Abwasser nur 10 Mio. € in den Straßenausbau überleiten. Insofern können alle zufrieden sein. Das Land kann zufrieden sein, die Kommunen können zufrieden sein, weil es war der Wunsch der Kommunen, selbst entscheiden zu dürfen, ob oder ob nicht. Die Kommunen sparen ja auch. Der Bürger wird auch zufrieden sein, das zeigen alle Erfahrungen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich rufe insbesondere die Kolleginnen und Kollegen der SPD und CDU auf, sich dieser Diskussion zu stellen. Der erste Schritt ist gemacht mit der beantragten Ausschussüberweisung. Ich gehe davon aus, dass wir relativ zügig mit den Experten in den Dialog kommen. Da gibt es ja das Instrument der Anhörung. Ich plädiere da für eine öffentliche Anhörung, weil im Dialog lassen sich Dinge eher klären als im schriftlichen Verfahren.
Selbst Herr Fiedler hat bei einer öffentlichen Veranstaltung formuliert, dass das System der Straßenausbaubeiträge durchaus Elemente der Ungerechtigkeit beinhaltet. Das ist ein Ansatz. Jede Veränderung beginnt damit, dass ich erst mal den Istzustand real bewerte. Herr Fiedler, Sie sind da sehr nahe an der Realität, das hat gedauert.
Von daher haben Sie die besten Voraussetzungen, den nächsten Schritt zu tun. Neben der Einschätzung der jetzigen Situation können Sie mit den Bürgerinitiativen, mit BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, mit uns gemeinsam in den Disput treten. Sie haben eine gute Personalwahl getroffen, was den Innenminister betrifft. Über die anderen Minister will ich jetzt nicht reden. Aber der Innenminister ist zumindest ein Diskussionspartner, der ernst zu nehmen ist, der herausfordernd ist. Das ist natürlich bei Herrn von der Krone schon ein wenig schwieriger, denn er hat sich einmal festgelegt und ist eben verhaftet im 19. Jahrhundert, was sein Denken betrifft. Aber ich gehe einmal davon aus, Ihr Innenminister stellt sich durchaus den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts in seinem Denken. Da macht es Spaß und ich freue mich auf die Diskussionen im Ausschuss. Danke.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kuschel, ich bin jetzt ein bisschen unsicher, weil ich vorhin gehört habe,
dieser Gesetzentwurf sei eigentlich nur ein Vorschlag zur Diskussion, so ein erster Eckpunkt, um generell mal ins Gespräch zu kommen. Ich behandle ihn jetzt einmal, das werden Sie mir verzeihen, als richtigen Gesetzentwurf, so wie es sein muss, dass man ihn hier ins Parlament einbringt und dass man auch darüber diskutiert. Dieser Gesetzentwurf zur Abschaffung der Straßenausbau- und Abwasserbeiträge ist von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE schon längere Zeit angekündigt worden. Er ist auch mit entsprechendem Medienecho begleitet worden und nun ist er endlich da.
Immer, Herr Kuschel. Wir haben ihn uns angesehen und haben jetzt eigentlich eine ganz vordringliche Frage, die wir uns gestellt haben: Ist das alles? Jetzt nicht auf die Forderung bezogen, da bleiben Sie wirklich Ihren Ankündigungen treu. Es geht um die Ankündigung der Abschaffung der Straßenausbaubeiträge und der Abwasserbeiträge. Also das Was haben Sie schon genau beschrieben, nur das Wie, damit haben wir ein großes Problem. Denn, mit Verlaub, das ist wirklich sehr, sehr fraglich, auch was Sie heute hier vorgestellt haben.
Sie haben gesagt, Herr Kuschel, Sie zollen den Menschen, die sich über Jahre hinweg organisiert haben in den Bürgerallianzen und den Bürgerinitiativen sehr viel Respekt. Da gebe ich Ihnen recht, das tue ich auch.
Es gibt Menschen im Land Thüringen, die seit mehr als eineinhalb Jahrzehnten organisiert in Bürgerinitiativen und Verbänden und Vereinen, sicherlich auch unorganisiert, auf eine Reform des Beitragsrechts gedrungen haben - in beiden Fällen Straßenausbaubeiträge und Abwasserbeiträge, einige davon sind heute auch hier auf der Zuschauertribüne und sie haben das sehr hartnäckig getan. Manche haben mir erzählt, dass sie mittlerweile resigniert haben, aber es sind immer noch sehr, sehr viele auch heute noch dabei. Zumindest in meinem Wahlkreis, Herr Kuschel, Sie wissen das, sind Sie bei sehr vielen Veranstaltungen der Bürgerallianz als Interessenvertreter wahrgenommen worden, zumindest war das mein Eindruck. Jetzt liegt dieser Gesetzentwurf hier im Parlament und so, wie er da liegt, wie er gemacht ist, ist er aus unserer Sicht eine Enttäuschung für diese vielen Leute. Ich will das gern erläutern.
