir haben gute und bewährte Schulträger auch hier in Thüringen. Mit dem jetzigen Gesetzentwurf soll dies nun geändert werden. Jede neu gegründete freie Schule muss die dreijährige Wartefrist durchlaufen. Ausnahmeregelungen gelten, wenn die freien Schulen dann Gemeinschaftsschule werden wollen, was sie übrigens ja bisher nicht durften bei dem Modellprojekt, obgleich es sehr, sehr viele Interessensbekundungen gerade von freien Schulen auch schon für die Modellphase gegeben hat. Das war ja aber leider nicht möglich, dass sie sich da beteiligen. Die Streichung der bewährten Trägerregelung ist für uns nicht akzeptabel, denn hier - das ist jedenfalls unsere Einschätzung - sollen explizit Neugründungen verhindert werden. Kein bewährter Schulträger kann es sich leisten, neue Schulen zu gründen, denn die Kosten von etwa 1 Mio. € kann sich keiner leisten, die es für diese Zeit braucht. Zudem werden sie im Nach

gang dann auf die Eltern umgelegt, was wiederum dem entgegensteht, dass alle Kinder gleichermaßen den Zugang selbstverständlich zu freien Schulen haben sollen.

Die Erfahrungen eines bewährten Schulträgers einer bereits genehmigten oder anerkannten Ersatzschule prägen wesentlich eine weitere von ihm errichtete Schulart oder einen Bildungsgang. Wir meinen, dass diese Erfahrungen auch Wertschätzung erfahren müssen. Wenn für die Errichtung von Gemeinschaftsschulen diese Wartefrist nicht gelten soll, meinen wir, dass dies, wenn dann tatsächlich für die Neugründung von allen freien Schulen so angewandt werden müsste, weil wir ansonsten die Ungleichbehandlung jedenfalls nicht verstehen könnten.

Ich habe noch ein paar weitere Kritikpunkte. Es sind vielleicht scheinbare Kleinigkeiten, aber sie machen deutlich, dass freie Schulen nicht die Anerkennung bekommen wie andere Schulen. Wenn freie Schulen beispielsweise davon ausgeschlossen werden, das Landeswappen zu verwenden auf den Zeugnissen ect., ist es für uns sehr fragwürdig. Wenn wir wissen, dass es eine Externenprüfung mit der Erhebung von Prüfungsgebühren geben kann, halten wir auch das für hochgradig problematisch.

Und ein letzter Punkt: Freie Schulen bekommen den Ausbildungsaufwand für Lehramtsanwärter nicht erstattet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin sehr, sehr gespannt auf unsere Debatte im Ausschuss dazu und ich möchte noch einmal darum bitten, ob Sie nicht doch darüber nachdenken, dass Sie gerade die von mir angesprochene Finanzierungsproblematik mit im Gesetz aufnehmen und nicht über eine Rechtsverordnung regeln. Im Übrigen würde ich mich auch freuen, wenn nicht nur ein stillschweigendes Einvernehmen über die Rechtsverordnung im Ausschuss erzielt wird, sondern auch eine tatsächliche Debatte dazu stattfindet und somit gegebenenfalls auch möglicherweise Änderungen noch mit berücksichtigt werden können. Vielen herzlichen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke, Frau Abgeordnete. Die Rednerliste der Redner aus der Mitte des Hauses hat sich erschöpft. Der Kultusminister hat noch einmal um das Wort gebeten.

Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen, ich will einige Punkte aus der Debatte noch mal aufnehmen und beginnen mit dem, was Frau Klaubert

zu Beginn gesagt hat, die SPD hat 2007 mal eine andere Forderung erhoben. Ich möchte in dem Zusammenhang zwei Punkte deutlich machen: Wenn man so diskutiert, dann muss man auch ehrlich die Situation beschreiben. Die Forderung 2007 bezog sich auf die Debatte, die damals geführt wurde und die 2008 zu einer Neuregelung der Finanzierung führte mit besseren Finanzierungssätzen für die Schulen in freier Trägerschaft.