Nehmen wir mal das Thema Abwasserbeiträge: Sie schreiben sinngemäß, künftig sollen wie im Bereich der Wasserversorgung die Investitionskosten für die Abwasserentsorgung ausschließlich über Gebühren finanziert werden. Das ist so der Grundgedanke. Jetzt weiß aber jeder, dass die Investitionen
im Abwasserbereich in der Regel immer wesentlich höher sind als bei der Wasserversorgung. Sie führen in Ihrem Gesetzentwurf aber nicht aus, ob und inwieweit die Gebühren im Abwasserbereich steigen könnten. Sie sagen sehr nebulös - ich kenne den Gesetzentwurf, ich habe ihn hier, ich habe ihn fast auswendig gelernt, das ist sehr schön -, per Rechtsverordnung festzusetzende Angemessenheitskriterien führen zur Vermeidung einer Gebührenexplosion - aha, na immerhin. Ohne Rechtsverordnung heißt das für mich, im Umkehrschluss können nach Ihrem Vorschlag die Abwasserbeiträge also schon ganz schön saftig in die Höhe klettern, könnte ja sein.
Wir bezweifeln, dass diese Herangehensweise insoweit Erfolg versprechend ist, wenn es darum geht, den Leuten auch heute und hier klipp und klar zu sagen, wie viel mehr dann das Abwasser wirklich kosten könnte. Dann ist Ihre Kostenschätzung in Punkt D - in diesem Gesetzentwurf ist diese Kostenfrage unter dem Buchstaben D -, da behaupten Sie, die Abschaffung beider Beitragsarten sei quasi kostenneutral. Das haben Sie zum Schluss Ihres Redebeitrags hier auch noch einmal dargestellt.
Herr Hey, können Sie denn eine Prognose treffen, wie sich Abwassergebühren entwickeln würden, wenn in Thüringen komplett die Abwasserbeiträge abgeschafft werden würden?
erstens von geradezu betörender Süße und zweitens würde ich dann auch darlegen, dass wir glauben, dass die Abwassergebühren deutlich steigen werden.
Sie schreiben selber, es muss eine Rechtsverordnung geben, um das zu verhindern, das steht ja da drin.
Sie haben behauptet, Herr Kuschel, durch Abschaffung der Abwasserbeiträge könnte man 30 Mio. € in die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge umlenken. So steht es zumindest hier drin, das ist so eine Art Nullsummenspiel. Sie schreiben gleichzeitig, das Land habe beim gemeindlichen Straßenbau von 60 Mio. € rund 20 Mio. €, also ein Drittel, als Förderung getragen, das sind ja im Wesentlichen die Bundesmittel aus GVFG und die Dorferneuerung. Sie wissen aber gleichzeitig, Herr Kuschel, dass ab 2014 eigentlich völlig offen ist, inwieweit oder in welcher Höhe hier weitere Mittel bereitgestellt werden. Ab 2019, das wissen Sie auch, wird der Bund hier überhaupt keine Kompensationsmittel mehr bereitstellen - was ist denn dann?
Nun zu Straßenausbaubeiträgen: Die werden ja erhoben durch eine rechtliche Regelung, nämlich der Annahme und der Voraussetzung, die Grundstückseigentümer hätten einen gewissen Vorteil durch Inanspruchnahme der ausgebauten öffentlichen Straßen und dieser Vorteil sei durch einen entsprechenden Beitrag auszugleichen. Sie haben sinngemäß geschrieben, inwieweit dieser Vorteilsbegriff überhaupt noch haltbar ist, ist sehr umstritten und im Ergebnis infrage zu stellen - ungefähr steht das so drin. Das ist tatsächlich ein Streitpunkt, Herr Kuschel, über den seit Jahren heftig diskutiert wird. Gibt es einen solchen Vorteil oder kann man annehmen und ist der Gesetzgeber berechtigt, daraus eine Beitragspflicht abzuleiten? Die Gegner oder die Kritiker von Straßenausbaubeiträgen - Sie tun das ja auch, Herr Kuschel - sagen, so einen Vorteil gibt es nicht.