Zum Zweiten, glaube ich, muss es auch immer möglich sein, sich aufgrund der aktuellen Situation weiterzuentwickeln, eine Debatte zu führen, zu neuen Entscheidungen zu kommen. Auch das gehört zum Wesen von Politik. Es ist nicht das Wesen von Politik, dass das, was vor einigen Jahren einmal festgestellt wurde, auf alle Zukunft gilt, sondern das Wesen von Politik ist, sich der jeweiligen Herausforderung zu stellen und in der jeweiligen Situation tragfähige Antworten zu finden. Das vorweg.

Ich will noch einmal bei dem ja so beliebten Satz ansetzen, alle Schüler oder alle Kinder müssen uns gleich viel wert sein. Natürlich sind uns alle Kinder hier in Thüringen gleich viel wert, daran gibt es überhaupt keine Frage und daran kann man auch gar nicht zweifeln. Daraus aber zu schlussfolgern, für jedes Kind muss der gleiche Betrag zur Schulfinanzierung zur Verfügung stehen, ist absurd.

(Beifall SPD)

Auch im staatlichen Schulsystem kosten uns die Kinder unterschiedlich viel Geld, ob sie in der Grundschule sind, in der Regelschule, am Gymnasium, ob sie in einer Berufsschule sind, ob sie in einer Förderschule sind. Und ich sage es Ihnen noch einmal, Frau Hitzing, weil Sie das ja angeführt haben, ich weiß nicht, wie Sie mit Rechtsprechung umgehen. Eigentlich ist die FDP auch eine Partei, die hier eine Tradition hat, was die Unabhängigkeit der Justiz und der Rechtsprechung angeht. Wenn ich Sie bei dieser Tradition ernst nehmen soll, dann verstehe ich nicht, weshalb Sie an dem höchstrichterlichen Urteil vorbeiargumentieren.

(Beifall SPD)

Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung müssen die Schulen in freier Trägerschaft einen Eigenanteil bringen. Das heißt, wir können gar nicht 100 Prozent finanzieren, vielleicht nehmen Sie es einfach einmal zur Kenntnis. Dazu kommt, dass fachlich gesehen bestimmte Aufgaben im staatlichen Schulsystem finanziert werden müssen, die nicht im System der freien Träger anfallen und deshalb auch aus diesen Gründen kann doch die Forderung einer 100-Prozent-Finanzierung überhaupt keinen Sinn machen.

Und eines kann ich Ihnen auch nicht ersparen: Ich habe ja gestern Herrn Barth gehört. Er ist ja mehrfach hier vorn an das Pult gegangen in der Haushaltsdebatte. Und der Kollege Barth von der FDP

(Abg. Rothe-Beinlich)

hat uns den Sparkommissar gegeben und hier darüber geredet, wie schlimm das alles ist mit der Verschuldung. Das war am Donnerstag. Am Freitag treten Sie an das Pult und sagen, nein, aber gespart werden darf hier auf gar keinen Fall, sondern wir müssen im Gegenteil mehr Geld ausgeben in den nächsten Jahren,

(Beifall SPD)

denn darauf läuft Ihre Forderung hinaus, dass wir mehr Geld ausgeben in den nächsten Jahren.

Frau Klaubert, Sie haben auf die ThIS hingewiesen, haben gesagt, die wird ja doppelt finanziert. Ich würde Sie bitten, einfach einmal in das Gesetz zu schauen. Dort steht nämlich in § 17 Abs. 5: „Schulen, die zu einem international anerkannten allgemeinbildenden Schulabschluss führen, der auch in Deutschland anerkannt ist, können durch Beschluss der Landesregierung in der Förderung einer Ersatzschule gleichgestellt werden, wenn ein besonders wichtiges, insbesondere wirtschaftliches öffentliches Interesse besteht.“ Dann kommt der Satz: „Die Förderung darf 80 vom Hundert der Förderung für eine vergleichbare Ersatzschule nicht überschreiten.“ Das heißt, die ThIS bekommt nicht mehr Geld an laufenden Zuschüssen für den Schulbetrieb, sondern weniger als die anderen Schulen in freier Trägerschaft, weil sie keine Ersatzschule ist, sondern ein darüber hinausgehendes Schulangebot macht.

Jetzt komme ich zu dem, was Sie unter Doppelförderung vielleicht gemeint haben könnten. Die ThIS hat in der Tat Investitionszuschüsse bekommen, und zwar sowohl aus unserem Haus als auch aus dem Wirtschaftsministerium. Das hat aber nichts mit der laufenden Finanzierung dieser Schule zu tun. In der laufenden Finanzierung dieser Schule bekommt sie weniger Geld als die anderen Schulen in freier Trägerschaft, die Ersatzschulen betreiben. Das zur sachlichen Seite.