Frau Präsidentin, wenn Sie gestatten, dann würde ich jetzt gern ein Zitat verwenden, und zwar aus der Sitzung des Berliner Abgeordnetenhauses aus dem Jahr 2005 - das ist noch gar nicht so lange her -, da ging es um die Einführung von Straßenausbaubeiträgen, da sagt ein Vertreter der PDS - so hieß das damals noch: „Herr Präsident, in der Sache ist ein Straßenausbaubeitragsgesetz darauf gerichtet, Eigentümer von Grund und Boden für den privaten Vorteil, den sie erzielen, und zwar über den normalen Vorteil, den jeder hat, hinaus, mit Beiträgen zu belasten. Das wollen Sie nicht. Es ist eine CDU-Po
sition zu sagen, wir wollen nicht, dass Eigentümer von Grund und Boden an Aufwendungen, die die öffentliche Hand hat, angemessen beteiligt werden. Ich verstehe vielleicht noch, dass die CDU eine solche Position vertritt, eine solche Position ist aber unsozial. Außerdem müssen Sie es den Berlinern erklären, denn es ist eine Frage der sozialen Gerechtigkeit und der Abgabengerechtigkeit. Der Staat hat, bevor er seine Ausgaben aus allgemeinen Steuern finanziert, die Verpflichtung zu prüfen, inwiefern er seine Ausgaben aus Beiträgen, Gebühren und Entgelten decken kann, wenn bestimmte Bevölkerungsgruppen besondere Vorteile aus seinen Ausgaben ziehen. Das ist eine Rechtsverpflichtung des Staates, das hat etwas mit Gerechtigkeit zu tun. Es macht keinen Sinn, dass die Allgemeinheit besondere Vorteile, die nur bestimmte Personen haben, zu 100 Prozent finanzieren soll. Sie wollen die Gesamtheit der Grundstückseigentümer nicht für privaten Nutzen belangen. Das ist der Kern Ihrer Aussage. Das ist sozial ungerecht und rechtlich unhaltbar.“
Einen kleinen Moment noch, Herr Kuschel, ich möchte Ihnen erst sagen, wer das war: Das war der Genosse Dr. Michael Nelken, heute ist er Bezirksstadtrat und Leiter der Abteilung Kultur, Wirtschaft und Stadtentwicklung in Pankow und es ist eine sehr verrückte Welt. Herr Kuschel, Sie sind ja einmal mit einer Frage da, ich stelle gleich, bevor Sie die stellen können, eine Gegenfrage zurück: Wie ist es möglich, dass er sagt, dass es rechtlich unhaltbar ist, was Sie hier in Thüringen als einen Gesetzentwurf eingebracht haben? Und jetzt sind Sie dran.
Moment, jetzt werde ich mich mal ordnend einmischen. Der Abgeordnete Kuschel stellt Ihnen eine Frage und die können Sie dann beantworten. Aber der Abgeordnete Kuschel wird jetzt nicht Ihre Frage beantworten, da müsste er sich erneut zu Wort melden, das sage ich gleich fürsorglich in diese Richtung.
Das ist zwar schade, aber das ist die Geschäftsordnung. Herr Hey, können Sie mir sagen, wie viel Straßenausbaubeiträge das Land Berlin im Jahr 2009 insgesamt eingenommen hat bei einem Haushalt von rund 5 Mrd. €?
Herr Kuschel, ich kann Ihnen darüber a) keine belastbare Aussage machen, aber b) ich halte es für durchaus interessant - um das noch einmal zu sagen -, dass 200 km entfernt ein Parteikollege von Ihnen Straßenausbaubeiträge für rechtlich völlig sozial und gerecht hält.
Würden Sie mir zustimmen, dass das Land Berlin im vergangenen Jahr ganze 340.000 € an Straßenausbaubeiträgen vereinnahmt hat, weil das von Ihnen zitierte Gesetz nur auf ganz wenige Einzelfälle in Berlin, und zwar in Stadtrandbezirken, zur Anwendung kommt und würden Sie mir darüber hinaus zustimmen, dass in Berlin die CDU die Partei ist, die gesagt hat, Straßenausbaubeiträge wären nicht mehr zeitgemäß? Die haben sich ja dagegen ausgesprochen. Wir haben in Berlin ein wenig so verkehrte Welt wie in Thüringen, aber das ist auch ein Stadtstaat.
Von daher, diese beiden Fragen, wenn Sie mich fragen, warum wir eine andere Position haben als die Berliner PDS damals.
Ob Sie erklären können, warum die Berliner CDU eine ganz andere Auffassung hat als die Thüringer CDU.