Wenn Sie dann aber den Vorschlag machen, wir könnten Geld - weil dort möglicherweise mehr ist nehmen und für 2011 erst mal umschichten, den anderen Schulen in freier Trägerschaft zur Verfügung stellen, dann sage ich Ihnen auch deutlich, Frau Klaubert, verlässliche Finanzierung für Schulen sieht anders aus. Das ist wieder ein Vorschlag, um sich an den Haushaltsrealitäten der nächsten Jahre vorbeizuschummeln. Es hilft doch nichts,

(Beifall SPD)

(Zwischenruf Abg. Dr. Klaubert, DIE LINKE: Ich habe das aber eingeräumt, dass man dann weiterdenken muss!)

heute den Schulen in freier Trägerschaft vorzugaukeln, wir könnten auch über die nächsten Jahre hinweg die sehr gut ausgestattete Förderung hier in

Thüringen aufrechterhalten. Sie kennen doch die Haushaltsentwicklung, Sie kennen doch die Situation, deshalb muss man auch den Mut haben, dann ehrlich vor die Leute hinzutreten und zu sagen, so ist die Situation und das sind die notwendigen Konsequenzen daraus.

(Beifall SPD)

Ich bin genauso zu den Hochschulen gegangen und habe ihnen gesagt, angesichts der Haushaltssituation brauche ich von euch einen Beitrag. Gestern Abend haben wir mit den Volkshochschulen zusammengesessen. Auch die Volkshochschulen haben einen Beitrag geleistet in dieser Haushaltssituation. Auch im staatlichen Schulsystem nutzen wir die Einsparmöglichkeiten, die da sind in dieser Situation. Anders kann das doch auch überhaupt nicht gehen. Wir können uns doch nicht selber in die Tasche lügen und uns vormachen, es geht in dieser Finanzsituation alles weiter so wie bisher.

(Beifall SPD)

Deshalb sage ich, keine Ausweichmanöver, sondern heute ehrlich sagen, was in den nächsten Jahren geht und dann können sich die Schulen auch darauf verlassen.

Jetzt zu dem Kriterium, wie ist das mit den Sollkosten? Was sind notwendige Kosten, wonach richtet sich das? Es richtet sich ganz selbstverständlich wie im staatlichen Schulsystem auch nach der Stundentafel. Die Stundentafel zeigt uns, wie viele Lehrer eingesetzt werden müssen, um diese Stundentafel umzusetzen und darauf aufbauend gibt es ein sogenanntes Sockelfaktorenmodell. Es gibt eine Sockelfinanzierung für die Schulen, die einen gewissen Ausgleich schafft für die kleineren Schulstandorte, damit auch die überlebensfähig sind und ansonsten die Lehrer nach der Stundentafel berechnet. Dieses Modell, was für die staatlichen Schulen gilt, wird auch zugrunde gelegt bei der Berechnung der Kosten für die Schulen in freier Trägerschaft. Das Einzige, was herausfällt, ist, dass das, was wir jetzt an Überhängen zusätzlich finanzieren im staatlichen Schulsystem, gleichzeitig auch noch als zusätzliche Finanzierung an die Schulen in freier Trägerschaft weitergegeben wird. Deshalb ist das ein durchaus verlässliches, ein transparentes Modell, auf das sich die Schulen in freier Trägerschaft verlassen können. Sie haben provokant die Frage gestellt: Schwimmen die denn heute im Geld, so dass wir ihnen das wegnehmen müssen? Natürlich schwimmen die nicht im Geld, aber sie bekommen eine im Bundesvergleich sehr gute Förderung. Ich will die Zahlen nicht noch mal vortragen, aber es ist so und auch das müssen wir zur Kenntnis nehmen und wir müssen die Frage stellen: Können wir aufgrund der Haushaltsentwicklung der nächsten Jahre in Thüringen eine weit überdurchschnittliche Förderung auch in Zukunft

(Minister Matschie)

garantieren? Da sage ich Ihnen, das wird nicht möglich sein. Wenn wir das den Leuten vormachen, dann lügen wir ihnen etwas in die Tasche und das will ich nicht.